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19.12.2010
11.12.2010
Blocher plant Berner Geschichtsstunde
Interview in der «Berner Zeitung» vom 11. Dezember 2010 mit Bernhard Kislig Hier geht es um Kultur, um grössere Zusammenhänge, und nicht etwa ums schnelllebige politische Tagesgeschäft, wie SVP-Vordenker Christoph Blocher während eines Gesprächs im Berner „Bellevue“ betont. Wie schon Anfang 2010 wird er auch am 2. Januar 2011 im Kanton Bern wieder über herausragende Berner Persönlichkeiten referieren. Anfang dieses Jahres kamen 1000 Besucher. Nun führt Blocher die Erfolgsstory fort. Für die kommenden Jahre liegen bereits weitere Anfragen aus dem Berner Oberland, den Kantonen Schaffhausen, Aargau und Zürich vor. „Es scheint, als würde die Rede am Bärchtelistag zur Tradition“, meint Blocher. Anfang 2011 würdigt er in der Turnhalle Wynigen den Dichter Jeremias Gotthelf, den früheren Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen und wie schon 2010 den Maler Albert Anker (siehe Kasten). Wer Blocher kennt, weiss, dass der Bezug zur aktuellen Politik nicht fehlen wird. Doch mehr dazu später. Anker-Kenner Blocher wird Gegensätze und Gemeinsamkeiten zwischen dem für Bauern-Porträts bekannten Maler und Gotthelf beschreiben. Dazu eignen sich die Illustrationen vorzüglich, die Anker für eine Prachtsausgabe Gotthelfs lieferte. Der aus Ins stammende Maler tat sich äusserst schwer damit. Anfänglich lehnte er den Auftrag mehrmals ab. Schliesslich liess er sich aber vom damaligen Bundesrat Carl Schenk dazu überreden, den Band mit Zeichnungen zu illustrieren. Das ausschlaggebende Argument von Bundesrat Schenk: „Der berühmteste Berner Maler kann doch nicht verweigern, einen Erzählband des berühmtesten Berner Dichters mitzugestalten“, sagt Blocher. Doch Anker war es nie wohl dabei. Er bezeichnete Gotthelf „als den Goliath von Lützelflüh“. Eine erste Anzahlung vom damals hohen Betrag von 3000 Franken soll er mit folgender Bemerkung postwendend retourniert haben: „Man soll die Haut nicht verkaufen, bevor der Bär erlegt ist.“ Und nachdem der Bär erlegt, respektive das Buch fertig war, habe Anker nie wieder etwas von Gotthelf gelesen, erzählt Blocher. Den Grund für die innere Abneigung sieht Blocher im unterschiedlichen Temperament und Stilmittel. Bei Gotthelf seien die Protagonisten etwas "überhöht und zugespitzt" dargestellt. Die Zeitumstände werden polemisch geschildert. Auch wenn Gotthelf "über dem Ganzen ebenfalls die Gnade Gottes walten lässt" - sagt Blocher. Der ausserordentlich korrekte Albert Anker dagegen, der seinem Vater hoch und heilig versprochen hatte, stets ein rechtschaffener Mensch zu bleiben, konnte sich mit solchen "barocken Darstellungen" nicht anfreunden. Gotthelf und Anker waren verschieden im Ausdruck. Deshalb auch das harte Verdikt des Anker-Kenners Blocher: „Die Illustrationen im Gotthelfband sind nicht vom Besten. Man merkt: Anker hat sich duchgequält". Trotz all dem sieht Blocher Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Berner Künstlern. Und zwar z.Bsp. in der Darstellung der biblischen Verheissung: „Im Schweisse deines Angesichts wirst du dein Brot essen.