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24.08.2011

«Ich halte nichts davon, die Löhne für Grenzgänger in Euro zu entrichten»

Interview mit der Basler Zeitung vom 24. August 2011 mit Markus Prazeller und Alan Cassidy BaZ: Die SVP verlangt, die Autobahnvignette dürfe nicht teurer werden. Was hat das mit dem starken Franken zu tun? Der starke Franken verteuert die Kosten in der Schweiz. Dabei ist diese bereits heute viel teurer als das Ausland. Unsere Löhne, die Transportkosten, die Energiekosten – allein im Vergleich zu Deutschland bezahlen wir hier für vieles einen Drittel mehr. Die Autobahnvignette ist dabei ein Faktor. Die Unternehmen machen jetzt alles, um Kosten zu reduzieren. Nun muss ihnen auch der Staat die von ihm verursachten Kosten und die Steuern und Abgaben senken. Tiefere Steuern, weniger Bürokratie – das sind alte Forderungen, die Sie schon vor der Frankenkrise stellten. Sind Ihnen die Ideen ausgegangen? Wir brauchen keine neuen Ideen, sondern diese sollten endlich umgesetzt werden. Wenn die Wirtschaftspolitik der Schweiz wirklich so gut wäre, wie der Bundesrat immer behauptet, hätten wir nicht überall solch hohe Kosten. Nun gefährdet der starke Franken unsere Arbeitsplätze zusätzlich. Die SP hat schon im Januar vor den Folgen des starken Frankens gewarnt. Haben Sie und die SVP das Problem verschlafen? Erstens: Im Januar war das Problem noch nicht so akut. Und zweitens: Das angebliche Rezept der SP ist, den Franken an den Euro binden. Dies weil die SP die Schweiz in die EU führen will. Das wäre das Dümmste, denn dann wäre die Schweiz erst recht mitten im Schlamassel der überschuldeten Staaten, die uns das Problem eingebrockt haben. Das ist kein Rezept. Auch die Strategie der SVP ist widersprüchlich. Anfang Jahr forderten Sie den Rücktritt von Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand, kürzlich stellten Sie sich hinter die Nationalbank – und nun reagieren Sie emotional, wenn man Ihnen eine Kehrtwende vorwirft. Weil es keine Kehrtwende ist! Ich bin weiterhin der Meinung, dass Hildebrand zurücktreten sollte. Als Nationalbank-Chef hat 130 Milliarden Euro gekauft bei einem Kurs von 1.40-1.50! Und der Euro ist bis auf 1.00 gefallen. Zudem hat die Nationalbank 60 Milliarden an Volksvermögen verloren. Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Wenn Ihr für fünf Millionen ein Haus kauft, obwohl dieses nur eine Million wert ist, ist er unfähig und gehört entlassen. Wenn er ein gleiches Haus ein Jahr später für Fr. 500'000.-- kauft, ist er zu unterstützen. Sollte die Nationalbank einen bestimmten Frankenkurs anstreben? Welchen? Ein fester Wechselkurs lässt sich nicht festlegen. Hingegen eine unterste Limite. Wie die Nationalbank selber gesagt hat: Die Nationalbank muss bestimmen, wo diese liegt. Sie hat wohl eine solche Limite. Sie will sie nicht bekannt geben. Ich teile diese Ansicht. Wenn die Leute heute nach Italien fahren, nur um Benzin zu tanken, dann stimmt etwas im Kurs nicht mehr. Die Nationalbank hat recht, wenn sie nun reagiert. In den vergangenen 14 Tagen ist der Eurokurs immerhin um zehn Prozent gestiegen. Die ersten Unternehmen in den Grenzkantonen sind dazu übergegangen, Ihren Grenzgängern den Lohn in Euro auszubezahlen. Würden Sie das Ihrer Tochter Miriam vom Läckerli-Huus auch empfehlen? Nein, aber das muss jedes Unternehmen selbst entscheiden. Haben Sie denn Verständnis für Unternehmen, die zu dieser Massnahme greifen? Persönlich finde ich das keine gute Lösung. Ein Arbeitgeber soll seine Angestellten in der jeweiligen Landeswährung bezahlen. Aber wie gesagt: Das muss jedes Unternehmen mit seinen Mitarbeitern aushandeln. Vielleicht gibt es Sonderfälle.

