Attraktivität des Asyllandes Schweiz senken
Interview mit dem „Bündner Tagblatt“ vom 12. November 2002
Die SVP-Initiative schaffe die Grundlage für eine kompromisslose Asyl-politik. Davon ist SVP-Nationalrat Christoph Blocher überzeugt. Es gelte, die humanitäre Tradition für echte Flüchtlinge weiter zu garantieren, dem Missbrauch aber einen Riegel zu schieben.
Interview Claudio Willi
Das Stimmvolk hat 1996 und 2000 Nein zu Asyl- oder Ausländervorlagen gesagt. Warum sollte es dies nicht auch jetzt tun?
Christoph Blocher: Weil das Schweizervolk seit der SVP-Initiative gegen illegale
Einwanderung von 1996 gemerkt hat, dass der Bundesrat mit falschen Versprechungen und falschen Argumenten operiert hat. 1994 verkündete der damalige
Flüchtlingsdelegierte des Bundes: „Der Asylant und Drogendealer wird von unserem neuen Gesetz erreicht und wird verschwinden.“ („Sonntags-Blick“, 17. April 1994) Fragen Sie die Polizei oder lesen Sie die Zeitungen! Der Drogenhandel ist nach wie vor fest in den Händen von Asylbanden. Die Gefängnisse sind voll von kriminellen Asylanten und Ausländern. Diese Missstände müssen ein Ende haben.
Wir haben heute bedeutend weniger Flüchtlinge in der Schweiz als 1999 – die Rückführung in den Balkan hat funktioniert. Wieso werden jetzt weitere verschärfende Massnahmen gefordert?
Blocher: Ob die Rückführung in den Balkan wirklich geklappt hat, wage ich zu bezweifeln. Was sich unabhängig von der Zahl der Asylgesuche nicht geändert hat, ist der Prozentsatz der Asylrechtsmissbräuche. 90 bis 95 Prozent aller Asylgesuche werden abgelehnt. Die grosse Mehrzahl sind also Scheinasylanten, die unsere Gesetze, unseren Sozialstaat und nicht zuletzt unsere Bevölkerung ausnutzen. Das dürfen wir nicht mehr länger hinnehmen.
Hauptpfeiler der Initiativforderung bildet die Drittstaatenregelung, das Zurückschicken in ein sicheres Land. Eine Umsetzung dieser Forderung sei gar nicht möglich, betonen Bundesrat und Parlamentsmehrheit.
Blocher: Wo der politische Wille fehlt, ist tatsächlich nichts möglich. Schon heute sind Bundesrat und Bundesverwaltung nicht fähig oder nicht willens, das bestehende Recht durchzusetzen. Die SVP-Initiative schafft wenigstens die gesetzliche Grundlage für eine kompromisslose Asylpolitik. Dass diese Gesetze nicht konsequent umgesetzt werden, ist ein politisches Problem. Will die politische Führung, kann die Asylinitiative auch umgesetzt werden.
Die Initiative rennt teilweise offene Türen ein – so werden beispielsweise Fluggesellschaften, die Passagiere ohne gültige Papiere transportieren, schon heute mit Sanktionen belegt.
Blocher: Die Behörden haben in dieser Beziehung dem politischen Druck nachgegeben. Allerdings ist an der konsequenten Umsetzung zu zweifeln, wenn die Asylinitiative abgelehnt werden sollte.
Die Kantone können doch bereits Kürzungen vornehmen, da braucht es dazu die Initiative nicht?
Blocher: Die Schweiz nimmt pro Kopf am meisten Asylanten auf in Europa. Sieben Mal mehr als unser Nachbar Frankreich! Bund, Kantone und Gemeinden geben jährlich über zwei Milliarden Franken aus für das Asylwesen. Das ist im Jahr eine Million Franken pro anerkannten Flüchtling! Der Asyltourist sucht sich jenes Land aus, das ihm am meisten Annehmlichkeiten bietet. Wird die Initiative angenommen, senkt dies die Attraktivität des Asyllandes Schweiz, ohne dass gleichzeitig die echten Flüchtlinge bestraft werden.
Die Initiative will ein verschärftes Arbeitsverbot. Ist es aber nicht für alle Beteiligten besser, wenn Asylsuchende etwas arbeiten als nur herumzusitzen?
Blocher: Nein. Die meisten Asylanten kommen illegal in die Schweiz, um sich hier niederzulassen. Entscheidend ist, dass Asylanten zentral untergebracht werden und dort möglichst rasch über das Gesuch entschieden wird. Wer illegal einwandert und das Asylrecht missbraucht, soll nicht noch mit Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsbewilligung belohnt werden.
Was bewirkt ein Ja zur Volksinitiative?
Blocher: Wir werden bessere Gesetze haben, aber nicht bessere Politiker. Die illegale Einwanderung wird gestoppt, die Attraktivität des Asyllandes Schweiz gesenkt und damit die horrenden Kosten reduziert, sofern die Initiative umgesetzt wird.
Die bisherige Asylpolitik hat gezeigt, dass es neben den Gesetzen auch die richtigen Leute braucht, die diese Gesetze restriktiv umsetzen. Widerspricht ein Ja letztlich nicht der humanitären Tradition der Schweiz?
Blocher: Die humanitäre Tradition gilt für die echten Flüchtlinge, nicht für den Missbrauch. Es gibt auch eine Tradition des schweizerischen Rechtsstaates. Wenn ein Gesetz von 90 bis 95 Prozent der Betroffenen gebrochen wird, kann dies so nicht gehen.
Warum steht die SVP Schweiz auf nationaler Ebene mit ihrer Forderung
allein in der politischen Landschaft?
Blocher: Allein? Wie kommen Sie darauf? Im Gegenteil. Die letzten Abstimmungen haben gezeigt, dass die Hälfte der schweizerischen Bevölkerung die Ziele der SVP teilt. Wir sind eine Volkspartei und setzen uns für die Anliegen des Volkes ein und nicht für die Interessen von irgendwelchen Parteien, Verwaltungen oder der Asylindustrie. Das werden wir auch weiterhin tun.
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