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Wirtschaft
08.09.2008
09.07.2008
Christoph Blocher zum Bankgeheimnis: Konsequent bleiben
Christoph Blocher zum Druck auf das Bankkundengeheimnis, zu der empfehlenswerten Taktik der Schweiz und den Trümpfen unserer Banken. Interview in der "Finanz + Wirtschaft" vom 9. Juli 2008 Interview: Peter Schuppli «Wäre wie die Feuerwehr abschaffen, weil es gerade nicht brennt» Die Grossbank UBS, ohnehin mit happigen Problemen konfrontiert, sieht sich in den USA zusätzlich wegen angeblicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung, nach amerikanischer Diktion Steuerbetrug, unter Druck. Soll die Bank die Daten von US-Bankkunden herausrücken, um weiteren Schaden abzuwenden, damit aber das Bankkundengeheimnis verletzen? Ist dieses grundsätzlich gefährdet? Christoph Blocher, ehem. Bundesrat und einst SBG-Verwaltungsrat, nimmt Stellung. Herr Blocher, sehen Sie das Schweizer Bankgeheimnis angesichts des aus den USA stammenden Drucks, Kundendaten von bis zu 20 000 US-Bankkunden offenzulegen, akut gefährdet? Das Bankgeheimnis ist grundsätzlich immer gefährdet. Neben dem Bankgeheimnis stört sie auch die doppelte Strafbarkeitbedingung. Was heisst doppelte Strafbarkeit? Rechts- und Amtshilfe gibt es nur, wenn ein Verhalten für beide Staaten unter Strafe gestellt ist. Das ist insofern wichtig, als die Steuerhinterziehung in der Schweiz ein Vergehen ist und kein Verbrechen. Ich betrachte das Bankkundengeheimnis aber nicht als stärker gefährdet als früher. Es gibt Einzelfälle in den USA, die, so wird dort behauptet, passiert sind, weil gewisse Personen versagt haben. Haben Sie den Eindruck, der Bundesrat unternehme genug, um das Bankgeheimnis und damit den Finanzplatz Schweiz zu verteidigen? Es scheint, dass im vorliegenden Fall der Bundesrat überzeugt hinter dem Bankgeheimnis steht. Er hat die Banken darauf hingewiesen, dass die Bank sich strafbar macht, wenn sie das Bankkundengeheimnis verletzt. Der Bundesrat hat richtigerweise die Banken auf die Rechts- und Amtshilfe verwiesen. Wie soll sich die Schweizer Regierung gegenüber dem Druck aus den USA verhalten – Gesprächsbereitschaft signalisieren oder eine ‹harte Linie› einschlagen? Es braucht beides: Gesprächsbereitschaft signalisieren, gleichzeitig aber eine konsequente Linie einschlagen. Den Amerikanern ist einerseits klarzumachen, dass die Schweiz respektive die Schweizer Bevölkerung am Bankkundengeheimnis festhält und dass wir von diesen vom Volk grossmehrheitlich befürworteten Grundsätzen nicht abweichen können. Ebenso ist aber auch ausdrücklich festzuhalten, dass die Schweizer Banken – oder sonst jemand – keine Beihilfe zu Steuerbetrug leisten dürfen. Diese Botschaft muss immer wieder überbracht werden. Kann sich ein Kleinstaat wie die Schweiz überhaupt eine harte Linie erlauben? Es ist ein konsequenter Kurs. Ein Staat, auch ein Kleinstaat, der sich konsequent ans Recht hält, geniesst Respekt. Das waren auch meine Erfahrungen als Bundesrat in schwierigen Verhandlungen mit den USA. Können Sie das konkretisieren? Den USA ist die Staatsordnung der Schweiz, und wie diese funktioniert, eher fremd: die direkte Demokratie, der ausgeprägte Föderalismus, die Pulverisierung der Staatsmacht. Aber wenn man das erklärt, wird es verstanden. Gerade in den USA, wo auf Ebene der Verfassung eine grosse Verwandtschaft zur Schweiz besteht, wurde es sogar bewundernd zur Kenntnis genommen. Dazu kommt: Auch grosse Staaten verderben es sich nicht gerne mit kleinen Staaten, die gesinnungsmässig auf ihrer Seite stehen. Rechnen Sie damit, dass auch die EU den Druck auf das Bankgeheimnis und den Finanzplatz Schweiz erhöhen wird? Wurde das Bankkundengeheimnis nicht