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Personal

13.03.2002

«Bei mir zählt allein der Erfolg»

Interview mit der HandelsZeitung vom 13. März 2002 Christoph Blocher - Nach der Niederlage in der Uno-Abstimmung widmet sich der Politiker wieder vermehrt seinem Unternehmen. Und dort ist seine Nachfolgeplanung weit fortgeschritten. Seine vier Kinder stehen in den Startlöchern. Volkstribun Blocher äussert sich zur Zukunft seiner Firma Ems, hohen Managerlöhnen und Swiss. Interview: Mélanie Rietmann und Reto Schlatter Herr Blocher, haben Sie mit einer Niederlage bei der UNO-Abstimmung gerechnet? Christoph Blocher: Es ist weniger schlecht herausgekommen, als ich in den letzten Monaten befürchtet habe. Aber wir haben verloren, das ist betrüblich. Das heisst, die Schweiz hat verloren, weil die Schweiz geschwächt wird durch diesen Entscheid. Sind Sie daran, Ihre Nachfolge bei der Ems Chemie zu planen? Blocher: Ja natürlich. Meine älteste Tochter ist seit letztem Jahr im Verwaltungsrat; sie übernimmt bereits einen Teil der strategischen Planung. Der Sohn hat Chemie studiert und vor zwei Jahren abgeschlossen; zurzeit arbeitet er bei McKinsey. Die zweitälteste Tochter ist ebenfalls industriell tätig, sie leitet die Abteilung Forschung und Entwicklung und die Produktion der Zeltlifabrik Zile bei Aarau. Und die jüngste ist gerade am Abschluss in St.Gallen. Beste Voraussetzungen, dass die Ems in der Familie bleibt. Blocher: Ich will, dass alle Kinder zuerst Karriere ausserhalb der Ems machen. Sobald ich merke, dass sie die Fähigkeiten zu einer Führungsaufgabe besitzen, werde ich kürzer treten. Es muss niemand ins Unternehmen eintreten; es kommt aber auch niemand in Frage, der die Fähigkeiten dazu nicht hat. Wie lange wollen Sie noch CEO der Ems bleiben? Blocher: Bis eine Nachfolge Fuss fasst. In den nächsten Jahren dürfte dies der Fall sein. In der Öffentlichkeit sind Sie ja primär nicht als Unternehmer bekannt, sondern als Politiker. Wie viel Prozent Ihrer Arbeitszeit widmen Sie sich Ihren Unternehmen und wie viel der Politik? Blocher: Ein Drittel widme ich der Politik, zwei Drittel dem Unternehmen. Besteht nicht die Gefahr der Verzettelung? Blocher: Wenn ich in der Firma bin, habe ich immer das Gefühl, dass ich in der Politik etwas verbessern müsste. Und wenn ich mich in der Politik engagiere, denke ich, dass ich zurück ins Unternehmen sollte. Meine Stärke liegt in der Kombination von Unternehmer und Politiker. Ohne diese Kombination verliere ich meine politische Wirksamkeit. Deshalb nehme ich mich politisch auch nur zwei grossen Themen an, der Selbstbestimmung unseres Landes und der Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik. Setzen Sie auch als Unternehmer Schwerpunkte? Blocher: Ja, wie in der Politik. Wenn ich immer in der Unternehmung wäre, würde ich meine Direktoren mit all meinen Impulsen überfordern. Oder Ihnen auf den Wecker gehen ... Blocher: Das vielleicht auch. Ich bin mir bewusst, dass beides - Politik und Geschäft - eines Tages nicht