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04.06.2010

Die Trachtenvereinigungen sind wichtig für ein Land

Interview in der Mittellandzeitung am 4. Juni 2010 mit Silvan Hartmann Herr Blocher, Sie sind nach 1998 erneut Hauptsponsor des eidgenössischen Trachtenfests. Was liegt Ihnen daran, diesen Anlass zu unterstützen? Christoph Blocher: Die Trachtenvereinigung hat immer Mühe, Sponsoren zu finden. Das ist verständlich, die Wirtschaft unterstützt den Sport. Dort sind die Massen auch über das Fernsehen erreichbar. Sponsorengelder gibt die Wirtschaft nicht nur aus Sympathie. Sie betreibt damit Werbung. Darunter leidet etwa die Kultur - so die Musik und die Kunst. Die Trachtenvereinigungen sind wichtig für ein Land. Sie halten die Tradition aufrecht. Deshalb habe ich mich bereit erklärt, diesen Anlass zu unterstützen. Wäre denn die Durchführung ohne Ihre Unterstützung gefährdet gewesen? Blocher: Ich bin mir nicht sicher. Die Organisatoren sind dieses Mal frühzeitig an mich gelangt. Ich nehme an, dass sie grosse Mühe gehabt hätten. Beim Trachtenfest 1998 habe ich mich im letzten Moment bereit erklärt, weil kurzfristig ein Gönner ausgestiegen ist und das Fest sonst wohl nicht stattgefunden hätte. Man hört, dass Sie einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung stellen. Wie hoch ist der Betrag genau? Blocher: Über den Betrag spreche ich nicht. Mehr als eine halbe Million? Blocher: Wir spielen hier kein Ratespiel. Haben Sie sich aber mit dem sechsstelligen Betrag das Recht erworben, am Trachtenfest eine Rede zu halten? Blocher: Nein, ich halte auch keine Rede. An Gelegenheiten Reden zu halten, mangelt es mir nicht. Das Einzige, was ich tun werde, ist den Trachtenumzug zu verfolgen wie alle anderen auch. Ich will möglichst im Hintergrund bleiben. Geheim halten kann man diese Gönnerschaft nicht, darum weiss man es ja auch. Warum wollten Sie denn nicht, dass es bekannt wird? Blocher: Es soll der Anlass im Mittelpunkt stehen und nicht der Gönner. Bei Sponsoren ist der Name wichtig  - es geht ihnen um den Werbeeffekt. Beim letzten Trachtenfest vor zwölf Jahren hatten sich aktive Festteilnehmer über ihren Zustupf beklagt, weil die Bevölkerung so meine, Sie verpassten dem Anlass eine SVP-Etikette. Waren Sie darüber enttäuscht? Blocher: Ja natürlich, sehr enttäuscht. Die Organisatoren waren wenige Tage vor dem Anlass bei mir und baten innigst um Hilfe. Ich habe geholfen unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Dann beklagte sich die Geschäftsführerin des Verbandes am Radio! So etwas hatte ich zuvor noch nie erlebt. Die Organisatoren haben sich später aber entschuldigt, und die Person ist nicht mehr dort. Aber diese "Dreckelei" wurde dann in der ganzen Schweiz bekannt. Sie hätten sehen sollen, wer am Trachtenfest den grössten Applaus bekommen hat. Drei Tage wird Schwyz im Trachtenfieber sein. Wann wird man Christoph Blocher am Trachtenfest antreffen? Blocher: Ich bin mir noch nicht sicher, ich wurde für alle Tage eingeladen. Den Umzug am Sonntag werde ich sicher verfolgen, wohl auch den Festakt. Aber ich stehe nicht im Mittelpunkt und ich trage auch keine Tracht. Haben Sie aber eine Lieblingstracht? Blocher: Nein, eine bestimmte Lieblingstracht habe ich nicht. Aber es gibt viele schöne Trachten wie etwa die Appenzeller Tracht mit dem wunderschönen Kopfschmuck. Und dann gibt es viele schöne, einfache Trachten wie die Zürcher Werktagstracht oder die Berner Trachten. An einem Trachtenfest wird immer auch gesungen und gejodelt. Können Sie selber jodeln? Blocher: Nein, das eigentliche Jodeln beherrsche ich nicht. Ab und zu bei Festen fangen einige an zu jodeln, da gesellt man sich dazu und singt mit. Das ist doch wahre Kultur. Was ist für Sie sonst noch Schweizer Kultur – ausser Trachten? Blocher: Ich weiss nicht, ob es ein Land gibt mit so vielen Laientheatern, Musikschulen etc. Da wird durch das ganze Jahr hindurch sehr viel Kultur gelebt. Die Schweiz ist reich an Kultur. Und deshalb bin ich gegen eine staatliche Kulturförderung. Die Kultur sollte man laufen lassen, sie entwickelt sich automatisch. Was halten Sie von der Burka-Diskussion? Ist die Burka nicht auch eine Tracht? Blocher: Nein, das ist keine Tracht. Eine Tracht trägt jemand, damit er ein schönes Kleid anhat. Aber nicht als religiöses Symbol, um den Körper zu verhüllen, um Frauen zu unterdrücken. Trachtentragen ist ein Fest der Freude, das ist bei der Burka nicht so. Sie sammeln bekanntlich Hodler- und Anker-Bilder und unterstützen das Trachtenwesen. Pflegen Sie nicht ein antiquiertes Schweiz-Bild? Blocher: Hodler- und Anker-Bilder sind bestimmt nicht antiquiert und auch kein Schweiz-Bild. Sie haben Botschaften gemalt, die ewig gültig sind. Da spielt es keine Rolle, in welchem Jahrhundert das Bild gemalt wurde Hie und da tragen sie Trachten, weil man damals Trachten trug. Ich habe Freude, wenn ich Menschen in schönen Trachten sehe. Sie sagen, es mögen nicht alle Leute Trachten. Es gibt auch solche, die haben eine andere Menschenauffassung und meinen, sie müssten halb nackt herumlaufen. Gönnen wir auch Ihnen ihre Freude. Mit anderen Worten: Sie wird man nie beim Nacktwandern antreffen? Blocher: (lacht) Ich habe nicht das Gefühl, dass ich so schön bin, um dies zu tun.