24.08.2011

Leurs plans contre le franc fort

Interview, Le Matin, 24 août 2011 Que fait l’UDC concrètement pour sortir de la crise? Aujourd’hui, un grand nombre de coûts pour les entreprises sont causés par l’Etat. Nous lui demandons de les baisser sans attendre. Par exemple dans les transports ou les télécoms. Le tourisme, qui est fortement touché, doit bénéficier d’une baisse temporaire de la TVA a 1%. Les impôts doivent diminuer pour les entreprises, de même que toute la bureaucratie, comme les contrôles payants imposés par les autorités. Comment protégez-vous le consommateur? Tout cela concerne aussi directement ou indirectement le consommateur. En baissant la TVA dans l’hôtellerie et la restauration, le citoyen pourra aller manger ou dormir à meilleur prix. Il pourra faire des vacances en suisse, et meilleur marché. Baisser les frais de l’Etat, profitera aussi au citoyen, par exemple pour l’élimination des ordures. Le ministre de l’Economie propose un plan de sauvetage à 2 milliards. Vous le suivez? Non, c’est jeter l’argent par la fenêtre. Les effets seraient de courte durée, et sa distribution serait un problème impossible à résoudre. Au lieu de distribuer de l’argent aux entreprises et aux citoyens, il vaut mieux leur en ponctionner moins. La BNS est-elle assez active? Aujourd’hui, le franc est catastrophiquement surévalué. La BNS s’active depuis 2 semaines, avec succès pour l’instant. Le franc a baissé d’environ 10%. Mais il ne faut pas crier victoire trop tôt. Attendons, car elle n’a pas droit à l’erreur.

22.08.2011

Ein Politiker, der keine Gegner hat, ist nichts

Artikel in der «Zürichsee-Zeitung» vom 22. August 2011, von Patrick Gut und Anna Moser

