Article

 

03.04.2010

SVP hat anspruch auf nächsten vakanten Bundesratssitz

Interview Basler Zeitung von Matthias Geering vom 3. April 2010 BaZ: Herr Blocher, was hat Sie bei den Parlamentswahlen im Kanton Bern mehr erstaunt, das starke Abschneiden der BDP oder die Verluste der FDP? Christoph Blocher: Weder das eine noch das andere. Überrascht hat mich aber das starke Resultat der SVP. Sie ist heute wieder fast so stark wie vor vier Jahren, obwohl sie im Laufe der Legislatur 17 Sitze der Fraktion an die BDP abgeben musste. Die SVP konnte in Bern ihr Potential ausschöpfen. Was ist mit der politischen Mitte passiert? Es ist das geschehen, was geschehen musste: Die BDP ist ein Projekt von Mitte-Links. Sie ist nach meinem Rauswurf aus dem Bundesrat gezimmert worden, um die SVP zu schwächen. Es kam so, wie es kommen musste; die BDP als Mitte-Links-Partei erhielt logischerweise die Stimmen derer, die sie unterstützten: Von den Mitteparteien, aber auch von den Linken und den Grünen. Die BDP – eine Mitte-Links-Partei? Die Behauptung ist gewagt... Die Partei hat kein erkennbares Programm, und der selbsternannte "Anstand" ist noch keine Leistung. Sie bewegt sich irgendwo zwischen FDP, CVP, EVP und Grün-Links. In Fragen wie dem Minarettverbot, der Ausländerpolitik oder auch dem EU-Beitritt ist sie weit weg von der SVP. Und darum sind ihre Wähler nicht die von der SVP. Inwieweit lässt das Berner Resultat Schlussfolgerungen für die kommenden kantonalen Wahlen zu? Im Juni wird im Kanton Graubünden gewählt, wo die SVP neu gegründet werden musste. Wo die BDP nicht mit ehemals treuen SVP-Vertretern antreten konnte, was bis jetzt im Kanton Aargau der Fall war, hatte sie wenig Erfolg. Im Aargau erreichte sie nach aufwendigem Wahlkampf 2,6 Prozent. Die wenigen Prozente, die sie holen kann, werden der FDP, der CVP und der SP gehen. Ausnahmen werden der Kanton Glarus und vor allem der Kanton Graubünden sein. Vor allem in Graubünden wird es die SVP in kantonalen Wahlen schwer haben, da die alte SVP einfach den Namen auf BDP wechselte. Die neue Bündner SVP musste bei Null anfangen. Zudem wird in Graubünden das Parlament ebenfalls im Majorzsystem gewählt, was es den anderen Parteien einfacher machen wird, eine Allianz gegen die SVP zu bilden. Aber auch die neue bündnerische SVP – gerade auch dank vieler junger Leute – ist stark eingestiegen. Welches Potential sehen Sie für die BDP auf nationaler Ebene? Ich gehe von vier, vielleicht fünf Prozent aus. Damit wäre die Abwahl von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2011 besiegelt? Das müssen Sie die SP, die Grünen und die CVP fragen. Diese haben sie portiert und gewählt. Alle Parteien sind angeblich für die Konkordanz. Das heisst, dass die Parteien die Bundesräte gemäss ihrem Wähleranteil stellen. Die BDP wird nach den Wahlen 2011 kaum die nötige Stärke erreichen. Aber wer weiss, vielleicht fusioniert die BDP mit der CVP oder der FDP. Das wäre immerhin denkbar. Spätestens seit der Wahl in Bern besteht der Eindruck, dass sich Ihr bisher verlässlichster Partner, die FDP, im freien Fall befindet... In den kantonalen Wahlen seit 2008 hat nicht nur die FDP massiv verloren sondern auch die CVP. Die wahren Verlierer sind aber die Sozialdemokraten: Seit 2008 ist in 13 Kantonen gewählt worden und die SP hat als einzige Partei ausnahmslos in allen Wahlgängen verloren. Kann die FDP ihren zweiten Sitz im Bundesrat retten, wenn sie ihren Bundesrat Hans-Rudolf Merz noch vor den möglicherweise verlustreichen Wahlen 2011 zum Rücktritt bewegt? Es gibt nur eine Partei, die heute einen ausgewiesenen Anspruch auf einen frei werdenden Sitz im Bundesrat hat, und das ist die SVP mit ihren 29 Prozent Wähleranteil. Bei der letzten Vakanz haben wir der FDP den Vortritt gelassen. Bei der nächsten Vakanz wird die SVP den Sitz beanspruchen. Mit Ihnen als Kandidat? Sie haben zuletzt die Frage nach einer Kandidatur nicht deutlich abschlägig beantwortet. Ich will nicht mehr in den Bundesrat. Meines Erachtens ist es besser, wenn die SVP ohne Blocher antritt. Die anderen Parteien reagieren ja wie hypnotisiert, wenn es um meine Person geht. Aber wir haben andere, starke Persönlichkeiten. Der richtige wäre SVP-Fraktionschef Caspar Baader, wenn er nur wollte! Wird Baader ihrer Meinung nach Bundesrat, wenn Merz zurücktritt? Für den Bundesrat wäre er der Beste: Intelligent, sehr sachkundig, stand- und charakterfest! Leider will er nicht, aber vielleicht muss er. Wie wird Ihrer Meinung nach die Sitzverteilung im Bundesrat nach den nächsten nationalen Wahlen aussehen? Falls das Bekenntnis zur Konkordanz weiterhin gilt, wird die SVP zwei Sitze haben. Falls die CVP stärker wird als die FDP, was möglich ist, werden die CVP zwei und die FDP einen Sitz haben. SP und Grüne zusammen haben gemäss ihren Anteilen (2007 noch 29 Prozent wie die SVP allein) zwei Sitze zugute. Daran dürfte sich kaum etwas ändern. Zurück zu den Berner Wahlen: Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Ihre SVP weniger Erfolg hat, wenn es um Wahlen in die Regierung geht. Sie verlangen die Volkswahl für den Bundesrat, schneidet sich die SVP nicht ins eigene Fleisch? In Bern war es ein vereinter Kampf aller Mitte-Links-Parteien gegen die SVP. Diese Taktik hat bei Majorzwahlen Erfolg. Wie Bern zeigt, rächt sich das für die Taktiererer dann bei den Parlamentswahlen. Je mehr die SVP aus den Exekutiven ausgeschlossen wird, desto stärker wird sie in den Legislativen werden. Wenn die Politiker die Schweizer Werte weiterhin nicht verteidigen, was bei Problemen mit der EU, Libyen, Bankkundengeheimnis und im Fall USA der Fall ist, dann wird die SVP im Herbst 2011die 30-Prozent-Schwelle deutlich überschreiten. Die Schweizer wollen keinen Anti-Schweiz-Kurs, darum legt die SVP zu.

