Bündner des Jahres
Bern. Kurzansprache von Bundesrat Christoph Blocher bei der Preisübergabe, Bündner des Jahres 2007, 2. Oktober 2007, in Bern.
02.10.2007, Bern
Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.
Geschätzte Damen und Herren
Liebe Bündnerinnen und Bündner
Zunächst einmal und ohne Einschränkung: Herzlichen Dank für Ihre Auszeichnung zum „Bündner des Jahres 2007“. Ich habe mich gefreut. Meine Frau hat sich gefreut. Meine Kinder, die ja teilweise das Unternehmererbe im Kanton Graubünden weiterführen, ebenso.
Sie haben also mit dieser Wahl Freude bereitet. Das ist schon mal positiv. Wie anfangs erwähnt: Ich habe mich ohne Einschränkung über diese Auszeichnung gefreut. Denn für die Einschränkungen bin offensichtlich nicht ich, sondern die Jury zuständig. Wie ich der schriftlichen Begründung entnehmen konnte, hielt der Verlag Exclusiv (der diesen Preis initiiert und vergeben hat) ausdrücklich fest, man habe „Blocher nicht als Politiker, sondern als Kulturförderer“ auszeichnen wollen.
Diese Unterscheidung ist löblich und gefällt mir wenigstens aus drei Gründen.
Erstens, könnte man das eigentlich häufiger machen bei Preisverleihungen. Dass in der Laudatio mindestens so ausführlich darauf eingegangen wird, wofür ein Preisträger seinen Preis eben nicht erhält. Ich kann mir vorstellen, dass die Spannung und das Interesse an solchen Veranstaltungen sprunghaft ansteigen würde. Dieses Verfahren liesse sich auch beliebig erweitern, beispielsweise auf Jubiläen, Nachrufe oder Rücktrittsreden für Politiker.
Der zweite Grund, warum ich diese Unterscheidung „Kulturförderer-Politiker“ begrüsse, darf ich Ihrer Weitsicht zuschreiben. Es hätte gut sein können, dass Sie heute gar keinen Politiker Blocher mehr als „Bündner des Jahres“ zu feiern gehabt hätten. Denn eigentlich sollte ich ja im September aus meinem Amt entfernt werden, und Sie hätten, wenn schon, die „Intrige des Jahres“ begehen können. (Eine Rubrik, die vielleicht zukunftsweisend werden könnte.)
Jetzt aber, drittens, ganz ohne Ironie: Die Kultur in Graubünden liegt mir tatsächlich am Herzen. Mein beruflicher Weg führte mich ja in diesen Kanton und ich war und bin mit der Südostschweiz weit mehr verbunden als nur rein unternehmerisch. Diese Beziehung zur Landschaft und den Leuten – und die Kultur ist so etwas wie das Geflecht, das diesen Kanton durchwirkt wie die Blutbahnen einen Körper – also diese Beziehung hat sich im Laufe der Jahre verstärkt und vertieft. Für mich war Graubünden immer der Urtyp des Schweizer Sonderfalls. Weil dieser Kanton so vielfältig ist und eigensinnig in der besten Bedeutung des Wortes.
Natürlich habe ich mich seinerzeit nicht aus Berechnung in der Kulturförderung engagiert, um später mal den Titel „Bündner des Jahres“ einzuheimsen. Aber ganz so uneigennützig war mein Engagement auch wieder nicht. Denn ich liebe die Musik, die klassische und die Volksmusik im Speziellen. Ich habe gesehen, dass vor zwei Jahren Armin Caduff, der Begründer der Compagnia Rossini, ebenfalls die Ehre dieser Auszeichnung widerfuhr. Ich bin ein grosser Bewunderer seines Könnens und seines Schaffens. Allerdings musste Armin Caduff sich 2005 gegen eine tierisch harte Konkurrenz durchsetzen: Schliesslich war damals auch der „Bündner Bär“ als möglicher Preisträger nominiert…
Ich durfte in diesem Jahr selber eine für mich spezielle Laudatio halten – und zwar auf den Schweizer des Jahres. Die Einladung erfolgte auf Wunsch des Preisträgers, Köbi Kuhn. Die Voraussetzung für eine Laudatio hätte besser nicht sein können: Ich kannte Köbi Kuhn nur als öffentliche Person und von Fussball verstehe ich erwiesenermassen wenig – ich habe auch keinen Fernseher zu Hause. Trotzdem sagte ich freudig zu: Weil mich Köbi Kuhn schon länger angesprochen hat, nämlich als Mensch. Ich hätte auch sagen können (in Anlehnung an die Jurybegründung dieses Anlasses): Ich möchte nicht den Fussballtrainer, sondern den Menschen Köbi Kuhn würdigen. Denn der Mensch steckt in all unseren Tätigkeiten – und insofern muss ich Sie enttäuschen: Der Kulturförderer Christoph Blocher und der Politiker Christoph Blocher sind ein und dieselbe Person.
Ich habe darum an die Auszeichnung Köbi Kuhns erinnert, weil es – wenigstens für mich – wesentlich einfacher ist, jemanden für seine Leistungen zu würdigen, als eine Würdigung über mich ergehen zu lassen. Das hat wohl mit meiner politischen Biographie zu tun: Ich habe im Verlaufe der Jahre vor allem gelernt, mit Schmähreden umzugehen. Mit Lobreden habe ich weniger Übung. Doch ich bin mit Interesse Ihren Ausführungen gefolgt, und eine solche Preisverleihung könnte uns vor allem eines lehren: Manchmal sollte man eine Ehrung ganz einfach in Demut und Dankbarkeit entgegen nehmen. Was ich hiermit tue.
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