19.08.2011

Die FDP hat bei Wahlen immer von der SVP profitiert

Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 19. August 2011 mit Thomas Ribi und Réne Zeller Herr Blocher, warum wollen Sie Ständerat werden? Weil die Anliegen, die ich vertrete, im Ständerat zu wenig vertreten werden. Wichtige Themen wie die Unabhängigkeit der Schweiz, der Föderalismus, das Sparen in den öffentlichen Haushalten, die Kriminalitätsbekämpfung fanden früher im Ständerat vehemente Fürsprecher, heute leider nicht mehr. Sie werden bald 71-jährig. Sind Sie nicht zu alt, um nochmals ins Bundeshaus zurückzukehren? Es gibt tatsächlich Politiker, die mit 71 zu alt sind, aber es gibt auch solche, die es mit 40 schon sind. An Temperament fehlt es mir nicht. Und dank meiner langjährigen wirtschaftlichen und politischen Erfahrung bringe ich sehr viel ein. Wie lange möchten Sie im Ständerat bleiben: 4 Jahre? 8 Jahre? Oder länger? Solange es mich braucht und ich in der Lage bin! Sicher 4 Jahre bis zur allfälligen Wiederwahl. Mein Vorteil ist, dass ich keine lange Einführungszeit zur Einarbeitung brauche. In der SVP wird gewünscht, dass Sie Fraktionschef werden. Ist das Ihr Plan? Nein, das ist nicht mein Plan. Wir wissen, dass Caspar Baader aufhören möchte, aber ich hoffe, dass er bis zum Frühjahr bleibt. Dann schauen wir weiter. Erwägen Sie, ein weiteres Mal für den Bundesrat zu kandidieren? Nein. Erstens wird mich dieses Parlament nicht in den Bundesrat wählen. Zweitens wird die SVP, wenn sie einen zweiten Sitz bekommt, wohl mit einem Welschen antreten. Und drittens - und das ist entscheidend - glaube ich, dass ich in den nächsten vier Jahren vor allem im Parlament gefragt bin. Die Hauptentscheidungen - ich denke an Europa, Masseneinwanderung und die zweite Säule - werden wohl an der Urne gefällt, auch da bin ich nötig. Übernehmen Sie das Parteipräsidium? Faktisch sind Sie ja der Chef der SVP. Nein, wir haben einen hervorragenden Parteipräsidenten. Ich sehe keinen Grund ein so gutes Pferd zu wechseln! Sie haben den Ständerat als links und wirtschaftsfeindlich kritisiert. Jetzt wollen Sie ihn parteipolitisch vereinnahmen. Die SVP hat - als wählerstärkste Partei - nur 7 Ständeräte. Immer wieder haben wir es erlebt, dass wir im Nationalrat mit FDP und CVP wegweisende Lösungen durchgebracht haben, etwa in der Verbrechensbekämpfung. Weil das Stimmresultat öffentlich ist, konnte sich - vor allem die CVP - so als bürgerlich präsentieren. Im Ständerat ist die Stimmabgabe nicht transparent, so konnte vor allem die CVP diese Lösungen - gleichsam in der Dunkelkammer - beerdigen. Darum werden die Missstände in der Kriminalität, dem Asylmissbrauch und der Europaintegration nicht gestoppt. Diese parteitaktischen Klüngeleien müssen aufhören. Sie verfolgen parteipolitische Ziele. Das widerspricht dem Charakter des Ständerats als «chambre de réflexion». «Chambre de réflexion» – das war einmal. Dieses Attribut wird wohl deshalb so oft bemüht, weil es vornehm klingt. Ob Ständeräte mehr reflektieren als Nationalräte, bezweifle ich. Und Parteipolitik gibt es auch im Stöckli, nur wird sie dort besser kaschiert. Sie würden im Ständerat nicht primär opponieren, sondern Lösungen suchen? Natürlich. Die Kraft der Argumente ist entscheidend. Im Ständerat sogar noch mehr als im Nationalrat, weil es ein kleineres Gremium ist. Aber Kritik an Vorlagen der Verwaltung ist auch im Ständerat wichtig. Früher war dies - vor allem in der Finanz und Steuerpolitik - im Ständerat üblich. Heute ist diese positive Kraft weitgehend versiegt. Für Sie ist es besonders schwierig, überparteiliche Allianzen