29.05.2010

Thomas Held für Klosterinsel Rheinau

Interview für Schaffhauser Nachrichten, Ausgabe vom 29. Mai 2010 mit Mark Gasser Avenir-Suisse-Direktor Thomas Held wird Geschäftsführer der Musikinsel Rheinau. Stiftungsratspräsident Christoph Blocher ist vom ehemaligen 68er und KKL-Geschäftsführer überzeugt. Rheinau Die von Christoph Blocher errichtete Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau ernennt den 64-jährigen promovierten Soziologen Thomas Held, jetziger Direktor von Avenir Suisse, per 1. November 2010 zum Geschäftsführer. Seine Aufgabe in Rheinau wird es nun sein, das vorgesehene Musikzentrum auf der Insel Rheinau zu konzipieren und zu betreiben. Für dieses Musikzentrum hatte Christoph Blocher 2009 die mit 20 Millionen Franken alimentierte Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau gegründet. Thomas Held war vor seiner Tätigkeit bei Avenir Suisse unter anderem als Verlagsdirektor bei Ringier tätig. Ab 1992 hat er als Projektleiter und später als Chef der Bauherrschaft die Realisierung des Kultur- und Kongresszentrums Luzern (KKL) aufs Engste begleitet – ein architektonisch gewagtes Unterfangen in der pittoresken Tourismusstadt, gebaut vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel. Held war sechs Jahre lang Geschäftsführer der Trägerstiftung für das KKL. Die Architektur ist zwar auch in Rheinau einer der Publikumsmagneten – aber die historischen Gemäuer des alten Klosters dürften dereinst vor allem ihrer Funktionalität wegen von den Musikern aufgesucht werden. Thomas Helds Aufgabe wird daher auch eine etwas andere sein als in Luzern: Er soll «das Nutzungskonzept und das Geschäftsmodell für die Musikinsel Rheinau verfeinern, den Um- und Ausbau der von der Stiftung gemieteten Räumlichkeiten durch den Kanton Zürich begleiten sowie den Betrieb aufbauen und in den ersten Jahren leiten», wie die Stiftung Musikinsel schreibt. Helds erfolgreiche Erfahrung mit dem KKL in Luzern und der Wechsel in der Leitung von Avenir Suisse hätten zur Nomination durch den Stiftungsrat geführt, wie Christoph Blocher im Namen des Gremiums mitteilt. Er bezieht sich damit auf den Rücktritt Helds als Avenir-Suisse-Direktor und die Nachfolge durch Gerhard Schwarz (ehemaliger NZZ-Wirtschaftschef) per Ende Jahr. Thomas Held leitet seit 2001 die liberale Denkfabrik Avenir Suisse – was für viele nicht einer gewissen Ironie entbehrte: Held war ein bekannter Zürcher Studentenführer während der 68er-Bewegung. «Damals war er politisch auf der anderen Seite tätig. Er war ein aktiver 68er», bestätigt Christoph Blocher, der im übrigen Thomas Held aus seiner eigenen Studentenzeit gut kennt: Beide waren mitunter Mitglieder des grossen Studentenrates: «In zehn Jahren gibt es keine freie Marktwirtschaft mehr», habe ihm Thomas Held einst gesagt, so Christoph Blocher in einer Ausgabe des «Blocher TV» gegenüber Matthias Ackeret im Januar 2008. Dass sie damals das Heu politisch nicht auf derselben Bühne hatten, hinderte Blocher aber nicht daran, auf Held zurückzugreifen. Weil Thomas Held intelligent ist, hat er auch seine jugendlichen sozialistischen Eskapaden rasch über Bord geworfen. Ausschlaggebend für die Wahl von Held sei vor allen Dingen dessen Tätigkeit beim Aufbau des KKL Luzern gewesen. «Er kann sich sehr für eine Sache interessieren. Und er hat Erfahrung beim Einrichten einer solchen Institution. In Rheinau geht es in erster Linie darum, dass keine Fehler bei der Konzeption der Räumlichkeiten und bei der Organisation passieren», so Blocher. Held habe sich sofort fürs Projekt «Musikinsel» motivieren können und nach einer Besichtigung spontan zugesagt – trotz weiterer Angebote. Thomas Held werde die Musikinsel und die weiteren Nutzungsbereiche vorläufig in der Anfangszeit leiten.