mit dem Schengen-Abkommen gesichert? Der Druck wird erhöht, um den Schweizer Bankplatz zu schwächen. Das ist ein Dauerzustand. Mit der im Schengen-Abkommen getroffenen Zinsbesteuerung wollte man die Steuerflucht eindämmen, ohne Kundendaten preisgeben zu müssen. Doch es war klar, dass das Ausland den Kampf mit anderen Mitteln fortsetzen würde. Wie soll die Schweiz diesem Druck aus dem Ausland begegnen? Leider ist die Schweiz gegenüber der EU sehr willfährig. Der von der EU verlangten Erweiterung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf Bulgarien und Rumänien hätte die Schweiz unbedingt Gegenforderungen stellen müssen in Bezug auf die Achtung des eigenen Steuerregimes. Diese Chance ist verpasst worden. Wie wichtig ist das Bankkundengeheimnis grundsätzlich noch für die Schweiz und die Bankbranche? Es ist von grosser Bedeutung und eine Besonderheit. Dem Kunden wird klargemacht, dass man die Rechtsordnung respektiert und die Privatsphäre achtet. Welchen Einfluss auf den Finanzplatz Schweiz und damit auf unsere Volkswirtschaft insgesamt hätte eine weitere Aufweichung des Bankkundengeheimnisses? Der Einfluss wäre nicht zu unterschätzen. Das Bankkundengeheimnis kann und darf aber nicht die einzige Stärke unseres Finanzplatzes sein, und das ist es auch nicht. Zuverlässigkeit und Seriosität des Bankgeschäfts sind mindestens ebenso wichtige Aspekte. Es ist vielleicht typisch, dass unsere Banken die grossen Verluste ausgerechnet in den USA erlitten haben. Die Mentalität in den USA ist eine andere. Sehen Sie Auswirkungen auf andere Wirtschaftssektoren für den Fall, dass das Bankkundengeheimnis fällt? Das wäre für die Schweiz sicher eine Schwächung, weil Werk- und Finanzplatz zusammenhängen. Aber dank den anderen Stärken unserer Banken – Seriosität, Professionalität, Zuverlässigkeit – sähe ich für andere Bereiche keine Katastrophe. Das Bankkundengeheimnis hat einen historischen Hintergrund. Ist er obsolet geworden? Das Bankgeheimnis geht zurück auf die Judenverfolgung im Dritten Reich. Jemanden zu schützen bei Geldanlagen – solche Situationen können jederzeit wieder auftreten. Etwas abzuschaffen, weil es im jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig ist, erscheint mir der falsche Ansatz. Das ist wie die Feuerwehr abschaffen, weil es im Moment nicht brennt. Ist es Zufall, dass der Druck auf das Bankgeheimnis ausgerechnet in einem Zeitpunkt steigt, in dem die UBS grosse Probleme mit sich bekundet? Druck auf das Bankgeheimnis wird immer wieder ausgeübt, und zwar immer dann, wenn jemand im Bankbereich versagt. Zudem erachte ich die Kronzeugenregelung in den USA als ein sehr problematisches Instrument. Des Weiteren ist festzustellen, dass die Medien dieser Geschichte nie diese Bedeutung beimessen würden, wenn die UBS glänzend dastünde. In einer Situation der Schwäche wird aber jeder Missstand aufgebauscht. Ich gehe davon aus, dass der Fall UBS in den USA rechtlich und nicht politisch erledigt wird. Welche Zukunft räumen Sie dem Schweizer Bankgeheimnis ein? Wenn die Schweiz will, werden wir das Bankkundengeheimnis halten können. Die Frage ist nur, will die Schweiz, und sind unsere Politiker dem Druck gewachsen. Sind es die Bürgerlichen? Es gibt auch bürgerliche Politiker, die nichts gegen eine Aufweichung des Bankkundengeheimnisses haben. Da weder von linker noch von grüner Seite Unterstützung für das Bankkundengeheimnis zu erwarten ist, müssten die Bürgerlichen zusammenstehen. Was wäre im Falle einer weiteren Aufweichung des Bankgeheimnisses zu tun, um einen spürbaren Abfluss von Kundengeldern zu verhindern? In erster Linie müsste die Leistung gegenüber derjenigen der ausländischen Konkurrenz wesentlich besser sein. Zudem darf