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05.11.2001

En Suisse romande, l’UDC peut atteindre 20 à 30%

Interview dans Le Temps du 5 novembre 2001 Christoph Blocher évoque les succès électoraux de l'UDC en Suisse romande, le deuxième siège au Conseil fédéral et le président du Parti radical. Marc Comina et Othmar von Matt Comment expliquez-vous les succès de l'UDC à Genève et dans le canton de Vaud? Christoph Blocher: En Suisse romande aussi, l'UDC peut atteindre 20 à 30% des voix. A condition de mener une politique UDC crédible, sur le modèle de Zurich et de la Suisse orientale. D'ici à 2003? Blocher: Même avant si les bonnes personnes font dès le départ les bonnes choses. A Saint-Gall, il nous a fallu quatre ans. Jusqu'à peu, même au sein de l'UDC, on pensait que notre politique n'était pas possible en Suisse romande. Mais voilà que l'UDC gagne de plus en plus d'électeurs en Suisse romande aussi. Je reçois de nombreuses lettres où l'on me demande de venir en Suisse romande avec ma politique. Mais ce n'est pas mon rôle de faire de la politique là-bas. Elle doit venir d'en bas. Apparemment, c'est en train de se produire. Ce que vous dites de la Suisse romande paraît un peu théorique. Blocher: Les Romands sont des Romands et je suis Suisse allemand. Pourquoi devrais-je, en tant que Zurichois, dire aux Romands ce qu'ils doivent faire? Ce n'est pas mon rôle. Une UDC forte en Suisse romande, c'est important pour un deuxième siège au Conseil fédéral. Blocher: Vous croyez? En avril, le président du Parti radical Gerold Bührer a affirmé que l'UDC obtiendrait un deuxième siège au détriment du PDC si les tendances des élections de 1999 se confirmaient. Blocher: Depuis qu'il est président, qu'est-ce que Bührer n'a pas déjà dit? Moins d'Etat, moins d'impôts, pas d'assurance maternité. Mais dès que le PRD doit tenir la tête droite, elle penche à gauche. Dorénavant, Bührer doit défendre le principe d'une assurance maternité. L'engagement de l'Etat dans Swissair a été voulu d'abord par le PRD et le Parti socialiste. Bührer trouvera bien une raison pour ne pas nous donner un deuxième siège. Les radicaux préfèrent gouverner dans une coalition de centre gauche. Cela ne vous dérange pas d'être traité de néo-libéral? Blocher: Un néo-libéral, c'est quoi? Je suis un libéral. L'idée d'un Etat svelte se trouve dans la Constitution de 1848: la liberté pour les citoyens et la souveraineté pour l'Etat. C'était la force de la Suisse. Ce n'est pas néo, c'est libéral. Il y a certes des gens qui pensent qu'il ne faut pas d'Etat du tout, mais je n'en fais pas partie. Ce sont peut-être des néo-libéraux. Moi, j'appelle ça des anarchistes. Allez-vous vous battre pour un deuxième siège au Conseil fédéral? Blocher: Nous devons le faire. A la prochaine vacance, nous essayerons. Contre le PS ou contre le PDC? Blocher: Si le PDC ne cède pas de siège, la concordance ne joue plus. Alors la politique reprend le dessus, et nous visons le PS. C'est notre adversaire.