mehr möglich sein wird. Dann müsste ich mich aus der Politik zurückziehen. Wie das Nationalrat Walter Frey im vergangenen Jahr getan hat. Blocher: Das könnte mir auch passieren. Aber zurzeit sieht es nicht so aus. Einer, der so viel abwesend ist im Unternehmen wie Sie, muss mit langer Leine führen. Blocher: Ja, eindeutig. Ich habe das Unternehmen in selbstständige Profitcenters gegliedert. Mit den Chefs dieser Profitcenters erarbeite ich die kurz- und langfristige Strategie und kontrolliere monatlich. Wenn einer operativ sehr gut arbeitet, sehe ich ihn während des Jahres selten. Für diese Aufgabe braucht es Leute, die bereit sind, die Chancen und Risiken eines Unternehmers selber zu tragen. Sie haben darum auch kleine Löhne und eine hohe Gewinnbeteiligung. Das heisst, Ihre Manager haben 2001 deutlich weniger verdient. Blocher: Ja, das ist klar. Die Details legen wir im April fest, wenn wir die genauen Zahlen kennen. Wenn die Ziele nicht erreicht werden, gibt es keinen Bonus. Wie hoch ist der Lohn Ihrer Topmanager? Blocher: Er liegt zwischen 200'000 und 250'000 Fr., je nach Grösse des Bereiches. Bei einem guten Geschäftsverlauf kann ein Manager dieses Salär verdreifachen. Und wie viel verdient der Chef? Blocher: Seit einigen Jahren liegt mein Jahresgehalt bei 350'000 Fr. Dieser Betrag lässt sich aber nicht vergleichen mit den Löhnen anderer Manager, weil mir ja zwei Drittel der Unternehmung und damit des Gewinns gehören. Das ergibt 120 Mio Fr. fürs Jahr 2001. Blocher: Das ist so, diese gehören mir; auch wenn ich sie in der Unternehmung lasse. Das Gleiche gilt bei einem Verlust. Das macht den Unterschied zwischen einem Manager und einem Unternehmer aus. Darf ein Verwaltungsrat in einem Jahr 1 Mio Fr. verdienen? Blocher: Von mir aus auch viel mehr. Es kommt drauf an, was er bringt. Einer, der nur an vier Sitzungen im Jahr teilnimmt, der wird es nicht bringen. Deshalb habe ich in meinem Unternehmen nur vollamtliche Verwaltungsräte. Wenn die Entscheide des Verwaltungsrates dazu führen, dass die Firma 100 bis 200 Mio Fr. mehr einnimmt, dann darf der VR auch mehr als 1 Mio Fr. verdienen. An den Millionengehältern der Manager stören sich viele Leute; auch solche von der SVP. Blocher: Wissen Sie, mir geht es nicht um die Höhe der Gehälter, sondern darum, dass der Erfolg und die Leistung honoriert werden. Deshalb muss auch der Misserfolg berücksichtigt werden. Ein Manager, der die Leistung nicht bringt, muss weniger ver- dienen oder entlassen werden. Es zählt allein der Erfolg. Bei der Pharma-Vision verdienten Sie als VR-Präsident zu den besten Zeiten 4 Mio Fr., obwohl die Performance hinter dem Pharmaindex herhinkte. Blocher: Die Pharma Vision hat das System zur Salarierung genau festgelegt. Die Zielvorgabe war, 6% Performance pro Jahr zu erreichen. Effektiv erzielten wir auch einmal 30% und mehr. Unter 6% gab es keine Entschädigung. Allerdings mussten die Verwal- tungsräte zuerst 140 Mio Fr. investieren. Kein Erfolg für die Aktionäre - keine Entschädigung für die