27.02.2010

Weshalb unsere Eliten mit dem Rücken zur Wand stehen

Rede vom 27. August 2010 im Hotel Marriott

27.02.2010

Pourquoi nos élites sont-elles acculées au pied du mur?

Conférence tenue le 27 février 2010 à l'invitation de l'UDC du canton de Zurich à l'hôtel Marriott, Zurich

13.02.2010

Wer keinen Dreck am Stecken hat, muss keine Angst haben

Abzocker-Initiative: Interview mit Thomas Wyss, Finanz und Wirtschaft vom 13. Februar 2010 Sie unterstützen nun die Minder-Initiative. Die Gegner sagen, damit werde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz geschwächt. Ein gesuchtes Argument. Gestern versicherte mir der Verwaltungsratspräsident einer grossen kotierten Gesellschaft, dass man mit der nun präsentierten Lösung gut leben könne. Die neuen Regelungen bringen eine gewisse Belastung zum Ausweisen von Bezügen für Verwaltungsrat und für Anträge an die Generalversammlung. Aber wer keinen Dreck am Stecken hat, muss keine Angst haben. Sie gibt den Unternehmen die nötige Flexibilität und verhindert krasse Missbräuche. Wenn man sieht, was die G7 von Staates wegen plant, tut die Schweiz gut daran, einen freiheitlichen Ansatz zu wählen. Aber haben Sie nicht das Gefühl, dass mit der Jahreswahl die langfristige Optik verloren geht? Wiederwahl ist der Normalfall. Aber. Man kann die Verwaltungsräte nicht für 3 Jahre wählen lassen, um sich dann Jahr für Jahr frei zu bedienen. Die Jahreswahl hat sich zudem in vielen Gesellschaften bewährt. Aber ich kann doch nur über die Vergütung entscheiden, wenn ich weiss, welche Leistung er vollbracht hat und ob er diese Vergütung wert ist! Über die einzelne Entlöhnung stimmt die GV – der Eigentümer – nicht ab, sondern über die Gesamtheit. Und sie wählt die Verwaltungsräte unter voller Kenntnisse der Bezüge. Sie wird in Extremfällen eingreifen. Das ist ja alles gut und recht. Aber am Schluss wird an der GV nur noch über die Entlöhnung gestritten, und strategische Fragen werden vergessen. In extremen und missbräuchlichen Fällen, vielleicht. Es dürfte für den Verwaltungsrat schwierig werden, Anträge zu stellen um – zum Beispiel nach einem Jahr mit 864 Mio. Verlust, 11 Milliarden Eigenkapitalvernichtung, 6 Milliarden Abschreibungen und einem um 61% tieferen Aktienkurs dem Verwaltungsrat die gleichen Vergütungen vom 10 Mio. – gleichviel wie im exzellenten Vorjahr – und pro Geschäftsleitungsmitglied 6 Mio. zuzugestehen, wie dies für 2008 bei der SWISS Re geschehen ist. Wer definiert denn, was der richtige Betrag ist? Wie in jedem Unternehmen der Eigentümer. Der Verwaltungsrat stellt den Antrag. Entscheidend ist der Grund. Wenn es dem Unternehmen nachhaltig gut geht, verdient der Unternehmer, aber er verliert, wenn es schlecht geht. Bei den Banken und Versicherungen verdienten die Manager in beiden Situationen viel. Wir brauchen eine echte Wirtschaftspolitik, die mehr ist als die Interessenvertretung von ein paar Managern. Aber die Minder-Initiative ist doch klar gegen die Finanzindustrie gerichtet. Sie ist gegen überhaupt niemanden gerichtet. Höchstens gegen Manager, die statt für das Unternehmen vom Unternehmen leben. Aber gegen diese muss es auch gerichtet sein. Es geht um die Aufsicht der Organe einer Gesellschaft durch die Eigentümer. Und es ist Aufgabe des Staates Regeln zu schaffen, damit das Privateigentum geschützt ist. Die einjährige Wahl, die Transparenz und wichtige Entscheide an der Generalversammlung gewährleisten dies. Aber ich hatte nie Mühe, zum Beispiel in der Ems Chemie die Gehälter des Verwaltungsrates offen zu legen und eine einjährige