Bern II Konferenz

Ansprache von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Bern II Konferenz, von Donnerstag, 16. Dezember 2004, in Bern

16.12.2004, Bern

Es gilt das gesprochene Wort

Begrüssung

Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren

Im Namen der Schweizer Regierung begrüsse ich Sie zu dieser zweiten internationalen Konferenz der Berner Initiative. Ich freue mich über Ihr grosses Interesse.
Die Internationale Agenda für Migrationsmanagement (IAMM)

Die Berner Initiative wurde im Juni 2001 gegründet. Sie ist seither weltweit auf grosses Interesse gestossen. Insbesondere in den letzten 6 Monaten, in deren Verlauf sie von zahlreichen Regierungen begutachtet werden konnte. Die Ansichten von Regierungsvertretern aller Weltregionen wurden in die „Internationale Agenda für Migrationsmanagement“ (IAMM) aufgenommen, welche nun vorliegt. Ich hoffe, dass dieses repräsentative Dokument nun sowohl Ziel- als auch Herkunfts- oder Transitstaaten als Referenzsystem dienen wird.

Bei der Agenda für Migrationsmanagement handelt es sich um ein unverbindliches Dokument, welches nicht in einem Verhandlungs- sondern in einem Konsultationsprozess erstellt wurde. Die Berner Initiative anerkennt explizit die Souveränität der Staaten im Bereich der Migrationskontrolle. Sie macht aber auch deutlich, wie wichtig eine verstärkte Zusammenarbeit zur Lösung der Migrationsprobleme ist.

Migration als internationale Herausforderung

Die internationale Migration stellt eine der bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit dar. Die Zahl der weltweiten Migranten wird in den nächsten Jahren kaum abnehmen: Einkommensunterschiede zwischen den Regionen, unterschiedliche Geburtenraten, Krisen, Konflikte, Umweltkatastrophen und kriegerische Auseinandersetzungen mit entsprechenden Flüchtlingsströmen können nicht ausgeschlossen werden. Dazu kommt, dass die Globalisierung, die leichteren Reisemöglichkeiten und billigen Transportmöglichkeiten die Migration begünstigen.

Unkontrollierte „Migration“ stellt die Herkunfts-, Transit- und Zielstaaten vor Herausforderungen: Fragen nach der Integration von Migranten in die Gesellschaften ihrer Zielstaaten, der Durchführung von Grenzkontrollen, Fragen der nationalen Sicherheit und Fragen nach der Rückübernahme von Personen durch ihre Heimatstaaten sowie der Schutz von Migranten vor krimineller Ausbeutung zählen dabei zu den Hauptproblemen.

Demgegenüber kann eine gelenkte Migration auch Nutzbringend sein. Sie kann sowohl zum Wohlstand der Zielstaaten als auch der Herkunftsstaaten beitragen. In den Zielstaaten sind die Migranten als Arbeitskräfte willkommen und ein Teil des erarbeiteten Vermögens fliesst in die Herkunftsländer zurück.

Die Situation in der Schweiz

Diese Fragen beschäftigt auch die Schweiz. Erlauben Sie mir daher einen Blick auf unsere Situation:

Die Schweiz weist eine der höchsten Ausländerquoten aus: 20 % der Gesamtbevölkerung sind Ausländer. Auch im Bereich der Asylgesuche lag die Schweiz in den OECD-Staaten an der Spitze. Ins Gewicht fällt auch die Arbeitsmigration: Jede vierte erwerbstätige Person in unserem Land ist Ausländerin oder Ausländer. Die Integration der Ausländerinnen und Ausländer in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft funktioniert im Allgemeinen gut.

Trotzdem gibt es auch Probleme: Die Arbeitslosigkeit ist bei Ausländerinnen und Ausländern mehr als doppelt so hoch wie bei Einheimischen. Vielen ausländischen Jugendlichen bereitet der Übergang von der obligatorischen Schule zur Berufslehre grosse Mühe. In den Städten stellt die hohe Zahl von fremdsprachigen Kindern aus zahlreichen Kultur- und Sprachgebieten in vielen Schulklassen ein Problem dar. Negative Schlagzeilen über Gewalttätigkeiten unter Jugendlichen unterschiedlicher Nationalität und die hohe Ausländerkriminalität führen in weiten Kreisen der Bevölkerung zu Verunsicherung.

Gesetzesrevisionen

Auch wenn ein bedeutender Teil der heutigen Asylsuchenden nicht mehr dem Bild des klassischen Flüchtlings entspricht, wie es 1951 für die Flüchtlingskonvention entworfen wurde, gibt es auch heute noch Menschen, die an Leib und Leben gefährdet sind und unseren Schutz brauchen. Die Schweiz wird auch in Zukunft verfolgten Menschen Schutz gewähren.

Aber Menschen welche ohne asylrelevante Gründe in die Schweiz kommen, müssen so schnell wie möglich in ihre Herkunftsländer zurückkehren.
Internationales Engagement

In vielen Fällen werden Migranten von Schleppern ausgenützt. Um diesem Problem entgegenzutreten, unterstützt die Schweiz die Convention Plus Initiative des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge und hat zusammen mit Südafrika die Co-Leitung des Projekts „Irreguläre Zweitbewegungen von Flüchtlingen und Asylsuchenden“ übernommen.

Die Schweiz hat sich ferner aktiv für die Einsetzung der „Global Commission on International Migration“ engagiert, welche im Dezember 2003 gegründet wurde. Eine der Hauptaufgaben der Kommission ist es, die Migrationsthematik nachhaltig in die globale politische Agenda einzubringen. Und schliesslich ist auch die Berner Initiative ein Teil des Schweizerischen Beitrages an die globale Migrationsdebate.

Ziel der Konferenz

Mit der heutigen Konferenz hat die Berner Initiative: „Steuerung der internationalen Migration durch Zusammenarbeit“, zu welcher wir mehr als 100 Staaten eingeladen haben, einen entscheidenden Punkt erreicht.

Ziel dieser zweitägigen Diskussionen ist es, die Agenda den teilnehmenden Regierungsvertretern zu überreichen und sie als Arbeitsinstrument für den Migrationsdialog auf nationaler, regionaler oder globaler Ebene zu empfehlen.

Von Bedeutung wird aber auch die Debatte über die weitere Entwicklung des Prozesses der Berner Initiative sein, welche von zahlreichen Partnerstaaten gewünscht wurde. Hier stellen sich folgende Fragen:

– Wie können und sollen die Resultate des Prozesses auf regionaler und globaler Ebene verwendet werden?

– Welche Rolle kann und soll die Berner Initiative im Rahmen der UNO Debatte über die Herausforderungen der internationalen Migration einnehmen, welche für den Herbst 2006 vorgesehen ist?

– Wie soll die vorliegende Agenda der „Global Commission on International Migration“ als Ergänzung ihres Berichtes zuhanden des UNO Generalsekretärs Kofi Annan im Herbst 2005 zur Verfügung gestellt werden?

Ich wünsche ihnen für Ihre Arbeit in den kommenden zwei Tagen viel Erfolg und danke Ihnen für die Unterstützung, welche Sie im Rahmen der Berner Initiative geleistet haben.

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