Verwaltungsräte. Nur haben Sie dafür gar nichts gemacht. Blocher: Doch, wir haben die Beteiligung richtig gewählt. Der Unternehmer hat Erfolg oder Misserfolg, unabhängig seiner Betriebsamkeit. Wenn die Ziele klar definiert sind, interessieren nicht die Gründe, warum etwas so herausgekommen ist. Es hilft nichts, sich auf den 11. September zu berufen. Der Ausschuss der Zulassungskommission der Börse schlägt vor, dass börsenkotierte Unternehmen die Bezüge von VR und Management pauschal offen legen müssen. Genügt Ihnen das? Blocher: Nein, dieser Vorschlag ist wertlos. Pauschale Beträge für einen Verwaltungsrat bringen die erforderliche Transparenz nicht. Für die Wahl des Verwaltungsrates durch die Aktionäre hilft dies nicht weiter. Wie sieht es mit der Transparenz beim Management aus? Blocher: Für die Geschäftsleitung braucht es ebenfalls Transparenz. Vertretbar wäre, nur den Lohn des CEO offen zu legen und den Rest pauschal. Warum soll der Staat der Privatwirtschaft in dieser Frage dreinreden? Blocher: Es gehört zu den primären Aufgaben des Staates, das Privateigentum zu schützen. Bei den grossen Publikumsgesellschaften ist das Eigentum des Aktionärs nicht mehr geschützt. Der Verwaltungsrat kann sich aus der Firmenkasse bedienen, ohne dass die Eigentümer etwas davon merken. Deshalb genügen in dieser Frage nicht Richtlinien. Es muss im rechtlich verbindlichen Börsenkotierungsreglement oder im Börsengesetz festgeschrieben sein, dass dies offen gelegt wird, dann kann sich der Eigentümer schützen. Bei der Aktienrechtsrevision waren Sie noch gegen diese Offenlegung. Blocher: Damals war es noch kein Problem. Heute ist es eines. Passen Doppelmandate von VR-Präsident und CEO zu Ihrem Verständnis von Corporate Governance? Blocher: Damit habe ich keine Mühe. Es entspricht dem klassischen Unternehmer, der Eigentümer und Manager ist. Das ist bei grossen Firmen wie Novartis, CS oder Ciba nicht der Fall. Blocher: Bei den grossen Firmen ist das Kontrollsystem bei einem Doppelmandat tatsächlich zu klein. Die Kontrolle ist bei einer personellen Trennung sicher besser. Aber wichtiger als diese Frage ist jene der Transparenz. Wer kontrolliert eigentlich Sie in Ihrem Unternehmen? Blocher: Neben einem starken Controlling und einem internen Rechnungswesen habe ich Schutzvorschriften für mich eingeführt. Ich habe in keiner meiner Firmen Einzelunterschrift. Aber ganz gefeit ist man natürlich nicht. Kriminelle Dinge oder unvernünftige Entscheide sind nie ausgeschlossen. Mit welcher Airline fliegen Sie ab April ins Ausland? Blocher: Ich nehme jene, die mich am besten und am günstigsten an den gewünschten Ort bringt. In Europa interessant ist die neue Easy-Jet. Früher nahm ich auch Swissair, heute Crossair, aber auch British Airways oder Lufthansa. Ich habe ein unverkrampftes Verhältnis zu den Fluggesellschaften. Auch zur Swiss? Blocher: Mir passt nicht, dass ich mit einer staatlichen Gesellschaft fliegen muss. Aber ich fliege damit, weil der Steuerzahler dann weniger bezahlen muss.

