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Independence

27.11.2012

Das Beitrittsgesuch war folgerichtig

Artikel NZZ Online vom 27. November 2012 zum Thema 20 Jahre EWR/EU-Nein Interview mit Simon Gemperli Herr Blocher, wo stünde die Schweiz heute, wenn Volk und Stände am 6. Dezember 1992 für den EWR gestimmt hätten? Wir wären in der Europäischen Union. Die Schweizer hätten bemerkt, dass der EWR-Vertrag ein Kolonialvertrag ist, und darum hätte man sich wohl für die Integration entschieden. Was macht Sie so sicher? Es gibt Länder, die im EWR sind, aber nach zwei Jahrzehnten immer noch nicht in der EU. Neben dem Sonderfall Liechtenstein, mit dem wir uns nicht vergleichen können, ist es nur noch Norwegen, nachdem Island beschlossen hat, der EU beizutreten. Die Norweger sitzen in der Tinte. Ohne Referendum beschloss Norwegen den EWR, weil die Regierung dann in die EU wollte. Das kam dann vors Volk und wurde abgelehnt. Weil das Land vor allem von den Erdöleinnahmen lebt, ist dies nicht so tragisch, aber sehr unbefriedigend. All die anderen früheren Efta-Staaten sind unterdessen der EU beigetreten. Auch der Bundesrat wollte dies von Anfang an, weil er das Problem erkannte. Inwiefern? Der EWR ist ein Kolonialvertrag. Die EU bestimmt über ein fremdes Land, ohne dass dieses selbst bestimmen kann. Deshalb hat der Bundesrat in der Botschaft zum EWR auch geschrieben, der EWR sei nur die erste Etappe in Richtung EU. Bundesrat Delamuraz sagte, der EWR sei "le premier étage pour la maison de l'Europe". Bundesrat Ogi sprach, der EWR sei das Trainingslager für die EU. Ständerätin Spoerry erklärte, der EWR sei nur die Verlobung, aber nicht die Heirat. Wer verlobt sich, wenn er nicht heiraten will? Ursprünglich stellte Kommissionspräsident Jacques Delors einen EWR in Aussicht, in dem die Efta ein Vetorecht erhalten hätte. Hat die Schweiz schlecht verhandelt? Ich mache niemandem Vorwürfe. Die EU wollte nie wirklich eine Mitbestimmung für Drittstaaten. Die Schweiz hatte am Schluss die Wahl, den ausgehandelten Vertrag als einziges Land abzulehnen. Kommissionspräsident Delors sagte: Wenn eine der Regierungen nein stimmt, erhalten alle nichts. Wahrscheinlich konnte damals Bundesrat Delamuraz nicht anders an der entscheidenden Schlussverhandlung, als Ja zu sagen. Zu welchem Zeitpunkt ahnten Sie, dass Sie den Abstimmungskampf gewinnen würden? Ich habe bis zum Schluss gezweifelt. Wir haben einen sehr handgestrickten Abstimmungskampf gemacht. Am Anfang waren FDP-Nationalrat Otto Fischer, der Geschäftsführer der Auns, und ich praktisch allein. Die Inserate machten wir selber, ohne Werbebüro. Wie viel Geld haben Sie persönlich investiert? Ich habe eine Defizitgarantie von drei Millionen Franken eingebracht. Das war für mich viel Geld, aber die Schweiz war mir so viel wert. Den Betrag haben wir schliesslich nicht aufgebraucht, weil die Leute zu spenden begannen. Die Gegenseite gab schätzungsweise etwa dreimal mehr aus als wir. Was war denn matchentscheidend, wenn nicht das Geld? Unsere Stärke war, dass