Laudatio von Bundesrat Christoph Blocher an der Verleihung des SwissAward an Herrn Köbi Kuhn, 16. Juni 2007, Älggialp (OW)
Älggialp (OW). Bundesrat Christoph Blocher würdigt den Preisträger als Vorbild und Führungspersönlichkeit. Kuhn zeichne sich durch Bescheidenheit aus, die mit Schlauheit gepaart sei. Den Jugendlichen sei er nicht nur Vorbild, sondern auch Wegweiser
16.06.2007, Älggialp
Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.
Sehr geehrter Herr Preisträger Jakob Kuhn
Liebe Frau Alice Kuhn
Meine Damen und Herren
Herr Jakob Kuhn ist „Schweizer des Jahres 2006“ geworden: „Gut so. Er hat es verdient“, sage ich spontan – und das, obwohl ich Herrn Kuhn persönlich gar nicht kenne.
Vorbild
Ich muss Ihnen sagen, Herr Kuhn, es ist eine Ehre für mich, dass Sie mich als Laudator gewünscht haben, denn seit Jahren verfolge ich Sie im Stillen und aus der Ferne. Ich bewundere Sie, Herr Köbi Kuhn.
Ich habe ein Bild von Ihnen, Herr Kuhn, und ich glaube, in diesem Bild haben auch viele Schweizerinnen und Schweizer einen Menschen wieder erkannt, den man achtet, den man gerne hat und der ein Vorbild ist.
Ich will versuchen, diese Zuneigung vieler Menschen zu erklären: Nicht ein sog. „hochkarätiges Expertengremium“, wie es jeweils heisst, hat den Schweizer des Jahres gekürt, sondern die Bevölkerung. Entsprechend hoch ist diese Ehrung einzuschätzen.
Mensch und Bürger
Für Ihre Fussballverdienste dürfte nicht ich Sie, Jakob Kuhn, würdigen, weil ich ja erwiesenermassen nichts von Fussball verstehe und im Gegensatz zu vielen anderen auch zu meiner Unwissenheit stehe. Aber Ihre Leistung ist eben nicht nur eine sportliche, sondern geht weit darüber hinaus. Wir feiern heute eine hochstehende Persönlichkeit, als Mensch und Bürger dieses Landes. Eben ein Vorbild!
Demut
Warum ein Vorbild? Köbi Kuhn ist demütig. Demütig – nicht unbedingt gegenüber Menschen (und schon gar nicht gegenüber Menschen, die nicht bei der Sache sind), aber demütig gegenüber der Sache und das ist bei ihm nun einmal der Fussball.
Darum seine Bescheidenheit.
Wir Schweizer lieben die Bescheidenheit und die Bescheidenen, gerade weil unsere Bescheidenheit ein Stück weit auch Taktik ist (und was Taktik bedeutet, muss ich einem Fussballtrainer nicht erklären). Wir Schweizer leben gut davon, dass uns andere wegen unserer Bescheidenheit unterschätzen.
Aus Köbi Kuhns Augen blitzt immer die Schlauheit des Bescheidenen, der trotzdem weiss, was er kann – und vor allem weiss, was die Unbescheidenen nicht können.
Dazu gehört auch die Bodenhaftung von Köbi Kuhn. Gleichgültig, ob ihn die Medien in den Himmel schreiben oder in die Hölle verdammen: Er bleibt auf dem Boden.
Die Schweiz erinnert sich
Man muss sich in Erinnerung rufen, dass Köbi Kuhn in einer Zeit – es war 2001 – Trainer der Nationalmannschaft wurde, wo nicht nur die Börsenblase platzte, sondern auch ein paar andere Illusionen. Köbi Kuhn verkörperte diese Besinnung der Schweiz auf sich selber. Mit Köbi Kuhn entdeckte die Schweiz sich selber wieder und damit auch ihr Selbstbewusstsein.
Als man sich schon fragte, ob man so etwas wie ein schweizerisches Selbstbewusstsein überhaupt noch haben darf – haben Sie, Köbi Kuhn, und Ihre Mannschaft einen guten Teil dazu beigetragen, dass ein neuer, gesunder Patriotismus gefunden werden konnte. Nie habe ich auf den Strassen so viele junge Menschen mit Schweizerkreuzen gesehen wie während der Weltmeisterschaften 2006. Mit Stolz und Selbstbewusstsein haben sie sie getragen. Das ist wichtig, gerade in einer Zeit der Globalisierung. Herr Kuhn, Sie sind für viele junge Leute nicht nur Vorbild, sondern auch Wegweiser geworden.
Führungspersönlichkeit
Doch Köbi Kuhn ist auch eine Führungspersönlichkeit. Er weiss, wofür er arbeitet, er hat ein klares Ziel, er überträgt es auf seine Mannschaft. Er ist bereit, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und hinzustehen, auch wenn es schwierig und unbequem ist. Wahrlich nichts Alltägliches. Damit ist Köbi Kuhn ein Vorbild für alle Führungspersönlichkeiten in Wirtschaft, Politik und Armee!
Frau Alice Kuhn
Meine Damen und Herren
Wir feiern heute den „Schweizer des Jahres 2006“. Wir feiern Köbi Kuhn als starke Persönlichkeit. Aber das gleiche gilt auch für seine Frau Alice. Wie sagte es ein Spieler der Nationalmannschaft: „Sie ist der Coach hinter dem Trainer.“ Auch Sie, Frau Kuhn, kenne ich nur aus der Ferne! Doch das genügt, Sie in die Ehrung als „Schweizer des Jahres“ mit einzubeziehen!
Schlusswort
Lassen Sie mich mit einer kleinen Begebenheit schliessen: Als Köbi Kuhn die Schweizer Nationalmannschaft an der WM 2006 unter die besten sechzehn Teams der Welt führte, sass ich beim entscheidenden Spiel in meiner Berner Altstadtwohnung am Schreibtisch bei offenem Fenster. Es war ein warmer Sommerabend und ich musste arbeiten. Die Stadt war still. Die meisten Menschen sassen wohl gespannt vor dem Fernseher. Dann – das Spiel war zu Ende – hörte ich auf der Gasse ein Mädchen mit weinerlicher Stimme sagen: “Weisch, Grossätti, d’Schwyzer hei nid gwunne.“ Der Grossvater tröstete: „Weisch, das ghört derzue und freu Di, dass si e so wit cho si.“ Darauf das Mädchen: „Weisch, Grossätti, es isch mer meh wäge em Köbi Kuhn!“
Das sagt über Köbi Kuhn mehr als viele Worte. Ich gratuliere Ihnen von Herzen zu Ihrer Ehrung.
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