05.11.2001

«Wir setzen bei der SP an, das ist unser Gegner»

Regierungs-Beteiligung: Blocher zum zweiten Bundesrats-Sitz und zu FDP-Präsident Gerold Bührer Interview mit der Aargauer Zeitung vom 5. November.2001 Wie erklären Sie sich die Erfolge der SVP in Genf und in der Waadt? Christoph Blocher: Die SVP kann auch in der Westschweiz 20 bis 30 Prozent Wähleranteil gewinnen. Sofern sie glaubwürdige SVP-Politik nach Zürcher und Ostschweizer Art betreibt. Bis ins Jahr 2003? Blocher: Tun die richtigen Leute von Beginn an das Richtige, dann schon früher. In St. Gallen brauchten wir vier Jahre. Bis jetzt glaubte man auch in SVP-Kreisen, unsere Politik sei in der Westschweiz nicht möglich. Nun gewinnt die SVP in der Westschweiz aber immer mehr Wähler. Ich erhalte viele Briefe, in denen man mich bittet, mit meiner Politik in die Westschweiz zu kommen. Nur ist es nicht meine Aufgabe, dort Politik zu machen. Sie muss von unten kommen. Offensichtlich beginnt das jetzt zu tragen. Was Sie über die Westschweiz sagen, scheint ein bisschen theoretisch. Blocher: Westschweizer sind Westschweizer, und ich bin Deutschschweizer. Weshalb soll ich als Zürcher in der Westschweiz sagen, was getan werden soll? Das ist nicht meine Aufgabe. Eine starke SVP in der Romandie ist für einen zweiten Bundesratssitz wichtig. Blocher: Glauben Sie das? Im April sagte FDP-Präsident Gerold Bührer, die SVP erhalte einen zweiten Sitz auf Kosten der CVP, wenn die Tendenzen der Wahlen von 1999 andauern. Blocher: Was hat Bührer nicht schon gesagt, seit er Präsident ist? Weniger Staat, weniger Steuern, keine Mutterschaftsversicherung. Sobald die FDP ernsthaft den Kopf hinhalten muss, kippt sie aber nach links. Jetzt muss Bührer eine Mutterschafts-Versicherung vertreten. Das Engagement des Staates bei der Swissair führt die FDP mit der SP an. Bührer wird auch einen Grund finden, weshalb er uns keinen zweiten Bundesratssitz geben muss. Die regieren lieber in einer Links-Mitte-Koalition. Haben Sie nichts dagegen, wenn man Sie als Neoliberalen bezeichnet? Blocher: Was ist das? Ich bin ein Liberaler. Ein schlanker Staat war 1848 der Gedanke in der Bundesverfassung - Freiheit für die Bürger und staatliche Souveränität. Das war die Stärke der Schweiz. Das ist nicht neo, das ist liberal. Es gibt zwar Leute, die glauben, es benötige keinen Staat. Zu denen gehöre ich nicht. Vielleicht sind das Neoliberale. Ich bezeichne sie als Anarchisten. Kämpft die SVP um einen zweiten Bundesratssitz? Blocher: Das müssen wir. Bei der nächsten Vakanz werden wir antreten. Gegen SP oder gegen CVP? Blocher: Tritt die CVP keinen Sitz ab, spielt die Konkordanz nicht mehr. Dann zählt die Politik und wir setzen bei der SP an. Das ist unser Gegner.

05.11.2001

Die Swissair war ein Tempel, ein Gott, ein Götze

Der SVP-Nationalrat und Unternehmer Christoph Blocher über Swissair, Zukunft und Südafrika Interview mit der Aargauer Zeitung vom 5. November 2001 Alle Fäden des Swissair-Filzes seien bei der Credit Suisse zusammengelaufen. Dies sagt SVP-Nationalrat Christoph Blocher - der sich auch Sorgen über die Wirtschaftslage macht. Othmar von Matt und Marc Comina Herr Blocher, reiben Sie sich im Moment still und heimlich die Hände, wenn Sie das Trauerspiel sehen, das zurzeit um Swissair/Crossair abläuft? Christoph Blocher: Nein, ich bin zornig. Die Swissair ist durch Verfilzung und Missmanagement ruiniert worden. Und derselbe Filz macht nun auf Kosten der Steuerzahler eine überdimensionierte, halbstaatliche Airline. Die Verwirrung ist gross. Niemand weiss, wie viel Geld fehlt. Und niemand übernimmt wirklich die Verantwortung. Blocher: Bund und Kantone besitzen 38 Prozent an der neuen Airline. Damit ist die öffentliche Hand faktisch Eigentümerin. Das gibt ein Fass ohne Boden. Neben den SBB eine zweite defizitäre Firma, nur noch schlimmer. Der Bund kann die neue Airline nicht so schnell loswerden, der Steuerzahler