“ Mit anderen Worten: Niemand verhungert, auch wenn er für's Wohlergehen arbeiten muss. Bei Anker widerspiegelt sich das gemäss Blocher zum Beispiel im Gemälde, das ein Mädchen zeigt, welches in der Kälte einen grossen Brotlaib nach Hause trägt (siehe Bild). In Ankers Leitsatz „Siehe, die Erde ist nicht verdammt“, findet Blocher eine weitere Bestätigung. Die „moderne Trostlosigkeit“ und die „Verlorenheit, welche die Lebensfreude lähmt“ sind fehl am Platz. „Denn irgendwo geht immer wieder ein Türchen auf.“ Die Welt ist eben nicht verloren. Blocher räumt zwar ein, dass seine Abwahl als Bundesrat vor drei Jahren schmerzhaft gewesen sei. Doch rückblickend sei das eine Episode im politischen Schaffen Blochers und habe der SVP bei den kantonalen Wahlen sogar geholfen, sagt Blocher, während er seine Hand ballt. Erst recht bestätigt – hier kommt der Parteistratege in Fahrt – findet er diesen Leitsatz bei der Abspaltung der BDP: Nun könne die SVP geschlossener auftreten. „Das hat für Wahlen wie auch Abstimmungen Vorteile – mit einer lavierenden Berner SVP hätten wir zum Beispiel die Ausschaffungsinitiative nicht gewinnen können.“ Der Übergang von Kultur zur Politik ist bei Blocher fliessend. Als dritten „grossen Berner im Emmental“ würdigt er den früheren Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen. Bei dieser Figur geht es Blocher um die Idee, dass auch ein kleiner Staat wie die Schweiz einen eigenen Weg geht und internationalem Druck widersteht. Wahlen habe dies während des zweiten Weltkriegs getan, indem er den Selbstversorgungsgrad der Schweiz erhöhte. „Der Widerstandswille ist ein schöner Gedanke“, fügt Blocher an. Dieser Wille fehle im heutigen Bundesrat. Aktuelles Beispiel: Die Landesregierung wolle in vorauseilendem Gehorsam eine milliardenschwere Aufstockung des Kredits für den Internationalen Währungsfonds zur Finanzierung bankrotter EU-Staaten durchpauken. Weitere aktuelle Bezüge zur aktuellen Politik wird Blocher am 2. Januar 2011 nachreichen. Dass Blocher zum Jahresauftakt einen ehemaligen Berner Bundesrat würdigt, ist nur eine von mehreren Parallelen zwischen der Rede von 2010 und jener von 2011. So fiel die Rede vor elf Monaten zwischen den SVP-Sieg bei der Antiminarett-Abstimmung und die Berner Wahlen, bei denen die SVP ihre Sitzverluste nach der BDP-Abspaltung wieder wettmachen musste. Anfang 2011 hält Blocher seine Rede zwischen dem Abstimmungssieg bei der Ausschaffungsinitiative und der Nationalratswahl 2011, bei der die SVP im Kanton Bern erneut um Sitze kämpfen muss, welche an die BDP verloren gegangen sind. 2010 ist die Rechnung für die SVP bestens aufgegangen: Trotz Abspaltung konnte sie ihren Wähleranteil im Kanton Bern nahezu halten. Im Seeland schnitt sie stark ab. Also ausgerechnet in der Hochburg des abtrünnigen alt-BDP-Bundesrats Samuel Schmid. Das ist die gleiche Region, in der Blocher Anfang Jahr über Seeländer Grössen wie den früheren Bundesrat Rudolf Minger referierte, der die SVP-Vorläuferpartei BGB mitgegründet hatte. Blochers Auftritt dürfte der SVP wahltaktisch nicht geschadet haben. „Einzelne Leute meinen gar, dieser Wahlerfolg sei zu einem grossen Teil auf die Neujahrsveranstaltung 2010 zurückzuführen“, sagt Blocher und lacht schelmisch.