Wahlperiode einzuführen. Sie übten mit 60% ja auch die Kontrolle aus. Trotzdem. Wollen sie eine staatliche Regelung? Wenn uns der Staat – Politiker und Beamte – sagen wollen, wie hoch diese Summe sein darf, ist das Unsinn. Und darauf läuft es nun in Europa hinaus. Börsenkotierte Gesellschaften brauchen einfache, gangbare Lösungen, die die Führung nicht untergräbt aber Missbräuche verhindert. Das gewährleistet der Einigungsvorschlag. Aber Sie haben sich zu Visionszeiten auch bedient. Nein. Die Verwaltungsratsentschädigung wurde an der ersten Generalversammlung nach einem genauen Zielerreichungsmodell einstimmig beschlossen. Die Börse stieg, aber die Leistung war nicht messbar. Der Zweck dieser Anlagegesellschaft war den Anlagewert zu steigern. Dieser war genau messbar. In der Pharma Vision gab es bis 6% Wertsteigerung kein Verwaltungsratshonorar. Dann war die Stufenleiter definiert. Die Verwaltungsräte mussten zudem zusammen 51% des Aktienkapitals zeichnen. Aber der Wert der Firma stieg durch die ganze Börsenentwicklung. Das war auch der Sinn. Doch die Missbräuche in grossen Gesellschaften waren grösser als man denkt. Weil die Transparenz fehlte. Was da hinter den Kulissen heraus genommen wurde, geht auf keine Kuhhaut. Neu muss die konsolidierte Offenlegung aller Bezüge gelten. Man kann nicht mehr eine kleine Entschädigung von der Holding beziehen und sich gleichzeitig und unbemerkt von der amerikanischen Tochtergesellschaft anstellen lassen. Das geht nicht mehr. Ein Bonus sollte auch auf null fallen können. Das ist doch die Fehlkonstruktion. Natürlich. Sogar ein Malus wäre konsequent. Aber das wird nicht verlangt. Die Manager haben immer eine neue Begründung für die Boni. Die Optionen wurden eingeführt , um die langfristige Denkweise zu fördern. Gut so! Aber: Als die Titel einbrachen, wurde der Ausübungspreise nach unten angepasst oder der Ausübungszeitpunkt verschoben. Das ist nicht unternehmerisch. Bezahlt haben das Tausende von Eigentümer. Das haben wir ja auch moniert. Moniert schon. Nun muss das Aktienrecht dafür sorgen, dass gehandelt wird. Missbräuche schaffen böses Blut und ein wirtschaftsfeindliches Klima. Unpopulär ist auch die Senkung des Umwandlungssatzes im BVG. Was sagen Sie Ihren Leuten? Leider hat man es verpasst, die Sache einfach zu erklären: "Wenn Du 65 Jahre alt bist und 100'000 Franken einbezahlt hast, bekommst Du diese 100'000 Franken auch wieder. Du kannst es als Kapital herausnehmen und damit machen was Du willst. Du kannst es aber auch als Rente beziehen und dann werden diese 100'000 Franken durch die durchschnittliche Lebenserwartung aufgeteilt. Wenn die Leute durchschnittlich 75 Jahre alt werden, gibt es pro Jahr einen Zehnten. Wenn sie durchschnittlich 85 Jahre alt werden, gibt es nur einen Zwanzigstel. Das durchschnittliche Lebensalter ist gestiegen. Und deshalb muss man den Umwandlungssatz anpassen, sonst wird die Pensionskasse zerstört und die Jungen gehen leer aus!" Wie stehen die Chancen der Vorlage? Leider schlecht. Auch unsere Wähler werden den bundesrätlichen Vorschlag hoch verwerfen. Die meisten hören nicht. Sie haben genug. Und damit sind wir wieder beim Thema. Die Wut auf Banken, Versicherer, Manager, auf die Wertverluste, die die Leute erlitten haben, ist so gross, dass sie einfach aus Protest Nein sagen! Aber der Aktionär übergibt dem Verwaltungsrat heute die notwendigen Kompetenzen. Das soll so bleiben. Die Begrenzung uferloser Kompetenzen ist eine geringfügige Einschränkung. Neu soll nicht nur die Gesamtsumme der Verwaltungsratsvergütung sondern