Zukunft Marke Schweiz
Referat von Bundesrat Christoph Blocher an der Generalversammlung von Swiss Label, 19. Juni 2007, in Bern
19.06.2007, Bern
Bern. Eine wahre Zukunftspersektive für die Marke Schweiz ergibt sich nur, wenn die Wirtschaftsteilnehmer zu klaren Regeln Hand bieten, die von Produzenten und Konsumenten mitgetragen werden. Dies sagte Bundesrat Christoph Blocher an der GV von Swiss Label und stellte die Eröffnung der Vernehmlassung zur Gesetzesrevision noch für dieses Jahr in Aussicht.
Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.
Sehr geehrte Damen und Herren
1. Bedeutung Marke Schweiz
Die Zukunft der Marke Schweiz betrifft uns alle als Schweizer und Sie zudem als Mitglieder von Swiss Label direkt.
Dabei geht es nicht um eine Marke im rechtlichen Sinn, die auf die betriebliche Herkunft hinweist. Es geht um die geografische Herkunft.
Als „Marke Schweiz“ nimmt die Öffentlichkeit das Schweizerkreuz sowie Bezeichnungen wie „Swiss“ oder „made in Switzerland“ oder „Swiss made“ wahr. Auch Bildzeichen, die auf die Schweiz hinweisen, wie etwa das Matterhorn oder Wilhelm Tell, gehören dazu. Die sogenannte Swissness wird automatisch mit positiven Vorstellungen wie Hochwertigkeit, Präzision und Zuverlässigkeit verbunden. Diese Prägung ist das Resultat des über Jahrzehnte geleisteten Einsatzes unserer Vorfahren zur Herstellung von Qualitätsprodukten.
Kein Wunder, dass Produzenten das Kreuz und swiss made immer häufiger als Marketing-instrument verwenden. Dieses wertvolle Gut gilt es deshalb sorgfältig zu erhalten und zu verteidigen.
2. Schutz heute
Vorab zum Schweizer Kreuz. Es prangt auf Joghurtbechern, Beisszangen und Vitamintabletten. Das ist illegal, weil das Kreuz als Herkunftsangabe auf Waren gemäss Wappenschutzgesetz verboten ist. Zulässig ist es nur, wenn ein rein dekorativer Zweck verfolgt wird (klares Beispiel: T-Shirt für die WM; weniger klar: Sackmesser).
Im Gegensatz dazu dürfen Unternehmen das Kreuz jedoch zur Kennzeichnung einer schweizerischen Dienstleistung brauchen (Beispiel: Swiss Life).
Bei der Bezeichnung Schweiz nennt das Markenschutzgesetz nur sehr allgemeine Voraussetzungen: Die Herkunft einer Ware bestimmt sich nach dem Ort der Herstellung oder nach der Herkunft der verwendeten Ausgangsstoffe und Bestandteile. Der Bundesrat kann diese Voraussetzungen konkretisieren, wenn das allgemeine Interesse der Wirtschaft oder einzelner Branchen es rechtfertigt. Bisher hat er dies einzig in der „Swiss made“-Verordnung für Uhren von 1971 getan. Und dies nach längerer Auseinandersetzung mit den höchst kontroversen Interessen der Uhrenbranche. Abgesehen von dieser Verordnung kann man sich einzig auf die spärliche Rechtsprechung stützen.
Danach muss der schweizerische Wertanteil an den Herstellungskosten der Ware mindestens 50% betragen und der wesentliche Fabrikationsprozess in der Schweiz stattgefunden haben.
Die Strafverfolgung obliegt den Kantonen. Im Inland müssten sie bei Verstössen gegen das Wappenschutzgesetz von Amtes wegen einschreiten. Zudem könnte jedermann Strafanzeige erstatten. Bei der Bezeichnung Schweiz stehen den Betroffenen (typischerweise Schweizer Produzenten) sowie den Branchen- und Konsumentenorganisationen Zivil- und Strafklage offen, während der gewerbsmässige Missbrauch ebenfalls von den Kantonen von Amtes wegen zu verfolgen ist.