06.12.2010
Je constate que les entreprises sont désormais dominées par des managers qui ne s’intéressent qu’au profit
Interview dans «Bilan» du 06.12.2010 A)La presse Vous critiquez souvent les journalistes. Pourquoi? Je regrette que les médias défendent tous les mêmes convictions. Dans une démocratie, cette situation n’est pas saine. Au XIXème siècle, chaque titre militait pour un parti politique. La population pouvait facilement s’y retrouver. Cette époque est révolue. Etes-vous nostalgique? Non. Je constate que les entreprises sont désormais dominées par des managers qui ne s’intéressent qu’au profit. Or, la presse est une activité relativement peu rentable. C’est pour cette raison qu’elle est concentrée dans les mains d’un faible nombre de propriétaires. Tamedia possède le Tages Anzeiger et la presse locale à Zurich, la Berner Zeitung et le Bund à Berne et a acquis Edipresse en Suisse romande, alors que le groupe NZZ dispose du quotidien éponyme à Zurich et contrôle le marché à St-Gall et en Thurgovie. Cette concentration est très néfaste. Car elle génère une pensée uniformisée. Comment peut-on rendre la presse plus diverse? Elle pourrait le devenir si des entrepreneurs investissaient dans cette activité. Malheureusement, ce n’est pas le cas. Et vous, pourquoi ne créez-vous votre propre quotidien? Ce n’est pas possible. Je suis trop exposé sur le plan politique. Regardez ce qui s’est passé à Bâle. Le financier Tito Tettamanti, qui a racheté le groupe BZM (l’éditeur de la Basler Zeitung), m’a sollicité pour restructurer l’entreprise. Or, on m’a pris pour le diable en pensant que j’allais intervenir dans la ligne du quotidien, alors que mon objectif ne visait qu’à permettre à BZM de retrouver les chiffres noirs. Pourquoi avez-vous accepté ce mandat? Parce que je suis favorable à la concurrence. Pour éviter une concentration encore plus forte, Tito Tettamanti estimait qu’il ne fallait pas que la NZZ puisse racheter la Basler Zeitung. Il voulait agir comme il l’avait fait autrefois avec le groupe Jean Frey lorsqu’il a revendu une partie (la Weltwoche) à Roger Köppel et une autre à l’Allemand Axel Springer. N’avez-vous pas aussi pris cet engagement par pure provocation? Non. Mais je savais que ce mandat allait provoquer beaucoup de réactions. Vous avez donc réussi votre coup… Avant l’arrivée de Tito Tettamanti dans le capital, aucun Bâlois n’a voulu s’engager pour sauver BZM. Aujourd’hui, c’est le cas grâce à Moritz Suter, le fondateur de Crossair. Tant mieux. Que retenez-vous de cette aventure? D’abord, les difficultés de BZM sont clairement établies. Auparavant, on cherchait à cacher la vérité. Ensuite, les Bâlois ont découvert le véritable visage des socialistes qui militaient pour le chaos. Enfin, cet épisode a montré que les journalistes de la Basler Zeitung sont clairement de gauche. Vous êtes irrité… Bien sûr. Toute la presse défend les mêmes idées, à l’exception de la Weltwoche. C’est honteux. De leur côté, la télévision et la radio publiques appartiennent à l’Etat et sont à la solde du gouvernement. Quant aux tv et radios privées, c’est encore l’Etat qui accorde les concessions et donne un soutien financier. En Italie, la situation est bien meilleure avec le chef du gouvernement Silvio Berlusconi. On sait qu’il est le propriétaire de chaînes de TV, mais il doit faire face à la concurrence de la RAI, la télévision publique. Si Silvio Berlusconi se retire, il conserve ses TV. Mais lorsque Moritz Leuenberger démissionne, la TV reste aux mains de l’Etat. B)La Suisse et l’UE Le Conseil fédéral négocie avec l’UE dans plusieurs