25.04.2010

Albert Anker nimmt den einzelnen Menschen ernst

Interview in der "NZZ am Sonntag" vom 25. April 2010 mit Gerhard Mack Das Kunstmuseum Bern feiert den 100. Todestag des Schweizer Malers mit einer grossen Retrospektive. Viele Bilder kommen aus der Sammlung von Christoph Blocher. Der Politiker und Unternehmer äussert sich zu seinem Lieblingskünstler NZZ am Sonntag: Herr Blocher, Sie besitzen 130 Werke Albert Ankers. Wie ist es dazu gekommen? Christoph Blocher: Ich habe zweimal angefangen zu sammeln. Beim ersten Mal konnte ich mir nur Zeichnungen, Aquarelle und kleinere Ölbilder leisten. Dann habe ich die Ems Chemie gekauft, und darum musste ich alles verkaufen, was ich hatte, also auch die Kunstsammlung. Ein paar Jahre später, als die Firma Erfolg hatte, konnte ich noch einmal anfangen, Anker zu sammeln. Zum Teil habe ich dieselben Bilder zurückgekauft, einfach teurer. Das war 1987. Seither sammle ich vor allem Albert Anker. Wo sind Sie erstmals mit Ankers Werk in Berührung gekommen? Wir hatten zu Hause Drucke von Anker-Bildern. Der Schweizerische Beobachter zeigte eine Zeit lang auf seinem Titelblatt Anker-Werke. Diese hat mein Vater – wie unzählige andere Schweizer – ausgeschnitten, rahmen lassen und aufgehängt. Schwingt bei Ihnen Kindheits-Nostalgie mit? Viele sehen auf Ankers Bildern die gute alte Zeit dargestellt? Wer in Ankers Bildern nur "die gute alte Zeit" sieht, der hat Ankers Bilder nicht betrachtet. Natürlich nimmt Anker die Motive aus seiner Zeit, also dem 19. Jahrhundert, auf. Aber seine Botschaft ist zeitlos. Dass die Menschen aus seiner Umgebung und von damals stammen, ist doch selbstverständlich. So malte z.B. Brueghel holländische Szenen des 16. Jahrhunderts, weil er in Holland zu jener Zeit gelebt hat. Aber Brueghel zeigt auch das Allgemeingültige. Und Van Gogh malte die Landschaften des 19. Jahrhunderts – aber es zählt das Allgemeingültige. So ist es auch bei Anker. Sie sprechen von Botschaft bei Albert Anker. Worin besteht diese? In Ankers Atelier liegt auf dem Schreibtisch ein Massstab, auf dem er mit Tusche in gotischer Schrift gemalt hat: «Siehe, die Erde ist nicht verdammt.» Das wolle er zeigen, schrieb er seinen Freunden. Das ist Ankers Botschaft. Sie klingt biblisch, kommt in der Bibel aber so nicht vor. Es ist dennoch kein Zufall, dass am Todestag Ankers, neben ihm auf dem Tisch, das Buch Hiob aufgeschlagen lag. Hiob ist wohl der gequälteste Mensch überhaupt – aber nicht verdammt. Worin zeigt sich für Sie diese Botschaft? Anker malte vor allem Junge und Alte. Der tätige Mensch kommt auf seinen Bildern selten vor. Er wollte zeigen, was der Mensch ohne sein Zutun ist. Für das wichtigste Ereignis unseres Lebens, unsere Geburt, können wir nichts. Und die Alten haben nichts mehr zu verlieren. Anker zeigt, dass sie alle aufgehoben sind. Oft geben gerade diese Alten – manchmal schlafend – den Kindern Geborgenheit Ihre Sammlung enthält Genrebilder wie den «Schulspaziergang». Das Schwergewicht liegt aber auf solchen Einzelporträts von Kindern und Alten. Wieso? Das Besondere bei Anker besteht wohl darin, dass er in einer einzelnen Person die ganze Welt darstellt. Jeder Mensch steht fürs Ganze. Schon der kleine Säugling ist jemand. Vollwertig! Das Büebli, das Musik macht, das Mädchen, das einen grossen Brotlaib an sich presst und durch das tief verschneite Dorf trägt – sie enthalten immer beides, die Härten aber auch die Schönheit des Lebens. Das Porträt ist vielleicht eine einfache Gattung, aber ein einziges Porträt steht für Milliarden von Menschen. Anker zeigt im Kleinen den Kosmos, er sieht im Einzelnen die weite Welt. Darum lösen seine Werke beim Betrachter tiefe Betroffenheit aus. Dafür kennt die Ästhetik des 19. Jahrhunderts den Begriff der «Verklärung». Ihm haftet etwas Beschönigendes an, Anker gilt vielen als Idylliker. Anker malte keineswegs nur freudige Szenen, sondern gerade auch Krankheit, Armut, Tod, Waisenkinder und die Härten des Lebens. Er hat seinen zweijährigen Sohn verloren und konnte deshalb ein Jahr lang nicht mehr malen. Aber ihn hat er auf dem Totenbett gemalt. Nicht als Verlorener. Anker hat nichts beschönigt, er hat alles gemalt, und genau darin die Schönheit der Welt entdeckt. Viele Kinder auf seinen Bildern schauen ernst, und dieser Ernst des Lebens hat bei ihm etwas Erhabenes. Er zeigt z.B. dass ein Kind todkrank ist, aber er tut das nicht so, als wäre die ganze Welt ein Jammertal. Auch ein mongoloides Kind kann schön sein, weil es Zufriedenheit ausstrahlt. Anker wollte zeigen, dass der Mensch immer ein Teil der Schöpfung