bezahlt ewig. Allein die Überbrückung bis im März 2002 kostet jeden Steuerzahler 2000 Franken. So schwächt man die Schweiz. Sie erhalten Recht mit der Warnung? Blocher: Ja, aber das ist nicht so wichtig. Dazu muss man zwei Dinge sagen. Erstens ist die Zahlungsunfähigkeit einer Firma immer schrecklich. Viele nehmen Schaden, es gibt nur Verlierer. In einer solchen Situation muss man klaren Kopf bewahren. Das hat hier gefehlt, darum ist der Schaden so gross. Und zweitens? Blocher: Zweitens bin ich sehr enttäuscht darüber, dass die Swissair nicht seit Monaten eine ordnungsgemässe Nachlassstundung vorbereitet hat. Das ist für mich unverständlich. Ein Unternehmer kann doch nicht plötzlich an einem Sonntagabend merken, dass ihm vier Milliarden fehlen. Mario Corti glaubt, die Swissair wäre ohne 11. September zu retten gewesen. Blocher: Nein. Tatsache ist, dass die Swissair eine gigantische Verschuldung - 15 Milliarden - aufgebaut hat. Für die Rettung wären 6 bis 7 Milliarden à fonds perdu nötig gewesen und 11 Milliarden für die Rekapitalisierung. Das alles war vor dem 11. September. Natürlich hätte der Terrorismus eine gesunde Swissair auch getroffen. Aber nicht tödlich. Sie kritisieren die Verfilzung... Blocher: Die unheilvolle Verfilzung von Politik, Bund, Kantonen, Wirtschaftsverbänden, grossen Firmen und der FDP machte die Swissair zum unangreifbaren Symbol. Die Swissair war ein Tempel, ein Gott, ein Götze. Interessant ist, dass die Swissair seit April 2001 freiwillig eine Milliarde Bankschulden zurückbezahlt hat. Damit konnte die CS erklären, sie sei nur noch mit 150 Millionen im Risiko. Kein Wunder. Lukas Mühlemann ist CEO und Verwaltungsratspräsident der CS - und war Swissair-Verwaltungsrat. Blocher: Das zeigt die unglaublichen Verflechtungen auf: Die kreditgebenden Banken waren auch im Swissair-Verwaltungsrat. Das ist immer falsch. Die Banken haben andere Interessen als das Unternehmen. So konnte dafür gesorgt werden, dass die Banken mit einer Milliarde weniger in der Kreide stehen. Gut für die Banken, schlecht für die Swissair. Waren das "Insidergeschäfte"? Blocher: Die CS berief sich stets darauf, nicht Mühlemann spreche Kredite. Doch das ist weltfremd. Welcher Mitarbeiter der Bank kann einen Kredit an eine Firma unabhängig beurteilen, wenn sein Boss dort im Verwaltungsrat sitzt. Aber nicht nur die CS war im Swissair-Verwaltungsrat, auch die UBS. Die entscheidende Rolle spielte die CS? Blocher: Nicht alleine. Eric Honegger sass im Verwaltungsrat der UBS. Vreni Spoerri und Thomas Schmidheiny waren gleichzeitig CS-Verwaltungsräte. Andres F. Leuenberger war Präsident der économiesuisse. Das ist eine unheimliche Verfilzung. Sie geht weiter. Rainer E. Gut, der neue starke Mann, ist Ehrenpräsident der CS. Blocher: Nicht nur das. Rainer E. Gut sass als Bankenmann 21 Jahre im Swissair-Verwaltungsrat. In den entscheidenden Jahren war er im Ausschuss. Lukas Mühlemann folgte. Stammt wohl auch der kommende Präsident aus diesem Kreis? Ist Mühlemann für die CS noch tragbar? Blocher: Das müssen die Aktionäre der CS entscheiden. Da er nur noch 150 Millionen im Swissair-Schadenfall stecken hat, arbeitete er gut für die CS. Nicht aber für die Swissair. Seine Glaubwürdigkeit hat stark gelitten. Blocher: Das ist genau das Problem. Mühlemann musste zwei gegensätzliche Interessen vertreten. Das geht nicht. Die CS scheint Dreh- und Angelpunkt des Swissair-Debakels zu sein. Blocher: Die Fäden laufen alle dorthin. Das ist eindeutig. Die Swissair ist das Aushängeschild des Verfilzungs-Missstandes. Alles befand sich unter einem Deckel, niemand konnte mehr kritisieren, auch die Journalisten nicht. Kommt es dann zum Debakel, folgt eine Explosion: die Zahlungsunfähigkeit. Im politischen Bereich ist das nicht anders. Die Parallelen zur Sowjetunion sind eindeutig. Das sagen ausgerechnet Sie? Schweiz gleich Sowjetunion? Blocher: Nein, nicht die Schweiz. Die Missstände