wir voll überzeugt waren, dass die Schweiz unabhängig bleiben muss. Otto Fischer und ich beschlossen, jeden Tag mindestens einen Vortrag zum EWR zu halten. Am Schluss waren das riesige Veranstaltungen. Die Gegner hatten das Herzblut nicht. In der Endphase gingen Manager von Grosskonzernen mit Spruchbändern auf den Bundesplatz. Das Bild war herrlich. Sie verneigten sich vor dem Volk. Aber es war nicht glaubwürdig. In der Westschweiz haben Sie verloren. Was lief dort schief? Die Westschweiz war unsere Schwäche. Wir hatten keinen welschen Vertreter mit Gewicht. Ich erinnere mich an eine Veranstaltung in der Universität Freiburg. Es gab Plakate mit der Aufschrift " C'est le diable qui vient". Sie waren von Studenten und von Professoren unterschrieben. Wäre die Westschweiz zu gewinnen gewesen mit einer breiteren Abstützung der SVP? Meine Partei hat am Anfang keine Rolle gespielt, auch in der Deutschschweiz nicht. Ich war anfänglich allein. Adolf Ogi war unendlich traurig, dass ich auf der gegnerischen Seite stand. In der welschen Schweiz war es noch schwieriger. Wir konnten den Leuten nicht erklären, dass der EWR ein Kolonialvertrag ist. Dieser Ausdruck stammt übrigens nicht von mir, sondern vom Staatsrechtler Daniel Thürer. Später nannte Thürer den EWR noch eine "legalisierte Hegemonie". Die Romands sprachen immer von der "Ouverture". Ich habe nichts gegen eine „Ouverture“. Aber ich bin gegen die Integration. Was haben die EWR-Befürworter falsch gemacht? Eigentlich wenig. Sie konnten froh sein, dass noch so viele für den EWR gestimmt haben. Wären wir von Anfang an besser organisiert gewesen, hätten wir ein noch besseres Ergebnis erreicht. Welche Rolle hat das Beitrittsgesuch gespielt? Das Beitrittsgesuch des Bundesrats war folgerichtig. Ein Skandal hingegen ist, dass das Gesuch trotz negativer Volksabstimmung nie zurückgezogen wurde. Der Bundesrat schrieb ja schon in der EWR-Botschaft 1992, der EWR sei nur eine Etappe auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft. Das Parlament wusste das und stimmte zu, weil alle in die EU wollten. Mit dem Gesuch stellte der Bundesrat Transparenz her. Jetzt sagen die Schlaumeier, der Bundesrat hätte warten sollen mit dem Gesuch bis nach der EWR-Abstimmung. Franz Steinegger beispielsweise wollte das so. Darum öffneten Otto Fischer und ich eine gute Flasche Wein – französischen übrigens – am 18. Mai. Wie feierten Sie den Abstimmungssieg? Es heisst, Sie hätten danach ein Burn-out gehabt. Dem sagt man heute vielleicht so. Ich war jedenfalls völlig erschöpft. An jenem Sonntagabend schleppte ich mich in ein Hotel in Oerlikon zu einer kleinen Pressekonferenz. Um 20 Uhr ging ich ins Bett, während meine Kollegen die Raketen steigen liessen. Bis im Frühjahr hielt ich durch. Dann zog ich mich für drei Wochen in ein einsames Jagdhaus in Österreich zurück, wo ich den ganzen Tag wanderte und selbst kochte. Als ich zurückfuhr – völlig gesund und bei Kräften – zeigte mir der Zöllner den Aushang des „Sonntags-Blick“: "Blocher mit Herzinfarkt in der Klinik." Ich