Artikel
16.08.2011
von Christoph Blocher, Ständeratskandidat Zürich
Interessen des Kantons Zürich wahren
Um die Interessen des Kantons Zürich wirkungsvoll im Ständerat zu vertreten, kandidiere ich als Ständerat. Der Kanton Zürich läuft Gefahr, als finanzstarker Kanton ins Hintertreffen zu geraten. Er bringt etwa ein Viertel der Bundeseinnahmen nach Bern, während ein Grossteil dieser Einnahmen in andere Regionen für Strassen und Schienen fliessen. Da muss Gegensteuer gegeben werden.
Keine finanziellen Abenteuer
Zudem: Alle ausgabefreudigen und interventionistischen Beschlüsse in Bundesbern treffen den Industrie- und Finanzplatz Zürich in besonderem Masse! Darum werde ich mich – falls ich gewählt werden sollte – gegen alle finanziell abenteuerlichen Beschlüsse in Bern wenden. Also mich insbesondere für die Eigenständigkeit der Schweiz und damit gegen die institutionelle Einbindung in Europa einsetzen. Das gleiche gilt für die finanzielle Eigenständigkeit der Schweiz gegenüber der Schuldenwirtschaft in Europa. Die die Bürger und die Arbeitsplätze belastenden Abgaben, Gebühren und Steuern sind zu reduzieren.
Föderalismus im Interesse Zürichs
Von besonderer Bedeutung ist auch der Föderalismus. Die Zürcher und Zürcherinnen können kein Interesse haben, dass immer mehr Aufgaben an das ferne Bundeshaus und von dort sogar an Brüssel delegiert werden.
Zusammengefasst werde ich mich einsetzen für die Stärkung der Schweiz. Also für eine selbständige, freiheitliche, föderalistische, direktdemokratische und neutrale Schweiz, was im besonderen Ausmass dem Kanton Zürich, d.h. Ihren Bürgern zugute kommt.
Link zum Video
Link zur Webseite der SVP Zürich: "Christoph Blocher in den Ständerat. Die Gründe."
Im Co-Präsidium des überparteilichen Komitees „Christoph Blocher in den Ständerat“ sind folgende Persönlichkeiten: Hansjörg Frei, Dr., ehemaliger Kantonsratspräsident, Mönchaltorf; Walter Frey, Unternehmer, a. Nationalrat, Küsnacht; Rita Fuhrer, a. Regierungsrätin, Auslikon; Alfred Gilgen, Dr., a. Regierungsrat, Zürich; Alfred Heer, Unternehmer, Nationalrat, Präsident SVP Kanton Zürich, Zürich; Andreas Honegger, Dr., Journalist, alt Kantonsrat, Zollikon; Martin Janssen, Prof. Dr., Unternehmer, Professor Universität Zürich, Küsnacht; Markus Kägi, Regierungsrat, Niederglatt; Köbi Kuhn, ehem. Coach Nationalmannschaft, Birmensdorf; Filippo Leutenegger, Medienunternehmer, Nationalrat, Zürich; Ursula Moor, Kantonsrätin, Gemeindepräsidentin, Höri; Jörg Rappold, Dr., Rechtsanwalt, Zollikon; Christian Steinmann, Dr., Rechtsanwalt, Präsident HEV Stadt Zürich, Küsnacht; Ernst Stocker, Regierungsrat, Wädenswil; Peter Wiederkehr, Dr., a. Regierungsrat, ehemaliger CEO Axpo, Dietikon
12.08.2011
Interview vom 12.08.2011 mit Matthias Chapman
Herr Blocher, hat ihre Tochter, EMS-Chefin Magdalena, ihnen nahegelegt, die Nationalbank beim Kampf gegen den starken Franken jetzt doch zu unterstützen, weil die Firma leidet?
Nein. So einfach funktioniert das bei mir nicht. Klar hat die Firma - wie alle Exportunternehmen - wegen des starken Frankens auch Einbussen, aber zu Grunde geht sie deswegen nicht.
Bislang kritisierten Sie die Nationalbank für ihre Interventionen am Devisenmarkt und nun fordern Sie genau das. Warum dieser plötzliche Richtungswechsel?