auch die der Geschäftsleitung bestimmt werden. Die Hauptmissbräuche finden tatsächlich auf Stufe Geschäftsleitung statt. Der Verwaltungsrat rechtfertigt stillschweigend seine hohe eigene Entschädigung oft mit der Höhe der Entschädigung der Geschäftsleitung, darum ist diese Schranke sinnvoll. Was halten Sie von den Stimmrechtsbeschränkungen? Die Partei hat dafür plädiert, dass man diese Vinkulierungsbestimmungen aufhebt. Aber wir sind nicht durchgedrungen. Aber das war nicht Bestandteil Ihrer Aktienrechtsreform. Bestandteil schon. Aber sie hat keine Aufnahme gefunden. Jetzt hat man die Meldepflicht auf 3% gesenkt. Raiders werden dadurch nicht abgehalten, aber unter Umständen gute Investoren von einem Engagement. Das kann sehr kontraproduktiv sein. Wo gibt es heute aus Sicht des Investors interessante Situationen? Ich bin Unternehmer – nicht Finanzanlagenspezialist. Aber als Unternehmer muss man einsteigen, wenn es schlecht steht. Wie zum Beispiel UBS? Von Banken verstehe ich zu wenig. Aber ich hätte Vertrauen in Herrn Grübel an der Spitze. In gute Leute in einer schlechten Situation zu investieren, ist in der Regel nicht falsch. Und wer in die Qualitäten von Christoph Blocher investieren will, kauft Ems Chemie? Die Ems-Gruppe führt unsere älteste Tochter. Ich lasse die Finger davor. Wenn sie wollen, können mich die Kinder um Rat fragen. Sie sind tüchtige Unternehmer und besser ausgebildet als ich und machen es sehr gut. Wo sehen Sie als erfolgreicher Geschäftsmann und Milliardär heute Möglichkeiten zum Geld verdienen? Ich bin nicht der richtige Mann für die Antwort auf diese Frage. Geld zu verdienen, war nie mein Beweggrund. Aber wenn man die Sache wirtschaftlich gut macht, verdient man Geld. Ich bin in dem Sinn kein Anleger. Aber eines ist sicher: Chancen, etwas zu bewegen, hat man in schwierigen Situationen – falls man führen kann. Ich kaufte Ems, als es schlecht lief. Ich habe Firmen gekauft und erhielt - weil sie so schlimm standen – zum Teil noch Geld, damit ich sie "kaufte". Aber ich musste sie führen. Und so entstand das Vermögen. Einer Branche, der es ganz offensichtlich schlecht geht, ist die Medienbranche. Sind Sie bei der Basler Zeitung dabei? Nein. Wenn ich so etwas machen würde, so nur zu 100%. Um erfolgreich zu sein, muss ich auf die Stärken setzen. Was ist meine Stärke? Ich habe Führungserfahrung und derzeit finanzielle Mittel. Wenn es Firmen gibt, die durch Führung zum Erfolg geführt werden können und in der Not sind, mache ich das. So habe ich mich an verschiedenen Firmen still beteiligt, die häufig von jungen Leuten gegründet wurden, die noch nie eine Wirtschaftskrise durchlebt haben. Ich will sie mit ihnen zum Erfolg führen, dann wieder abtreten. Wie viele stille Beteiligungen haben Sie derzeit? Sieben, alles Industrieunternehmen, mit einem Gesamtvolumen von rund 70 Mio. Fr. Wollen Sie dieses Portefeuille ausbauen? Zurzeit habe ich zu viele Anfragen. Aber ich darf mich nicht "überlupfe". Am Anfang ist der Führungsaufwand sehr gross. Aber der Vorteil des Alters ist die grosse Erfahrung. Man sieht meist sehr schnell, woran es liegt. Schon die richtige Frage wirkt Wunder. Was empfehlen Sie im Bereich der kotierten Gesellschaften? Wenn es eine Firma gibt, deren Aktien ich noch nie empfohlen habe, ist es die im eigenen Umfeld. Wer auf Sicherheit gehen will, ist mit Ems gut bedient. Ein sicherer Wert, seriös geführt. Gute Rendite. Wollen sie hohe Rendite bei hohem Risiko, suchen Sie Gesellschaften, denen es schlecht geht und wo sie den personellen Turnaround spüren. GF ist noch