lachte Tränen auf der Rückfahrt, denn das Plakat hing in jedem Dorf. Der Bundesrat hat der EU institutionelle Mechanismen für neue bilaterale Abkommen vorgeschlagen, bei denen die Schweizer Behörden immer eigenständig entscheiden und urteilen würden. Weshalb bekämpfen Sie dieses Verhandlungsangebot? Lesen Sie den Brief der Bundespräsidentin an EU-Kommissionpräsident Barroso. Auch die NZZ hat ihn ja veröffentlicht. Frau Widmer-Schlumpf braucht den Ausdruck "eine Art EWR". In diesen Fragen muss man unerbittlich sein. Wir können keine institutionellen Bindungen eingehen und eine EU-Gerichtsbarkeit akzeptieren. Sie formulieren das sehr absolut. Adolf Ogi sagt im Zusammenhang mit dem Beitrittsgesuch, in der Aussenpolitik müsse man stets flexibel sein und brauche immer einen Plan B. Vielleicht gibt es Umstände, wo man eine institutionelle Bindung eingehen muss. Wenn man bereits bei den Grundsätzen nachgibt, kann man keine Ausnahmen mehr machen. Wer den Rückzug plant, tritt ihn auch an, hat Clausewitz einmal gesagt. Der Bundesrat wird nachgeben. Und Economiesuisse macht wohl mit. Das wird gleich wie 1992. Pirmin Schwander hat nach der Abstimmungsniederlage über die Staatsvertrags-Initiative sein Amt als Auns-Präsident zur Verfügung gestellt. Wie geht es weiter mit dieser Organisation? Ich weiss es nicht. Von Beginn zu meiner Wahl in den Bundesrat war ich Auns-Präsident. Aber wenn ich einmal ein Amt abgegeben habe, mische ich mich nicht mehr ein. Die Auns ist aber eine wichtige Organisation. Würden Sie das Präsidentenamt wieder übernehmen? Nein. Das müssen jetzt die Jungen machen. Die Auns hat den Fehler gemacht, dass sie zu viel wollte und in die Breite ging. Wenn man eine Volksinitiative lanciert, muss man sie auch durchziehen können. Das ist leicht zu korrigieren. Wie steht es mit dem geplanten Komitee „gegen den schleichenden EU-Beitritt“? Haben Sie Mitglieder aus anderen Parteien gefunden. Ich bin bei diesem Komitee nicht federführend, ich hatte nur die Idee dazu lanciert. Es ist jetzt in Gründung begriffen  und konzentriert sich auf die Zielsetzung, den direkten wie auch den indirekten EU-Beitritt zu verhindern. Der EU-Beitritt ist zurzeit kein Thema, aber ein Motiv ist er bestimmt. Wir wollen auch keinen EU-Beitritt auf Samtpfoten. Es scheint ein Problem zu geben, Mitglieder zu finden, die nicht der SVP angehören. Ich weiss nicht. Aber das würde ja heissen, dass alle FDP- und CVP-Mitglieder in die EU wollen – zumindest heimlich. Die SVP steht in diesem Komitee am Rand. Wenn es halt keine anderen gibt, sagt ja dies auch etwas. Ist das Komitee am EWR-Gedenkanlass vom 2. Dezember in Biel beteiligt, wo Sie als Redner auftreten? Nein, nein. Meines Wissens ist es gar noch nicht gegründet. Übrigens wollten mehrere Jungfreisinnige als Redner an dieser Gedenkfeier auftreten. Ich bedaure, dass sie alle von der Partei zurückgebunden wurden. Jetzt erhalten die Redner aus allen Landesteilen das Wort. Neben mir ein parteiloser Welscher Professor und eine junge Tessiner SVP-Grossrätin.      