in der Swissair gleichen jenen in der damaligen Sowjetunion: Man bindet alle Kreise ein, lässt keine Kritik zu, was schlussendlich zum Zusammenbruch führt. Der Total-Absturz hätte für die Schweiz 50'000 Arbeitslose bedeuten können. Blocher: Dummes Zeug. Sie haben ja schon die Ausdrucksweise der Offiziellen übernommen. Geht eine Firma zugrunde, ist das zwar furchtbar. Aber nicht alle werden arbeitslos. Bis vor kurzem war der Arbeitsmarkt ausgetrocknet. Zahlreiche Firmen waren zudem nicht zahlungsunfähig. Die flugnahen Betriebe werden von anderen Firmen weitergeführt. Und die Crossair ist überlebensfähig. Die Folgen eines Totaldebakels waren aber auch für Sie nicht absehbar. Blocher: Doch. Aber in diesem Fall muss das momentane Chaos beseitigt werden. Darum hat sich die SVP nicht gegen die 450 Millionen des Bundes nach dem Grounding gewehrt, um gestrandete Passagiere zu befördern und die notwendige Ordnung herzustellen. Und was hätten Sie danach getan? Blocher: Ich hätte darauf geachtet, dass möglichst viele gute Flugverbindungen in die ScBlocher: Ihweiz bestehen und als Staat nichts mehr bezahlt. Das wäre nicht einfach gewesen. Blocher: Es gibt Hunderte von Flugzeugen, welche die Schweiz gerne anfliegen würden. Vor allem heute, denn der Konkurrenzkampf ist sehr gross. Die Bevölkerung war nach dem Grounding sehr beunruhigt. Sie befürchtete, das Modell Schweiz sei am Ende. Blocher: Man muss der Bevölkerung die Wahrheit sagen, auch wenn sie unangenehm ist. Das hat die SVP getan. Inzwischen sind vier Wochen vergangen und die Stimmung in der Bevölkerung hat gedreht. Die Leute sehen jetzt klar. Die Swissair ist wichtig für das Bild der Schweiz im Ausland. Geht es verloren? Blocher: Rettet man die Swissair, rettet man weder Substanz noch Bild der Schweiz. Die Schweiz hat ein hervorragendes Renommee. Vorläufig noch. Noch? Geht das Image verloren? Blocher: Das beginnt schon in der Politik. Es wird zu einer Nivellierung der Schweiz führen, wenn sie in allen internationalen Organisationen mitmachen will. Die Schweiz will Grossmachtpolitik betreiben. Auch die SAir huldigte dem Grössenwahn. Sie wollte ein Global Player sein. Ein eigenartiges Wort. Ein Unternehmen ist doch kein Player. Player sind ja nicht seriös. Schweizer Unternehmen gelten als seriös. Der Flughafen Zürich sollte viertgrösster Flughafen Europas werden. Das ist nicht schweizerisch. Grösse, Masse, Billigtarife: Das ist nicht unsere Qualität. Sie persönlich spielen aber die globalen Spielregeln sehr wohl mit. Blocher: Die Regeln des internationalen Handels. Aber stets als Sonderfall. Ihr Unternehmen ist kein Sonderfall. Blocher: Doch. Im Umfeld vergleichbarer internationaler Firmen ist die Ems-Chemie ein Winzling. Warum können wir überleben? Weil wir es anders machen. Will ich gleich sein wie BASF oder General Electric, gehe ich zugrunde. Aber ich muss Holz anfassen. Als Unternehmer hat man immer auch Angst vor dem Erfolg, weil man Fehler machen kann. Aus Ihren Worten hört man, dass schwierige Zeiten bevorstehen. Blocher: Ausserordentlich schwierige. Es hat die Welt unglaublich verunsichert, dass - überspitzt formuliert - die Weltmacht USA durch drei private Terroristen mit drei Sackmessern in die Knie gezwungen werden kann. Was tun Unternehmen in dieser Situation? Sie stoppen, bauen Lager ab, horten das Geld. Die Wirtschaft befindet sich in einer Überlebensphase. Dies hat aber auch sehr viel Positives. Zum Beispiel? Blocher: In den Hochkonjunktur-Jahren warfen Leute Software-Programme auf den Markt und wurden über Nacht Millionäre. Firmen konnten alles verkaufen. Ich fragte mich oft, ob wir mit 3000 Leuten etwas falsch machen - weil wir von morgens bis abends hart arbeiten. Die Blase ist geplatzt. Ist das ein Comeback seriöser, ehrlicher Arbeit? Blocher: Davon bin ich überzeugt. Rezessionen sind immer Zeiten der Seriosität. Der Mensch besinnt sich wieder auf die Stärken, auf das