Kein Richtungswechsel: Anfangs 2010 kaufte die Nationalbank für etwa 130 Milliarden bei einem Kurs von etwa 1.40 Euros! Das war leichtsinnig, nutzlos und führte zu einem Verlust von Volksvermögen von über 60 Milliarden! Das ist unverantwortlich. Heute stellt sich die Situation wie folgt dar: Die Nationalbank (SNB) stellte letzte Woche m.E. zu Recht fest, dass der Eurozerfall bei einem Kurs zum SFr. von fast 1:1 "absurd" und "katastrophal" ist und zu einer "Krise" führen werde.
Wenn man zu dieser Beurteilung kommt, muss man das ernst nehmen. Bei diesem Kurs stellt sich die Frage, ob die SNB nicht ein unterer Wendepunkt ins Auge fassen und gegen den schwachen Euro intervenieren muss. M.E. ist dies ein Krieg gegen den Euro, den man - auf diesem Niveau - gewinnen kann. Die SNB wird darauf keine Verluste mehr haben, aber eine gewisse Gefahr einer späteren Inflation besteht, wenn man später nicht Gegensteuer gibt.
Eben noch forderten Sie die Absetzung von SNB-Präsident Hildebrand. Jetzt stützen Sie ihn.
Nein, ich stütze ihn nicht. Ich unterstütze eine risikoreiche Intervention zu gunsten der Schweiz! Fordere aber auch, dass entschieden und glaubwürdig gehandelt wird.
Sie sind immer noch der Meinung, dass er die Konsequenzen der Ihrer Ansicht nach unnötigen und misslungenen Intervention von vor gut einem Jahr ziehen muss?
Natürlich. Ich wäre an seiner Stelle zurückgetreten. Wäre er CEO in einem meiner Unternehmen, hätte er gehen müssen.
Sie sagen, die Nationalbank muss mit Entschiedenheit handeln. Was meinen Sie damit?
Dass der Euro wegen der europäischen Misswirtschaft fast auf Parität zum Franken fallen konnte, ist extrem. Darum mit Entschlossenheit handeln. Entschlossen heisst: Die SNB erklärt, ein weiteres Absinken nicht zuzulassen, und wirft die erforderlichen Mittel ein. Die Marktteilnehmer werden dies testen. Beissen Sie auf Granit, beginnt der Kurs zu drehen. Aber nur bei nachhaltiger Entschiedenheit!
Das heisst, Sie stützen die Nationalbank auch dann, wenn sie hunderte von Milliarden Franken druckt und damit Devisen kauft?
Sie hat wie in einem Krieg, alle Mittel einzusetzen. Je entschiedener sie handelt, desto weniger Geld muss sie drucken.
Und wenn es schief geht, fallen Sie dann Hildebrand in den Rücken?
Wenn es richtig gemacht wird, sicher nicht. Natürlich ist dies stets ein Risiko. Wenn die Nationalbank ankündigt, sie erwäge alle möglichen Mittel einzusetzen, darf sie auch nicht davor zurückschrecken, dies zu tun.
Und wenn es dennoch schief geht?
Wenn die SNB entschieden auftritt, ist die Chance gross, dass es gelingt. Anzeichen sind vorhanden.
Welches Ziel muss die SNB anvisieren?
Die SNB muss für sich einen unteren Wendepunkt festlegen. Ob sie diesen bekannt geben will, muss ich ihr überlassen. Ich würde es an ihrer Stelle nicht tun.
Das scheint erreicht. Noch vor wenigen Tagen hatten wir praktisch Parität, heute lag der Kurs wieder über 1.10 Franken.
Es sind Anzeichen, dass es funktioniert. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. Die Märkte werden noch ein paarmal austesten, wo der Boden ist. Jetzt heisst es durchhalten.
Die Nationalbank agiert per Gesetz unabhängig. Trotzdem haben Sie ihr immer wieder dreingeredet, ja gar Hildebrands Rücktritt gefordert. Wie halten Sie es denn nun mit der Unabhängigkeit?
In ihrem Kernauftrag, nämlich als Verantwortliche für die Geldversorgung und als Hüterin der Geldwertstabilität, ist die Unabhängigkeit richtig. Spekulative Käufe gehören nicht dazu. Da braucht es eine Aufsicht. Die SVP hat entsprechende Vorstösse eingereicht. Uebrigens: Unabhängigkeit verbietet nicht Kritik!