zu schmieden, weil Sie die SVP vertreten wie niemand sonst. Ich wirke gestaltend in der SVP mit, und ich teile natürlich die Positionen der Partei. Vorallem weil sie im Interesse der Schweiz sind. Diese sind auch im Ständerat zu vertreten. Werden sie unter den Tisch gewischt, muss sie das Volk an der Urne durchsetzen. Noch nie sind so viele Volksinitiativen gegen den Willen von Verwaltung, Bundesrat und Parlament an der Urne durchgekommen, wie in den vergangenen Jahren. Diese Kluft zwischen Bürgern und Classe politique sollte zu denken geben! Welche Fragen sind für den Kanton Zürich zurzeit zentral? Zürich ist der einwohnerstärkste Kanton, erwirtschaftet einen Fünftel des Bruttoinlandproduktes und steuert rund einen Viertel an den gesamtschweizerischen Steuerertrag bei. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung. Der Kanton Zürich muss nicht auftrumpfen, aber er verfügt über ein Erfahrungs- und Wissenspotenzial, das andere Kantone so nicht einbringen können. Das tut Zürich zu wenig. Wenn ein Kanton schon so viel bezahlt, dann muss er auch die Forderung nach einem schlanken Staat und tiefen Steuern und Abgaben vertreten – für ihn ist es entscheidender als für andere. Hört man in Bern überhaupt auf Zürich? Sicher. Aber wer vornehm zurücksteht, muss sich nicht beklagen. Etwa was die Verkehrsinfrastrukturen betrifft. Fahren Sie einmal auf einer Autobahn Richtung Jura. Sie vereinsamen fast auf der Autobahn! Im Kanton Zürich aber reichen die Strassen nicht einmal, um das alltägliche Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Das muss der Kanton Zürich geltend machen und für seine Anliegen kämpfen. Für welche? Ausser den Strassen auch für den Flughafen. Es ist nicht in Ordnung, dass uns die deutsche Regierung ein Anflugregime aufzwingt, das eine kleine Zahl von Deutschen schützt, aber die Grossagglomeration Zürich zusätzlich belastet. Wenn die Schweiz jetzt einen Vertrag über die Abgeltungssteuer schliesst und Milliarden nach Deutschland schickt, dann muss der Kanton Zürich verlangen, dass man diese beiden Geschäfte miteinander verknüpft. Das ist ein typisches Standesanliegen. Aufgabe insbesondere der Regierung und der Zürcher Ständeräte. Als Wirtschaftsstandort ist Zürich besonders auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Sie stellen die Personenfreizügigkeit in Frage. Wo bleiben da die Interessen Zürichs? Die sind mehr als gewahrt. Natürlich brauchen wir ausländische Arbeitskräfte. Die Frage ist aber, zu welchen Bedingungen. Bei der Einwanderungsinitiative geht es nicht nur um die Personenfreizügigkeit. Es geht um viel mehr. Um was konkret? Wir haben ein Chaos z.Bsp. auch in der Asylpolitik. Die Schweiz muss die Ausländerpolitik, die Kontrolle bei der Einwanderung und die Asylpolitik selbst bestimmen können. In ein paar Jahren könnten in der Schweiz Zustände herrschen wie heute in England. Weil die Schweiz unfähig ist, die Probleme zu lösen – etwa das Problem mit den Afrikanern. Das ist ein Pulverfass. Oder denken Sie an die Sans-Papiers. Das ist auch ein Teil der Masseneinwanderung, die die SVP stoppen will. Zur Personenfreizügigkeit: In den letzten vier Jahren sind netto 330'000 eingewandert und die erhitzte Konjunktur hat die Probleme etwas verdeckt. Aber was geschieht, wenn jetzt eine wirtschaftliche Baisse kommt? Wir müssen auf dem Arbeitsmarkt den Vorrang des Schweizers wieder etablieren, wie das bis 2003 galt. Heute gilt der Vorrang des Europäers. Wenn wir nichts ändern, gibt das Zündstoff. Vor allem im Kanton Zürich. Die Wirtschaftsverbände kritisieren, Ihre Einwanderungs-Initiative schade dem