ist, ganz gleich, was aus ihm wird oder was er in seinem Leben leisten kann. Niemand ist bei ihm verloren, alle sind im Licht. Und wie Anker das Licht in seinen Bildern einfängt, darin ist er ein Meister. Anker hat Theologie studiert. Ist er für Sie ein theologischer Maler? Eindeutig – im guten Sinne. Die göttliche Gnade ist seine alles überragende Botschaft. Das ist die Realität der Welt! Das ist doch die zentrale Botschaft des Christentums. Mein Vater, ein reformierter Pfarrer, lehrte uns Kinder: Jesus ist gestorben, er hat die Sünden der Welt auf sich genommen und ist auferstanden. Seither ist der Mensch nicht mehr verloren. Anker stellt das nicht direkt dar, es gibt von ihm praktisch keine religiösen Bilder, da ist weder Frömmelei noch Heuchelei. Er zeigt die reale Welt, in die die Botschaft der Gnade eingeflossen ist. Ist es nicht so, dass Erlösung bei Anker nur noch in der Kunst liegen kann, wie es der Moderne entsprechen würde? Nein, Anker malt die Lebenswirklichkeit. Das sehen wir heute natürlich kaum, weil wir glauben, dass alles falsch ist, was nicht unseren Intentionen entspricht, und weil wir uns gerne zum Mass aller Dinge machen. Sehen Sie darin auch eine Kulturkritik an der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts? Anker stand der Veränderung nicht feindlich gegenüber. Er machte aber auf Probleme aufmerksam. Dafür ist für mich das Gemälde «Der Gemeindeschreiber» exemplarisch. Anker zeigt ihn als Paradox zwischen Anarchie und Ordnung. Er setzt ihm die Brille verkehrt herum auf und gibt ihm alle Utensilien der Bürokratie. Es braucht eine Symbiose von beidem. Das ist ein wunderschönes Bild zur modernen staatlichen Verwaltung, die im 19. Jahrhundert beginnt. Heute setzen wir zu viel auf den rationalen Teil. Man sollte dieses Bild jedem Nationalrat ins Büro hängen. Spendet Anker mit seinen Bildern Trost? Sicher. Seine Kinder-Bildnisse z.B. sagen oft aus: Ein leichtes Leben wirst du nicht haben, das musst du wissen, aber du gehst daran auch nicht zugrunde. Das kleine Mädchen mit dem grossen Brotlaib erinnert mich an das Bibelwort «Im Schweisse Deines Angesichts sollst Du Dein Brot essen», aber nicht als Fluch, sondern als Verheissung: Es wird etwas zu essen geben. Anker ist dem grossen Publikum als Maler bekannt. Ihre Sammlung enthält viele Aquarelle. Warum? Anker hatte zehn Jahre vor seinem Tod einen Hirnschlag, seine rechte Hand war gelähmt. Zunächst konnte er überhaupt nicht mehr malen, später ging es wieder, aber der Ölpinsel war für ihn zu schwer, er fing mit Wasserfarbe an und brachte es zu einem Meister des Aquarells. Wenn ich an das «Mädchen mit dem Brotlaib» denke, so sind diese späten Werke noch aussagekräftiger als die Ölbilder. Eine andere grosse Passion des Sammlers Christoph Blocher ist Ferdinand Hodler. Wo berührt er sich mit Anker? Sie kannten sich, und Anker setzte sich sehr für Hodler ein, als er wegen seines Gemäldes im Landesmuseum «Der Rückzug von Marignano» – also eine Illustration der grössten militärischen Niederlage der Schweiz – angegriffen wurde. Anker legte Hodler auch nahe, Landschaften zu malen. Er hielt ihn für Menschen-Darstellungen zu mächtig und sagte ihm: Du gehst nicht mit der nötigen Ehrfurcht an die Menschen. Anker malte die Menschen so, wie sie gewachsen sind, Hodler machte aus ihnen Helden. Ich sammle von Hodler vor allem Landschaften. Wieso konzentrieren Sie sich auf Anker und Hodler? Ich will mich konzentrieren. Das sind wohl die beiden grossen Schweizer Maler am Ende des 19. Jahrhunderts. Um sie herum sammle ich Künstler derselben Zeit: Giovanni Giacometti, Giovanni Segantini, Cuno Amiet, Adolf Dietrich, Robert Zünd, Rudolf Koller, Edouard Castres und andere. Wieso bleiben Sie im 19. Jahrhundert? Ich habe mit Albert Anker angefangen und bin von ihm aus weitergegangen. Dabei habe ich schnell gemerkt, dass ich ein Konzept brauche, sonst wird es uferlos. Ich habe mich auf diesen Zeitraum beschränkt. Vor kurzem habe ich die Sammlung Bührle im Kunsthaus Zürich besucht. Sie ist wunderbar. Jedes Werk ist etwas Besonderes. Bührle hat die besten Stücke gekauft, aber es lässt sich keine Botschaft oder Linie daraus ablesen. Herr Blocher, was soll mit Ihrer Sammlung einmal passieren? Ich habe verschiedene Vorstellungen, ich spreche aber erst darüber, wenn ich sie auch umsetze. Gibt es einmal ein Museum Blocher? Vielleicht, ich weiss es noch nicht. Ich weiss auch nicht, wie viel Interesse die Kinder an den Bildern haben. Eine Sammlung ist etwas sehr Schönes, sie braucht aber Pflege, Hingabe und kostet Zeit und Arbeit.