04.03.2002

Es gibt nur noch zwei Parteien

Christoph Blocher - der Matador des Nein - gibt sich nicht als geschlagener Mann Interview mit dem «Bund» vom 4. März 2002 Interview: Johann Aeschlimann Am 10. Juni, nach der Abstimmung über das Militärgesetz, sprachen Sie von einem Zufallsmehr. Heute wieder? Christoph Blocher: In Bezug auf die Kantone sicher. Wenn ein paar hundert Walliser oder zwei-, dreitausend Luzerner anders gestimmt hätten, wäre das Ergebnis ein ganz anderes. Aber es ist entschieden. Da kann man nichts machen. Haben Sie Fehler begangen? Blocher: Mit unseren begrenzten personellen und finanziellen Mitteln konnten wir nicht mehr machen. Ganz schlecht war sicher, dass ein Teil der SVP-Vertreter sich von der anderen Seite missbrauchen liess und dieser quasi als Aushängeschild diente. Wäre das nicht gewesen, bin ich überzeugt, dass wir gewonnen hätten. Sie denken an den Aargauer Ständerat Reimann? Blocher: Reimann, auch Nationalrat Siegrist oder im Kanton Zürich Nationalrätin Fehr. Dann die Berner und Bündner SVP, die die Ja-Parole ausgaben. Darüber muss man innerhalb der Partei sicher über die Bücher gehen. Sprechen Sie einem SVP-Mitglied das Recht ab, für ein Ja einzutreten? Blocher: Wenn ich in einer Partei eine ganz andere Meinung habe als die Partei, dann stelle ich mich nicht öffentlich vorne hin. Und wenn man in allen wichtigen Fragen eine ganz andere Meinung hat, müsste man eigentlich die Partei wechseln. Nationalrat Ulrich Siegrist? Blocher: Der ist zu wenig lange dabei, aber das ist sicher jemand. Oder Frau Fehr im Kanton Zürich. Wir können uns nicht mit dem Aufruf wählen lassen, man solle unsere Partei wählen, weil sie klar für dieses oder jenes eintritt, und dann ganz etwas anderes tun. Es gab ein Ja zu den Militäreinsätzen, jetzt ein Ja zur Uno. Hat sich die Schweiz verändert? Wird sie es? Blocher: Es ist das erste Mal, dass die SVP allein, und nicht einmal geschlossen, antreten musste und fast die Hälfte der Kantone auf ihre Seite brachte. Sehen Sie, es gibt in der Schweiz praktisch nur noch zwei Parteien, die SVP und die andern. In den wichtigen Fragen ist es so. Nach dem heutigen Resultat muss man vielleicht die Schlussfolgerung ziehen, dass man allein zu schwach ist, wenn die Hochfinanz - sie hat die Ja-Kampagne finanziert - sich mit allen anderen zusammentut. Aber wir sehen ja in andern Bereichen, in denen wir Niederlagen erlitten haben, wie eklatant wir Recht erhalten. Beim Krankenversicherungsgesetz, beim Schwerverkehr... Wo werden Sie nach dem Uno-Beitritt recht erhalten? Blocher: Erstens werden Sie sehen, dass wir die 75 Millionen Franken bei den Kosten nicht halten werden können. Mit den neuesten BIP-Zahlen macht es bereits 89 Millionen aus. Zweitens die Neutralität. CNN strahlt dieser Tage aus, wenn die Schweiz der Uno beitrete, werde sie nicht mehr als neutral betrachtet. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich bereits in den nächsten Tagen die langfristigen Zinssätze zu versteifen beginnen, weil das Land nicht mehr ein Sonderfall sein will. Bereits in den nächsten Wochen erwarte ich einen grossen Druck von der EU und von Amerika auf die Schweiz in Sachen Bankgeheimnis und Zinsbesteuerung. Das spüre ich. Der Bundesrat sagt, die Schweiz bleibe gleich neutral. Blocher: Ich nehme ihn beim Wort. Im Hinblick auf die Wahlen 2003 wird es die Auseinandersetzung zwischen der SVP und der Partei der andern geben. Wir haben 45 Prozent. Das ist nicht nichts. Sie sprechen nicht wie einer, der eine Abstimmung verloren hat, sondern wie ein Sieger. Blocher: Doch, ich habe die Abstimmung verloren. Aber verloren haben in erster Linie die Schweizerinnen und Schweizer. Und es ist meine Aufgabe zu schauen, dass es den Schweizerinnen und Schweizern nicht schlecht geht. Ist der Bundesrat und Aussenminister Deiss der Sieger von heute? Blocher: Mit einer solchen Macht nur so zu siegen - das gibt Herrn Deiss keinen Freiraum. Der Bundesrat hat enormen Schaden genommen dadurch, dass er sich in diese Kampagne einspannen liess. Er ist nicht mehr der Landesvater aller Schweizer, sondern Teil einer Werbekampagne geworden. Das hat schwere Folgen für ihn. Wird sich das ändern, wenn die SVP den zweiten Bundesratssitz hat, den sie anstrebt? Blocher: Das glaube ich nicht. Erstens wählen ja nicht wir die Bundesräte, sondern die andern. Und die wählen einen, der dasselbe tut, was sie wollen. Nein. Aber ich glaube, wenn die SVP die Wahl 2003 gewinnt - und nach dem heutigen Entscheid sind die Chancen sehr gross - dann werden die anderen Parteien langsam zu erwachen beginnen.