nicht so weit. Habe ich nicht geprüft. Bei Rieter vor einem Jahr vielleicht. Vielleicht bald Lonza. Bei kotierten Gesellschaften ohne starken Aktionär geht es immer länger, bis die Alarmglocke schlägt. Aber hören Sie auf diese Glocke. Halten Sie einen Teil Ihres Vermögens in Gold? Nein, ich bin durch und durch Unternehmer. Als  grosses Problem der künftigen Wirtschaft sehe ich die staatliche Verschuldung. Das Problem ist noch gravierender als die hohen Managerlöhne. Und in dieser Unsicherheit ist es höchste Priorität dafür zu sorgen, dass die Grossbanken kein Landes-Problem mehr darstellen. Wird das too big - to fail Problem nicht gelöst, kann die Schweiz zu Grunde gehen. Deshalb wollen Sie die Grossbanken aufbrechen. Neu strukturieren mit einer Holding und voneinander unabhängigen selbständigen Gesellschaften. Bis jetzt gibt es keine bessere Lösung als die Holdinglösung, die mit dummen Argumenten unter den Tisch gewischt wird. Eine andere Lösung wäre ein internationales Insolvenzrecht. Das geht in die gleiche Richtung. Aber wir können nicht auf eine internationale Regelung warten. Die Schweiz muss vorangehen. Für die Schweiz ist diese Problemlösung überlebenswichtig. In Sachen Bankkundengeheimnis torkelt die Schweiz scheinbar von einer Panne in die nächste. Wie konnte es soweit kommen? Bundesrat Merz hat keine Strategie und lebt in den Tag hinein. Aber der Gesamtbundesrat lässt ihn auch in den Tag hinein leben. Wenn ich der Presse glauben kann, ist an der letzten Bundesratssitzung den anderen Bundesräten wohl der Kragen geplatzt und sie verlangten rasch eine Strategie. Das ist ein altes Problem des Bundesrates. Schon 2006, als die Rentenanstalt wankte, wurde das Problem „Too big – to fail“ erkannt. Es wurde nichts gemacht mit der Begründung, eine solche Firma könne nicht scheitern. Als Europa das Steuerthema lancierte, weigerte sich der Bundesrat eine Strategie zu entwerfen. Man liess Herrn Merz bewusst machen! Aber für die SVP ist Merz doch ein Glücksfall. Der FDP laufen die Leute gerade wegen ihm davon. Unsere politischen Gegner sind nicht die Freisinnigen. Es nützt nichts, wenn uns die Freisinnigen zulaufen. Die grünen und roten Politiker in vielen Parteien und die Führungslosigkeit ist das Problem. Das gilt es zu verhindern. Die Probleme, die sich stellen, lösen und dies nicht den Linken überlassen. Sie haben schlechte Motive, ein falsches Menschenbild und betreiben dekadente Politik. Es gilt die Arbeiter und Angestellten der Privatwirtschaft zu schützen, damit die Linken nicht die Wirtschaft zerstören. Die Überfremdungsangst ernst nehmen. Die Bürger haben kein Vertrauen in die sozialistische Politik, aber nur wenn wir Bürgerliche nicht versagen. Dann wäre ja ein Schulterschluss zwischen SVP und FDP naheliegend. Der vorherige Parteipräsident Rolf Schweiger war offenbar nahe dran. Darauf warten wir schon lange. Der Freisinn hat leider ein Basisproblem, das in den Siebziger Jahren entstand. Die Partei öffnete sich nach links, und heute kann die FDP machen, was sie will, sie macht es immer jemandem  nicht recht. Das zerreisst die Partei. Und trotzdem: Wenn es darauf ankommt, steht die SVP zur FDP. Ohne die SVP wäre Herr Burkhalter nicht in der Regierung. Sind Sie für 2011 für die SVP optimistisch? Wenn heute Wahlen wären, würde die Partei massiv zulegen. 2011 ist aber noch zu weit weg für eine Prognose. Leiden wird die FDP. Aber das ist nicht unsere Zielsetzung – im Gegenteil. Wo Grünliberale und BDP auftreten, verliert nicht die SVP. Zur FDP: "Getrennt marschieren und vereint schlagen."