03.04.2010

SVP hat anspruch auf nächsten vakanten Bundesratssitz

Interview Basler Zeitung von Matthias Geering vom 3. April 2010 BaZ: Herr Blocher, was hat Sie bei den Parlamentswahlen im Kanton Bern mehr erstaunt, das starke Abschneiden der BDP oder die Verluste der FDP? Christoph Blocher: Weder das eine noch das andere. Überrascht hat mich aber das starke Resultat der SVP. Sie ist heute wieder fast so stark wie vor vier Jahren, obwohl sie im Laufe der Legislatur 17 Sitze der Fraktion an die BDP abgeben musste. Die SVP konnte in Bern ihr Potential ausschöpfen. Was ist mit der politischen Mitte passiert? Es ist das geschehen, was geschehen musste: Die BDP ist ein Projekt von Mitte-Links. Sie ist nach meinem Rauswurf aus dem Bundesrat gezimmert worden, um die SVP zu schwächen. Es kam so, wie es kommen musste; die BDP als Mitte-Links-Partei erhielt logischerweise die Stimmen derer, die sie unterstützten: Von den Mitteparteien, aber auch von den Linken und den Grünen. Die BDP – eine Mitte-Links-Partei? Die Behauptung ist gewagt... Die Partei hat kein erkennbares Programm, und der selbsternannte "Anstand" ist noch keine Leistung. Sie bewegt sich irgendwo zwischen FDP, CVP, EVP und Grün-Links. In Fragen wie dem Minarettverbot, der Ausländerpolitik oder auch dem EU-Beitritt ist sie weit weg von der SVP. Und darum sind ihre Wähler nicht die von der SVP. Inwieweit lässt das Berner Resultat Schlussfolgerungen für die kommenden kantonalen Wahlen zu? Im Juni wird im Kanton Graubünden gewählt, wo die SVP neu gegründet werden musste. Wo die BDP nicht mit ehemals treuen SVP-Vertretern antreten konnte, was bis jetzt im Kanton Aargau der Fall war, hatte sie wenig Erfolg. Im Aargau erreichte sie nach aufwendigem Wahlkampf 2,6 Prozent. Die wenigen Prozente, die sie holen kann, werden der FDP, der CVP und der SP gehen. Ausnahmen werden der Kanton Glarus und vor allem der Kanton Graubünden sein. Vor allem in Graubünden wird es die SVP in kantonalen Wahlen schwer haben, da die alte SVP einfach den Namen auf BDP wechselte. Die neue Bündner SVP musste bei Null anfangen. Zudem wird in Graubünden das Parlament ebenfalls im Majorzsystem gewählt, was es den anderen Parteien einfacher machen wird, eine Allianz gegen die SVP zu bilden. Aber auch die neue bündnerische SVP – gerade auch dank vieler junger Leute – ist stark eingestiegen. Welches Potential sehen Sie für die BDP auf nationaler Ebene? Ich gehe von vier, vielleicht fünf Prozent aus. Damit wäre die Abwahl von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2011 besiegelt? Das müssen Sie die SP, die Grünen und die CVP fragen. Diese haben sie portiert und gewählt. Alle Parteien sind angeblich für die Konkordanz. Das heisst, dass die Parteien die Bundesräte gemäss ihrem Wähleranteil stellen. Die BDP wird nach den Wahlen 2011 kaum die nötige Stärke erreichen. Aber wer weiss, vielleicht fusioniert die BDP mit der CVP oder der FDP. Das wäre immerhin denkbar. Spätestens seit der Wahl in Bern besteht der Eindruck, dass sich Ihr bisher verlässlichster Partner, die FDP, im freien Fall befindet... In den kantonalen Wahlen seit 2008 hat nicht nur die FDP massiv verloren sondern auch die CVP. Die wahren Verlierer sind aber die Sozialdemokraten: Seit 2008 ist in 13 Kantonen gewählt worden und die SP hat als einzige Partei ausnahmslos in allen Wahlgängen verloren. Kann die FDP ihren zweiten Sitz im Bundesrat retten, wenn sie ihren Bundesrat Hans-Rudolf Merz noch vor den möglicherweise verlustreichen Wahlen 2011 zum Rücktritt bewegt? Es gibt nur eine Partei, die heute einen ausgewiesenen Anspruch auf einen frei werdenden Sitz im Bundesrat hat, und das ist die SVP mit ihren 29 Prozent Wähleranteil. Bei der letzten Vakanz haben wir der FDP den Vortritt gelassen. Bei der nächsten Vakanz wird die SVP den Sitz beanspruchen. Mit Ihnen als Kandidat? Sie haben zuletzt die Frage nach einer Kandidatur nicht deutlich abschlägig beantwortet. Ich will nicht mehr in den Bundesrat. Meines Erachtens ist es besser, wenn die SVP ohne Blocher antritt. Die anderen Parteien reagieren ja wie hypnotisiert, wenn es um meine Person geht. Aber wir haben andere, starke Persönlichkeiten. Der richtige wäre SVP-Fraktionschef Caspar Baader, wenn er nur wollte! Wird Baader ihrer Meinung nach Bundesrat, wenn Merz zurücktritt? Für den Bundesrat wäre er der Beste: Intelligent, sehr sachkundig, stand- und charakterfest! Leider will er nicht, aber vielleicht muss er. Wie wird Ihrer Meinung nach die Sitzverteilung im Bundesrat nach den nächsten nationalen Wahlen aussehen? Falls das Bekenntnis zur Konkordanz weiterhin gilt, wird die SVP zwei Sitze haben. Falls die CVP stärker wird als die FDP, was möglich ist, werden die CVP zwei und die FDP einen Sitz haben. SP und Grüne zusammen haben gemäss ihren Anteilen (2007 noch 29 Prozent wie die SVP allein) zwei Sitze zugute. Daran dürfte sich kaum etwas ändern. Zurück zu den Berner Wahlen: Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Ihre SVP weniger Erfolg hat, wenn es um Wahlen in die Regierung geht. Sie verlangen die Volkswahl für den Bundesrat, schneidet sich die SVP nicht ins eigene Fleisch? In Bern war es ein vereinter Kampf aller Mitte-Links-Parteien gegen die SVP. Diese Taktik hat bei Majorzwahlen Erfolg. Wie Bern zeigt, rächt sich das für die Taktiererer dann bei den Parlamentswahlen. Je mehr die SVP aus den Exekutiven ausgeschlossen wird, desto stärker wird sie in den Legislativen werden. Wenn die Politiker die Schweizer Werte weiterhin nicht verteidigen, was bei Problemen mit der EU, Libyen, Bankkundengeheimnis und im Fall USA der Fall ist, dann wird die SVP im Herbst 2011die 30-Prozent-Schwelle deutlich überschreiten. Die Schweizer wollen keinen Anti-Schweiz-Kurs, darum legt die SVP zu.

