Die Schweiz hat ein existenzielles Problem!

Er hat das Debakel kommen sehen. Alt Bundesrat Christoph Blocher (67) fordert weiterhin: Zerschlagt endlich die Grossbanken!

Von Georges Wüthrich

Blick: Herr Blocher, Sie haben vorausgesagt, dass die Schweiz nicht aus dem Schnei­der kommt, wenn der Staat das Klumpenrisiko der Grossbanken nicht verringert.
Christoph Blocher:
Ja, leider …

Wie schlimm steht es um die UBS?
Die Lage ist für die Schweiz ernst. Aber die meisten Politiker verschliessen die Augen.

Wovor?
Vor dem schlimmsten Szenario, dass beide Grossbanken, die UBS und die CS, in ernsthafte Schwierigkeiten kommen.

Und das könnten wir nicht zulassen?
Nein, weil unsere Volkswirtschaft mit den Grossbanken steht und fällt. UBS und CS sind für die Schweiz zu gross.

Könnte der Staat beide Grossbanken überhaupt retten?
Nein, sie würden die Schweiz mitreissen. Unser Land ginge bankrott. Die Schweiz muss heute wegen den gigantischen Fehlern in den USA zahlen. Sie müsste dies auch bei der CS tun. Schauen Sie sich dieses Missverhältnis an: Die UBS be­schäftigt in den USA 40´000 von insgesamt 74´000 Mitarbeitern. Das ist doch ein ausgewachsenes Klumpenrisiko. Dafür kann die Schweiz gar nicht geradestehen. Unser Land wird auch erpressbar, das haben wir gerade gesehen.

Was kann man noch tun?
Der Ständerat muss jetzt dringend dem Nationalrat folgen und den Bundesrat zwingen, dass Schweizer Grossbanken ihre Auslandgeschäfte durch selbständige, voneinander unabhängige Tochtergesellschaften führen. Dann kann ein Fiasko der amerikanischen UBS die schweizerische Schwester nicht mehr mitreissen.

Müssen wir Steuerzahler also nochmal bezahlen?
Wir können in der jetzigen Kons­tellation bei weiteren Notlagen gar nicht anders, wenn wir nicht endlich handeln.

Wieso handelt der Bundesrat nicht von sich aus?
An seiner Stelle hätte ich dies schon längst getan. Er hört zu sehr auf die Interessen der Banken, die begreiflicherweise dagegen sind. Aber im Interesse der Schweiz muss der Bundesrat handeln.

Wie erklären Sie sich das?
Sie glauben, solche Unternehmen können gar nicht unter­gehen. Aber jede Firma kann untergehen. Deshalb müssen Regierung und Parlament handeln. Ich kenne keine Firma in der Schweiz, die 2000 Jahre alt ist. Die katholi­sche Kirche ist eine Ausnahme, aber die muss auch erst im ­Himmel die Bilanz offenlegen! (lacht).

Dann sind Sie mit Ihren ­früh­eren Kolleginnen und ­Kollegen gar nicht zufrieden?
Sie können sich trösten, alle Regierungen haben geschlafen. Aber dass der Bundesrat jetzt noch schläft, ist unverständlich. Die Schweiz hat ein existenzielles Problem.

Und Kaspar Villiger?
Der steht jetzt auf der anderen Seite. Sie kennen den Scherz: Der kürzeste Weg zwischen der UBS und der Staatskasse ist ein Villiger.

Bleibt am Schluss nur noch eine SVP-Volksinitiative?
Das ist für die Schweiz so zentral, dass wir eine Volksinitiative lancieren sollten, wenn Bundesrat und Parlament nicht handeln.

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