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Persönlich
18.01.2002
08.01.2002
«Ja, wir wollen gewinnen, aber…»
Uno-Beitritt Interview mit der Berner Zeitung vom 8. Januar 2002 Für den UNO-Beitritt eine provokative Kampagne zu fahren sei nicht notwendig, ist Blocher überzeugt. Einer Niederlage sieht er gelassen entgegen, denn davon könnte die SVP fast noch mehr profitieren. Interview: Gregor Poletti Ihre UNO-Kampagne kommt im Vergleich etwa zu derjenigen gegen die Militärvorlagen schon fast brav daher. Ist Ihnen der Biss abhanden gekommen? Christoph Blocher: Die Kampagne zu den Militärvorlagen im vergangenen Jahr war ja auch nicht aggressiv, aber sie provozierte. Aber heute haben wir ganz andere Voraussetzungen: Die Grundstimmung in der Bevölkerung ist bereits gegen einen UNO-Beitritt der Schweiz. Also müssen wir nicht mehr provozieren, sondern unsere Argumente darlegen und veranschaulichen. Und das haben wir sehr schön gemacht: Mit einer Axt wird auf ein bewährtes Instrument, die Neutralität, eingehauen. Also haben Sie doch die Lehre gezogen, dass martialische Plakate nicht unbedingt gut ankommen. Blocher: Nein. Bei der Revision des Militärgesetzes war es notwendig und richtig zu provozieren, weil unsere Gegner über den wahren Inhalt der Vorlage nicht diskutieren wollten. Aber den Zweihänder haben Sie noch im Hosensack, den Sie kurz vor dem Urnengang noch zücken könnten? Blocher: Bei der UNO-Abstimmung brauchen wir keinen Zweihänder, auch nicht in letzter Minute. Aber wir rechnen damit, dass die andere Seite, insbesondere der Bundesrat, versuchen wird, uns zu diskreditieren und als politisch nicht salonfähig darzustellen. Das hat er ja bereits auf eklatante Art und Weise bei den Militärvorlagen getan. Denn es geht am 3. März nicht nur um den UNO-Beitritt, sondern auch um eine innenpolitische Abrechnung mit uns. Sie setzen ebenfalls wie bei den Militärvorlagen voll auf die angebliche Verletzung der Neutralität. Ist diese Argumentation nicht zu schwach, zumal Sie damit nur die Isolationisten erreichen, welche knapp 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen? Blocher: Dem Schweizervolk ist Neutralität sehr wichtig. Mischt euch nicht in fremde Händel. Zudem ist die offensichtliche Missachtung der Neutralität bei deranstehenden Abstimmung einfacher nachzuvollziehen als bei den Militärvorlagen: Denn die Schweizer merken, dass hier ein Vertrag unterschrieben wird, der uns Verpflichtungen wie Boykotte oder Hungersperren auferlegen kann, die uns aussenpolitisch in grosse Turbulenzen bringen könnten. Zudem ist es für einen Schweizer doch unerträglich, dass den Grossmächten mit dem Veto ein Sonderrecht zur Verfügung steht. Kein anderes Argument, das gegen einen UNO-Beitritt spricht? Blocher: Die Verletzung der Neutralität ist das Hauptargument und das stärkste zugleich. Dass ein Beitritt in finanzieller Hinsicht zudem ein Fass ohne Boden ist, vertritt das Komitee der Steuerzahler gegen den UNO-Beitritt. Weiter darf man nicht ausser Acht lassen, dass bei einem Beitritt Diplomaten und Funktionäre unser Recht brechendes Völkerrecht definieren könnten, ohne dass sie dauernd das Volk im Nacken hätten. Das Volk würde damit ein weiteres Mal ausgehebelt. Wie wird die Abstimmungsschlacht entschieden? Blocher: Wir setzen vor allem auf das Ständemehr. Dies aus zwei Gründen: Erstens ist die Zeit bis zum 3. März sehr kurz bemessen, und zweitens sind wir im Gegensatz zu den Befürwortern finanziell nicht so gut ausgestattet, dass wir die ganze Schweiz flächendeckend beackern könnten. Wir werden uns auf Schlüsselkantone wie beispielsweise Aargau, Luzern oder St. Gallen konzentrieren. Werden Sie in Ihr eigenes Portemonnaie greifen, um den Abstimmungskampf zu unterstützen? Blocher: Selbstverständlich. Wie gross ist dieses Engagement? Blocher: Wenn etwas fehlt, bin ich zur Stelle. Sie können mich am 4. März noch einmal fragen. Resultiert der doch eher zurückhaltende Abstimmungskampf nicht auch aus der Einsicht, dass die SVP bei einem Ja mehr als bei einem Nein profitieren könnte? Blocher: Nein, wir wollen gewinnen. Aber selbstverständlich würde die SVP bei einem Ja auch gewaltig profitieren, denn die kommenden Jahre würden aufzeigen, wie die Schweiz und ihre Interessen von der UNO dauernd überrollt würden. Aber wir schauen ja nicht darauf, was unserer Partei am meisten nützt, sondern unserem Land. Aber selbst die SVP ist gespalten in der UNO-Beitrittsfrage. Blocher: Die SVP ist keine geschlossene Viererkolonne. Im Parlament stimmten aber lediglich rund 20 Prozent unserer Partei für einen Beitritt. Und es gibt immer jemanden, der ausschert. Das stört mich nicht besonders, ausser Politiker machten dies lediglich zur Profilierung ihrer eigenen Person. Wird der UNO-Beitritt abgelehnt, ist Aussenminister Joseph Deiss dann für die Schweiz noch tragbar? Blocher: Dann muss sich Bundesrat Joseph Deiss klar und unmissverständlich hinter das Resultat stellen und die Unabhängigkeit und Neutralität endlich ernst nehmen. Kann er dies nicht, müsste er eigentlich konsequenterweise zurücktreten.