Bewährte. Das ist gut so. Übersichtlichkeit ist wichtig. Ich habe das kürzlich an der grössten Kunststoffmesse der Welt in Düsseldorf realisiert. Sie wurde noch im letzten Jahr vorbereitet. Viele Verkäufer standen deplaziert herum. Weil die Kunden sofort spürten: Da ist Schall, Rauch, Bluff. Die Sehnsucht der Leute nach guten Produkten war mit Händen greifbar. Wie beurteilen Sie das Swissair-Krisenmanagement des Bundesrats? Etwa von Bundespräsident Leuenberger? Blocher: Moritz Leuenberger lebt von der Betroffenheit. Wenn Betroffenheit dominiert, gibt es keine guten Lösungen. Betroffenheit kann die Führung nicht ersetzen. Und Kaspar Villiger? Blocher: Ich will nicht jeden einzelnen Bundesrat beurteilen. Der Gesamtbundesrat hat den Kopf verloren - mit den Summen, die er ausgibt. Villiger weiss innerlich, dass das falsch ist. Immerhin hat Villiger Mut bewiesen. Blocher: Er hat dem Druck nicht standgehalten. Der Staat hat auch die Aufgabe, Nein zu all den Begehrlichkeiten zu sagen. Villiger aber hat die Schleusen geöffnet. Zudem suchte er selbst Investoren. Das ist sehr fragwürdig. Er wollte auch von Ihnen Geld. Blocher: Ja. Ich habe aber die Kraft, Nein zu sagen. Diese Investoren werden eines Tages die Rechnung präsentieren, indem sie auf eine Sonderbehandlung hoffen. Welche Konsequenzen hat der 11. September für die Uno-Abstimmung? Blocher: Den Leuten gehen die Augen auf. Die Uno ist kein harmloser Verein. Alle Staaten der Uno, inklusive Afghanistan und Saudi-Arabien, verurteilen Terrorismus. Trotzdem gibt es ihn, wird er dort gepflegt. Es zeigt sich, wie gefährlich es ist, nicht neutral zu sein. Man wird in Auseinandersetzungen hineingezogen. Die Schweiz ist natürlich auch gegen den Terrorismus. Wir müssen dafür sorgen, dass kein Terrorismus von Schweizer Boden ausgeht, und uns davor schützen. Aber wir wollen auch noch selber denken. Wären wir in der Uno, könnten wir zu Sanktionen gegen Afghanistan verpflichtet werden. Gegenüber Terrorismus kann man aber nicht neutral sein. Blocher: Gegenüber Terrorismus muss man auch nicht neutral sein. Terrorismus ist eine Kampfform, keine Partei, kein Staat. Der Neutralitätsbegriff spielt zwischen Staaten. Der US-Druck auf die Schweiz könnte massiv steigen, wenn Terroristenkonten in der Schweiz gefunden werden. Blocher: Wir dürfen keine Konten von Terroristen in der Schweiz haben. Das betrifft aber auch die UCK. Die dauernde Neutralität ist aktueller denn je. Die Schweiz kommt nun wegen der Südafrika-Vergangenheit unter Druck. Auch Sie haben Südafrika-Beziehungen. Sie waren Präsident der Arbeitsgemeinschaft Südliches Afrika (asa). Blocher: Ich war ihr Mitgründer. Diese Arbeitsgemeinschaft bezog sich aber nicht auf Südafrika, sondern auf das ganze südliche Afrika. Dies war während des Kalten Krieges eine strategisch ungeheuer bedeutende Region. Wir gründeten die asa, um die Verhältnisse zu studieren. Es handelte sich um keine wirtschaftliche Organisation. Hat die Ems Chemie in Südafrika Geschäfte gemacht? Blocher: Nein, weil es keine Firmen gab, die unsere Produkte brauchten. Ich besuchte das Land erstmals 1987. Die asa war nicht für die Apartheid, aber der Meinung, dass das Land selbst die Apartheid abschaffen sollte. Mein spannendstes Erlebnis mit Südafrika war, als Minister Willem De Klerk - noch zur Zeit Pieter W. Bothas, der die Apartheid verteidigte - in die Schweiz kam. Der Bundesrat weigerte sich, ihn zu empfangen. Deshalb sprang ich in die Bresche. De Klerk sagte damals, er werde die Apartheid beseitigen. Als er nach Bothas Rücktritt Präsident wurde, schaffte er die Apartheid tatsächlich ab. Sollen die Beziehungen, die Peter Regli und der Nachrichtendienst zu Südafrika hatten, untersucht werden? Blocher: Ja natürlich. Das tut Samuel Schmid. Ein Nachrichtendienst darf nur Dinge tun, die erlaubt sind. Braucht es eine PUK? Blocher: Das nicht. Aber wenn das Parlament eine will, soll es eine machen.