25.11.2012

20 Jahre nach dem Nein der Schweiz zum EWR (I)

Artikel in der Sonntagsausgabe der Südostschweiz am 25. November 2012 mit Urs Zurlinden Herr Blocher, Sie sind soeben aus Indien zurück gekommen. Wie war’s? Christoph Blocher: Interessant! Indien hat sich in den letzten 20 Jahren enorm entwickelt, ist aber trotzdem noch zurück geblieben. In Indien leben die dritte und die erste Welt nebeneinander. Indien gehört zusammen mit China wirtschaftlich zu den neuen Weltmächten. Was machen die Inder besser als die Europäer? Bis vor zwanzig Jahren herrschte dort ein sozialistisches Regime, seither mehr oder weniger freie Marktwirtschaft. Wird ein Land mit derart tiefen Löhnen in die Marktwirtschaft entlassen, dann ist klar: Die haben bessere Preise! Das war mit Japan so und mit China. Dann hat sich Indien auf die Elektronik spezialisiert, auf Software-Firmen –sehr erfolgreich. Europa hingegen steckt in der Krise. Das freut den EU-Gegner der ersten Stunde? Keineswegs. Wirtschaftlich ist die EU für die Schweiz wichtig. Dass die EU eine intellektuelle Fehlkonstruktion ist, wusste ich schon lange, aber dass sie derart grossen Unsinn macht, hätte ich nie gedacht. Welches ist denn der gröbste Fehler in dieser EU-Konstruktion? Zu glauben, man könne Europa stark machen, indem man möglichst viel gleich regelt. In Europa hat jedes Land eine andere Geschichte: Europa heisst Staaten mit ihren besonderen Charakteren, mit ihren Eigenheiten und ihrer Geschichte. Die kann man nicht künstlich zusammen binden: Ein Italiener erfüllt die EU-Verträge anders als ein Deutscher und denkt anders als ein Schwede. Und ein Grieche hat eine andere Steuermoral als alle anderen; dahinter steckt eine ganz andere Mentalität, und deshalb sollte man die Staaten mehr machen lassen. Die Griechen kämen aus dem Sumpf heraus, wenn sie den Drachme noch hätten! Am kommenden Sonntag feiern Sie den 20. Jahrestag des EWR-Neins vom 6. Dezember 1992. Sind Sie noch stolz auf diesen Pyrrhus-Sieg? Das war weder ein Pyrrhus-Sieg – noch ein anderer. Aber mit allergrösster Dankbarkeit werden wir uns am 2. Dezember um 14.00 Uhr in Biel mit allen, die da kommen wollen, dankbar erinnern, dass das Schweizer Volk vor 20 Jahren einen ausserordentlich weisen Entscheid getroffen hat: Die Schweiz bleibt eigenständig. Der Segen dieses Entscheides ist jetzt greifbar: Wir haben Vollbeschäftigung - drüben in der EU hingegen Arbeitslosigkeit, bis zu 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit! Das hängt alles mit der Fehlkonstruktion zusammen. Die Spanier hätten nie solche Dummheiten machen können, wenn man ihnen nicht den Euro gegeben hätte. Jetzt kommt die Quittung: Alle drängen in die Schweiz, um hier zu arbeiten. Nicht weil wir bessere Politiker haben, sondern weil wir eine bessere staatliche Verfassung haben. Das ginge kaputt, wenn wir in der EU wären. Es geht aber am 2. Dezember in Biel vor allem darum, den Weg der Schweiz in die Zukunft aufzuzeigen. Nach Ihrer Rede werden Sie das Beresina-Lied anstimmen. Was hat denn die Niederlage Napoleons vor 200 Jahren mit dem EWR-Nein zu tun? Sehr viel! Im Jahr 1812 war die Schweiz letztmals unter einer fremden Macht. Napoleon versprach bei seinem Einmarsch Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Letztlich hat der dann aber den Berner Goldschatz gestohlen und die Schweiz verpflichtet, für den russischen Feldzug 12 000 Soldaten zu stellen – 300 sind übrig geblieben. Im Morgengrauen des 28. Novembers, kurz vor der Schlacht an der Beresina, stimmte der Glarner Oberleutnant Thomas Legler dann das Lied „Nachtreise“ an und die Schweizer Soldaten stimmten in den Gesang mit ein. Das Beresina-Lied ist ein Mahnmal: Wenn eine fremde Macht bestimmt, kommt es nie gut heraus! Ihr Schloss Rhäzüns war einst im persönlichen Besitz von Napoleon. Fühlen Sie sich als sein Nachfolger? Napoleon hat immer wert darauf gelegt, dass es ihm persönlich gehöre. Er besass es fünf Jahre lang, dann