13.02.2010

Der Ständerat hat die bundesrätliche Vorlage auf Druck der Manager massiv verwässert

Abzocker-Initiative: Interview mit der NZZ vom 13. Februar 2010 Die Credit Suisse zahlt pro Mitarbeiter durchschnittlich 144 000 Franken Bonus. Ist das Wasser auf die Mühlen von SVP und «Abzocker»-Initiant Minder? Vielleicht. Aber weil der Steuerzahler beim Kollaps der CS zahlen müsste, interessiert die Frage auch die Politik. Die gewinnabhängigen Boni müssten jedenfalls auf ein Sperrkonto bezahlt werden. Schlimm aber ist, dass Geschäftsleitungsmitglieder die führenden Leute für 2008, als die CS einen Verlust von 8,2 Mia. zu verzeichnen hatte, im Durchschnitt mit 7,1 Mio. Fr. Entschädigt wurden! Das ist unternehmerischer Unsinn und für den Schweizerischen Steuerzahler, der im Ernstfall faktisch haftet, unhaltbar! In guten Jahren begründete man den Bonus als unternehmerische Partizipation am Gewinn. Als Verluste produziert wurden, waren Boni plötzlich Prämien um die Leute zu halten. Sind Sie auf Thomas Minder zugegangen, oder war es umgekehrt? Der bundesrätliche Entwurf für das revidierte Aktienrecht stammt aus meiner Zeit als Bundesrat. Damals habe ich mit allen involvierten Kreisen intensive Gespräche geführt, auch mit Herrn Minder. Jetzt tue ich es nicht als Bundesrat, sondern als Verantwortlicher für Strategiefragen der SVP. Seit Anfang Dezember 2009 führten Thomas Minder und ich intensive Gespräche mit dem Ziel, eine wirtschaftspolitische gangbare Lösung zu haben, die es dem Initiativkomitee erlaubt, die  Initiative zurückzuziehen und die gleichzeitig auch der Haltung der SVP entspricht. Haben Sie denn als Bundesrat eine untaugliche Vorlage gezimmert? Nein. Aber der Ständerat hat die bundesrätliche Vorlage auf Druck der Manager massiv verwässert. Die Einigungsvorlage nimmt die Eckwerte wieder auf. Die Lehren aus der Finanzkrise zwingen zudem zu Ergänzungen: Zum Beispiel die Genehmigung der Gesamtvergütung der Geschäftsleitung durch die Generalversammlung. Unter dem Aspekt der Verantwortlichkeit ist das zwar nicht ganz lupenrein. Die Geschäftsleitung untersteht dem Verwaltungsrat. Aber um Missbräuche bei der Salärierung der Geschäftsleitungen bei börsenkotierten Firmen zu verhindern, muss dies im Kauf genommen werden. Und jede börsenkotierte Firma, die keinen Dreck am Stecken hat, kann gut damit leben. Sie schliessen ein Ja zur Minder-Initiative nicht aus. Spielt da der Druck der SVP-Basis mit? Auch bei der BVG-Vorlage haben Sie ja grösste Mühe, ihre Truppe zusammenzuhalten. Nicht nur die Basis, sondern ich persönlich ziehe die „Abzocker-Initiative“ einem schlechten Gegenvorschlag vor. Man hat keine Vorstellung davon, wie viele Leute letztlich Aktionäre sind und damit ihr Geld verloren haben, zum Beispiel bei der zweiten und dritten Säule! Die Stimmung in der Bevölkerung ist darum schlecht, zu recht. Dies rächt sich nun bei der BVG-Vorlage. Diese gute Vorlage geht verloren - nicht nur wegen der lausigen Pro-Kampagne. Hat die Wirtschaft das Vertrauen der Politik verspielt? Nicht das Vertrauen in die Wirtschaft, aber in die Verantwortlichen von börsenkotierten Firmen, vor allem die Banken und Versicherungen. Hier sind ja auch Missstände aufgetreten. Da  ist das Privateigentum der Anleger nicht mehr geschützt. CVP und FDP wollen nach wie vor einen direkten Gegenvorschlag zur Minder-Initiative. Ist ein bürgerlicher Schulterschluss unmöglich geworden? Der direkte Gegenvorschlag macht keinen Sinn mehr. Thomas Minder könnte sonst seine Initiative nicht zurückziehen. Nun müssten die Mitteparteien einlenken. Sprechen Sie noch mit CVP und FDP? Unverzüglich wird die SVP mit allen Regierungsparteien reden.  