25.10.2001

Die Steuerzahler werden das Crossair-Engagement nicht goutieren

Interview im FACTS vom 25. Oktober 2001 Interview: Bettina Mutter Herr Blocher, Sie sind im Ausland. Mit welcher Fluggesellschaft sind Sie denn geflogen? Christoph Blocher: Ich bin in Europa. Und ich bin mit Crossair geflogen. Swissair, das ist mir zu riskant. Man kann ja diverse andere Fluggesellschaften buchen, oder? Mit welchen Worten werden Sie Ihren Auftritt an der Swissair-Sondersession vom 16. November eröffnen? Blocher: Eröffnungsvoten plane ich nie zum Voraus. Ich werde klarmachen, wie falsch diese Lösung ist und wie gross die Schäden für die Gesamtwirtschaft sind. Hoffen Sie, dass sich die vom Bundesrat präsentierte Lösung als Rohrkrepierer erweist und scheitert? Blocher: Und wie ich das hoffe. Ich wäre froh, wenn sie scheitert. Die Unternehmer unter Führung des Herrn Rainer Gut, wie ich hier im Ausland höre, diese Wirtschaftsbosse sollen die Fluggesellschaft nicht nur mit 1,9 Milliarden, sondern ganz aus eigener Kraft führen. Wem schadet denn diese Lösung? Blocher: Es trifft die Volkswirtschaft, unsere Arbeitsplätze und unsere Steuerzahler. Reicht es denn nicht aus, dass Bund und Kantone seit 1998 schon an der alten Swissair 1,5 Milliarden verloren haben? Und jetzt noch einmal 2,5 Milliarden. Was befürchten Sie? Blocher: Mit dem Präjudiz, das Bund und Kantone jetzt geschaffen haben, hat sich die Schweiz etwas eingebrockt. Stellen Sie sich vor, wie viele andere so genannt bedürftige Unternehmen die hohle Hand machen werden beim Bund und Anspruch erheben auf öffentliche Gelder. Wir haben genug marode Firmen in der Schweiz. Welche macht den Anfang? Blocher: Die Tourismusbranche, konkret die maroden Seilbahngesellschaften. Dann diverse Häuser aus der Bauwirtschaft, wenn die Rezession tatsächlich ins Rollen kommt. Und es soll niemand glauben, dass grosse Versicherer und schliesslich auch die Banken vor diesem Schritt zaudern würden. Auch sie werden im Notfall nach Bern pilgern und Steuergelder verlangen, um ihr Weiterleben zu sichern. National können Sie zwar kein Referendum gegen den Bundesentscheid lancieren, im Kanton Zürich hingegen schon. Blocher: Es ärgert uns schon lange, dass ein nationales Referendum in Finanz-Angelegenheiten gesetzlich nicht möglich ist. Wir waren einfach zu beschäftigt, um diesen Programmpunkt voranzutreiben. Wird also die Zürcher SVP das Referendum gegen den Kantonsbeitrag von 300 Millionen ergreifen? Blocher: Wir warten im Moment ab, was die Zürcher Regierung dem Kanton für Vorschläge unterbreitet. Voreilig ergreifen wir das Referendum nicht - aber wir schliessen es keineswegs aus. Haben Sie sich mit der Zürcher Regierungsrätin, ihrer SVP-Kollegin Rita Fuhrer, noch nicht abgesprochen? Blocher: Nein, ich bin seit zehn Tagen geschäftlich im Ausland. Samuel Schmid hat sich im Bundesrat gegen die nationale Staatshilfe ausgesprochen. Schliessen Sie Ihren SVP-Bundesrat jetzt wieder ins Herz? Blocher: So, so. Er soll sich dagegen ausgesprochen haben. Das ist interessant. Handkehrum: Er war ja nicht stark involviert in der Sache. Doch. Er ist Regierungsmitglied. Blocher: Ja, das weiss ich. Streit habe ich ja nicht mit ihm, das möchte ich betonen. Und wenn er wirklich dagegen war, dann habe ich sehr Freude, dass er wenigstens in diesem einen Punkt nicht von unserem Parteikurs abweicht. Die SVP triumphiert schon jetzt? Blocher: Es zeichnet sich bereits ab, dass die Steuerzahler diesen Schritt der Landesregierung nicht goutieren. Wir werden ja sehen bei den Wahlen im Herbst 2003.

