«Natürlich geht mein Stern langsam unter»
Interview mit 20 Minuten vom 27. Okober 2011 mit Daniel Waldmeier
Herr Blocher, weshalb treten Sie zum zweiten Wahlgang an, obwohl Ihnen Beobachter nach dem Rückzug der Linken keine Chance geben?
Die Chance ist tatsächlich klein. Die Zürcher sollen eine echte Auswahl haben und es soll eine demokratische Ausmarchung geben. Die Schweiz ist gegenüber der EU und USA butterweich geworden – hier gilt es Gegensteuer zu geben mit Leuten, die sich für die Freiheit und den Wohlstand des Landes einsetzen. Aber natürlich gibt es einen grossen Schulterschluss ausserhalb der SVP um die beiden Bisherigen zu retten.
Wie viel Geld werden Sie für den zweiten Wahlgang aufwerfen?
Für mich selbst habe ich noch nie einen Rappen ausgegeben, das Geld kommt von meinem Unterstützungskomitee. Sehr teuer dürfte es nicht kommen. Es sind ja nur noch vier Wochen.
Sind Sie enttäuscht über die FDP, die auch für den zweiten Wahlgang nicht mit der SVP kooperieren will?
Ich bedaure, dass die Leitung der FDP nicht mehr in der Lage ist, die grossen Linien zu sehen. Wir sollten das kleinkarierte Parteiengeplänkel lassen. Wenn es zwei Sitze für den Kanton Zürich gibt, dann haben wir doch ein Interesse daran, dass beide bürgerlich besetzt sind. Ich bin überzeugt: Wären die SVP und die FDP zusammen angetreten, wären wohl beide Bürgerlichen gewählt. Jetzt muss halt die SVP alleine antreten. Das ist sie sich gewohnt.
Sie haben am Sonntag nicht das beste Resultat Ihrer Partei erzielt. Geht Ihr Stern langsam unter?
Natürlich geht mein Stern langsam unter. Es wäre tragisch, wenn er erst mit 71 Jahren aufgehen würde (lacht). Ich sage: Wenn ein fähigerer Junger kommt, kann ich abtreten.
Werden Sie im Nationalrat die ganze Legislatur machen?
Auf jeden Fall! Ich bin kerngesund und gehe nicht nach Bern, um nach vier Monaten wieder zurückzutreten. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass ich gesund bleibe.
Braucht die SVP eine Erneuerung mit jungen Köpfen?
Die SVP schickt sieben Neue nach Bern, die unter 40 sind. Es kommen also Junge nach. Auch Natalie Rickli ist noch keine 40. Und ist Toni Brunner etwa ein alter Klaus? Wir haben den jüngsten Parteipräsidenten.
Sie haben Ihre SVP als verwöhnte Partei bezeichnet. Was meinen Sie damit?
Es ist wie bei einem Unternehmen: Wenn es 20 Jahre lang nur immer aufwärts geht, setzt die Belegschaft Pölsterchen an. Es braucht dann Korrekturen, damit die Leute erwachen. Deshalb bin ich gar nicht unglücklich über den erstmaligen Stimmenrückgang. In den Kantonen wurde zum Teil gar nichts gemacht. Vielleicht liess man sich von zu guten Umfragen einlullen.
Auch der «Sturm aufs Stöckli» war kein durchschlagender Erfolg.
Der Ständerat ist ein langfristiges Projekt. Immerhin hat Toni Brunner in St. Gallen Ständerat Eugen David in die Knie gezwungen. Er war aussen schwarz und innen rot: Er hat immer sehr bürgerlich gesprochen und links gehandelt.
Mit wem wird die SVP bei den Bundesratswahlen antreten?
Wenn wir einen Deutschschweizer Kandidaten stellen müssen, dann sollte es ein guter Regierungsrat aus der Ostschweiz oder der Innerschweiz sein, der Regierungserfahrung hat. Man spricht vom Thurgauer Roland Eberle, vom heutigen Ausserrhoder Finanzdirektoren Frei, vom Zuger Regierungsrat Tännler oder vom Nidwaldner Erziehungsdirektor Schmid. In der Westschweiz sind die Nationalräte Rime und Parmelin, die im Vordergrund stehen.
Glauben Sie an eine Fusion zwischen BDP und CVP?
Ich habe gehört, dass die CVP der BDP ein Fusionsangebot gemacht hat. Das haben wir immer vermutet. Ich glaube es wird dazu kommen. Die CVP wird zur BDP sagen: Wenn ihr nicht darauf eingeht, werden wir Frau Widmer-Schlumpf nicht wählen. Dann wird die BDP wohl darauf eingehen.