18.01.2002

«Chumm Bueb und lueg dis Ländli aa!»

Albisgüetli-Rede 2002

08.01.2002

«Ja, wir wollen gewinnen, aber…»

Uno-Beitritt Interview mit der Berner Zeitung vom 8. Januar 2002 Für den UNO-Beitritt eine provokative Kampagne zu fahren sei nicht notwendig, ist Blocher überzeugt. Einer Niederlage sieht er gelassen entgegen, denn davon könnte die SVP fast noch mehr profitieren. Interview: Gregor Poletti Ihre UNO-Kampagne kommt im Vergleich etwa zu derjenigen gegen die Militärvorlagen schon fast brav daher. Ist Ihnen der Biss abhanden gekommen? Christoph Blocher: Die Kampagne zu den Militärvorlagen im vergangenen Jahr war ja auch nicht aggressiv, aber sie provozierte. Aber heute haben wir ganz andere Voraussetzungen: Die Grundstimmung in der Bevölkerung ist bereits gegen einen UNO-Beitritt der Schweiz. Also müssen wir nicht mehr provozieren, sondern unsere Argumente darlegen und veranschaulichen. Und das haben wir sehr schön gemacht: Mit einer Axt wird auf ein bewährtes Instrument, die Neutralität, eingehauen. Also haben Sie doch die Lehre gezogen, dass martialische Plakate nicht unbedingt gut ankommen. Blocher: Nein. Bei der Revision des Militärgesetzes war es notwendig und richtig zu provozieren, weil unsere Gegner über den wahren Inhalt der Vorlage nicht diskutieren wollten. Aber den Zweihänder haben Sie noch im Hosensack, den Sie kurz vor dem Urnengang noch zücken könnten? Blocher: Bei der UNO-Abstimmung brauchen wir keinen Zweihänder, auch nicht in letzter Minute. Aber wir rechnen damit, dass die andere Seite, insbesondere der Bundesrat, versuchen wird, uns zu diskreditieren und als politisch nicht salonfähig darzustellen. Das hat er ja bereits auf eklatante Art und Weise bei den Militärvorlagen getan. Denn es geht am 3. März nicht nur um den UNO-Beitritt, sondern auch um eine innenpolitische Abrechnung mit uns. Sie setzen ebenfalls wie bei den Militärvorlagen voll auf die angebliche Verletzung der Neutralität. Ist diese Argumentation nicht zu schwach, zumal Sie damit nur die Isolationisten erreichen, welche knapp 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen? Blocher: Dem Schweizervolk ist Neutralität sehr wichtig. Mischt euch nicht in fremde Händel. Zudem ist die offensichtliche Missachtung der Neutralität bei deranstehenden Abstimmung einfacher nachzuvollziehen als bei den Militärvorlagen: Denn die Schweizer merken, dass hier ein Vertrag unterschrieben wird, der uns Verpflichtungen wie Boykotte oder Hungersperren auferlegen kann, die uns aussenpolitisch in grosse