Und darum wollen Sie hier mitreden.
Sehen Sie doch, was jetzt passiert. Es gibt eine breite Debatte unter Einbezug der Ökonomen, der Politiker, der Betroffenen über die aktuelle Lage. Es ist gut, wenn die Nationalbank breite Unterstützung für eine so heikle Angelegenheit bekommt.
Was meinen Sie mit heikel?
Mit der Ausweitung der Geldmenge erhöht sich die Gefahr von Inflation. Also Geldentwertung. Das ist sehr heikel. Das muss öffentlich diskutiert werden, damit die Leute wissen, worauf man sich einlässt. Und dass man später auch alles tun wird, um eine Teuerung zu verhindern. Das heisst, das gedruckte Geld muss wieder reduziert werden.
Vor einem Jahr in einer ganz anderen Situation agierte Philipp Hildebrand quasi in Eigenregie und im Dunkeln. Es gab keine Debatte, worin auch die Konsequenzen dieses Handels offen gezeigt worden wären. Ich glaube nicht, dass sie sonst passiert wäre.
Sie sind also bereit, Ihren Wählern zu sagen, wir müssen nun eingreifen, mit dem Risiko, dass Sparern und Rentnern das Geld per Inflation unter den Fingern wegrinnt?
Natürlich gibt es die Schlaumeier, die sagen, es gäbe sicher keine Inflation. Wenn eine Krise droht und man in ausserordentlicher Situation ausserordentliche Massnahmen ergreift, muss man auch sagen, was die Risiken dabei sind. Damit man später die Nachteile verhindert.
FDP-Nationalrat Ruedi Noser verlangt von der SVP eine Entschuldigung dafür, dass sie den SNB-Präsidenten persönlich angegriffen habe.
Jetzt ist Wahlkampf. Wer 60 Milliarden Volksvermögen leichtsinnig verprasst, hat die Konsequenzen zu tragen, auch wenn diese Person aus Ruedi Noser's Filz stammt.
Gestern erschien die neuste Weltwoche mit einem Bekenntnis für eine Intervention der Nationalbank. Haben Sie sich mit Roger Köppel abgesprochen?
Nein. Ich habe gesehen, dass Kurt Schildknecht – den ich sehr schätze – über die Angelegenheit geschrieben hat. Gelesen habe ich es noch nicht.
Wer berät Sie in diesen technisch komplexen Fragen wie Geld- und Währungspolitik?
Ich informiere mich über Zeitungen und rede mit vielen Personen, die etwas verstehen und stütze mich auf meine Lebenserfahrung: Die heutige Situation ist ja nicht neu.
Martin Ebner?
Selbstverständlich rede ich auch mit ihm.
Wer mir besonders Eindruck macht, ist der grosse Währungsspezialist Professor Ernst Baltensperger. Ein ausgewiesener, bewährter Kenner dieser Materie. Ich rede mit Leuten aus Banken und Politik und - wenn ich ihn sehe - auch mit Philipp Hildebrand. Es geht um die Sache und nicht um Köpfe. Aber für eine gute Sache brauchts auch fähige Köpfe.
11.08.2011
Zitate aus dem Tages-Anzeiger vom 11. August 2011 von Christoph Blocher
"Die Abgeltungssteuer ist ein gutes Instrument – analog der schweizerischen Verrechnungssteuer. Sie ermöglicht, dass Kundendaten weiterhin anonym bleiben, aber keine Steuern mehr hinterzogen werden. Der vereinbarte Satz in der Höhe von rund 26 Prozent scheint vernünftig und liegt nicht derart hoch, dass deutsche Bankkunden prinzipiell nicht mehr in die Schweiz kommen."
