Swisscom – Haltung des Bundesrates
Referat von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz vom 4. Februar 2006 in Stans (NW)
04.02.2006, Stans
Stans, 4. Februar 2006. Christoph Blocher erläuterte anlässlich der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz die Gründe und Auswirkungen des Bundesratsbeschlusses betreffend der Swisscom. Dabei ging er auf deren Auslandstrategie und das Risiko für den Bund ein, welches sich durch den grossen Bundesanteil ergäbe. Er thematisierte den Rücktritt des CEO’s, die verschiedenen Varianten des Verkaufs sowie die Sicherung der Grundversorgung.
Es gilt das gesprochene und das geschriebene Wort
Herr Parteipräsident
Meine Damen und Herren
Der Bundesrat hat in den vergangenen Monaten wegweisende Entscheide zur Zukunft der Swisscom gefällt. Er hat dies getan, nachdem er sich in den zwei vergangenen Jahren wiederholt mit der Beteiligung des Bundes an dieser Unternehmung befasst hatte. Ich werde Ihnen in meinem Referat darlegen, welche Beschlüsse der Bundesrat gefasst hat und welches die Gründe und Auswirkungen sind.
1. Ausgangslage
Die Swisscom ist seit 1998 eine börsenkotierte Unternehmung. Der Bund hat seither stets einen Anteil von rund zwei Dritteln gehalten. Auf ihrem Höchststand war die Swisscom-Aktie im März 2000 über 750 Franken wert. Zu diesem Zeitpunkt entsprach der Bundesanteil mehr als 35 Milliarden Franken. Unterdessen – und bereits vor dem Beschluss des Bundesrates, die Swisscom zu verkaufen – ist dieser stolze Betrag auf rund die Hälfte geschmolzen. Die Aktienkurse der grossen Schweizer Unternehmungen sind im vergangenen Jahr um rund einen Drittel gestiegen. Der Kurs der Swisscom fiel um 7 %. Der Bund hat mit seinem Swisscom-Engagement massiv Vermögen verloren.
Die Swisscom, welche aus einer Monopolsituation gekommen ist, ist vermehrt dem freien Markt und damit der Konkurrenz ausgesetzt. Darum kämpft sie gegen stagnierende Umsätze. Die Unternehmensleitung sah ihr Heil im Zukauf von grossen ausländischen Unternehmungen. Offenbar hatte man nichts gelernt aus den zahlreichen gescheiterten Auslandengagements: In Indien, Malaysia, Österreich, Deutschland, Tschechien und Ungarn. Dort hat die Swisscom Milliarden mit einer aggressiven und abenteuerlichen Auslandstrategie verloren. Der Bund als Eigentümer musste mit dieser Strategie ein gigantisches Risiko eingehen. Mit Sicherheit würde der Bund weit mehr haften als ein privater Aktionär. Zudem kommen alle Telekommunikationsunternehmen, so auch die Swisscom, in zunehmend schwierige Verhältnisse, da immer mehr leitungsunabhängige Technologien benützt werden.
2. Was hat der Bundesrat beschlossen?
Im November 2005 standen die Verhandlungen zur Übernahme der irischen Gesellschaft Eircom durch die Swisscom kurz vor dem Abschluss. Auch für die dänische Gesellschaft TDC zeigte die Swisscom Interesse. Der Bundesrat – als Vertreter des Mehrheitsaktionärs Bund – musste rasch handeln, wenn er diese abenteuerliche Strategie verhindern wollte. Er wies nach gründlichen Diskussionen die Swisscom an, Investitionen in ausländische Telekommunikationsunternehmen zu unterlassen, was er später spezifizierte in „Telekommunikationsunternehmen mit Grundversorgungsauftrag“. Im Weiteren beschloss er, die Ausschüttungen zu erhöhen, um ein vernünftiges Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital zu erhalten.
Gleichzeitig erkannte der Bundesrat, dass der Bund nicht der richtige Eigentümer einer Unternehmung ist, die international in grossem Umfang tätig sein will. Der Staat darf kein derart grosses unternehmerisches Risiko tragen. Er muss das Unternehmertum den Privaten überlassen. An einem Unternehmen, das im freien Markt steht, sollte es daher überhaupt keine Bundesbeteiligung geben. Deshalb beschloss der Bundesrat, die gesetzliche Verpflichtung abzuschaffen, wonach der Bund eine Mehrheitsbeteiligung an der Swisscom halten muss.