Inhaltlich ist ja die CVP schon weit gegangen mit ihren Vorschlägen. Und wenn die SP nicht nur vom Abzocker-Problem leben, sondern es lösen will, wird auch sie mitmachen. Kommt es Ihnen zupass, dass Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf für die Aktienrechtsreform verantwortlich ist? Es wäre mir schon lieber, ich wäre selber noch zuständig (lacht). Also tue ich es nun als Bürger – als Mitglied des Souveräns. Sie könnten ja das zuständige Departement kontaktieren. Das geht nicht. Frau Widmer-Schlumpf ist da sehr empfindlich. Würde ich meine ehemaligen Leuten kontaktieren, wären diese wohl ihre Stelle los. Blicken wir nach Deutschland. Ihre ehemaligen Bundesratskollegen wollen möglichst rasch ein neues Doppelbesteuerungsabkommen abschliessen. Das ist zu sistieren. Man schliesst keine Abkommen mit einem Staat ab, der gestohlene Bankdaten kauft und sich als Hehler und Mittäter agiert. Zuerst muss die Datenklau-Affäre bereinigt werden. Auch strafrechtlich. Welche Handlungsoptionen sehen Sie gegenüber Deutschland? Das Bankkundengeheimnis gilt. Man kann es nicht ändern, ohne das Schweizer Gesetz zu ändern. Das hat man Deutschland zu erklären. Und weiter? Die Unterscheidung zwischen Hinterziehung und Betrug muss bleiben. Sonst wird in der Schweiz jeder Steuerzahler kriminalisiert. Durch die neuen Doppelbesteuerungsabkommen  würde der Grundsatz der doppelten Strafbarkeit preisgegeben. Dieser bedeutende Grundsatz sagt, dass für die Gewährung von Rechts- und Amtshilfe sowohl nach der Rechtsordnung im Inland als auch im Ausland ein Verdacht zu einem Verbrechen vorliegen muss. Steuerhinterziehung ist nach schweizer Recht ein Vergehen – wird auch bestraft – aber nicht als Verbrechen. In Deutschland ist es ein Kapitalverbrechen. Es ist ausserordentlich gefährlich, wenn man allgemeine Grundsätze auf den kleinsten Druck hin preisgibt. Sie haben aber selber schon signalisiert, man müsse dem Ausland klar machen, dass man kein Geld aus Steuerbetrug bzw. Hinterziehung akzeptiert. Das gilt schon heute für die Banken. Sie machen sich strafbar, wenn sie die Kunden zu Steuerhinterziehung verleiten. Wenn die Banken nicht hintergangen werden wollen, dann können sie von ihren Kunden eine Bestätigung verlangen, dass sie ihr Geld versteuert haben. Die Privatbanken laufen dagegen Sturm. Dann müssen sie es nicht tun. Aber die Konsequenzen tragen. Weiter steht die Idee einer Abgeltungssteuer im Raum. Eine solche wäre innenpolitisch konsensfähig. Europa hat dies bisher abgelehnt. Diese würde der Schweizeischen Verrechnungssteuer entsprechen, die ja Steuerhinterziehung uninteressant macht. Warum will die EU nicht? Weil die angelsächsischen Staaten viel stärker geschützte Finanzplätze – auch für Schwarzgelder - haben. Und weil sich die EU-Staaten gegenseitig nicht trauen, dass das Geld überwiesen wird! Aber wenn die EU eine Abgeltungssteuer will, bin ich nicht dagegen. Die SVP hat bisher immer nur Härte markiert. Sie wollten das Bankgeheimnis in der Verfassung verankern. Nicht Härte, sondern Konsequenz! Konsequent sein bedeutet die schweizerische Rechtsordnung zu respektieren und zu verteidigen! In diesem Fall das Bankkundengeheimnis.  