Zehn Jahre danach
10-jähriges Jubiläum der «Assemblée interjurassienne», Sprechnotiz von Bundesrat Ch. Blocher, Moutier, 12. November 2004
12.11.2004, Moutier
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Präsident der “Assemblée interjurassienne”,
Sehr geehrte Mitglieder der “Assemblée”,
Sehr geehrte Herren Regierungspräsidenten der Kantone Bern und Jura,
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Einführung
Vor zehn Jahren, am 11. November 1994, trat die “Assemblée jurassienne” hier in Moutier zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Damals schon vertraten die Herren Regierungsräte Annoni und Roth die Kantone Bern und Jura. Der Bundesrat war durch Herrn Arnold Koller vertreten.
Man kriegt fast den Eindruck, kantonale Karrieren dauerten länger als diejenigen im Bund, und auch als diejenigen der Mitglieder der “Assemblée”: Von den 24 Mitgliedern waren nur vier, nämlich Frau Maryvonne Schindelholz und die Herren Hubert Frainier, André Lecomte und René Schaffter, schon an der Eröffnungssitzung der “Assemblée” dabei.
Der Jurakonflikt war zweifellos eine der heftigsten Auseinandersetzungen, welche die moderne Schweiz seit dem Sonderbundskrieg durchgemacht hat. Zwar war der Jurakonflikt geographisch limitierter und betraf zum Teil blosse Tagesinteressen, aber er berührte doch auch grundlegende Werte unserer nationalen Kultur: Die Sprache, die Religion, die Geschichte, den Bundesfrieden.
Die zwischen der bernischen und der jurassischen Regierung und dem Bundesrat geschlossene Vereinbarung vom 25. März 1994 markiert mit der Gründung der “Assemblée interjurassienne” den Ausgangspunkt zu einer Lösung des Konflikts im gegenseitigen Einvernehmen. Dieses Vorgehen entspricht auch der neuen Bundesverfassung, welche in Artikel 44 Absatz 3 festhält, dass Streitigkeiten zwischen Kantonen oder zwischen Kantonen und dem Bund nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt werden sollen.
Bilanz und Vergangenheit
Zehn Jahre sind seither vergangen. Ein Geburtstag lädt dazu ein, Bilanz zu ziehen, zu fragen, was erreicht worden ist . Ihre Bilanz fällt äusserst positiv aus.
Wichtiger noch als gutgeheissene Resolutionen oder gemeinsame Institutionen, die verwirklicht worden sind oder geplant werden, ist der interjurassische Dialog, den Sie erfolgreich in Gang gebracht haben. Es war ein konstruktiver, von einem positiven Geist getragener Dialog.
Gestatten Sie, dass ich an dieser Stelle die drei politischen Persönlichkeiten erwähne, welche in den letzten zehn Jahren Ihre Arbeiten geleitet haben. Unter dem ersten Präsidenten Ihrer Versammlung, Herrn Bundesrat René Felber, wurde Pionierarbeit geleistet. Es waren wichtige Weichen. Dies brachte die “Assemblée” in Schwung und verlieh ihr die nötige Dynamik. Unter Herrn Nationalrat Jean-François Leuba, dessen kürzlicher Tod uns alle mit grosser Trauer erfüllt, wurden neue Dimensionen eröffnet. Es gab Ihrer Arbeit ein stärkeres Profil. Seit über zwei Jahren leitet nun Herr Serge Sierro Ihr Gremium. Der Bundesrat ist dankbar, dass er diese Aufgabe übernommen hat und dass er es auf sich nimmt, diese wichtige Aufgabe weiterzuführen.
Zukunft
Schon zehn Jahre “Assemblée”? Um ganz genau zu sein, wie das im “Uhrenland” Jura ja Verpflichtung ist, sind es exakt zehn Jahre und ein Tag.
Eine unnötige Präzisierung? Ein Detail? Vielleicht doch nicht. Ich sehe darin etwas Symbolhaftes: Sie packen Ihre Zukunft an.
Dieser eine, zusätzliche Tag steht für die neue Etappe, die Sie bei der institutionellen Frage in Angriff genommen haben. Ich habe mit Interesse verfolgt, in welcher Weise Sie am heutigen Nachmittag darüber diskutiert haben. Sollte es diesbezüglich noch Zweifel gegeben haben, so beweist gerade diese Idee, dass Sie keine Tabuthemen akzeptieren wollen. Ich hoffe, dass Sie die Diskussion darüber in aller Ruhe weiter führen.
Der “jurassische Bogen der Mikrotechnik”
An dieser Stelle möchte ich eine Ihrer Initiativen besonders hervorheben: Sie wollen ein Projekt für einen “jurassischen Bogen der Mikrotechnik” auf die Beine stellen. Dieses Vorhaben erscheint mir als zukunftsweisend.
Da geht es um ein ambitiöses und intelligentes Projekt, das Personen zusammenführt.
Ein Projekt, welches das nationale und internationale Ansehen einer ganzen Region aufzuwerten vermag.
Erwartungen
Es ist sehr anspruchsvoll, ein Projekt wie dasjenige des “jurassischen Bogens der Mikrotechnik” zu entwickeln. Aber es hilft, Ihre Region wirtschaftlich und kulturell voran zu bringen. Der Kanton Jura und der Berner Jura haben Grund genug, stolz auf sich zu sein und das Augenmerk Anderer auf sich zu lenken. Ein solches gemeinsames Projekt kann Wohlfahrt, wirtschaftliche Prosperität – kurz Zukunft – bringen!
Verstehen Sie mich richtig: Ich halte niemanden dazu an, seine Überzeugungen aufzugeben!
Überzeugungen dürfen jedoch nicht zum Bremsklotz werden, der Ihre Arbeit blockiert. Sie, meine Damen und Herren der “Assemblée interjurassienne”, führen nun schon seit zehn Jahren einen Dialog, der in seiner konstruktiven, sachbezogenen und zukunftsorientierten Art beispielhaft ist. Sie mussten sich deswegen nicht selber verleugnen oder Ihre Überzeugungen aufgeben.
Zehn Jahre und einen Tag nach Ihrer ersten Sitzung wünsche ich mir, dass wenn vom Jura oder Berner Jura die Rede ist, das Bild einer dynamischen, über kantonale Grenzen hinaus erfolgreichen Zusammenarbeit haften bleibt.
Ein Prozess, der für die ganze Region nur von Vorteil sein kann.
Ich danke Ihnen, dass Sie auch nach zehn Jahren weiter daran arbeiten, gemeinsam mit der bernischen und der jurassischen Regierung und mit der Unterstützung des Bundesrates. Ich wünsche Ihnen, ich wünsche Ihrer Region, ich wünsche der AIJ viel Prosperität und innovative Lösungen für die Zukunft.
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