domaines, notamment dans la fiscalité des sociétés, l’électricité, etc. Comment doit-il agir? Il ne doit pas signer de nouveaux accords. Il n’y aucune nécessité à le faire et aucun avantage à en retirer. Si le Conseil fédéral négocie, c’est parce qu’il veut que la Suisse adhère à l’UE sans que la population s’en aperçoive. C’est pour cette raison qu’il faut refuser tout nouvel accord. Il n’est pas non plus acceptable de reprendre, comme nous le faisons, le droit européen dans notre législation. C’est une satellisation de la Suisse. Si nous étions membre de l’UE, nous pourrions au moins participer à la prise de décision. Or, ce n’est pas le cas aujourd’hui… Et alors. La Suisse ne doit jamais adhérer. Vous êtes tout de même favorable à trouver une solution avec nos voisins dans le domaine de l’imposition de l’épargne… Je soutiens les négociations relatives à l’impôt libératoire sur les fortunes déposées en Suisses par les ressortissants européens. Un éventuel accord nous permettrait de conserver le secret bancaire en échange du prélèvement d’un impôt anticipé. La zone euro est au bord de l’éclatement. Les antieuropéens s’en réjouissent. Vous aussi? Non. Je ne peux pas me réjouir de ce qui passe même si, dans le passé, j’avais souligné les difficultés auxquelles seraient confrontés ses membres. Une monnaie unique ne peut pas fonctionner dans une zone monétaire comprenant des économies aussi différente que la Grèce et l’Allemagne. La Suisse est aussi touchée. Le franc s’est beaucoup apprécié depuis le début de cette année… Ce phénomène diminue la rentabilité des entreprises sur le court terme. Mais je ne me fais aucun souci pour le long terme. Prenez le dollar. Sa forte dépréciation depuis le début des années 1970 n’a pas empêché la Suisse de vendre toujours plus de marchandises à l’étranger. Détenir une monnaie forte est un atout. Surtout pour les consommateurs. L’appréciation du franc a permis de contenir la hausse des prix à l’importation. Ce qui a atténué le renchérissement du coût de la vie. Pour éviter une trop forte envolée de notre devise, la Banque nationale a acheté des euros pour plusieurs dizaines de milliards de francs. A-t-elle eu raison d’agir ainsi? Non. Elle a acquis beaucoup trop d’euros. C’était inutile. Il n’y a eu aucun effet positif. C)L’économie suisse La croissance de l’économie helvétique est satisfaisante. Quelles réformes faut-il entreprendre afin de poursuivre sur cette lancée? Je dirais même que notre économie est en surchauffe. Une surchauffe provoquée indirectement par la forte demande en provenance de la Chine et de l’Inde. Si la Suisse se porte aussi bien, c’est parce qu’elle n’est pas membre de l’UE. Avant de parler de réformes, défendons avant tout nos avantages. Pour cela, restons maître de notre destin en adhérant jamais à l’UE et conservons notre démocratie directe, surtout dans le domaine des impôts, ainsi que notre monnaie. Est-il nécessaire de poursuivre les réformes dans le domaine social? A mon avis, il ne faut surtout pas augmenter les prestations des différentes assurances sociales. Pour l’AVS, qui est la plus importante d’entre elles, je ne suis pas pessimiste pour autant que l’économie fonctionne bien. Il est cependant nécessaire d’augmenter l’âge de la retraite pour les femmes à 65 ans, puis pour les hommes à 66 ou 67 ans vers 2020. A l’avenir, le principal défi réside dans l’assurance-chômage en raison de notre politique d’ouverture à l’égard des étrangers. C’est-à-dire? Avec la libre-circulation des personnes entre la Suisse et l’UE, les travailleurs étrangers peuvent rester chez nous même s’ils sont