"Bei den Auskunftsgesuchen stellen sich grundsätzliche Fragen: Die SVP wird niemals akzeptieren, dass der Bund das Bankgeheimnis noch weiter lockert und die Privatsphäre des Kunden preisgegeben wird. Abschliessend kann man hier noch keine Stellung nehmen, da noch nicht alle Details veröffentlicht sind. So wie es aber aussieht, sind die Hürden für die Gesuche noch einmal tiefer als beim Datenaustausch nach OECD-Musterabkommen, das eine Auskunft nur bei begründetem Verdacht vorsieht. Wenn Deutschland tatsächlich keinen begründeten Verdacht vorweisen muss, wird die SVP das Abkommen ablehnen."
"Es ist nicht schlimm, wenn das Parlament den Vertrag ablehnt. Dann müssen die Unterhändler eben ein neues Abkommen aushandeln."
"Wenn die Schweiz in einer bestimmten Anzahl von Auskunftsgesuchen ohne begründeten Verdacht den deutschen Behörden Daten liefert, ist dies noch schlimmer als der automatische Datenaustausch. Dann herrscht pure Behördenwillkür und Deutschland kann nach Belieben jene Bürger verfolgen, die den Behörden aus politischen oder anderen Gründen nicht passen."
"Wenn die Schweiz das Auskunftsrecht gegenüber Deutschland erweitert, werden die kantonalen Finanzdirektoren und die Linken darauf drängen, dass auch Schweizer Steuerbehörden jederzeit Auskunft erhalten, um so das Bankkundengeheimnis abzuschaffen – auch für die Schweizer!"
04.08.2011
Zitate aus dem Tages-Anzeiger vom 4. August 2011 von Christoph Blocher zum SNB-Entscheid
«Wenn die Nationalbank zum Schluss gekommen ist, der Franken sei massiv überbewertet, habe ich für die Massnahmen im heutigen Zeitpunkt Verständnis. Wichtiger ist jedoch das Zeichen an den Markt, dass die SNB diese Frankenstärke nicht mehr akzeptiert und dann aber auch durchhält. Ich selbst glaube, dass der Tiefpunkt der Euroschwäche gegenüber dem Franken mehr oder weniger erreicht ist. Mit der sich abzeichnenden Verschlechterung der Konjunktur in der Schweiz wird auch das Vertrauen in den Franken abnehmen. Die Konjunkturabschwächung ist Weltweit und nicht in erster Linie die Folge des starken Franken. Eine Massnahme gegen die Frankenspekulation, die die SVP fordert, ist das Verbot der Leerverkäufe. Aber das muss international geschehen. Der Kostennachteil für die Schweizer Exporteure besteht jedoch nicht nur im starken Franken, er wird aber durch diesen noch grösser. Die SVP wird deshalb im Parlament massiv Druck machen für ein "Revitalisierungsprogramm" für den Staat, d.h. der Staat muss seinerseits in die Pflicht genommen werden, die staatlichen Belastungen massiv zu senken: Alle die Gebühren, Abgaben, Steuern und bürokratischen Auflagen. Zu denken ist z.B. an die Transportkosten sowohl auf der Schiene wie auf der Strasse. Auch die massive Erhöhung der Energiepreise durch staatliche Massnahmen muss rückgängig gemacht werden, sowie all die horrenden vom Staat auferlegten Prüfungskosten.»
01.08.2011
Ansprache von a. Bundesrat Christoph Blocher, gehalten am 1. August 2011
– Liebe Mit-Landsleute
– Cari amici del Cantone Ticino
– Liebe Urner, Walliser und Bündner Freunde
– Verehrte Geburtstagsgäste
Geburtstag auf dem St. Gotthard
Heute am 1. August 2011 - sind wir hier auf diesem geschichtsträchtigen Punkt – zusammengekommen, um den 720. Geburtstag unseres Landes - unseres Heimatlandes zu feiern.
In Dankbarkeit feiern wir unseren Geburtstag. Dankbar, dass unser Land ein weiteres Jahr in guter Verfassung bestehen konnte.
Heute dürfen wir – und das ist auch für mich ausserordentlich – diesen Geburtstag an einem besonderen Ort feiern:
– auf 2018 Meter über jedem Meeresspiegel, wo sich gegenwärtig wohl
viele Schweizerinnen und Schweizer am Strand erholen.