13.02.2010

Wer keinen Dreck am Stecken hat, muss keine Angst haben

Abzocker-Initiative: Interview mit Thomas Wyss, Finanz und Wirtschaft vom 13. Februar 2010 Sie unterstützen nun die Minder-Initiative. Die Gegner sagen, damit werde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz geschwächt. Ein gesuchtes Argument. Gestern versicherte mir der Verwaltungsratspräsident einer grossen kotierten Gesellschaft, dass man mit der nun präsentierten Lösung gut leben könne. Die neuen Regelungen bringen eine gewisse Belastung zum Ausweisen von Bezügen für Verwaltungsrat und für Anträge an die Generalversammlung. Aber wer keinen Dreck am Stecken hat, muss keine Angst haben. Sie gibt den Unternehmen die nötige Flexibilität und verhindert krasse Missbräuche. Wenn man sieht, was die G7 von Staates wegen plant, tut die Schweiz gut daran, einen freiheitlichen Ansatz zu wählen. Aber haben Sie nicht das Gefühl, dass mit der Jahreswahl die langfristige Optik verloren geht? Wiederwahl ist der Normalfall. Aber. Man kann die Verwaltungsräte nicht für 3 Jahre wählen lassen, um sich dann Jahr für Jahr frei zu bedienen. Die Jahreswahl hat sich zudem in vielen Gesellschaften bewährt. Aber ich kann doch nur über die Vergütung entscheiden, wenn ich weiss, welche Leistung er vollbracht hat und ob er diese Vergütung wert ist! Über die einzelne Entlöhnung stimmt die GV – der Eigentümer – nicht ab, sondern über die Gesamtheit. Und sie wählt die Verwaltungsräte unter voller Kenntnisse der Bezüge. Sie wird in Extremfällen eingreifen. Das ist ja alles gut und recht. Aber am Schluss wird an der GV nur noch über die Entlöhnung gestritten, und strategische Fragen werden vergessen. In extremen und missbräuchlichen Fällen, vielleicht. Es dürfte für den Verwaltungsrat schwierig werden, Anträge zu stellen um – zum Beispiel nach einem Jahr mit 864 Mio. Verlust, 11 Milliarden Eigenkapitalvernichtung, 6 Milliarden Abschreibungen und einem um 61% tieferen Aktienkurs dem Verwaltungsrat die gleichen Vergütungen vom 10 Mio. – gleichviel wie im exzellenten Vorjahr – und pro Geschäftsleitungsmitglied 6 Mio. zuzugestehen, wie dies für 2008 bei der SWISS Re geschehen ist. Wer definiert denn, was der richtige Betrag ist? Wie in jedem Unternehmen der Eigentümer. Der Verwaltungsrat stellt den Antrag. Entscheidend ist der Grund. Wenn es dem Unternehmen nachhaltig gut geht, verdient der Unternehmer, aber er verliert, wenn es schlecht geht. Bei den Banken und Versicherungen verdienten die Manager in beiden Situationen viel. Wir brauchen eine echte Wirtschaftspolitik, die mehr ist als die Interessenvertretung von ein paar Managern. Aber die Minder-Initiative ist doch klar gegen die Finanzindustrie gerichtet. Sie ist gegen überhaupt niemanden gerichtet. Höchstens gegen Manager, die statt für das Unternehmen vom Unternehmen leben. Aber gegen diese muss es auch gerichtet sein. Es geht um die Aufsicht der Organe einer Gesellschaft durch die Eigentümer. Und es ist Aufgabe des Staates Regeln zu schaffen, damit das Privateigentum geschützt ist. Die einjährige Wahl, die Transparenz und wichtige Entscheide an der Generalversammlung gewährleisten dies. Aber ich hatte nie Mühe, zum Beispiel in der Ems Chemie die Gehälter des Verwaltungsrates offen zu legen und eine einjährige Wahlperiode einzuführen. Sie übten mit 60% ja auch die Kontrolle aus. Trotzdem. Wollen sie eine staatliche Regelung? Wenn uns der Staat – Politiker und Beamte – sagen wollen, wie hoch diese Summe sein darf, ist das Unsinn. Und darauf läuft es nun in Europa hinaus. Börsenkotierte Gesellschaften brauchen einfache, gangbare Lösungen, die die Führung nicht untergräbt aber Missbräuche verhindert. Das gewährleistet der Einigungsvorschlag. Aber Sie haben sich zu Visionszeiten auch bedient. Nein. Die Verwaltungsratsentschädigung wurde an der ersten Generalversammlung nach einem genauen Zielerreichungsmodell einstimmig beschlossen. Die Börse stieg, aber die Leistung war nicht messbar. Der Zweck dieser Anlagegesellschaft war den Anlagewert zu steigern. Dieser war genau messbar. In der Pharma Vision gab es bis 6% Wertsteigerung kein Verwaltungsratshonorar. Dann war die Stufenleiter definiert. Die Verwaltungsräte mussten zudem zusammen 51% des Aktienkapitals zeichnen. Aber der Wert der Firma stieg durch die ganze Börsenentwicklung. Das war auch der Sinn. Doch die Missbräuche in grossen Gesellschaften waren grösser als man denkt. Weil die Transparenz fehlte. Was da hinter den Kulissen heraus genommen wurde, geht auf keine Kuhhaut. Neu muss die konsolidierte Offenlegung aller Bezüge gelten. Man kann nicht mehr eine kleine Entschädigung von der Holding beziehen und