au chômage et donc bénéficier des prestations de cette assurance. On en vu les conséquences en 2009 lorsque la conjoncture était mauvaise avec une hausse importante des chômeurs d’origine étrangère. J’estime qu’il est urgent réformer le système en instaurant une période de carence, entre un an et deux ans, avant que ces derniers puissent toucher des indemnités. Vous voulez donc créer une distinction entre les Suisses et les immigrés… Un étranger qui vient en Suisse pour travailler sait qu’il peut aussi se retrouver au chômage. C’est un risque qu’il doit assumer conjointement avec son pays d’origine. La libre-circulation des personnes a largement profité à la Suisse. Sa forte croissance s’explique par un afflux de main d’œuvre… Avec cet accord, les entreprises peuvent mieux choisir leurs collaborateurs. Je ne le conteste pas. Mais lorsque, jadis, la Suisse limitait l’accès à son marché du travail, les entreprises recevaient aussi les autorisations nécessaires pour engager de la main d’œuvre étrangère. Aujourd’hui, il faut pouvoir à nouveau règlementer cette dernière afin qu’elle puisse correspondre au plus près aux besoins de l’économie: engager des étrangers si c’est nécessaire et pouvoir les renvoyer dans leurs pays s’il n’y a plus de travail pour eux. Nos infrastructures (routes, écoles, hôpitaux, construction, etc.) ne sont pas prêtes pour accueillir une immigration aussi importante que celle enregistrée au cours de ces dernières années. Comment comptez-vous agir pour modifier la loi sur le chômage? En lançant une initiative? L’UDC est très préoccupée. Nous savons que quant il y aura une baisse conjoncturelle, nous aurons des graves problèmes à cause de l’augmentation incontrôlable des prestations sociales. C’est pour cette raison qu’il faut agir maintenant pour éviter les problèmes dû à la libre circulation des personnes. Pour le moment nous n’avons pas encore décidé comment agir, mais, c’est sûr, on agira. Faut-il aussi dénoncer l’accord sur la libre-circulation avec l’UE? Oui. La libre-circulation ne fonctionne pas, y compris au sein de l’UE. Aujourd’hui, même la Grande-Bretagne a pris des mesures pour limiter l’immigration. Il y a quelques années, les intellectuels et les universitaires se moquaient de nous lorsque nous militions contre l’ouverture des frontières. Aujourd’hui, le monde académique alémanique partage notre préoccupation parce que des Allemands prennent la place des Suisses dans les hautes écoles. Son attitude me fait bien rire.
05.12.2010
Die Wahlen 2011 werden jetzt noch wichtiger
Interview im «SonntagsBlick» vom 5. Dezember mit M. Odermatt und K. Wittmann<br><br> Herr Blocher, vor einer Woche brachte die SVP zum ersten Mal eine eigene ausländerpolitische Initiative ins Ziel. Worauf führen Sie diesen Sieg zurück? Christoph Blocher: Die Abstimmung ist ein Misstrauensvotum gegen die Behörden. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung in der Ausländerpolitik wird jedes Jahr deutlicher – nicht nur wegen der Zuwanderung von Kriminalität, aber das auch - und weil die Behörden nicht handeln. Die SVP hat die absolute Mehrheit der Stimmbürger auf ihrer Seite, wenn sie aufs richtige Thema setzt. Was bedeutet das für die Zukunft? Die Wahlen 2011 werden jetzt noch wichtiger. Es nützt nichts, wenn vom Volk gute Initiativen verabschiedet, diese aber in Bern nicht vollzogen werden. Darum muss die SVP die Wahlen gewinnen, SVP-Parlamentarier müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der Bürger durchgesetzt werden. Warum scheiterte der Gegenvorschlag trotz breiter politischer und publizistischer Unterstützung