– auf der Passhöhe des St. Gotthard, des San Gottardo
– mitten im Alpenmassiv,
– mitten in der Schweiz,
– mitten in Europa:
(Sie haben recht gehört: nicht mitten in der EU, sondern mitten in Europa)
Ja dieser Gotthard! Dieser Gotthardpass! Jedes Mal, wenn ich über diesen Pass fahre, habe ich Herzklopfen angesichts dieses Gebirges. Was wäre wohl die Schweiz, was wäre wohl Europa ohne diesen Nord-Süd-Übergang?
Zentralalpiner Kreuzpunkt
Heute also feiern wir unseren Nationalfeiertag am zentralalpinen Kreuzpunkt der nordsüdlichen und der ostwestlichen Alpenfurche, am Kreuzpunkt von Reusstal-Leventina einerseits und Vorderrhein und Rhonetal anderseits.
– Hier entspringen vier wichtige Flüsse Europas
– der Rhein fliesst nach Norden und ergiesst sich in die Nordsee
– die Reuss, die sich mit der Aare und dem Rhein verbindet,
– die Rhone, fliesst nach Südwesten, verbindet uns mit dem Mittelmeer und Marseille,
– der Ticino wendet sich schnurstracks nach Süden zum Po und in die Adria.
– Es ist schön, dass wir auf dem neugeschaffenen 4-Quellen-Weg die vier
Quellen des Wasserschlosses Europa durchwandern können.
Gotthard: Nomen est Omen
Wir benennen dieses Gebirgsmassiv und den Alpenpass als Sankt Gotthard, lateinisch Monte Sancti Gottardi, nach dem 1131 heilig gesprochenen Benediktiner Gotthard, dem einstigen Bischof von Hildesheim – eine Stadt, die heute in der EU liegt. (Doch dafür kann der gute Bischof St. Gotthard nun wirklich nichts!)
Der Name Gotthard stammt aus dem Althochdeutschen. Wenn wir heute abend hier oben stehen, sehen und spüren wir, wie sehr dieser Name passt. In Schillers „Wilhelm Tell“ lesen wir:
„So immer steigend, kommt Ihr auf die Höhen
Des Gotthards, wo die Ew’gen Seen sind
Die von des Himmels Strömen selbst sich füllen.“
Man ist hier nahe den Wolken, nahe dem Himmel, nahe bei Gott. Doch die Felsen vermitteln Härte, Unerbittlichkeit und Unbezwingbarkeit.
Manche haben den Gotthard als „Dach Europas“ bezeichnet, denn lange glaubte man, der Gotthard sei der höchste aller Alpengipfel.
Der St. Gotthard als Symbol und Mahnmal
Sie mögen sich fragen, was wohl der Gotthard mit dem Geburtstag der Schweiz zu tun hat. Mehr als vielen in Bundesbern lieb ist! Der Gotthard steht in höchstem Masse für die schweizerische Unabhängigkeit und Freiheit. Er ist Symbol und Mahnmal zugleich.
Es ist kein Zufall, dass die Geburtsstunde unseres Landes – der Bundesbrief von 1291 – hier in der Nähe, auf dem Rütli – einer kleinen abgelegenen Wiese – beschlossen und beglaubigt wurde.
Der Kaiser hatte den Waldstättern im 13. Jahrhundert hohe Freiheitsrechte eingeräumt. Nicht weil er diese Urschweizer besonders geliebt hätte, sondern vielmehr, weil er sich den Gotthard-Pass – diesen wichtigen Nord-Süd-Durchgang sichern wollte. Mit diesen besonderen Freiheitsrechten band er die Waldstätten an sich, und sie hielten ihm dafür denGotthardpass frei. Doch 1291 – nach dem Tod des Habsburger Königs Rudolf – waren die Machtverhältnisse im Kaiserreich unsicher geworden. Die Freiheitsrechte waren bedroht. Darum war die Zeit gekommen, zusammenzustehen und den Schwur auf den Bundesbrief zu leisten.
Der Bundesbrief
Und dieser Bundesbrief ist kein Mythos, sondern eine gesiegelte Pergamenturkunde, täglich von uns allen zu besichtigen im Bundesbriefarchiv in Schwyz.
Führen wir uns vor Augen, was in diesem Bundesbrief, was in dieser Geburtsukunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschrieben steht. Auf einer einzigen Seite haben schlichte Innerschweizer Landleute das niedergelegt, was ihrer Ansicht nach wegen der „Arglist der Zeit“ nötig war.