18.10.2001

Die Schweiz hat sich da etwas Ungeheures eingebrockt

Christoph Blocher über die neue Airline, die Vernichtung von Steuergeldern und die Ausschaltung des Parlaments Interview mit der SonntagsZeitung vom 28. Oktober 2001 von Urs Paul Engeler Herr Blocher, Sie hoffen, dass die New Crossair scheitert. Sind Sie ein schlechter Verlierer? Oder wollen Sie provozieren? Christoph Blocher: Offenbar haben die Politiker, die sich nun so aufregen, nur den Titel des "Facts"-Interviews gelesen und nicht den Text. Ich habe dort gesagt, dass ich hoffe, dass die jetzige Lösung mit den Staatsmilliarden scheitern werde. Selbstverständlich will ich nicht, dass die Crossair scheitert, sonst wären ja nicht nur die Steuergelder endgültig verloren. Und man würde noch mehr Bundesgelder einschiessen. Das tönt doch etwas entschuldigend. Das Scheitern der neuen Airline wäre ja der Beweis Ihrer These. Blocher: Ich bin für eine funktionierende private Gesellschaft und will nicht, dass Steuergelder vernichtet werden und die Konkurrenz verzerrt wird. Die Schweiz wurde übers letzte Wochenende politisch umgekrempelt. Sie waren landesabwesend. Die Abwesenden haben immer Unrecht. Blocher: Die Schweiz wurde eben nicht umgekrempelt, leider. Wir haben die gleiche Situation wie immer in den letzten Jahren: SP, Freisinn und einzelne Wirtschaftsführer verbünden sich mit dem Bundesrat, um den staatlichen Einfluss zu erhöhen. Das war beim EWR so, beim Krankenkassengesetz, bei der LSVA, bei der Neat, bei der Wohneigentums-Initiative und wird beim Uno-Beitritt so sein. Genau diese unheilvolle Vermischung von Politik, Wirtschaft und Banken, wie sie jetzt bei der neuen Airline wieder spielen soll, brachte die Swissair zum Absturz. Die Karten wurden ohne Sie gemischt. Ist Ihre Opposition die Rache des Übergangenen? Blocher: Nein, ich weise ja seit Monaten in Artikeln und im Parlament ununterbrochen auf diese Misere hin. André Dosé, der Chef der neuen Crossair, hat Sie zum Einlenken bewegen wollen. Blocher: Er hat mir die Lösung erläutert. Doch ich habe klipp und klar gesagt: Eine staatliche Unterstützung dieser Fluggesellschaft kommt nicht in Frage! Erstens hat der Staat im freien Wettbewerb nichts zu suchen. Und zweitens hat er im Fluggeschäft eine Aufsichtsfunktion. Ich habe ihm gesagt, dass das schlecht herauskommen wird. Sogar Bundesrat Kaspar Villiger hat sich telefonisch um Sie bemüht. Blocher: Ja. Viele Leute haben mich bearbeitet. Aber über Details dieser Gespräche gebe ich keine Auskunft. Hat man Sie als Politiker oder als Geldgeber gewinnen wollen? Blocher: Selbstverständlich als beides. Ich sage in beiden Rollen, dass sich die Schweiz da etwas Ungeheures eingebrockt hat. Und ich investiere nicht in ein falsches Konzept. Es geht hier weniger um Profit als um eine nationale Aufgabe. Blocher: Wir haben die Finanzierung der Überbrückungshilfe von 450 Millionen Franken knurrend zur Kenntnis genommen. Damals ging es um die Behebung von Missständen auf dem Flughafen. Der Aufbau einer Airline ist keine Aufgabe des Staates. Sie als Buhmann der Nation hätten Applaus holen können wie die Unternehmen, die Mut zur Investition bewiesen haben. Blocher: Das Schlimmste ist, wenn man etwas macht, um Beifall zu holen.Wer verantwortungsvoll ist, tut das Richtige. Dank des staatlichen Engagements können Zehntausende Arbeitsplätze gerettet werden. Da tönt Ihr Hinweis zynisch. Blocher: Zynisch sind doch diejenigen, die es so weit haben kommen lassen, dass die Swissair mit vielen andern Firmen in den Abgrund gerissen wurde, und die den Leuten nun glauben machen, mit der Wiederholung dieser Übungsanlage seien die Jobs gesichert. Die Politiker und Wirtschaftsführer, die mir Zynismus vorwerfen, wollen nur ihre Verantwortlichkeiten vertuschen. Seit zehn Jahren fordere ich, dass die Politik die Finger von der Swissair lässt. Nichts ist passiert. Unterdessen haben Bund und Kantone allein 1,3 Milliarden an der alten Swissair verloren! Mehr noch: Sie haben Tausende von Stellen gefährdet. Der neue Staatseingriff verunmöglicht neue Arbeitsplätze