sich gleichzeitig und unbemerkt von der amerikanischen Tochtergesellschaft anstellen lassen. Das geht nicht mehr. Ein Bonus sollte auch auf null fallen können. Das ist doch die Fehlkonstruktion. Natürlich. Sogar ein Malus wäre konsequent. Aber das wird nicht verlangt. Die Manager haben immer eine neue Begründung für die Boni. Die Optionen wurden eingeführt , um die langfristige Denkweise zu fördern. Gut so! Aber: Als die Titel einbrachen, wurde der Ausübungspreise nach unten angepasst oder der Ausübungszeitpunkt verschoben. Das ist nicht unternehmerisch. Bezahlt haben das Tausende von Eigentümer. Das haben wir ja auch moniert. Moniert schon. Nun muss das Aktienrecht dafür sorgen, dass gehandelt wird. Missbräuche schaffen böses Blut und ein wirtschaftsfeindliches Klima. Unpopulär ist auch die Senkung des Umwandlungssatzes im BVG. Was sagen Sie Ihren Leuten? Leider hat man es verpasst, die Sache einfach zu erklären: "Wenn Du 65 Jahre alt bist und 100'000 Franken einbezahlt hast, bekommst Du diese 100'000 Franken auch wieder. Du kannst es als Kapital herausnehmen und damit machen was Du willst. Du kannst es aber auch als Rente beziehen und dann werden diese 100'000 Franken durch die durchschnittliche Lebenserwartung aufgeteilt. Wenn die Leute durchschnittlich 75 Jahre alt werden, gibt es pro Jahr einen Zehnten. Wenn sie durchschnittlich 85 Jahre alt werden, gibt es nur einen Zwanzigstel. Das durchschnittliche Lebensalter ist gestiegen. Und deshalb muss man den Umwandlungssatz anpassen, sonst wird die Pensionskasse zerstört und die Jungen gehen leer aus!" Wie stehen die Chancen der Vorlage? Leider schlecht. Auch unsere Wähler werden den bundesrätlichen Vorschlag hoch verwerfen. Die meisten hören nicht. Sie haben genug. Und damit sind wir wieder beim Thema. Die Wut auf Banken, Versicherer, Manager, auf die Wertverluste, die die Leute erlitten haben, ist so gross, dass sie einfach aus Protest Nein sagen! Aber der Aktionär übergibt dem Verwaltungsrat heute die notwendigen Kompetenzen. Das soll so bleiben. Die Begrenzung uferloser Kompetenzen ist eine geringfügige Einschränkung. Neu soll nicht nur die Gesamtsumme der Verwaltungsratsvergütung sondern auch die der Geschäftsleitung bestimmt werden. Die Hauptmissbräuche finden tatsächlich auf Stufe Geschäftsleitung statt. Der Verwaltungsrat rechtfertigt stillschweigend seine hohe eigene Entschädigung oft mit der Höhe der Entschädigung der Geschäftsleitung, darum ist diese Schranke sinnvoll. Was halten Sie von den Stimmrechtsbeschränkungen? Die Partei hat dafür plädiert, dass man diese Vinkulierungsbestimmungen aufhebt. Aber wir sind nicht durchgedrungen. Aber das war nicht Bestandteil Ihrer Aktienrechtsreform. Bestandteil schon. Aber sie hat keine Aufnahme gefunden. Jetzt hat man die Meldepflicht auf 3% gesenkt. Raiders werden dadurch nicht abgehalten, aber unter Umständen gute Investoren von einem Engagement. Das kann sehr kontraproduktiv sein. Wo gibt es heute aus Sicht des Investors interessante Situationen? Ich bin Unternehmer – nicht Finanzanlagenspezialist. Aber als Unternehmer muss man einsteigen, wenn es schlecht steht. Wie zum Beispiel UBS? Von Banken verstehe ich zu wenig. Aber ich hätte Vertrauen in Herrn Grübel an der Spitze. In gute Leute in einer schlechten Situation zu investieren, ist in der Regel nicht falsch. Und wer in die Qualitäten von Christoph Blocher investieren will, kauft Ems Chemie? Die Ems-Gruppe führt unsere älteste Tochter. Ich lasse die Finger davor. Wenn sie wollen, können mich die Kinder um Rat fragen. Sie sind tüchtige Unternehmer und besser ausgebildet als ich und machen es sehr gut. Wo sehen Sie als erfolgreicher Geschäftsmann und Milliardär heute Möglichkeiten zum Geld verdienen? Ich bin nicht der richtige Mann für die Antwort auf diese Frage. Geld zu verdienen, war nie mein Beweggrund. Aber wenn man die Sache wirtschaftlich gut macht, verdient man Geld. Ich bin in dem Sinn kein Anleger. Aber eines ist sicher: Chancen, etwas zu bewegen, hat man in schwierigen Situationen – falls man führen kann. Ich kaufte Ems, als es schlecht lief. Ich habe Firmen gekauft und erhielt - weil sie so schlimm standen – zum Teil noch Geld, damit ich sie "kaufte". Aber ich musste sie führen. Und so entstand das Vermögen. Einer Branche, der es ganz offensichtlich schlecht geht, ist die Medienbranche. Sind Sie bei der Basler Zeitung dabei? Nein. Wenn ich so etwas machen würde, so nur zu 100%. Um erfolgreich zu sein, muss ich auf die Stärken setzen. Was ist meine Stärke? Ich habe Führungserfahrung und derzeit finanzielle Mittel. Wenn es Firmen gibt, die durch Führung zum Erfolg geführt werden können und in