die Regulierungsdichte unter keinen Umständen zunehmen, wie das gewisse Kreise fordern. Denn wenn unsere Banken stärker reguliert würden als beispielsweise die englischen Institute, würde die Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigt. Aber die Banken selbst haben ihre Anreizsysteme für Bonuszahlungen zu ändern, damit sie nicht in solche Risiken laufen. Wo sehen Sie die Chancen des Finanzplatzes Schweiz? Wenn die Wettbewerbsfähigkeit unserer Banken nicht durch zusätzliche Regulierungen geschmälert wird, hat unser Finanzplatz grosse Chancen. Erstens, weil die Schweiz ein Kleinstaat ist, und zweitens, weil die Schweiz nicht der EU angehört. Aber die Schweizer Banken, vor allem sie, müssen die traditionellen, soliden Eigenschaften pflegen und dürfen sie auf keinen Fall preisgeben.
05.07.2008
Combat pour les droits du peuple: les pratiques UE n’ont pas leur place en Suisse
Assemblée des délégués de l'UDC Suisse du 5 juillet 2008 à Brigue Le discours prononcé oralement fait foi Le «paquet» Ce que les partis gouvernementaux se sont permis durant la dernière session d'été est sans doute unique dans les annales du Parlement: ne reculant pas devant la sournoiserie la plus basse, ils ont lié deux projets de lois totalement distincts pour empêcher le peuple de se prononcer séparément sur chacun d'eux. L'un de ces textes concerne l'extension de la libre circulation des personnes à la Roumanie et la Bulgarie et l'autre la poursuite de la libre circulation actuelle avec les anciens Etats membres de l'UE. La majorité du Parlement a décidé de réunir ces deux projets pour en faire un "paquet", fort répugnant en l'occurrence, dans le but d'empêcher l'expression fidèle de la volonté populaire. Quelle est la conséquence de ce "paquet"? Le citoyen, qui veut dire NON à un projet mais OUI à l'autre, ne peut plus voter. S'il dit OUI, il approuve aussi le projet qu'il veut rejeter, s'il dit NON, il s'oppose également au texte qu'il souhaite accepter. Mesdames et Messieurs, il est intolérable de confronter le souverain à une question qui viole les règles de la Constitution fédérale! Or, celui qui lance un référendum contre ce projet, prête main à cette tromperie; il prend au sérieux cette fausse question et contribue en fait à ce que les citoyennes et les citoyens doivent trancher une question dont la formulation est indigne de la démocratie directe. Pourquoi cette lamentable mise en scène? Les partis gouvernementaux le savent bien: l'extension de la libre circulation des personnes à la Roumanie et à la Bulgarie telle qu'elle est présentée et à l'heure actuelle suscite beaucoup de scepticisme et risque donc d'être rejetée par le peuple. L'UDC a déjà clairement pris position: l'accord portant sur l'extension de la libre circulation des personnes à la Roumanie et à la Bulgarie doit être combattu. Le Parlement tente donc d'obtenir par des méthodes trompeuses un OUI à l'extension de la libre circulation des personnes à la Roumanie et à la Bulgarie. Et plus tard, on attribuera la responsabilité de cette décision au peuple. On les entend déjà, ces hypocrites: "C'était la volonté du peuple, le peuple a dit OUI" et ils tairont bien sûr soigneusement le fait que cette votation n'était qu'une tricherie. Et ces mêmes milieux pourront annoncer fièrement à Bruxelles: "Vous le voyez: la Suisse est le seul pays d'Europe où le peuple a pu se prononcer sur l'extension de la libre circulation des personnes, et ce peuple a dit oui." Et, bien évidemment, on omettra de préciser à cette occasion qu'en réalité le peuple suisse n'a pas pu participer à une votation libre. Mesdames et Messieurs, vous le sentez déjà: le but de ces manigances est de pousser la Suisse à adopter