3. Wo stehen wir heute?
Erfreulicherweise hat in der Zwischenzeit selbst der Verwaltungsrat der Swisscom eingesehen, dass der eingeschlagene Weg der Auslandexpansion ein zu risikoreicher Weg ist. Er hat die geplanten Akquisitionen darum annulliert. Er wird eine andere Strategie innerhalb der vom Bund festgesetzten Eckwerte ausarbeiten! Der Verwaltungsrat und der CEO haben sich konsequenterweise getrennt. Für die Ausschüttung der überschüssigen flüssigen Mittel kann der Bund – als Mehrheitsaktionär – sorgen. Damit steht von den Beschlüssen des Bundesrates einzig noch die Aufhebung der gesetzlichen Verpflichtung zur Mehrheitsbeteiligung zur Umsetzung an.
Vor 10 Tagen hat der Bundesrat seine Vorschläge in die Vernehmlassung gegeben. Bis Anfang März haben alle Parteien, Verbände, Behörden und weitere Kreise die Möglichkeit, zur Vorlage Stellung zu nehmen. Die SVP tut gut daran, dieses Geschäft eingehend zu prüfen und ihre Vorschläge einzubringen!
In dieser Vernehmlassung stellt der Bundesrat neben der Grundsatzfrage des Verkaufs Varianten zur Diskussion, wie sich der Bund von seinen Swisscom-Aktien trennen soll. Eine Möglichkeit besteht darin, nur die Hälfte der Aktien des Bundes zu verkaufen und die andere Hälfte dem Volk gratis zu verteilen und eine gewisse Zeit lang zu sperren. So würde das Bundesvermögen an diejenigen zurückbezahlt, welche diese durch die überhöhten Gebühren zur Monopolzeit der Swisscom geschaffen haben. Das Vermögen würde damit auch dem Einfluss der Politik entzogen. Es käme in den privaten Umlauf. Denn es darf nicht vergessen werden, dass diese Milliarden bei einer Verteilung ans Volk nicht einfach verloren gehen, sondern wieder in den privaten Sektor zurückfliessen. Dort sorgen sie für Konsum, für Arbeitsplätze, für Wirtschaftswachstum.
4. Sicherung der Grundversorgung
Der Bundesrat hat sich auch die Frage gestellt, ob seine Beschlüsse Auswirkungen auf die Grundversorgung der Schweizer Bevölkerung mit Dienstleistungen der Telekommunikation haben. Der Bundesrat ist klar zum Schluss gekommen, dass die Grundversorgung auch ohne Bundesbeteiligung an der Swisscom vollumfänglich gewährleistet bleibt. Im Gesetz, in der Verordnung und in der Konzession ist die Grundversorgung im Detail geregelt und damit gewährleistet. An diesen Bestimmungen wird mit dem Verkauf der Swisscom kein Komma geändert. Zur Grundversorgung gehört demnach der Telefondienst genauso wie der Zugang zum Internet. Weiter ist sichergestellt, dass der Umfang der Grundversorgung regelmässig den Bedürfnissen von Gesellschaft und Wirtschaft und dem Stand der Technik angepasst wird.
Die Grundversorgung wird heute bekanntlich durch die Swisscom erbracht. Die entsprechende Konzession ist bis Ende 2007 befristet und wird anschliessend neu ausgeschrieben. Auch andere, private Unternehmungen sind sehr interessiert, die Grundversorgung erbringen zu können. Das Interesse der Privaten beweist, dass auch die Erbringung von Grundversorgungsdienstleistungen wirtschaftlich attraktiv und daher gesichert ist.
5. Auswirkungen des Beschlusses
Für die Swisscom bedeuten die Beschlüsse des Bundesrates vorerst eine Einschränkung, weil sie im Ausland nicht so tätig werden kann wie sie es wünscht. Diese Einschränkung gilt selbstverständlich nur so lange, als der Bund Eigentümer ist. Nachher ist es Sache der neuen Eigentümer, eine Strategie festzulegen. Es ist daher wichtig, dass sich der Bund schnell von der Swisscom trennt.
Für den Bund bedeutet der Entscheid, dass er das unternehmerische Risiko nicht mehr tragen muss. Wir haben bei der Swissair gesehen, was es heisst, wenn man im Ausland Gesellschaften kauft, die unter der gleichen Schwäche leiden wie die eigene Gesellschaft. Ein Fall Swissair genügt. Dort besass der Bund nur 6%, bei der Swisscom sind es über 60%.
6. Schluss
Der Bundesrat hat seine Beschlüsse zur Verselbständigung der Swisscom nach reiflicher Überlegung gefasst. Er entspricht bewährten unternehmerischen Grundsätzen und der politischen Haltung, welche die SVP seit Jahren konsequent verfolgt. Nun gilt es, den Kampf im Parlament und im Hinblick auf die Volksabstimmung weiterzuführen.
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