Wirtschaftsstandort. Manager und kurzsichtige Unternehmer haben eben ganz andere Interessen. Es ist ihnen doch gleichgültig, wie viele Arbeitslose und soziale Spannungen wir am Ende haben. Für sie ist entscheidend, ob es ein bisschen einfacher ist, neue Leute auszulesen und einzustellen. Dabei übersehen sie, dass jetzt gleichzeitig eine Stärke der Schweiz - der freie Arbeitsmarkt - durch Regulierung verschwindet! Ihre Kandidatur spaltet die Bürgerlichen. Die FDP unterstützt Sie nicht. Können Sie das nachvollziehen? Es ist verständlich, dass jede Partei den eigenen Kandidaten unterstützt aber wenn es eine zweite Linie auf dem Wahlzettel hat, dann sollte eine Partei schauen, wer von den anderen Kandidaten das kleinere Uebel ist. Sofern die FDP noch eine bürgerliche Partei ist, sollte ihr der SVP-Kandidat näher stehen als SP, Grüne und viel ähnliches. Wir fragen umgekehrt, gegen wen sich Ihre Kandidatur richtet. Gegen Ständerätin Diener? Gegen Ständerat Gutzwiller? Oder gegen beide? Meine Kandidatur ist für eine klare, bürgerliche Linie: Liberal, weniger Steuern, Abgaben, Gebühren, für einen schlanken Staat und Freiraum der Bürger. Da sollte uns die FDP näher stehen. Um das herauszufinden muss man nicht lange studieren, sondern Parteiprogramme lesen, Worte und Taten vergleichen. Sie könnten sich vorstellen, im Ständerat mit Felix Gutzwiller zu kooperieren? Müsste ich doch. Klar, in Fragen der Unabhängigkeit der Schweiz war er nicht gerade ein Leader. Auch bei Fragen von niedrigeren Steuern und Abgaben war er kein Vorreiter, aber in Fragen, die Zürich betreffen, habe ich mit ihm sicher mehr Gemeinsamkeiten als mit allen anderen Kandidaten. Hatten Sie mit Felix Gutzwiller vor der Lancierung Ihrer Kandidatur Kontakt? Felix Gutzwiller war sicher nicht das Hindernis, das den gemeinsamen Wahlkampf von FDP und SVP versperrt hat. Die Freisinnigen haben bei Wahlen immer auch von uns profitiert, weil die SVP-Wähler eben die politischeren Leute sind! Wir sind uns bewusst, dass man zusammenspannen muss, wenn es um zwei Sitze geht, auch wenn die Positionen nicht identisch sind. Aber es gilt das kleinere Uebel zu ermöglichen. Es geht um das übergreifend Politische. Was heisst das für den Wahlkampf? Ich vertrete meine Meinung und wenn sie Felix Gutzwiller widersprechen sollte, versuche ich ihn zu überzeugen. Es gibt in meinem überparteilichen Komitee FDP-Mitglieder wie es auch SVP-Mitglieder im Komitee pro Gutzwiller gibt. Was ist denn daran so besonders? Sie haben 2007 mit der Abwahl aus dem Bundesrat eine schmerzliche Erfahrung gemacht. Sind Sie noch immer verbittert? Natürlich. Die Abwahl aus einem Amt, das man ernst nimmt, darf doch kein Freudenfest sein. Ist diese Verbitterung die Triebfeder für Ihre Ständeratskandidatur? Nein das nicht. Verbittert bin ich, weil ich gesehen habe, was ich als Bundesrat noch hätte für die Schweiz bewirken können. Gerade in der Ausländer- und spezifisch der Asylpolitik. Aber alles hat auch Vorteile: Ausserhalb des Bundesrates hatte ich in den letzten Jahren mehr Einfluss in übergeordneten Fragen, weil ich nicht mehr im Regierungskorsett eingebunden war. Die SVP hat in den letzten vier Jahren kompromisslos agiert. Sind Sie willens, künftig wieder vermehrt Hand zu bieten für bürgerliche Kompromisse? Falls die SVP als grösste Partei mit zwei guten Vertretern in der Regierung ist, selbstverständlich. Es wird wohl einfacher, wenn CVP und FDP bei den nationalen Wahlen erneut Verluste erleiden. Weil dann beide ihre Situation bereinigen und wieder zu einer bürgerlichen Politik zurückfinden werden, um nicht unterzugehen.