les pratiques antidémocratiques de l'UE. Avez-vous suivi la votation populaire en Irlande et les réactions des autres Etats de l'UE? Il y a là de quoi faire dresser les cheveux sur la tête d'un vrai démocrate. Et on voudrait que ces méthodes soient étendues à la Suisse? Fossoyeurs et faux-monnayeurs à l'œuvre Vous souvenez-vous des innombrables promesses que le gouvernement et le Parlement ont faites quand il s'agissait de faire accepter au peuple suisse la libre circulation des personnes? Il est intéressant à ce propos de relire les explications de vote du Conseil fédéral de 1999 à propos du projet de libre circulation des personnes avec l'UE. Je cite (traduction de l'allemand): "…; dans la septième année suivant l'entrée en vigueur, l'Assemblée fédérale décide si l'accord de libre circulation des personnes doit être poursuivi. Le peuple pourra en décider une fois de plus si un référendum est lancé." Et le Conseil fédéral poursuit: "Le Parlement décidera de plus si l'accord de libre circulation des personnes s'applique aussi aux Etats qui adhèrent ultérieurement à l'UE. Sur ce point aussi le peuple peut décider en cas de référendum." Cette promesse a été clairement rompue durant la session de juin 2008 lorsque le Parlement a décidé de réunir les deux projets en un seul "paquet". Le peuple suisse ne peut plus décider de l'extension de la libre circulation des personnes à la Roumanie et à la Bulgarie! Il est tout aussi intéressant de relire les explications de vote du Conseil fédéral concernant l'extension de la libre circulation des personnes avec l'UE en 2005. Je cite (traduction de l'allemand): "En 2009, le Parlement décidera si l'accord de libre circulation des personnes doit être poursuivi; en cas de référendum, les citoyens auront une fois de plus le dernier mot." Un peu plus loin on peut lire ce qui suit: "Une extension de la libre circulation des personnes à de futurs Etats membres de l'UE doit également être approuvée par le Parlement et elle est soumise au référendum facultatif." Cette promesse faite par le Conseil fédéral en 2005 a été rompue comme les autres. Les citoyennes et les citoyens ne pourront pas voter sur l'extension de la libre circulation des personnes à la Roumanie et à la Bulgarie. Cette politique est indigne de la Suisse. Que doit faire l'UDC? Mesdames et Messieurs, en analysant cette affaire dans tous ses détails et en prenant en considération les conséquences de cette violation d'une règle constitutionnelle et légale élémentaire, on doit bien se rendre à l'évidence: un référendum ne serait qu'un faux-semblant. Voilà pourquoi un parti démocratique comme l'UDC doit y renoncer! Un faux semblant de référendum et un faux-semblant de votation populaire sont indignes de la démocratie suisse. L'UDC ne doit pas participer à ce jeu. Nous ne jouons pas avec des dés pipés. Nous regrettons qu'il ne soit pas possible de lancer un référendum et que le Parlement prive le peuple de la possibilité de voter sur deux importants objets concernant l'UE. L'unique manière de contrer réellement pareils agissements est de voter à l'avenir pour l'Union démocratique du centre. L'UDC est le seul part qui défend sans concession la démocratie directe et qui combat les combines antidémocratiques visant à tromper le souverain. Voilà pourquoi, Mesdames et Messieurs, je vous propose de renoncer à lancer un faux-semblant de référendum et aussi à soutenir un faux-semblant de référendum. Laissons les partis gouvernementaux porter la responsabilité de leurs agissements quasi-dictatoriaux concernant la libre circulation des personnes avec la Bulgarie et la Roumanie. Ils entreront dans l'histoire comme les fossoyeurs de la démocratie directe.