und erhöht die Staatsquote. Sie argumentieren streng betriebswirtschaftlich. In andern Fällen lassen Sie den Sonderfall und das nationale Interesse auch einiges kosten: EWR-Nein, Neutralität, Armee zum Beispiel. Blocher: Besteht das nationale Interesse im zunehmenden Sozialismus? Uns zeichnet der Sonderfall aus, die Freiheit, die Selbstverantwortung. Diese Linie verlässt man nun. Neutralität und Landesverteidigung sind wichtige Pfeiler zur Erhaltung von Selbstbestimmung und Wohlstand. Das EWR-Nein dient nur unfähigen Managern als Ausrede. Zurück zu den Arbeitsplätzen... Blocher: Seien Sie nicht blauäugig. Die ganze Übung Swissair-Crossair wird doch nicht zur Sicherung von Arbeitsplätzen veranstaltet. Sonst müssten ja ständig solche Aktionen laufen. Es geht um die Gesichtswahrung der verfilzten Beteiligten: Rainer E. Gut selbst war lange Verwaltungsrat der Swissair und Präsident der Hausbank CS, Andres F. Leuenberger sitzt als Präsident der Economiesuisse - also ex officio! - im Swissair-Verwaltungsrat und so weiter. Zweitens haben die Banken und Unternehmer dem Bund und den Kantonen grosse Risiken abtreten können. Das zahlen alles die Steuerzahler, die Bürger und Bürgerinnen, die sich nicht wehren können. Die Wirtschaft verzichtet ja freiwillig auf Steuersenkungen. Blocher: Das ist nochmals ein Skandal. Zum einen ist die Reduktion der Steuern ein vitales Anliegen der Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Und wer hat so grossmütig verzichtet? Nicht die unzähligen kleinen und mittleren Firmen, sondern wieder der Ausschuss der Economiesuisse mit den Mitgliedern Andres Leuenberger, Swissair-Manager Mario Corti, UBS-Präsident Marcel Ospel, FDP-Nationalrat Johann Niklaus Schneider-Ammann, Ueli Forster, Ehemann der FDP-Ständerätin Erika Forster, und so weiter. Es geht also nicht um die Wirtschaft als solche, sondern um höchst durchsichtige Eigeninteressen. Sie beklagen seit langem die "Verpolitisierung" des Dachverbandes Economiesuisse, der sich mehr für Militärgesetze oder den Uno-Beitritt engagiere als für die Wirtschaft. Dennoch treten Sie nicht aus. Blocher: Ja, ich bin im Vorstand der der chemischen Industrie und kämpfe immer wieder für die Marktwirtschaft und Ordnungspolitik. Oft erfolglos: Sämtliche Steuererhöhungen der letzten Jahre kamen mit dem Segen der Economiesuisse zu Stande! Aber wenn ich austreten würde, wäre mein Einfluss noch geringer. Zeit also, eine Art Auns der unzufriedenen heimatlosen Unternehmer zu gründen. Blocher: An sich haben Sie Recht. Es gelangen sehr viele Unternehmer an mich mit der Bitte, eine neue Organisation auf die Beine zu stellen. Aber es ist eine Frage der Zeit und der Kraft. Ich kann einfach nicht alles machen. Wie wollen Sie den Crossair-Deal politisch bekämpfen? Blocher: Viel kann man da leider nicht mehr ausrichten: Alle andern Regierungsparteien sind dafür. Sie können ja gar nicht mehr anders, nachdem der Bundesrat Sachzwänge geschaffen hat. Diese faktische Ausschaltung des Parlaments ist im Übrigen eine weitere Ungeheuerlichkeit. Auch die Schuldenbremse, über die das Volk entscheiden muss, wird bereits verletzt. Die SVP wird wieder einmal alleine einstehen für marktwirtschaftliche Prinzipien und ihre finanz- und wirtschaftspolitischen Wahlversprechen. Das braucht Mut: Es gibt auch SVP-Gemeinden und Kreise, die von der Swissair-Krise stark betroffen sind. Für Ihren Dauerkampf gegen die verhasste FDP eignet sich das Thema bestens. Blocher: Ich pflege doch keinen Hass gegen die Freisinnigen, unsere nächsten Verbündeten. Mit einzelnen Exponenten habe ich stets eng zusammengearbeitet. Schlimm ist, dass die FDP in letzter Zeit versagt hat, besonders im Kanton Zürich. Gerold Bührer, der neue Präsident der schweizerischen FDP, ist angetreten, die SVP überflüssig zu machen. Blocher: Es ist tragisch, dass er die Kraft nicht hat, die FDP endlich auf Kurs zu bringen. Er ist gefangen in Parteifilz und Verwaltungsräten und hat nun ein schlechtes Gewissen, weil er mit Mutterschaftsversicherung, Swissair und Steuerpaket SP-Positionen vertreten muss.