Turbulenzen bringen könnten. Zudem ist es für einen Schweizer doch unerträglich, dass den Grossmächten mit dem Veto ein Sonderrecht zur Verfügung steht. Kein anderes Argument, das gegen einen UNO-Beitritt spricht? Blocher: Die Verletzung der Neutralität ist das Hauptargument und das stärkste zugleich. Dass ein Beitritt in finanzieller Hinsicht zudem ein Fass ohne Boden ist, vertritt das Komitee der Steuerzahler gegen den UNO-Beitritt. Weiter darf man nicht ausser Acht lassen, dass bei einem Beitritt Diplomaten und Funktionäre unser Recht brechendes Völkerrecht definieren könnten, ohne dass sie dauernd das Volk im Nacken hätten. Das Volk würde damit ein weiteres Mal ausgehebelt. Wie wird die Abstimmungsschlacht entschieden? Blocher: Wir setzen vor allem auf das Ständemehr. Dies aus zwei Gründen: Erstens ist die Zeit bis zum 3. März sehr kurz bemessen, und zweitens sind wir im Gegensatz zu den Befürwortern finanziell nicht so gut ausgestattet, dass wir die ganze Schweiz flächendeckend beackern könnten. Wir werden uns auf Schlüsselkantone wie beispielsweise Aargau, Luzern oder St. Gallen konzentrieren. Werden Sie in Ihr eigenes Portemonnaie greifen, um den Abstimmungskampf zu unterstützen? Blocher: Selbstverständlich. Wie gross ist dieses Engagement? Blocher: Wenn etwas fehlt, bin ich zur Stelle. Sie können mich am 4. März noch einmal fragen. Resultiert der doch eher zurückhaltende Abstimmungskampf nicht auch aus der Einsicht, dass die SVP bei einem Ja mehr als bei einem Nein profitieren könnte? Blocher: Nein, wir wollen gewinnen. Aber selbstverständlich würde die SVP bei einem Ja auch gewaltig profitieren, denn die kommenden Jahre würden aufzeigen, wie die Schweiz und ihre Interessen von der UNO dauernd überrollt würden. Aber wir schauen ja nicht darauf, was unserer Partei am meisten nützt, sondern unserem Land. Aber selbst die SVP ist gespalten in der UNO-Beitrittsfrage. Blocher: Die SVP ist keine geschlossene Viererkolonne. Im Parlament stimmten aber lediglich rund 20 Prozent unserer Partei für einen Beitritt. Und es gibt immer jemanden, der ausschert. Das stört mich nicht besonders, ausser Politiker machten dies lediglich zur Profilierung ihrer eigenen Person. Wird der UNO-Beitritt abgelehnt, ist Aussenminister Joseph Deiss dann für die Schweiz noch tragbar? Blocher: Dann muss sich Bundesrat Joseph Deiss klar und unmissverständlich hinter das Resultat stellen und die Unabhängigkeit und Neutralität endlich ernst nehmen. Kann er dies nicht, müsste er eigentlich konsequenterweise zurücktreten.