14.06.2008
Wollen nicht auf Landwirtschaft verzichten
Die Bauern bräuchten mehr Freiheit als Unternehmer, sagt Christoph Blocher. Das Problem sei die Abnehmerstruktur. Interview im "Schweizer Bauer" vom 14. Juni 2008 Interview: Simon Marti, Martin Messer «Schweizer Bauer»: Sie haben eine landwirtschaftliche Lehre gemacht. Warum sind Sie nicht Bauer geworden? Christoph Blocher: Mein Vater war Pfarrer, und ich hatte keinen Hof. Wenn ich einen Hof gehabt hätte, wär ich Bauer geblieben. Möchten Sie unter den heutigen Bedingungen Bauer sein? Ja. Ich glaube, man kann auch heute etwas erreichen. Die Rahmenbedingungen stimmen aber nicht. Wenn Sie Landwirtschaftsminister wären: Was würden Sie anders machen? Ich würde die ganze Sache entbürokratisieren und den Bauern mehr Bewegungsfreiheit als Unternehmer zugestehen. Beispiel Milchmarkt: Dort zieht sich der Staat zurück – Ist das der Schritt in die richtige Richtung? Das wäre es. Aber in der Regulierung der Produktion zieht er sich nicht zurück. Anderseits ist die Abnehmerstruktur zu eng: hier stehen die Bauern quasi einem Kartell gegenüber. Wir haben nun gerade einen Milchstreik erlebt. Halten Sie das für ein gutes Mittel? Der Milchstreik ist ein typisches Zeichen für diese Kartellstruktur. Wenn die Bauern mehr Konkurrenz bei den Abnehmern hätten, bräuchte es keinen Milchstreik. Die schmale Struktur zieht sich bis zum Detailhandel (Coop und Migros) durch. Was muss man tun? Die Bauern müssen eigene Vermarktungsstrukturen – und so mehr Wettbewerb – schaffen. Die Napfmilch AG ist fast gescheitert, Baer wurde von einem französischen Konzern übernommen – ist es nicht zu schwierig, die Abnehmerstruktur zu verändern? Natürlich, weil die Grossen inzwischen eben so stark sind. Bei Baer haben aber ja nur die Eigentumsverhältnisse geändert, der Neue wird die Milch wohl auch weiterhin abnehmen. Denken Sie, dass die Wettbewerbskommission mehr eingreifen müsste? Ich habe nichts dagegen, wenn die Weko das untersucht. Aber sie tut nichts. Die Schweiz ist zu klein. In Amerika würde so eine Marktmacht aufgeteilt. Würde ein Agrarfreihandel mit der EU bei den Verarbeitern mehr Wettbewerb schaffen? Im Ausland vielleicht. Aber das Problem Landwirtschaft würde dies verschärfen. Die Konsumentenpreise würden keinesfalls um 25 Prozent sinken . Das ist eine Fehlrechnung. Wenn zum Beispiel Stocki 25 Prozent billiger wird, wäre die Verbilligung grösser als der Kostenanteil für den Rohstoff. Da müsste der Bauer ja noch etwas draufzahlen, damit die Kartoffeln abgenommen werden. Zudem ist die Landwirtschaft nicht vollständig dem freien Markt unterstellt. In der Bundesverfassung sind ihr Ziele vorgegeben – sichere Versorgung, Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, Pflege der Kulturlandschaft, dezentrale Besiedelung – und hinter diesen Zielen stehe ich voll. Wenn sie die Landwirtschaft voll der freien Marktwirtschaft aussetzen, dann werden diese Ziele nicht mehr erreicht. Schon gar nicht gegen die grossen Strukturen in England, Holland, oder auch Deutschland. Von den Billiglohnländern nicht zu sprechen! Auch nicht mit