05.01.2002
Keine geschlossene Vierer-Kolonne
Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (Ressort Zürich und Region) vom 5. Januar 2002Interview: stü. Warum führt die SVP keinen Abstimmungskampf gegen den Crossair-Kredit? Christoph Blocher, Präsident SVP des Kantons Zürich: Wir führen den Kampf sehr wohl. Seit Anfang Oktober weisen wir klar darauf hin, warum der Kredit abgelehnt werden sollte. Aber wir können keine Inseratenkampagne führen, weil der kritische Stimmbürger keine Lobby hat, die dafür Geld gibt. Die andere Seite hingegen hat Geld von Firmen. Wer 300 Millionen Franken bekommt, gibt gerne etwas Geld für Ja-Inserate. Wie erklären Sie sich, dass sich viele SVP-Exponenten, namentlich auch Mitglieder von Gemeindeexekutiven, für den Kredit aussprechen? Blocher: So viele sind es nicht. Die Abstimmung an der Delegiertenversammlung war eindeutig. Die Befürworter haben ihre Leute an die Versammlung gebracht, was nicht verboten ist. Aber mit 234 gegen 43 Stimmen wurde ein Nein beschlossen. Es gibt Gemeindepräsidenten, die sagen, wir sollten alles tun, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wenn wir aber so weiterfahren, wird jeder Betrieb in Schwierigkeiten Staatsgelder beantragen. Das geht nicht. Sind Sie mit den Befürwortern in Ihrer Partei im Gespräch? Blocher: Wir haben die normalen Kontakte. Wir sind nicht an sie gelangt und haben gesagt, sie dürften diese Meinung nicht haben. Natürlich haben wir keine Freude; aber das muss man in Kauf nehmen. Unsere Partei zeichnet sich normalerweise durch eine starke Geschlossenheit aus. Die Befürworter haben aber das Recht, sich bemerkbar zu machen. Unser politischer Gegner umwirbt sie stark und gibt ihnen Geld, um Inserate zu machen. Man hört, Mitglieder von Gemeindeexekutiven aus der SVP seien unzufrieden mit der Partei, weil sie keine Problemlösungen bringe. Blocher: Die Kritik habe ich von Herrn Landis gehört. Ich habe mich bei den anderen Befürwortern des Crossair-Kredits erkundigt, die mir sagten, es handle sich um eine Einzelaktion des Betreffenden. Landis ist ein tragischer Fall, weil er als Gemeindepräsident zurücktreten muss, da er letztes Mal nicht im ersten Wahlgang gewählt wurde. Sein Vorwurf stammt von anderen Parteien, weil wir andere Problemlösungen bringen als sie. Wenn wir Nein sagen, sagen wir Ja zu besseren Lösungen. Natürlich haben gewisse Exekutivmitglieder lieber höhere Steuern und sind mit dem Kurs der Partei, die Steuersenkungen verlangt, nicht immer einverstanden. Wie geht man in der SVP mit Andersdenkenden um? Blocher: Wir haben den Andersdenkenden die Möglichkeit gegeben, sich an der Delegiertenversammlung zu äussern. Es gab ein Podiumsgespräch mit zwei Befürwortern und zwei Gegnern. Die Dissidenten haben auch das Wort ergriffen, Ständerat Hans Hofmann sogar weit über der Redezeit der anderen. Dann haben wir abgestimmt. Wir erwarten nicht, dass die anderen ihre Meinung ändern, aber dass sie nicht an vorderster Front eine Kampagne führen, das war bis heute üblich. Wie wird man im Hinblick auf die Abstimmung über den Uno-Beitritt vorgehen? Blocher: Genau gleich wird man vorgehen. Die Schweizer Partei hat ihre Parole nach Referaten von Befürwortern und Gegnern bereits beschlossen. Wir haben selber bereits Stellungnahmen erarbeitet, so auch für das Parteiprogramm. Es gibt nicht viele Parteien, in denen die demokratische Auseinandersetzung so geführt wird wie bei uns. Es gibt bei der Uno-Frage auch SVP-Vertreter im Pro-Komitee, die werden von den Befürwortern besonders gehätschelt, das ist in der Politik so. Das