der Not sind, mache ich das. So habe ich mich an verschiedenen Firmen still beteiligt, die häufig von jungen Leuten gegründet wurden, die noch nie eine Wirtschaftskrise durchlebt haben. Ich will sie mit ihnen zum Erfolg führen, dann wieder abtreten. Wie viele stille Beteiligungen haben Sie derzeit? Sieben, alles Industrieunternehmen, mit einem Gesamtvolumen von rund 70 Mio. Fr. Wollen Sie dieses Portefeuille ausbauen? Zurzeit habe ich zu viele Anfragen. Aber ich darf mich nicht "überlupfe". Am Anfang ist der Führungsaufwand sehr gross. Aber der Vorteil des Alters ist die grosse Erfahrung. Man sieht meist sehr schnell, woran es liegt. Schon die richtige Frage wirkt Wunder. Was empfehlen Sie im Bereich der kotierten Gesellschaften? Wenn es eine Firma gibt, deren Aktien ich noch nie empfohlen habe, ist es die im eigenen Umfeld. Wer auf Sicherheit gehen will, ist mit Ems gut bedient. Ein sicherer Wert, seriös geführt. Gute Rendite. Wollen sie hohe Rendite bei hohem Risiko, suchen Sie Gesellschaften, denen es schlecht geht und wo sie den personellen Turnaround spüren. GF ist noch nicht so weit. Habe ich nicht geprüft. Bei Rieter vor einem Jahr vielleicht. Vielleicht bald Lonza. Bei kotierten Gesellschaften ohne starken Aktionär geht es immer länger, bis die Alarmglocke schlägt. Aber hören Sie auf diese Glocke. Halten Sie einen Teil Ihres Vermögens in Gold? Nein, ich bin durch und durch Unternehmer. Als  grosses Problem der künftigen Wirtschaft sehe ich die staatliche Verschuldung. Das Problem ist noch gravierender als die hohen Managerlöhne. Und in dieser Unsicherheit ist es höchste Priorität dafür zu sorgen, dass die Grossbanken kein Landes-Problem mehr darstellen. Wird das too big - to fail Problem nicht gelöst, kann die Schweiz zu Grunde gehen. Deshalb wollen Sie die Grossbanken aufbrechen. Neu strukturieren mit einer Holding und voneinander unabhängigen selbständigen Gesellschaften. Bis jetzt gibt es keine bessere Lösung als die Holdinglösung, die mit dummen Argumenten unter den Tisch gewischt wird. Eine andere Lösung wäre ein internationales Insolvenzrecht. Das geht in die gleiche Richtung. Aber wir können nicht auf eine internationale Regelung warten. Die Schweiz muss vorangehen. Für die Schweiz ist diese Problemlösung überlebenswichtig. In Sachen Bankkundengeheimnis torkelt die Schweiz scheinbar von einer Panne in die nächste. Wie konnte es soweit kommen? Bundesrat Merz hat keine Strategie und lebt in den Tag hinein. Aber der Gesamtbundesrat lässt ihn auch in den Tag hinein leben. Wenn ich der Presse glauben kann, ist an der letzten Bundesratssitzung den anderen Bundesräten wohl der Kragen geplatzt und sie verlangten rasch eine Strategie. Das ist ein altes Problem des Bundesrates. Schon 2006, als die Rentenanstalt wankte, wurde das Problem „Too big – to fail“ erkannt. Es wurde nichts gemacht mit der Begründung, eine solche Firma könne nicht scheitern. Als Europa das Steuerthema lancierte, weigerte sich der Bundesrat eine Strategie zu entwerfen. Man liess Herrn Merz bewusst machen! Aber für die SVP ist Merz doch ein Glücksfall. Der FDP laufen die Leute gerade wegen ihm davon. Unsere politischen Gegner sind nicht die Freisinnigen. Es nützt nichts, wenn uns die Freisinnigen zulaufen. Die grünen und roten Politiker in vielen Parteien und die Führungslosigkeit ist das Problem. Das gilt es zu verhindern. Die Probleme, die sich stellen, lösen und dies nicht den Linken überlassen. Sie haben schlechte Motive, ein falsches Menschenbild und betreiben dekadente Politik. Es gilt die Arbeiter und Angestellten der Privatwirtschaft zu schützen, damit die Linken nicht die Wirtschaft zerstören. Die Überfremdungsangst ernst nehmen. Die Bürger haben kein Vertrauen in die sozialistische Politik, aber nur wenn wir Bürgerliche nicht versagen. Dann wäre ja ein Schulterschluss zwischen SVP und FDP naheliegend. Der vorherige Parteipräsident Rolf Schweiger war offenbar nahe dran. Darauf warten wir schon lange. Der Freisinn hat leider ein Basisproblem, das in den Siebziger Jahren entstand. Die Partei öffnete sich nach links, und heute kann die FDP machen, was sie will, sie macht es immer jemandem  nicht recht. Das zerreisst die Partei. Und trotzdem: Wenn es darauf ankommt, steht die SVP zur FDP. Ohne die SVP wäre Herr Burkhalter nicht in der Regierung. Sind Sie für 2011 für die SVP optimistisch? Wenn heute Wahlen wären, würde die Partei massiv zulegen. 2011 ist aber noch zu weit weg für eine Prognose. Leiden wird die FDP. Aber das ist nicht unsere Zielsetzung – im Gegenteil. Wo Grünliberale und BDP auftreten, verliert nicht die SVP. Zur FDP: "Getrennt marschieren und vereint schlagen."