Spezialitäten? Mit Spezialitäten kann sie es vielleicht, aber nur wenige Flächen und Orte kommen dafür in Frage. Vom unternehmerischen Standpunkt her hätte die Schweiz wohl den grössten Erfolg, wenn sie sich voll auf Milch- und Viehwirtschaft konzentrieren würde, auch die Forschung und Entwicklung der Produkte müsste sich darauf konzentrieren, und hochwertige Spezialitäten entwickeln.In der Milchproduktion sind wir auch am konkurrenzfähigsten. Also könnte man den Milchbereich sektoriell öffnen, um dem Druck eines WTO-Abschlusses zu begegnen? Wir sind nicht dagegen, dass wir in gewissen Sektoren öffnen. Aber es ist nicht meine Sache zu sagen, in welchem Sektor das sinnvoll wäre. Das müsste der Bundesrat prüfen und vorschlagen. Es ist Sache des Bundesrates herauszufinden, wo sektorielle Abkommen sinnvoll wären. Vergeben Sie sich damit nicht eine Chance, wenn Sie auf einen guten Gegenvorschlag verzichten? Eine Partei oder ein einzelner Politiker hat diese Mittel und Unterlagen nicht, um dies darzulegen. Dafür hat man die Regierung und Verwaltung. Was wollen Sie denn tun, wenn es in der Doha-Runde der WTO zu einem Abschluss kommt? Sie können nur etwas dem Freihandel unterstellen, auf das sie auch verzichten können. Bei Massentextilien war das so – jetzt stellen wir keine mehr her. Aber auf die Landwirtschaft wollen wir ja nicht verzichten. Gibt es ein Abkommen in der WTO, mit grossen Zugeständnissen, erhält der Bauer massiv weniger für seine Produkte. Dann müssten sie entweder die Abgeltungen anderswie erhöhen, oder die Landwirtschaft - und damit alle Zielsetzungen der Agrarpolitik - werden preisgegeben. Gerade die SVP wehrt sich doch jeweils stark gegen höhere Staatsausgaben? Wenn die Doha-Runde dem Export so wahnsinnig viel bringen sollte, dann hätte man das Geld. Sie haben gesagt, Sie stehen zu den Aufträgen in der Verfassung. Diese werden aber doch durch die Auflagen garantiert, die Sie weghaben wollen? Ich bin nicht gegen Umwelt- und Tierschutz, aber die detaillierten Bestimmungen gehen zu weit. Ein Bauer darf Ökowiesen erst Mitte Juni mähen, damit es eine schöne Blumenwiese gibt. Das hat nichts zu tun mit Landwirtschaft, das ist Parkpflege. Ich habe im Garten auch solche Wiesen. Aber ich habe nicht das Gefühl, ich sei ein Bauer. Sie sprechen oft von den zu hohen Kosten. Parallelimporte könnten hier eine Erleichterung bringen. Warum wehren Sie sich dagegen? Für patentgeschützte Güter ist der Schutz des geistigen Eigentums dringend. Für den Wissens-, Forschungs- und Werkplatz Schweiz ist das zentral. Der Preisüberwacher spricht von 20 bis 45 Prozent Kostenreduktion. Das sind Behauptungen und Versprechen, die nicht in Erfüllung gehen. Aber natürlich wird etwas billiger, wenn man Eigentum (auch geistiges) nimmt und verteilt. Wenn ich den Bauern das Privat-Eigentum (Haus und Hof) wegnehme und verteile, dann wird es für den Erwerber auch billiger. Nur führt dann das dazu, dass niemand mehr Eigentum schafft. Schutz vor geistigem und Sach-Eigentum ist ein Grundwert. Sie fordern eine produzierende Landwirtschaft. Die dazu nötige bewirtschaftbare Fläche wird immer mehr