fast aller Medien? Die Gegenseite hat ihre Argumentation viermal geändert. Zuerst - ich war noch Bundesrat – die Initiative brauche es nicht. Dann nach der Anti-Minarett-Initiative hiess es, das Anliegen sei gerechtfertigt, aber so könne man es nicht machen. Schliesslich meinten die Gegner, unsere Initiative sei zu unmenschlich. Zum Schluss behaupteten sie, der Gegenvorschlag sei noch härter als die Initiative. Das ist unglaubwürdig. Ihre Gegner behaupten, Sie hätten das Volk mit einer 10 Millionen Franken teuren Kampagne gekauft. Das ist auch gar viel! Wir haben noch nicht alle Abrechungen auf dem Tisch, ich rechne aber damit, dass wir am Ende rund vier Millionen ausgegeben haben werden. Unser Vorgehen zur Finanzierung ist immer das Gleiche. Und zwar? Wir gehen mit unserer geplanten Kampagne zu Leuten und fragen, ob sie uns dabei unterstützen wollen: Dann bezahlen sie konkret. Auch ich bezahle persönlich. Mir ist die Schweiz etwas wert. Nicht wie den feinen Damen und Herren, die sich wegen Geldmangel beklagen, aber nichts bezahlen – weil ihnen die Schweiz eben nichts wert ist. Die SP hat viele Millionäre in ihrer Fraktion. Auch ich würde gerne den Textteil für uns haben und auf die bezahlten Inserate verzichten. Können wir einmal tauschen? Tauschen? Was denn? Ich würde gern mal auszählen, wie viele Artikel gegen die Ausschaffungsinitiative und für den Gegenvorschlag veröffentlicht wurden. Und dann berechnen, wie viel es gekostet hätte, wenn unsere Gegner das hätten kaufen müssen – als Inserate. Warum legt die SVP nicht einfach die Karten auf den Tisch und legt offen, wer in diesem Abstimmungskampf wie viel bezahlt hat? Weil jeder geächtet wird, der uns unterstützt. Wenn wir die Namen bekannt geben, bekämen wir von diesen Leuten kein Geld mehr. Simonetta Sommaruga will eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Initiative ins Leben rufen. Das müsste doch ganz in Ihrem Sinne sein... Ich hatte Freude, als ich sie am Sonntag hörte. Sie sagte «Das Volk hat entschieden, das wird umgesetzt und sie bilde eine Arbeitsgruppe mit den Initianten." Aber bis heute hat sie vieles verspielt. Wie meinen Sie das? Sie will die SVP "einbinden", damit wir nachgeben. Das hat sie unterdessen erklärt. Wenn sie aber verlangt, dass wir mithelfen, die Initiative zu verwässern, bin ich dagegen, in dieser Gruppe mitzumachen. Wir fordern, dass das Begehren umgesetzt wird. Ohne Wenn und Aber. Dafür ist Frau Sommaruga gewählt. Dann würden Sie auch selbst in die Arbeitsgruppe gehen? Wir haben gute Leute, die wir schicken können. Als ehemaliger Justizminister wären Sie doch prädestiniert! Wenn wir jemanden finden, der es besser macht als ich und sich durchsetzen kann, dann soll er oder sie es machen. Im Übrigen liegt uns noch keine Einladung vor. Glauben Sie nach dem Triumph vom Sonntag an einen Sieg bei den Nationalratswahlen 2011? Ich bin nicht intelligenter als andere Leute und auch kein Prophet. Aber wir werden wahrscheinlich die Wahlgewinner sein – es sei denn, wir würden noch alle kriminell (lacht). Wenn keine Katastrophe geschieht, dann sollten wir im nächsten Oktober gut abschliessen. Können Sie das etwas genauer beziffern? Unser Ziel ist 30 Prozent. Wir wissen aber, dass das schwierig sein wird. Es wäre schon eine riesige Leistung, die hohen 28,9 Prozent vom letzten Mal zu halten. Was uns sehr zuversichtlich stimmt, ist die Tatsache, dass wir bei den kantonalen Wahlen in den vergangenen drei Jahren von allen Regierungsparteien am besten abgeschnitten haben. Was würde das bedeuten – die SVP als 30-Prozent-Partei? Ich bin überzeugt, dass das in Bern