Die SVP hat enorm an Ansehen gewonnen
Christoph Blocher ist zufrieden. Er hat die Solidaritätsstiftung gebodigt und der SVP neuen Schub verliehen.
Interview mit der Berner Zeitung vom 23. September 2002
Interview: David Sieber
Herr Blocher, sind Sie zufrieden und glücklich mit sich und dem Schweizervolk?
Christoph Blocher: Ich bin zufrieden und glücklich, aber nicht überglücklich. Wir sind sehr froh, dass die Solidaritätsstiftung abgelehnt worden ist. Ich glaube nicht, dass nochmals jemand mit einer solchen Idee kommt. Das Volk lässt sich nicht erpressen. Das ist sicher auch der Hauptgrund, weshalb der Gegenvorschlag bachab geschickt wurde. Eigentlich war ja unsere Initiative der Gegenvorschlag, nämlich auf die Ankündigung der Solidaritätsstiftung durch den damaligen Bundespräsidenten Arnold Koller.
Nein zur SVP-Initiative und Nein zum Gegenvorschlag. Ist für Sie das Glas nun halb leer oder halb voll?
Blocher: Es ist halb voll. Denn es besteht noch immer die Chance, dass man die Goldreserven sinnvoll verwenden wird. Gegen den Vorschlag, das Geld für den Schuldenabbau von Bund und Kantonen zu verwenden, habe ich nichts, wenn man gleichzeitig in der Verfassung die Höchstgrenze der Verschuldung festschreibt. Sonst würde bei der Schuldenbremse einfach die obere Grenze gelten, mit der Folge, dass man die Schulden sofort wieder aufhäuft. Das Schweizervolk würde zweimal zur Kasse gebeten. Denn es hätte nichts von den 20 Milliarden Franken – ausser, dass die Staatsquote um diese Summe steigen würde. Und das hätte wiederum negative Folgen für die Wirtschaft. Doch eine Limitierung lehnen CVP und FDP ab.
Möchten Sie deshalb zwei Drittel der Erträge von 700 bis 800 Millionen Franken jährlich der AHV und einen Drittel den Kantonen geben
Blocher: Nachdem unsere Initiative praktisch den gleich hohen Ja-Stimmen-Anteil wie der Gegenvorschlag erreicht hat, wäre das wohl die beste Lösung. Das ist sehr viel und erstaunlich für eine Partei, die auf sich selbst angewiesen war.
Sie vergessen die Gewerkschaften, die offen mit der SVP-Initiative liebäugelten.
Blocher: Im Abstimmungskampf haben sie uns nicht geholfen. Sie waren mit ihrem doppelten Ja auf der anderen Seite.
Und nun nehmen sie sich bei der Hand.
Blocher: Ich habe keine Berührungsängste. Wenn die Gewerkschaften ebenfalls auf die AHV-Lösung setzen, umso besser.
Wie werten Sie das Abstimmungsergebnis im Hinblick auf die Parlamentswahlen vom nächsten Jahr?
Blocher: Die SVP hat durch die Initiative enorm an Ansehen gewonnen. Wir konnten uns klar als Partei positionieren, die für die Schweiz einsteht, mit dem Geld haushälterisch umgeht und die Sozialwerke ernst nimmt. Das kann man von den andern Parteien nicht sagen. Wie sich das auf die Wahlen im kommenden Jahr auswirken wird, ist schwer zu sagen.
Und Sie selbst?
Blocher: Das weiss ich nicht und ist mir auch egal. Wissen Sie, bei mir geht es immer auf und ab.
Sie haben die UNO-Abstimmung verloren und nun einen Achtungserfolg errungen.
Blocher: Die Volksgunst ist sehr wechselhaft. Darauf schaue ich nicht. Ich äussere meine Meinung, und die kommt einmal an und einmal nicht.
Besteht die FDP, die nicht sehr geschlossen aufgetreten ist, nur noch aus «Weichsinnigen», wie Ihre Zürcher SVP meint?
Blocher: Die FDP hat eine traurige Rolle gespielt. Im Parlament war sie noch Feuer und Flamme für die Solidaritätsstiftung. Als sie merkte, dass der Gegenvorschlag bachab geht, hat sie eine Doppelrolle zu spielen begonnen. Die FDP merkt, dass links nichts zu holen ist, setzt das aber nicht um.
Haben sich die Chancen der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz nun verbessert?
Blocher: Das glaube ich nicht. FDP, CVP und SP werden uns nun erst recht keinen Sitz geben wollen, weil sie immer noch meinen, wir hätten Freude, zwei Bundesräte zu stellen. Dabei nehmen wir nur unsere Pflicht wahr. Wir bleiben gerne in der Opposition.
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