ist nicht sehr schön, man muss es aber in Kauf nehmen. Eine Partei ist keine geschlossene Vierer-Kolonne. Sie hatten gegen den Uno-Beitritt im Kanton Zürich nur einen einzigen Auftritt - ziehen Sie sich langsam aus dem politischen Tagesgeschäft zurück? Blocher: Ich habe bis zum Abstimmungssonntag noch über 30 Auftritte in der ganzen Schweiz. Den Kanton Zürich kann ich nicht mehr bearbeiten als andere Kantone. Wegen des Ständemehrs messen wir anderen Kantonen auch eine grössere Bedeutung zu. Andere Exponenten treten aber auch im Kanton Zürich auf. Es macht den Eindruck, als gebe es in der SVP mehr Meinungsverschiedenheiten als früher. Soll sich in parteiinternen Diskussionen zeigen, wer Ihr Nachfolger werden könnte? Blocher: Nein; die Auseinandersetzungen sind schwächer als früher. Sie werden aber stärker beobachtet von aussen, weil andere bürgerliche Parteien, zu denen wir ein gespanntes Verhältnis haben, mit grosser Schadenfreude auf Exponenten der SVP schauen, die eine andere als die Parteimeinung vertreten. So geeint wie jetzt waren wir nie. Meine Nachfolge steht nicht zur Diskussion. Einen Präsidentenwechsel wünschen sich zwar die anderen Parteien sehnlichst. In der SVP stelle ich nichts dergleichen fest.
30.12.2001
«Ich werde froh sein, wenn es mich nicht mehr braucht»
Das sagt Christoph Blocher zu seiner Zukunft Interview mit dem Sonntags-Blick vom 30. Dezember 2001 Interview: Henry Habegger Die SVP liegt bei unserer Umfrage vorne. Wird sie auch ohne Sie zulegen? Christoph Blocher: Ich gehe davon aus. Die letzten Wahlerfolge sind nicht nur auf mich zurückzuführen. Unsere Partei hat immer mehr starke Köpfe! Wer? Blocher: Wir haben viele Motoren. Ich erinnere an Ueli Maurer als Parteipräsident. In der Programmarbeit haben wir Christoph Mörgeli, in der Finanzpolitik Hermann Weyeneth, Bruno Zuppiger und Hans Kaufmann. In der Wirtschaftspolitik Peter Spuhler und Hansruedi Wandfluh. In der Gewerbepolitik Christian Speck und Otto Laubacher. In der Sozialpolitik Toni Bortoluzzi. Und im neuen Bauernverbandspräsidenten Hansjörg Walter haben wir einen sehr starken poltischen Brückenkopf. So geschlossen war die Partei noch nie! Wenn man diese Leute betrachtet: Das ist doch der Freisinn, wie Sie ihn sich vorstellen. Blocher: Ich sage im Witz immer wieder: Die Zürcher SVPler sind noch die einzigen Freisinnigen. Wir SVPler sind ja alle ursprünglich Freisinnige. Wir haben uns 1917 gespalten. Bei so vielen "Motoren": Braucht es Sie in der SVP überhaupt noch? Blocher: Ich werde froh sein, wenn es mich nicht mehr braucht. Am Anfang führte ich in der SVP einen einsamen Kampf. Jetzt haben wir viele gute Köpfe. SVP-Sekretär Rutz sagt, Maurer habe mindestens soviel Format wie Sie. Blocher: Das finde ich auch. Momoll. Nicht nur Ueli Maurer. Diese Leute haben doch alle mein Format: Mörgeli, Kaufmann, Zuppiger, Wandfluh... Mindestens so viel wie Sie? Blocher: Sogar noch mehr. Sie treten 2003 nochmals als Nationalrat an? Blocher: Wenn die Zürcher SVP dies will, dann ja. Sind Sie müde geworden? Blocher: Natürlich nicht, auch wenn das meine Gegner hoffen. Richtig ist, dass ich vermehrt nur noch dort antrete, wo es nötig ist. Aus der Finanzkommission etwa bin ich ausgetreten, weil wir gute neue Köpfe haben. In der Wirtschaftskommission bleibe ich, weil es dort an Unternehmern mangelt. Sie teilen Ihre Kräfte besser ein? Blocher: Als 60-jähriger hat man weniger Kraft als ein 20-jähriger, schon rein körperlich. Dank der Erfahrung macht man die Sachen aber sehr viel schneller. Im Unternehmen und in der Politik.
05.11.2001