ist es 1814 wieder an Habsburg zurück gefallen. Es ist Zeit, dass das Schloss in Schweizer Händen ist. Sehen Sie Parallelen zwischen Napoleons Europa-Vision und der EU? Insofern, dass auch Napoleon eine Grossmacht anstrebte. Das ist eine alte Idee: Schon Karl der Grosse und die Habsburger wollten ein Grossreich, später Hitler. Geglückt ist es nie! Die EU-Mitgliedsländer sind unsere wichtigsten Wirtschaftspartner. Sollen wir auf den europäischen Binnenmarkt verzichten? Wir haben den Marktzugang. Ems exportiert 96 Prozent ins Ausland, davon etwa zwei Drittel in die EU. Wir haben doch diesen Binnenmarkt! Sagen Sie mir, was der Schweiz für den Binnenmarkt fehlt? Die gleichen Rechte und Gesetze. Dieser bürokratische Mist soll einen Binnenmarkt geben? Wollen Sie wie in der EU diese hohen Sozialabgaben, diese vielen Nebenkosten und die 15 Prozent Mehrwertsteuer? Wollen Sie die vielen Arbeitslosen? Wollen Sie, dass die Reichen mit 75 Prozent besteuert werden, sodass sie ausziehen. Anstatt die guten Kühe zu melken, werden sie zu Tode geschlagen. Das ist unschweizerisch! Und: In der EU gibt es keine direkte Demokratie! Haben Sie denn kein Verständnis dafür, dass die Schweiz nicht nur profitieren, sondern auch in ganz Europa geltendes Recht übernehmen soll? Nein, dafür habe ich tatsächlich kein Verständnis. Wer bestimmt denn, was richtiges Recht sein soll? Es heisst: Jeder Staat hat das Selbstbestimmungsrecht. Kolonien wurden abgeschafft. Jetzt soll das nur noch für die afrikanischen Staaten gelten und für die Schweiz nicht. Dafür habe ich kein Verständnis! Der Bundesrat hat im Sommer Vorschläge gemacht, wie die Schweiz künftig neues EU-Recht übernehmen könnte. Von fremden Richtern im eigenen Land ist nicht die Rede? Lesen Sie den Brief der Bundespräsidentin an die EU vom 15. August genau. Sie schreibt darin ausdrücklich, sie könne sich eine Art EWR vorstellen. Das heisst: Wir übernehmen fremdes Recht. Und: Wir könnten die Gerichtsbarkeit der EU einfliessen lassen mit einer Aufsichtsbehörde etc. Die EU fordert klar die Übernahme der Gerichtsbarkeit – und der Bundesrat wird nachgeben! Sie warnen vor einem „schleichenden EU-Beitritt“ und polemisieren: „Schweizervolk erwache!“ Wie einst Winkelried? Was ist an einem Aufruf polemisch? Heute sagen alle, der EU-Beitritt sei weit weg. Es stimmt: 80 Prozent der Schweizer wollen nicht in die EU. Aber in Bern ist es umgekehrt: Von Bundesrat und Parlament wollen 80 Prozent in die EU, auch wenn sie das Gegenteil sagen. Der schleichende EU-Beitritt auf sanften Pfoten ist das Gefährliche. Das will die EU mit einer „institutionellen Bindung“ und „Angleichung der Gerichtsbarkeit“ erreichen. Das sind schöne Worte – ist aber letztlich nichts als salonfähige Verlogenheit! Sind Sie nicht langsam müde, immer wieder gegen die Windmühle EU anzukämpfen? Doch, ich bin schon lange müde, muss aber immer wieder. Ich selber würde endlich vom Irrweg der EU Abschied nehmen. Ihr Sieg bei der EWR-Abstimmung vor 20 Jahren war der Durchbruch einer ideologisch erneuerten SVP. Nun erlebt Ihre Partei eine Baisse? Das ist ein Wunschdenken. Die SVP ist die weitaus stärkste Partei. Aktuell muss sich die SVP aber um peinliche Personalien kümmern. Sehen Sie Christoph Mörgeli als Uni-Rektor? Er wäre ein hervorragender Mann für diesen Posten – eine von ideologischen Scheuklappen befreite Persönlichkeit. Wie Herr Mörgeli weg gemobbt wurde, ist eine Gefährdung der Lehr- und Lernfreiheit. Mörgeli hatte während 20 Jahren hervorragende Qualifikationen, dann hat man ihm einen linken Historiker vor die Nase gesetzt – worauf er plötzlich als ungenügend bezeichnet wurde. Soeben flatterte ein „Extrablatt“ der SVP in alle Haushalte. Haben Sie diese PR-Offensive finanziert? Wir nehmen zur Finanzierung unserer Aktionen nie Stellung. Aber Sie müssen keine Angst haben: Die Rechnungen werden bezahlt.... Parteipräsident Toni Brunner lamentiert darin über die Medien in der Schweiz. Hat er Ihre „Basler Zeitung“ nicht abonniert? Das weiss ich nicht. Die „Basler Zeitung“ gehört ja nicht mir, ich helfe nur enorm mit, damit sie eine unabhängige Zeitung ausserhalb des Medienmainstreams bleibt. Toni Brunner beklagt zu Recht, dass der Mainstream und die Journalisten zu 90 Prozent gegen die SVP sind. Das hat er nicht erfunden – das ist Alltag! Sie haben der BaZ die Immobilien für 65 Millionen Franken abgekauft. War das nötig fürs Überleben? Die Basler Zeitung ist ein Konzern, in dem die Zeitung nur ein kleiner Teil ist. Mit dem Kauf der Grundstücke ist die Basler Zeitung jetzt schuldenfrei. Das Ziel ist, eine Basler Zeitung nackt zu haben. Ein Sorgenkind ist nach wie vor die Druckerei. Was haben Sie vor? Die Druckerei muss entweder ausgelastet sein, oder sie muss geschlossen werden. Es gibt keine andere Möglichkeit. Darüber werden wir im nächsten Jahr entscheiden müssen. Im Moment ist ganz schlecht ausgelastet. ...also droht eine Schliessung.... ...oder sie wird bis dann ausgelastet und rentabel... ....was doch unwahrscheinlich ist. Das möchte ich nicht sagen. Aber es ist so: Es gibt in der Schweiz viel zu grosse Druckkapazitäten. Die Zeitung verliert permanent und in grossem Umfang Leser. Wie geht es weiter mit der BaZ? Leser nicht, aber Abonnenten – das ist ein Unterschied. Basel ist ja eine linke Stadt mit sehr vielen intoleranten Leuten. Die BaZ wird überleben. Aber sie hat verloren, das stimmt, wie übrigens andere Blätter auch. Wie lange stehen Sie noch hinter Chefredaktor Markus Somm? Hinter einem derart guten Mann muss niemand stehen – der steht von selbst! BaZ-Verleger Filippo Leutenegger musste sein Büro in Basel räumen. Wurde er abserviert? Das ist dummes Geschreibe! Filippo Leutenegger ist Präsident des Verwaltungsrates und musste auch noch CEO sein. Nun hat man einen CEO, also hat er die operative Führung aufgegeben. Er ist und bleibt VR-Präsident und kann die operativen Aufgaben endlich abgeben. Neuer starker Mann in Basel ist der ehemalige Tamedia-Manager Rolf Bollmann. Ein kluger Schachzug? Er ist ein sehr guter Mann, und ich freue mich, dass der Verwaltungsrat ihn geholt hat. Bollmann bleibt aber mit Tamedia verbandelt – und die BaZ gibt schon das „Magazin“ heraus. Ist eine noch engere Zusammenarbeit geplant? Nein. Herr Bollmann soll bei gewissen Regionalzeitungen von Tamedia im Verwaltungsrat bleiben. Was stört das die BaZ? Gerüchte halten sich, wonach die BaZ ihre Sonntagsausgabe wieder aufgibt und dafür die SonntagsZeitung anbietet. Davon weiss ich nichts. Wie schätzen Sie generell die Lage in der Medienbranche ein? Die Frage ist, ob die Leute auch in Zukunft noch Zeitungen lesen. Das hängt mit dem Internet zusammen, wobei ich glaube, dieser Internet-Boom sei eine vorübergehende Sache. Leute, die sich richtig informieren wollen, die lesen Zeitungen. Wird es also in fünf Jahren noch sorgfältig gemachte Printmedien wie eine „Südostschweiz“ geben? Die Regionalzeitungen haben grössere Chancen zu überleben, denn das Lokale ist weniger bedroht vom Internet und vom Fernsehen. Gute Zeitungen wie eine „Weltwoche“, die jede Woche gut recherchierte Artikel anbietet, werden sicher eine Zukunft haben. Bio-Box Christoph Blocher... ...wurde am 11. Oktober 1940 geboren und ist in Laufen-Uhwiesen (ZH) aufgewachsen. Nach der Ausbildung zum Landwirt holte er die Matur nach und schloss sein Jus-Studium in Zürich, Montpellier und Paris 1971 mit dem Doktorat ab. Von 1969 bis 2003 arbeitete er in der Ems-Chemie, ab 1972 als VR-Delegierter, 1983 übernahm er die Aktienmehrheit. Seine politischen Stationen waren: Gemeinderat Meilen (1974-1978), Kantonsrat Zürich (1975-1980), Präsident SVP Zürich (1977-2003), Nationalrat (1979-2003), Bundesrat (2004-2007) und seit 2011 wieder Nationalrat. Christoph Blocher ist verheiratet, Vater von vier erwachsenen Kindern, Grossvater von acht Enkeln, wohnt in Herrliberg und besitzt die wohl grösste Sammlung von Bildern von Albert Anker. (uz)