überbaut. Was soll man dagegen tun? Sie können nicht verhindern, dass die Menschen Häuser bauen. Man kann raumplanerisch etwas verbessern, am richtigen Ort einzonen, verdichtet bauen. Es gibt eine Initiative, die in den nächsten 20 Jahren kein Bauland mehr einzonen und so die Landwirtschaftsfläche erhalten will. Woher nimmt man denn das Land, um zu wohnen? Von der Waldfläche? Pro Sekunde wird 1m2 verbaut. Sie haben keine Angst, dass schleichend Boden verloren geht? Wenn es immer weniger Platz zum Produzieren gibt, und immer mehr Leute, die konsumieren, steigen die Preise. Das ist doch gut für die verbleibenden Bauern. Und der Bauer ist ja nicht der einzige, der Land braucht. Die Industrie braucht Land, zum Wohnen braucht es Land, Strassen und Eisenbahnen brauchen Land, und Sie können diese Entwicklung nicht aufhalten. Aber Sie wollen doch die Produktion sichern? Dazu braucht es den Boden. Man darf auch nicht so auf Statistiken vertrauen. Das sind Schreckgespenster. Ich habe in den 60er-Jahren gelernt, dass wir in Jahre 2000 in der Schweiz 10 Millionen Einwohner haben werden. Heute ist 2008, und wir haben 7,5 Millionen. Wie wollen Sie so die Lebensgrundlage für die kommenden Generationen sicherstellen? Im Extremfall wird die Schweiz eben zu einem Stadtstaat. Doch auch in diesem wird es Landwirtschaftsland geben, das es zu nutzen gilt! Aber: der Versorgungsgrad wird sinken. Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz liegt heute bei unter 60 Prozent. Reicht das? Solange wir Nahrungsmittel zukaufen können, reichen 60 Prozent. In Notzeiten reicht es nicht. Wenn man intensivieren würde, könnte man die Produktion auf der gleichen Fläche wieder steigern. Die Schweiz hat dies in Notzeiten immer wieder getan. So die Schweiz im 2. Weltkrieg, als sie sogar Kartoffeln auf der Sechseläutenwiese in der Stadt Zürich anpflanzte. Die intensive Landwirtschaft hat aber auch Grenzen, zum Beispiel wenn Seen überdüngt werden? In den 60er Jahren hat man gesagt, 1980 könne man nicht mehr ohne Gasmaske herumlaufen. Meine Enkel baden heute im Zürichsee... Weil man etwas gemacht und vorgebeugt hat. Ja, eben. Es geht stets um das Normale. Wenn sie in normalem Rahmen intensiv Landwirtschaft betreiben, kippt kein See. Wenn sie die Nahrung brauchen, produzieren sie Kartoffeln an Stelle von Blumenwiesen. Sie sagten am Anfang, Sie wären gerne Bauer geworden. Heute könnten Sie sich einen Hof leisten... Als ich Ems gekauft habe, hatte ich zwei Bauernhöfe mit 200 Hektaren, aber keine Zeit und Fähigkeit mehr diese zu bewirtschaften. Ich musste ja das Unternehmen führen. Was haben Sie mit den Höfen gemacht? Ich konnte sie nicht verpachten. Das Pachtrecht ist so eng, dass sie nicht wissen, ob sie das Land je wieder zurück bekommen, wenn sie es brauchen. Darum wird heute das Land rund um die Fabrik als Golfplatz und gleichzeitig als Reservezone genutzt. Wenn es gebraucht wird, kann man es so oder anders nutzen. Werden Sie jetzt noch Bauer? Nein das nicht mehr. Die Liebe zur Landwirtschaft ist noch da, aber das jugendliche Alter und die heutigen Fachkenntnisse fehlen.
11.06.2008