16.08.2011

Pressekonferenz: Christoph Blocher in den Ständerat. Die Gründe.

Interview mit «Schaffhauser Nachrichten» vom 16. August 2011 Herr Blocher, der Kanton Zürich erwirtschaftet rund einen Fünftel des Bruttoinlandproduktes und trägt einen Viertel der Steuerlast. Gelingt es ihm derzeit, sich in Bern angemessen Gehör zu verschaffen? Blocher: Insbesondere im Ständerat könnte man wesentlich mehr herausholen. Man muss die wirtschaftliche Bedeutung Zürichs und der positive Einfluss für die Schweiz stärker betonen. Nehmen wir den Flugverkehr: Es ist doch einfach nicht einzusehen, weshalb ausgerechnet die am dichtesten besiedelten Gebiete als Anflug- und in Zukunft auch als Abflugschneise dienen sollen. Gleichzeitig wird die bautenfreie Schneise nicht benutzt, weil die Deutschen das so wollen. Nun will Deutschland mit der Schweiz einen Vertrag für eine Abgeltungssteuer abschliessen. Da muss man doch sagen „die Schweiz kommt Euch entgegen, sie bringt Euch Milliarden, aber jetzt muss auch im Flugbereich etwas passieren“. Dafür muss sich der Kanton Zürich stark machen. Die ganze Schweiz ist doch auch daran interessiert, dass der Flughafen Zürich erhalten bleibt. Denn die meisten – zumindest aus der Deutschschweiz – fliegen von hier ab. Das heisst, Sie wären dafür, dass in der Aussenpolitik mehr Paketlösungen verhandelt werden? Blocher: Ja. In diesem Fall sollte man zu Gunsten des Flughafens und der Flughafenregion ein Flughafenabkommen als Bedingung fordern. Solche Gelegenheiten gibt es nicht viele. Schon als die Swiss an die Lufthansa verkauft wurde, war ich der Meinung, dass man zuerst die Flughafenfrage klären sollte. Als Chef-Stratege sind Sie in Ihrer Partei eine zentrale Figur. Was sagen sie zur Befürchtung einiger Kritiker, Sie könnten sich im Ständerat vor allem für parteipolitische Belange und weniger für den Kanton Zürich einsetzen? Blocher: Die SVP setzt sich wie ich für die Schweiz ein. Das ist deckungsgleich. Auch als Ständerat bin ich für die Unabhängigkeit der Schweiz und gegen die Masseneinwanderung. Das ist ein Anliegen im Interesse der Schweiz und eine Forderung der SVP. Daneben gibt es Dinge, zu denen sich die Partei nicht äussert, die ich als Ständerat vertreten würde. Ein Beispiel wäre eben die Kopplung der Flughafenfrage mit der Abgeltungssteuer. In dieser Frage vertrete ich spezifisch den Kanton Zürich. Die SVP will in allen Kantonen für den Ständerat antreten. Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass sie Sitze hinzugewinnen kann? Blocher: Es wird schwierig, denn in den meisten Kantonen treten wir nämlich gegen Bisherige an, was nie einfach ist. Doch unser jetziges Engagement ist auch für die kommenden Jahre von Bedeutung. Im Kanton Zürich ist Ueli Maurer 2007 gegen Verena Diener gescheitert. Wieso soll es der SVP nun gelingen, den Sitz zurückzuerobern? Blocher: Von bürgerlicher Seite spüren wir Neid und Missgunst. Die FDP hat Wähleranteile verloren, während wir zugelegt haben. Das gibt keine Sympathien. Aber die Migrationsfrage und die Unabhängigkeit der Schweiz bringt uns in der Bevölkerung viel Sympathie. Sie ist breiter als vor vier Jahren. Die FDP hat sich gegen einen gemeinsamen Wahlkampf entschieden. Sind da noch Animositäten im Spiel? Blocher: Es scheint so. Wir denken jedenfalls nicht so kleinlich, parteipolitisch. Immerhin unterstützt hier auch ein breitabgestütztes überparteiliches Komitee meine Kandidatur. Die Schweizer Wirtschaft leidet zurzeit unter dem starken Franken. Wie beurteilen Sie das Vorgehen des Bundesrates in dieser Frage? Blocher: Vom Bundesrat hat man in dieser Sache nicht viel gehört. Er musste auch nicht viel machen. Was er nun von sich gibt, ist eher etwas zwiespältig. Handeln muss in dieser Krisensituation in erster Linie die Nationalbank. Bei den Massnahmen, die diese nun beschlossen hat, habe ich - im Gegensatz zum letzten Jahr - ein gutes Gefühl. Der Franken ist schon um 10 Prozent schwächer geworden; das stimmt zuversichtlich. Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass eine Wechselkursuntergrenze festgelegt wird. Wo müsste diese liegen? Blocher: Die Nationalbank muss eine Untergrenze ins Auge fassen und gut abwägen, was es leiden mag. Ich nehme an, sie hat für sich schon eine Untergrenze definiert. Den Finanzmärkten sollte sie diese aber nicht bekannt geben. Das wäre gefährlich. Sie waren viele Jahre als Unternehmer tätig. Wie hoch müsste der Franken gegenüber dem Euro sein, damit die Wirtschaft damit leben könnte? Blocher: Das kommt darauf an, welchen Zeitraum Sie betrachten. Auf lange Sicht ist ein starker Franken nicht problematisch. Das gleicht sich etwa über die Teuerung, die Zinsen und die Importkosten aus. Aber der Staat muss die Rahmenbedingungen verbessern. Er müsste die Unternehmen entlasten. In der Industrie fallen vor allem die Transportkosten ins Gewicht. Aber auch die Stromkosten werden enorm steigen, hier kann und muss der Staat handeln.