05.01.2002

Keine geschlossene Vierer-Kolonne

Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (Ressort Zürich und Region) vom 5. Januar 2002Interview: stü. Warum führt die SVP keinen Abstimmungskampf gegen den Crossair-Kredit? Christoph Blocher, Präsident SVP des Kantons Zürich: Wir führen den Kampf sehr wohl. Seit Anfang Oktober weisen wir klar darauf hin, warum der Kredit abgelehnt werden sollte. Aber wir können keine Inseratenkampagne führen, weil der kritische Stimmbürger keine Lobby hat, die dafür Geld gibt. Die andere Seite hingegen hat Geld von Firmen. Wer 300 Millionen Franken bekommt, gibt gerne etwas Geld für Ja-Inserate. Wie erklären Sie sich, dass sich viele SVP-Exponenten, namentlich auch Mitglieder von Gemeindeexekutiven, für den Kredit aussprechen? Blocher: So viele sind es nicht. Die Abstimmung an der Delegiertenversammlung war eindeutig. Die Befürworter haben ihre Leute an die Versammlung gebracht, was nicht verboten ist. Aber mit 234 gegen 43 Stimmen wurde ein Nein beschlossen. Es gibt Gemeindepräsidenten, die sagen, wir sollten alles tun, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wenn wir aber so weiterfahren, wird jeder Betrieb in Schwierigkeiten Staatsgelder beantragen. Das geht nicht. Sind Sie mit den Befürwortern in Ihrer Partei im Gespräch? Blocher: Wir haben die normalen Kontakte. Wir sind nicht an sie gelangt und haben gesagt, sie dürften diese Meinung nicht haben. Natürlich haben wir keine Freude; aber das muss man in Kauf nehmen. Unsere Partei zeichnet sich normalerweise durch eine starke Geschlossenheit aus. Die Befürworter haben aber das Recht, sich bemerkbar zu machen. Unser politischer Gegner umwirbt sie stark und gibt ihnen Geld, um Inserate zu machen. Man hört, Mitglieder von Gemeindeexekutiven aus der SVP seien unzufrieden mit der Partei, weil sie keine Problemlösungen bringe. Blocher: Die Kritik habe ich von Herrn Landis gehört. Ich habe mich bei den anderen Befürwortern des Crossair-Kredits erkundigt, die mir sagten, es handle sich um eine Einzelaktion des Betreffenden. Landis ist ein tragischer Fall, weil er als Gemeindepräsident zurücktreten muss, da er letztes Mal nicht im ersten Wahlgang gewählt wurde. Sein Vorwurf stammt von anderen Parteien, weil wir andere Problemlösungen bringen als sie. Wenn wir Nein sagen, sagen wir Ja zu besseren Lösungen. Natürlich haben gewisse Exekutivmitglieder lieber höhere Steuern und sind mit dem Kurs der Partei, die Steuersenkungen verlangt, nicht immer einverstanden. Wie geht man in der SVP mit Andersdenkenden um? Blocher: Wir haben den Andersdenkenden die Möglichkeit gegeben, sich an der Delegiertenversammlung zu äussern. Es gab ein Podiumsgespräch mit zwei Befürwortern und zwei Gegnern. Die Dissidenten haben auch das Wort ergriffen, Ständerat Hans Hofmann sogar weit über der Redezeit der anderen. Dann haben wir abgestimmt. Wir erwarten nicht, dass die anderen ihre Meinung ändern, aber dass sie nicht an vorderster Front eine Kampagne führen, das war bis heute üblich. Wie wird man im Hinblick auf die Abstimmung über den Uno-Beitritt vorgehen? Blocher: Genau gleich wird man vorgehen. Die Schweizer Partei hat ihre Parole nach Referaten von Befürwortern und Gegnern bereits beschlossen. Wir haben selber bereits Stellungnahmen erarbeitet, so auch für das Parteiprogramm. Es gibt nicht viele Parteien, in denen die demokratische Auseinandersetzung so geführt wird wie bei uns. Es gibt bei der Uno-Frage auch SVP-Vertreter im Pro-Komitee, die werden von den Befürwortern besonders gehätschelt, das ist in der Politik so. Das ist nicht sehr schön, man muss es aber in Kauf nehmen. Eine Partei ist keine geschlossene Vierer-Kolonne. Sie hatten gegen den Uno-Beitritt im Kanton Zürich nur einen einzigen Auftritt - ziehen Sie sich langsam aus dem politischen Tagesgeschäft zurück? Blocher: Ich habe bis zum Abstimmungssonntag noch über 30 Auftritte in der ganzen Schweiz. Den Kanton Zürich kann ich nicht mehr bearbeiten als andere Kantone. Wegen des Ständemehrs messen wir anderen Kantonen auch eine grössere Bedeutung zu. Andere Exponenten treten aber auch im Kanton Zürich auf. Es macht den Eindruck, als gebe es in der SVP mehr Meinungsverschiedenheiten als früher. Soll sich in parteiinternen Diskussionen zeigen, wer Ihr Nachfolger werden könnte? Blocher: Nein; die Auseinandersetzungen sind schwächer als früher. Sie werden aber stärker beobachtet von aussen, weil andere bürgerliche Parteien, zu denen wir ein gespanntes Verhältnis haben, mit grosser Schadenfreude auf Exponenten der SVP schauen, die eine andere als die Parteimeinung vertreten. So geeint wie jetzt waren wir nie. Meine Nachfolge steht nicht zur Diskussion. Einen Präsidentenwechsel wünschen sich zwar die anderen Parteien sehnlichst. In der SVP stelle ich nichts dergleichen fest.