Nicht das Gescheiteste
Christoph Blocher bedauert das Ja der SVP zur 18-Prozent-Initiative. Er selbst wird Nein stimmen.
Interview mit dem Tages-Anzeiger vom 22. August 2000
Autor: Mit Christoph Blocher sprach Iwan Städler
Herr Blocher, haben Sie mit dem Ja der SVP-Delegierten zur 18-Prozent-Initiative gerechnet?
Blocher: Ich musste damit rechnen, erwartete aber eine Nein-Parole. Die Vorlage war ja bereits in der Bundeshausfraktion umstritten. Wir verlangten damals einen Gegenvorschlag, der im Parlament abgeschmettert wurde. Der Entscheid der Delegierten ist ein Aufbegehren gegen die verfehlte Ausländerpolitik des Parlaments und des Bundesrats.
Wie erklären Sie sich, dass Ihre Zürcher SVP mit der Nein-Parole für einmal regierungsfreundlicher ist als die Schweizer SVP mit der Ja-Parole?
Blocher: In Zürich sind wir programmatisch weiter. Wir haben die Frage einer Ausländerquote schon vor Jahren ausgiebig diskutiert und sie in unserem Kantonalprogramm verworfen.
In Genf sprachen aber Ulrich Schlüer und Hans Fehr für eine solche Quote. Sie, Herr Blocher, fehlten in Genf. Warum?
Blocher: Ich war an der Generalversammlung unserer börsenkotierten Firma. Dieser Termin muss schon ein Jahr im Voraus festgelegt werden. Ich bedaure diese Terminkollision.
Die Parteileitung hat ihre Basis offensichtlich nicht mehr im Griff.
Blocher: Nur Diktatoren haben “die Basis im Griff”. Wenn die Delegiertenversammlung immer der Parteispitze folgen würde, müsste man die Versammlung gar nicht mehr durchführen. Bei der SVP bestimmt aber die Basis. Da werden die Parolen nicht von oben her konstruiert wie bei den anderen Parteien. Nun hat die Basis etwas beschlossen, das meines Erachtens nicht das Gescheiteste ist.
Werden Sie die Geister nicht mehr los, die Sie gerufen haben?
Blocher: Wie kommen Sie denn darauf?
Das Messerstecher-Inserat, das Plakat mit dem Ausländer, der eine Schweizer Fahne zerreisst…
Blocher: Ich habe diesen saudummen Kommentar im “Tages-Anzeiger” gelesen. Das Messerstecher-Inserat hatte nichts mit Ausländern zu tun, sondern mit Kriminellen schlechthin. Auch das Plakat gegen Asylmissbrauch zeigt einen Verbrecher – das sieht jeder.
Wollen Sie bestreiten, dass Ihre Politik bei der Basis eine Ausländerfeindlichkeit geschürt hat, die nun bei Fragen wie der 18-Prozent-Initiative unangenehm wird?
Blocher: Nicht jeder, der für diese Initiative stimmt, ist ein Ausländerfeind. Sonst wäre auch der Bundesrat und das Parlament ausländerfeindlich, wenn sie die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten begrenzen. Ich kenne kein Land, das die Einwanderung nicht begrenzt.
Warum sind Sie gegen die 18-Prozent-Initiative?
Blocher: Die Hauptprobleme sind die illegale Einwanderung und der Asylrechtsmissbrauch. Beides wird durch eine Quote nicht gelöst. Mit dieser Initiative würden ja die illegal Eingewanderten bleiben, neue legal Einreisende dürften aber nicht kommen. Das scheint mir eine komische Ausländerpolitik zu sein.
Würde die Annahme der Initiative der Schweiz schaden?
Blocher: Das kommt auf die Umsetzung an. Für die Wirtschaft wäre sie wohl nicht eben förderlich.
Glauben Sie, dass die SVP mit ihrer Ja-Parole bei der Wirtschaft an Rückhalt verlieren wird?
Blocher: Dieser Entscheid hat ihn sicher nicht gefestigt. Dennoch ist die SVP klar die wirtschaftsfreundlichste Partei. Sie hat sich stets gegen neue Steuern gewehrt.
Befürchten Sie, dass die Wirtschaft der SVP jetzt weniger Spendengelder zukommen lässt?
Blocher: Wenn dies der Fall wäre, würden die übrigen Parteien schon lange nichts mehr erhalten.
Werden Sie selbst die 18-Prozent-Initiative ablehnen?
Blocher: Selbstverständlich werde ich Nein stimmen.
Werden Sie auch für ein Nein kämpfen?
Blocher: Nicht an vorderster Front. Ich muss mich auf jene Vorlagen konzentrieren, wo ich alleine kämpfe. Bei der 18-Prozent-Initiative gibt es genügend andere Parlamentarier, die dagegen sind. Ich werde die Energieabgaben bekämpfen. Die sind für die Wirtschaft weit schädlicher.
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