Aus einem gemeinsamen Schwur und aus dieser einen Seite Protokoll erwuchs die Idee der Eidgenossenschaft, welcher sich im Laufe der Jahrhunderte immer neue Talschaften und wichtige Städte des Mittelandes anschlossen.Über 700 Jahre hat diese eine Seite ihren Wert und ihre Gültigkeit behalten. Warum?
Weil die Väter des Bundesbriefes mit beiden Beinen im wirklichen Leben standen, weil sie spürten, was wesentlich war, was Substanz hatte, was – wie sie ausdrücklich forderten – Wert hatte, ewig zu bestehen.
Diese Gründerväter der schweizerischen Eidgenossenschaft waren keine hoch gebildeten Juristen und Staatsrechtler, sie wussten nichts von meterweise erlassenen Gesetzen oder komplizierten Verfassungen mit unzähligen Paragraphen. Die Gründer der Eidgenossenschaft konnten nicht einmal lesen und schreiben. Ein Mönch, ein Geistlicher, kam ihnen zu Hilfe und schrieb ihre Ideen in Latein nieder, einer Sprache, die sie nicht einmal kannten. Der Geistliche setzte die Anfangsworte: „In Gottes Namen, Amen“ Selbstverständlich für den Kirchenmann, selbstverständlich für die damaligen Landleute. Und auch heute steht in unserer Bundesverfassung "Im Namen Gottes, des Allmächtigen".
Hier am Gotthard entstand unser schweizerischer Staatsmythos, der sogar ein doppelter ist: Die Geschichte vom Einzelgänger Wilhelm Tell, der zum Tyrannenmörder wurde. Und die Geschichte vom Rütlischwur als Zeichen des Zusammenstehens, der Gemeinschaft - einer echten, der Solidarität. Man kann viel Abschätziges hören und lesen über die Gründungsgeschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft. Das seien ja alles nur Mythen. Ja und?
Nur eingebildete Leute und Wissenschafter haben nicht gemerkt, dass gerade solche Mythen jedes Land kennt und braucht. In Märchen, Sagen, Legenden oder biblischen Gleichnissen liegt oftmals mehr Wahrheit als im trockenen Sachartikel heutiger Schreiberlinge.
So wollen wir es mit der weisen Aussage Gottfried Kellers halten, der über die Gründungsgeschichte sagte:
"Ob sie geschehn? Das ist hier nicht zu fragen,
Die Perle jeder Sage ist der Sinn,
Das Mark der Wahrheit ruht hier frisch darin,
Der reife Kern von allen Völker Sagen."
Tatsache ist – meine lieben Geburtstagsgäste – in dieser wilden, unwirtlichen Natur des Sankt Gotthard sind und waren die Menschen mit sich, den Bergen, den Felsen, dem Himmel und Gott alleine – ohne Theoretiker und Staatsrechtler. Hier wurde und wird der Blick frei fürs Wesentliche.
Geschichtliche Rolle des Gotthards
Immer wieder hat der Gotthard eine wichtige Rolle in der Geschichte gespielt. Nicht nur als Pass für den wichtigen Warenverkehr zwischen Nord und Süd. Auch strategisch hat er seine Bedeutung!
– Die Urner haben diesen Übergang nach Süden geschätzt, um dann die Leventina zu erobern.
– Auch die Eidgenossen benützten den St Gotthard, um sich weit im Süden bis nach Mailand zu wagen und sich in fremde Händel zu mischen, was dann aber zu einer bitteren Niederlage in der Schlacht von Marignago 1515 führte.
Diese Niederlage führte zu einem Rückzug der noch wenigen, nicht gefallenen Schweizer, zurück in die vertrauten Gefilde der Eidgenossen. Diese Schlacht wurde zum Ausgangspunkt der ewig dauernden Neutralität der Schweiz.
– Im dreissigjährigen Krieg (1618-1648) benutzten die spanischen Truppen den Pass als Verbindung zwischen Mailand und den Niederlanden.
– 1799 zog der russische General Alexander Suworow mit seinem Heer von Italien her über den Gotthard.