Die Idee eines Verfassungsartikels kam auf, weil die Politiker angefangen haben, es zu unterlaufen. Willkürlich! Sie halten also immer noch an der Verankerung in der Verfassung fest. Ja, aber wir sollten es weiter fassen. Wir brauchen einen Verfassungsartikel zum Schutz der Privatsphäre allgemein. Das Bankkundengeheimnis ist ein Teil davon. Die SVP hat erst ein vorläufiges Konzept dazu. Im Moment haben leider aktuelle Fragen Vorrang. Es macht den Anschein, als komme die Schweiz überall zu spät. Das hat doch auch damit zu tun, dass die SVP jegliche Kompromissbereitschaft des Bundesrats sofort als Schwächezeichen diskreditiert. Für das Richtige zu spät und für das Falsche zu früh! Das Problem wurzelt darin, dass die Politik heute konzept- und strategielos handelt. Solange der Bundesrat so regiert, ist der dauernden Flucht nach vorn und dem Regieren im Einzelsprung-Verfahren entschiedener Widerstand entgegenzusetzen. Macht der Bundesrat denn überhaupt etwas richtig? Wenn er etwas richtig machen würde, hätten Sie die Frage nicht gestellt. Wir fragen trotzdem. Auf den kleinen Druck aus dem Ausland macht der Bundesrat so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Der Gesamtbundesrat delegiert Probleme und lässt Strategielosigkeit zu. Heute hackt man auf Hans-Rudolf Merz herum. Dabei hat es hat noch sechs andere Bundesräte. So wird jeden Tag unter Druck Neues preisgegeben. So verliert das Land den Respekt! Nehmen wir den automatischen Informationsaustausch! Bis vor kurzem galt dies als undenkbar. Jetzt heisst es, die Preisgabe sei allenfalls die Gegenleistung für ein – übrigens unnötiges - Dienstleistungsabkommen mit der EU. Ein neuer Sprung ins Abseits! Bundespräsidentin Leuthard sagt, der Bundesrat sei sich völlig einig. Das hoffe ich nicht. Vertritt Ueli Maurer denn eine andere Meinung als die übrigen Bundesräte? Leider sind die Sitzungen geheim. Aber ich bin überzeugt, dass Ueli Maurer die Meinung der SVP vertritt. Sie wollen die UBS aufspalten. Alle systemrelevanten Firmen. Da gehört neben der UBS auch die CS. Hat die Schweiz nicht hervorragend von der Grösse dieser Banken gelebt? Von den Banken – nicht von der Grösse! Wir wollen die Banken nicht kaputtmachen. Aber neu strukturieren, damit im Krisenfall nicht die Schweiz kaputt geht. Und jede Firma kann sterben. Ich kenne kein Unternehmen, das vor 2000 Jahren gegründet wurde und noch lebt – ausser die katholische Kirche. (Aber sie muss die Bilanz wohl erst im Himmel offenlegen). Spass beiseite: Die Schweizer Volkswirtschaft darf nicht in den Ruin gezogen werden, nur weil eine Grossbank in den USA Verluste erwirtschaftet. Vielleicht ist Ihre Idee nicht gut genug. Dann bringen Sie eine bessere. Aber unser Weg löst das Problem Too big – to fail. Das ist noch wichtiger als das Bankgeheimnis, die  Doppelbesteuerungsabkommen,  das Aktienrecht und vieles mehr. Hier geht es um die Existenz des Landes.  Doch der Bundesrat hat als Experten vorwiegend Grossbankvertreter. Für dieses Problem ist dies falsch: „Wer den Sumpf trocken legen will, kann dies nicht mit den Fröschen besprechen“.