Drei Fragen von Yedioth Yhronoth
Die drei Fragen von Herrn Eran Tiefenbrunn, Deutschland-Korrespondent der israelischen Zeitung „Yedioth Yhronoth“, wurden von mir am 25. Oktober 1999 wie folgt schriftlich beantwortet:
Sehr geehrter Herr Tiefenbrunn
Nachstehend finden Sie die Antworten auf die mir unterbreiteten Fragen
Zeigen die gestrigen Wahlen, dass es einen Umschwung in den Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden in der Schweiz gegeben hat, vor allem nach zwei Jahren Verhandlungen zwischen den Schweizer Banken und den jüdischen Organisationen? Sehen Sie bzw. Ihre Partei das Abkommen, das zwischen den Banken und den Organisationen inbezug auf die alten Konten gemacht wurde, als positiv an?
Ihre Frage ist für mich unverständlich. Das gestrige Wahlresultat hat keinerlei Veränderung in den Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden zur Folge. Dieses Thema hat im Wahlkampf auch keine Rolle gespielt. Die Verhandlungen zwischen den Schweizer Banken und den jüdischen Organisationen in Amerika sind allein Sache der Banken und nicht der Politik. Sollten die schweizerischen Banken irgendwelche Fehler gemacht haben (z.B. bei nachrichtenlosen Vermögen), so ist es ihre Aufgabe – und nicht diejenige des Staates – diese Angelegenheit im Rahmen des Rechtes zu regeln.
Erwarten Sie eine ähnlich scharfe internationale Reaktion auf Ihren Wahlerfolg wie nach dem Jörg Haiders in Österreich?
Ich weiss nicht, weshalb der Wahlerfolg der Schweizerischen Volkspartei scharfe internationale Reaktionen nach sich ziehen sollte. Unsere Partei tritt für die Souveränität und Neutralität der Schweiz ein und lehnt aus diesem Grund einen Beitritt der Schweiz in die Europäische Union ab, ist aber für eine weltoffene Haltung unseres Landes, in deren Rahmen freundschaftliche Beziehungen auf politischer, kultureller und wirtschaftlicher Ebene gepflegt werden, ohne dass man sich einbinden lässt.
Müssen die Schweizer jüdischen Bürger antisemitische Übergriffe befürchten?
In der Schweiz herrscht keine antisemitische Haltung. Zugegebenermassen hatten viele Bürgerinnen und Bürger der Schweiz für die in erpresserischer Weise vorgebrachten Geldforderungen des Jüdischen Weltkongresses, dessen irreführender Name den Eindruck hinterliess, die Juden schlechthin stünden dahinter, kein Verständnis. Die Schweiz betrachtete die Drohung, man solle die Geschäfts-Beziehungen mit Schweizer Banken in Amerika abbrechen, als klare Erpressung. Dieser Appell war für die Schweizer ebenso unverständlich wie die damalige furchtbare Losung „Kauft nicht bei Juden“. Die Schweizerische Volkspartei setzt sich klar gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus ein.
Mit freundlichen Grüssen
Christoph Blocher
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