vieles auslösen würde. Die Mitteparteien werden endlich näher an uns heranrücken müssen, um nicht unterzugehen. Wieso? Weil sie sich dann fragen müssten, ob die faktische Mitte-Links-Koalition gegen die SVP, die heute ja in den wesentlichen Fragen des Landes gilt, aufgekündigt werden soll. Das müssen Sie uns erklären. Die Mitte muss sich fragen, ob sie weiterhin in Fragen wie z.B. EU, Migration, Schule, Landesverteidigung mit der SP gegen die SVP regieren wollen. Dazu kommt: Die SP ist für die Abschaffung der Armee. Und sie will den Kapitalismus überwinden. (Keine europäische Sozialdemokratische Partei möchte das noch). Und faselt wieder vom demokratischen Sozialismus! Strebt die SVP nach den Wahlen eine Mitte-Rechts-Regierung an? Die SVP ist für die echte Konkordanz. Aber ich weiss nicht, wie man mit der SP nach diesen Parteibeschlüssen in einer Regierung noch einen Kompromiss nach links zustande bringen kann. Erreicht die SVP 30 Prozent. Fordert Sie dann einen vierten Bundesrat? (lacht) Wir sind schon mit zwei zufrieden. Mehr fordern wir erst mit 40 Prozent. Mit welchen Themen geht die SVP in den Wahlkampf? Die Themen – kein EU-Beitritt, Ausländerpolitik in Ordnung bringen, keine neuen Steuern – sind immer noch so aktuell wie im Wahlkampf 2007. Dann nehmen wir das Problem der schlechten Schulen auf. Ein EU-Beitritt steht doch schon lang nicht mehr zur Debatte! Die meisten Politiker in Bern haben die Absicht, der EU beizutreten. Auch wenn sie nicht wagen, dies öffentlich zuzugeben, denn 70 Prozent der Bevölkerung sind gegen einen Beitritt. Ich sehe hier grosse Auseinandersetzungen auf uns zu kommen. Welche? Ende Jahr kommt der Bericht der Expertenkommission. Wenn es nach dem Willen der Europäischen Union geht, soll die Schweiz künftig automatisch EU-Recht übernehmen. Wir würden zum Satelliten der Europäischen Union. Das werden wir nicht zulassen. Wie wollen Sie vorgehen? Es ist noch nicht klar, wie ein entsprechendes Abkommen zwischen der Schweiz und der EU umgesetzt werden soll. Aber wenn die Schweiz einen solchen Vertrag abschliesst, muss er dem Parlament vorgelegt werden. Er wird eine Referendumsklausel haben – und dieses Referendum würden wir ergreifen. Sie bezweifeln also, dass die Schweiz in den nächsten Jahrzehnten der EU beitreten wird? Ich bin überzeugt, dass wir es leichter haben als in den letzten zwei Jahrzehnten, einen Beitritt zu verhindern. Vor zwanzig Jahren, als wir über den EWR abstimmten, war die EU noch eine lockere Wirtschaftsgemeinschaft. Heute ist sie ein staatenähnliches Gebilde mit einer Währungsunion, die nicht funktioniert und mit Staaten, die faktisch bankrott sind. Warum sollte die Schweiz einer solchen Organisation beitreten? Diese Tage diskutiert Ihre Partei, mit welchem konkreten Projekt sie in die Wahlen 2011 ziehen soll. Was empfiehlt der Strategiechef? Im Moment haben wir einen Basar von Ideen. Den wollen wir auch. Aber über Strategien spricht man nicht - man hat sie. Soll die SVP die Kündigung der Personenfreizügigkeit anpeilen? Ich bin der Meinung, die Verträge mit der EU sollten angepasst werden. Dazu müssen sie vielleicht zuerst gekündigt werden. Vieles ist nicht in Ordnung, z.B. dass ein EU-Zuwanderer ab dem ersten Tag Arbeitslosenentschädigung beziehen kann, die überfüllten Hochschulen und die Grenzgängerregelung. Was halten Sie von der Idee, das Strafrecht mittels Volksinitiative zu verschärfen? Derzeit kämpft die SVP im Parlament. Wenn die SVP die Wahlen 2011 gewinnt, finden wir wahrscheinlich Unterstützung bei den anderen Parteien. Dann dürfte sich eine eigene Initiative erübrigen.
03.12.2010