Missbräuche werden trotz diesen rechtlichen Möglichkeiten im Inland kaum verfolgt.
Unklar ist, ob bei den Herstellungskosten zur Bestimmung der schweizerischen Herkunft Forschungskosten mitberücksichtigt werden dürfen. Eine aktuelle Frage, da auch renommierte Schweizer Firmen wie Juvena, Mövenpick oder Raichle „Swiss“ verwenden, obwohl sie ihre Produktion grösstenteils ins Ausland verlagert haben. Auch im Ausland werden kaum Verfahren angestrengt, weil Prozesse mit zu hohen Risiken verbunden sind.
3. Wo stehen wir heute?
Letztes Jahr haben Postulate die mangelnde Durchsetzung des Schutzes schweizerischer Herkunftsbezeichnungen aufgegriffen. In Erfüllung der Postulatsanliegen hat der Bundesrat bereits im letzten November einen Bericht zum Schutz der Bezeichnung „Schweiz“ und des Schweizerkreuzes vorgelegt. Darin nimmt er die heutige Situation unter die Lupe und schlägt vier konkrete Massnahmen für einen konsequenteren Schutz vor.
1. soll mit einer Gesetzesrevision mehr Klarheit geschaffen werden. Das Schweizerkreuz soll auf Schweizer Produkten künftig erlaubt sein. Für die Verwendung der Bezeichnung Schweiz sollen präzisere Kriterien formuliert werden.
2. signalisiert der Bundesrat den Branchenverbänden seine Bereitschaft, bei entsprechendem Interesse und klarer Initiative eine oder mehrere Verordnung(en) auszuarbeiten, um den Gebrauch der Bezeichnung Schweiz für spezifische Wirtschaftszweige zu regeln.
3. soll der Schutz der Bezeichnung Schweiz / des Schweizerkreuzes in der Schweiz verstärkt werden. Neu soll das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum bei Missbräuchen nicht nur abmahnen, sondern auch anzeigen können.
4. soll der Schutz im Ausland, soweit möglich und zweckmässig, verstärkt werden. Das Institut kann bei Missbräuchen allein oder mit Unterstützung der betroffenen Branchenverbände intervenieren.
Das Institut für Geistiges Eigentum arbeitet gegenwärtig auf Hochtouren an der vorgeschlagenen Gesetzgebungsrevision.
4. Was ist zu tun?
Ganz gleich, ob schliesslich strengere oder liberalere Regeln formuliert werden: Eine wahre Zukunftsperspektive für die Swissness ergibt sich nur dann, wenn die Wirtschaftsteilnehmer zu klaren Regeln Hand bieten, die von Produzenten und Konsumenten mitgetragen werden. Zu diesem Mittragen gehört auch das Ausnützen des zur Verfügung gestellten rechtlichen Instrumentariums. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass der Charakter der Bezeichnung „Schweiz“ / des Schweizerkreuzes und deren Kommunikation im In- und Ausland gepflegt und weiter entwickelt wird.
1. Das Parlament soll den Bundesratsbericht diesen Sommer behandeln.
2. Für die Gesetzesvorlage beschliesst der Bundesrat voraussichtlich noch vor Jahresende über die Eröffnung der Vernehmlassung.
3. Sollten zu wesentlichen Punkten erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, wird der Bundesrat im ersten Halbjahr 2008 über das weitere Vorgehen beschliessen. Andernfalls kann er eine Gesetzesbotschaft zur Revision des Marken- und des Wappenschutzgesetzes ausarbeiten.
Sie entscheiden, ob Sie mit der Armbrust allenfalls in Richtung Positionierung eines Qualitätszeichens „Schweiz plus“ gehen und strengere Anforderungen für die Schweizer Herkunft definieren wollen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei dieser kreativen Auseinandersetzung.
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