Volksvermögen für die AHV
Gold-Initiative: Christoph Blocher will Goldreserven nicht der Solidaritäts-Stiftung geben
Interview mit der Aargauer Zeitung vom 23. April 1999
Das Nationalbankgold will er nicht in die Solidaritätsstiftung einzahlen. Christoph Blocher, Zürcher SVP-Nationalrat, will mit einer von der Delegiertenversammlung abzusegnenden Volksinitiative dafür sorgen, dass dieses „Volksvermögen“ beim Volk bleibt und in den AHV-Fonds fliesst.
Mit Ihrer Initiative wollen Sie das Nationalbank-Gold zugunsten der AHV sichern. Wollen Sie damit die AHV sanieren, oder ist die Idee aus der Opposition gegen die bundesrätliche Solidaritätsstiftung geboren?
Blocher: Ich will das Volksvermögen, das in der Nationalbank liegt, wieder dem Volk zuführen. Man könnte dieses Geld dem Volk auch direkt verteilen. Dann würde jeder Schweizer und jede Schweizerin vom Briefträger 3000 Franken erhalten. Wir möchten das Geld aber in den AHV-Fonds legen. Damit ist die AHV besser gesichert, und die Lohnabhängigen müssen weniger Lohnabzüge hinnehmen oder weniger Mehrwertsteuern bezahlen.
Demzufolge stimmt der Vorwurf nicht, Sie würden die Initiative aus Opposition zur Solidaritätsstiftung lancieren?
Blocher: Wir sind nicht für die Solidaritätsstiftung. Sie ist Ausdruck einer erpressten Situation. So verschleudert man Volksvermögen in eine Einrichtung, durch die man jedes Jahr neu unter Druck gesetzt werden kann.
Die SP will das Nationalbank-Gold je zur Hälfte für die AHV und für die Solidaritätsstiftung verwenden…
Blocher: Unsere Idee muss offensichtlich gut sein, sonst würden wir jetzt nicht von der SP kopiert. Allerdings machen sie es nur halbbatzig. Weshalb nicht alles Geld in die AHV – hat der AHV-Fonds denn zuviel Geld?
Bei der 11. AHV-Revision will der Bundesrat auf 500 Millionen für eine grosszügige Renten-Flexibilisierung verzichten. Eilen Sie jetzt mit diesen Gold-Millionen wie der Ritter in strahlender Rüstung der angeschlagenen Sozialministerin zu Hilfe?
Blocher: Selbst mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen 11. AHV-Revision hat der AHV-Fonds jetzt zuwenig Mittel, um die Renten auszuzahlen. Wir müssten diesen Fonds auch dann verstärken, wenn wir die AHV nicht revidieren würden. Je mehr Mittel wir aus den Goldreserven einlegen können, desto kleiner werden Lohnabzüge und Mehrwertsteuerprozente.
Die AHV steht 1998 mit 1,4 Milliarden in der Kreide. Da reichen Ihre Goldmillionen zur Sanierung aber auch nicht aus?
Blocher: Wir haben bei der Nationalbank zu hohe Goldreserven in der Höhe von über 20 Milliarden. Man könnte sogar noch weitere Milliarden, die nicht benötigt werden, in den AHV-Fonds legen. Wenn man aber diese 20 Milliarden klug anlegt, reicht das Geld aus, um den aktuellen Fehlbetrag von 1,4 Milliarden zu decken.
Selbst wenn man diese 20 Milliarden in homöopathischen Dosen veräussert und den Erlös von 300 bis 400 Millionen in die AHV steckt?
Blocher: Bei 20 Milliarden bleiben nicht nur 300 Millionen jährlich als Gewinn. Ein Blick auf die Renditen der letzten Jahre der Pensionskassen zeigt, dass daraus 1,5 bis 2 Milliarden jährlich resultieren könnten, wenn dieses Geld richtig angelegt ist. Das entspricht fast einem Lohnprozent.
Wo und wie würden Sie die AHV sanieren, damit auch künftige Generationen ihren Rentenbatzen haben werden?
Blocher: Wir müssen eine Wirtschaftspolitik betreiben, die zu einer hohen Beschäftigung in der Schweiz führen wird. Das heisst weniger Gesetze, Steuern, Abgaben und Gebühren. Dann wird die Schweiz sehr attraktiv, und sowohl Wirtschaft wie auch Bürger werden trotz tieferen Steuersätzen wieder mehr Steuern zahlen.
Also nicht bei der AHV sparen…
Blocher: Nein. Wir müssen die AHV, wie sie sich heute darstellt, konsolidieren. Wir dürfen sie aber nicht ausbauen, weil die Leute so etwas nicht bezahlen können.
Ist nicht zu befürchten, dass neue Begehrlichkeiten geweckt werden, wenn plötzlich Jahr für Jahr Millionen auf dem Tisch liegen?
Blocher: Natürlich; solche Begehrlichkeiten müssen jedoch strikte abgelehnt werden.
Im Sozialversicherungsbereich sind gegenläufige Tendenzen auszumachen: Politiker fordern Einsparungen; faktisch werden die Leistungen aber in vielen Bereichen ausgebaut. Heizen Sie mit dieser Gold-Initiative letztere Tendenz nicht noch an?
Blocher: Nein. Wenn man für die AHV kein Geld benötigen würde, müsste das überschüssige Nationalbankgold direkt an die Bürger verteilt werden. Das ist aber nicht der Fall. Wir müssen das grosse Loch im AHV-Fonds stopfen. Die Gefahr besteht hingegen tatsächlich dort, wo man Goldreserven bereits via Solidaritätsstiftung verteilt, bevor man sich darüber einig geworden ist, was man überhaupt damit machen soll. Nicht zuletzt deshalb hat man den amerikanischen Kreisen noch in derselben Nacht die Stiftungsidee in englischer Sprache mitgeteilt und so Begehrlichkeiten geweckt. Dagegen wehren wir uns. Das Volksvermögen gehört dem Volk.
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Zur Sache: Die Volksinitiative der SVP
„Die Schweizerische Nationalbank überträgt aus ihrem Bestand die für geld- und währungspolitische Zwecke nicht benötigten Währungsreserven, beziehungsweise deren Erträge auf den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung.“ Mit dieser Neuerung soll nach Ansicht der Schweizerischen Volkspartei (SVP) die Verfassung ergänzt werden. Dies einerseits, weil heute eine „erhebliche Kluft“ zwischen festgeschriebener und tatsächlich gelebter Währungsordnung bestehe. Mit dem Bundesrat ist auch die SVP einig, dass die Goldbindung des Schweizer Frankens aufzuheben sei. Dadurch könnten 1300 Tonnen Gold neuen Verwendungszwecken zugeführt werden.
Während der Bundesrat 500 dieser 1300 Tonnen in eine Solidaritätsstiftung investieren wollte, wurde auf Antrag der Zürcher SVP an einem Parteitag im Mai 1998 in Aarau beschlossen, dieses Geld der AHV zu erschliessen. An der Delegierten-Versammlung in Schwyz soll jetzt eine entsprechende Volksinitiative abgesegnet werden, nachdem die parlamentarischen Möglichkeiten ergebnislos ausgeschöpft wurden.
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