– Als im 19. Jahrhundert in Italien und Deutschland grosse Nationalstaaten entstanden, richteten sie ihre begehrlichen Blicke wiederum auf den Gotthard. Die Schweiz erbaute darum seit 1886 verschiedene Festungsanlagen.
Das Reduit!
Die Idee der Alpenfestung fand ihren Höhepunkt im Zweiten Weltkrieg mit dem Konzept des Reduit, welches das Gotthardmassiv ins Zentrum des schweizerischen Abwehrdispositivs rückte.
Damit wurde der Gotthard in fast aussichtsloser Situation Bollwerk der Eidgenossenschaft. Fast die ganze Armee wurde hier in diesem Massiv in Festungen unter Boden konzentriert, um diesen Nord-Süddurchgang auf jeden Fall zu sperren.
Unzählige Sprengladungen an Strassen, Eisenbahnnetzen und Tunnels bezeugten den unbedingten Willen zur militärischen Verteidigung im Falle eines Angriffs. Als General Henri Guisan in schwerer Zeit, am 12. Juli 1940, dem Bundesrat seinen Entschluss für die Aufträge der Armee mitteilte, beschrieb er den Auftrag der Armeeeinheiten im Reduit wie folgt:
"die Truppen halten die Alpen- oder Zentralraumstellung, mit grösstmöglichen Vorräten versehen, ohne jeden Gedanken an Rückzug"
Und da spricht sie wieder die Standhaftigkeit: Freiheit – ohne jeden Gedanken an Rückzug! Der Gotthard symbolisiert das Unbezwingbare der Schweiz, das Rückgrat, den Mut. Hier oben gibt es keinen Rückzug, kein Lavieren, kein Wischiwaschi, kein Einlenken, kein Nachgeben. Die Berge machen die Menschen klein und bescheiden. Hier ist kein Platz für menschliche Allmachtsfantasien.
Der Gotthard, dieses zentrale Massiv im Herzen der Schweiz, im Herzen Europas, steht für die Selbstbestimmung und die Eigenverantwortlichkeit. Wie ein Klotz liegt dieser Granit mitten in Europa, ein Bollwerk, eine ewige Provokation gegenüber der Umtriebigkeit von Regierungen und Verwal-tungen. Das Symbol der freien Schweiz inmitten Europas!
Wenn Europa heute wieder – und einmal mehr! – vor einem etatistischen Scherbenhaufen steht, so gibt uns der Gotthard die Antwort, so offeriert er die Alternative, auf die seit jeher Verlass ist: Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstverantwortung!
Gotthard als Symbol der freien Schweiz
Meine Damen und Herren,
Der Gotthard ist auch heute von grösster Bedeutung. Wir bauen jetzt den längsten Tunnel Europas. Und wo? Natürlich am Gotthard! Täglich hören wir von kilometerlangen Autoschlangen, die durch den Gotthard nach Süden kommen. Wer dieses Nadelöhr in den Händen hat, hat auch heute den strategischen Nord-Süd-Uebergang in seiner Macht.
Wer weiss: Vielleicht kommt schon bald die Zeit, wo wir von diesen Bergeshöhen, von dieser Innerschweiz aus unseren alten Bund erneuern und den wichtigen Grundsatz auf der Grundlage unseres Bundesbriefes – "Wir wollen keine fremden Richter haben" neu beschwören müssen!
Schlusswort
Meine Damen und Herren,
Öffnen Sie die Augen und Ohren! Schauen Sie hinaus in die Welt! Sie werden sehen, dass Jakob Burckhardt in seinen "Weltgeschichtlichen Betrachtungen" recht hat:
"Der Kleinstaat ist vorhanden, damit ein Fleck auf der Welt sei, wo die grösstmögliche Quote der Staatsangehörigen Bürger im vollen Sinne sind... Denn der Kleinstaat hat überhaupt nichts, als die wirkliche tatsächliche Freiheit, wodurch er die gewaltigen Vorteile des Grossstaates, selbst dieses Machtideal, völlig aufwiegt."
Möge unser Wille zur Freiheit und Unabhängigkeit im Vertrauen auf Gott so fest und unbezwingbar bleiben wie der Granit des Gotthards!