25.11.2012

Keine Fahnenflucht

Artikel SonntagsZeitung vom 25. November 2012 von Reza Rafi zum Thema 20 Jahre EWR/EU-Nein

23.09.2012

Die Fakultäten sind links unterwandert

Interview in der SonntagsZeitung vom 23. September 2012 mit Herrn Martin Spieler

26.08.2012

Natürlich sind Zweifel da

Interview in der NZZ am Sonntag vom 26. August 2012 mit Herr Daniel Friedli Die Beschaffung der neuen Kampfjets gibt weiter zu reden. Was sagen Sie dazu? Das ist doch selbstverständlich. Ich nehme zur Kenntnis, dass die kritische Kommission, die Beschaffung des Gripen trotz grosser Risiken nicht ausschliesst. Jetzt muss man warten mit dem Entscheid bis die Vorlage kommt. Die Kommission schreibt, es gebe grosse technische, finanzielle und politische Risiken. Ist ein Kauf unter diesen Umständen zu verantworten? Eine solche Beschaffung ist stets mit technischen, finanziellen und politischen Risiken verbunden. Ob sie tragbar sind, wird die Botschaft zeigen. Der Bundesrat hat dies darzulegen. Können die Schweden wirklich liefern? Wann ist der Jet fertig entwickelt? Welche Garantien bekommen wir? Und so weiter. Gestützt auf die Botschaft des Bundesrates wird dann zu entscheiden sein, ob die Risiken tragbar sind. Sind diese tragbar, können wir den Gripen kaufen. Wenn nicht, ist eine Alternative zu wählen. Wie schätzen Sie denn die Situation ein? Natürlich sind Zweifel da. Das ist auch gut so, denn nun kann offen debattiert werden. Wir müssen die Nerven haben, das Ende der Verhandlungen abzuwarten. Die Linke ist gegen die Armee also sind ihre Motive bei der Ablehnung des Gripen nicht zu beachten! Wer keinen Luftschirm will, kann den Jet nicht auswählen. Wir bitten auch nicht Vegetarier zu bestimmen, welches Fleisch wir essen sollen. Ist es nicht vielmehr so, dass Sie gute Miene zum risikoreichen Spiel machen müssen, weil SVP-Bundesrat Ueli Maurer dafür verantwortlich ist? Nein. Wenn es notwendig ist, tritt die SVP auch gegen eigene Bundesräte an, das haben wir zur Genüge bewiesen. Die SVP-Fraktion hat auch noch keinen Entscheid getroffen. Bis jetzt gibt es keinen Grund, das Verfahren abzubrechen. Trotzdem bleibt der Eindruck, es wurde gemurkst, getrickst und gar gelogen, damit die Wahl auf den Gripen fallen konnte. Ich erlebe nun schon die vierte Flugzeugbeschaffung, und auch diese läuft nach gewohntem Drehbuch. Es wird lobbyiert, gekämpft, verdächtigt, verunglimpft und skandalisiert. Letztlich ist es aber, wie wenn eine Familie ein neues Auto kauft: Alle streiten und reden mit, bis der Vater einmal sagt: «Wir können uns keinen Rolls-Royce leisten, wir nehmen den Kleinwagen.» Gäbe es keine finanziellen Schranken, würde die Schweiz wohl nicht den Gripen beschaffen. Denn dieser ist von der Leistung her den Konkurrenten unterlegen. Wir kaufen aber nicht das Beste, sondern das Mögliche. Und selbst die Verantwortlichen der Luftwaffe erklären, der Gripen genüge den Ansprüchen der schweizerischen Landesverteidigung. Allerdings nur mit Vorbehalten Vorbehalte gibt es immer. Selbstverständlich möchte die Luftwaffe lieber den besten, d.h. aber auch den teuersten. Ist es aus militärpolitischen Gründen besser, mit Schweden zusammenzuarbeiten als mit Frankreich oder Deutschland? Als kleines, neutrales Land hat Schweden auch seine Vorteile. Dennoch hat der Bundesrat eine grosse Chance vertan. Er hätte die Beschaffung mit anderen strittigen Fragen verknüpfen müssen. Es ist unverständlich, dass die Schweiz z.B. mit Deutschland ein Steuerabkommen und einen Luftverkehrs-Staatsvertrag aushandelt, ohne die Jet-Beschaffung mit dem Eurofighter in die Waagschale zu werfen. Der Bundesrat hätte auch schauen müssen, dass die USA mit ihren F/A-18 im Offertverfahren bleiben. Wäre man mit USA oder Deutschland einig geworden, dann wäre wohl im leidigen Bankenstreit, Steuerstreit, Flughafen etc. viel herauszuholen gewesen. International richtig Verhandeln heisst immer verknüpfen, verknüpfen, verknüpfen....