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Immigration
23.01.2009
18.01.2009
Wir prüfen eine Initiative
Mit der Wirtschaftskrise wird die Politik der offenen Grenzen unter Druck kommen, glaubt Christoph Blocher (68). Eine Initiative soll eine neue Lösung bringen. Herr Blocher, landauf, landab kämpfen Schweizer Unternehmer für ein Ja bei der Abstimmung am 8. Februar. Sie unterstellen diesen Unternehmern egoistische Motive. Weshalb? Christoph Blocher: Nicht Egoismus, sondern Eigennutz. Die Unternehmer haben verständlicherweise ein Interesse, aus 470 Millionen statt 7,5 Millionen Einwohnern wie in der Schweiz auswählen zu können. Das ist doch ein volkswirtschaftlicher Vorteil! In der Hochkonjunktur ja, aber nicht in der Rezession. Was geschieht, wenn die gleichen Unternehmer die Leute wieder entlassen müssen? Ein verantwortungsvoller Unternehmer muss langfristig denken. Grundsätzlich sind Sie aber doch für die Personenfreizügigkeit? Ich bin dafür, dass wir die Arbeitskräfte kriegen, die wir brauchen. Aber ich bin nicht dafür, dass alle bleiben können, sobald sie arbeitslos sind. Aber jetzt haben wir die Verträge unterschrieben, und wir sollten dazu stehen, sie also nicht kündigen – aber nicht noch das Abenteuer auf Rumänien und Bulgarien ausweiten. Was stört Sie denn an der erweiterten Freizügigkeit für Bulgarien und Rumänien? Das sind zwei der ärmsten Länder Europas. Beide Staaten weisen eine hohe Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Korruptionsrate auf. Die werden importiert. Das sind aber boomende Wirtschaften, die sich entwickeln. Das war die Meinung in der Hochkonjunktur. Sie scheinen sich speziell vor den Roma zu fürchten. Warum? Das Problem sind die Fahrenden, nicht die Roma. Es gibt auch Roma mit festem Wohnsitz. Es ist sehr schwierig, die zurückzuschaffen. Warum wäre es denn so schwierig, die Fahrenden wegzuschicken? Wir haben schon grosse Mühe, einen Afrikaner per Flugzeug heimzuschaffen. Es ist praktisch unmöglich, eine ganze Gruppe von Fahrenden samt ihren Wohnwagen zwangsweise auszuschaffen! Daran arbeitet nun Italien verzweifelt. Wo sind denn die Fahrenden der fraglichen EU-Länder, mit denen wir heute schon die Personenfreizügigkeit praktizieren, etwa aus der Slowakei? Diese Volkswirtschaften sind viel weiter fortgeschritten. In Spanien, das seit dem 1. Januar 2007 die volle Freizügigkeit mit Rumänien und Bulgarien kennt, sind 730000 Rumänen und 150000 Bulgaren eingereist. Spanien versucht dies rückgängig zu machen, weil es ein Riesenproblem ist. Und die kleine Schweiz will hier öffnen! Sie sind kurz vor den Schlussverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien als Bundesrat abgewählt worden. Was wäre Ihr Verhandlungsziel gewesen? Eigentlich wollte ich überhaupt nicht verhandeln, aber der Bundesrat wollte es so. Also kämpfte ich für möglichst lange Übergangsfristen. Dann wollte ich Sonderregelungen für die 2,5 Millionen Fahrenden aus Rumänien und Bulgarien. Doch dann wurde der Vertrag ohne diese Klausel abgeschlossen! Im schlimmsten Fall hätten wir keine Freizügigkeit für Personen ohne festen Wohnsitz zulassen können. Eine Sonderlösung für Fahrende, womöglich noch mit einem Stempel im Pass. Das erinnert sehr an ein dunkles Kapitel unserer Geschichte. Nur keine falschen Parallelen! Es geht um objektive Voraussetzungen. Viele EU-Länder suchen jetzt eine Lösung. Sehen Sie: Es gibt kein einziges Land auf der Welt, das eine Personenfreizügigkeit hat. Die kleine Schweiz ist das einzige Land, das sich diese Verrücktheit erlaubt. Die typischen Einwanderungsländer USA, Kanada, Australien und Japan – kein Land kennt eine Personenfreizügigkeit. Das wäre für sie ein Abenteuer. Und für die Schweiz wird es eines! Aber die EU-Staaten. Die europäischen Staaten können dies nur innerhalb der EU. Diese Länder wollen keine Staaten mehr sein und haben deshalb ihre Souveränität an die EU abgetreten. Die Schweiz ist ein souveräner Staat! So absolut stimmt das weder für die Schweiz noch für die Staaten der Europäischen Union. Von Deutschland heisst es, es würde nur noch 17 Prozent aller Gesetze selber erlassen. Die Schweiz dagegen ist noch ein souveränes Land. Was wäre dann für Sie die richtige Lösung? Leute aus der ganzen Welt sollten in der Schweiz arbeiten können, wenn sie einen Arbeitsvertrag haben. Wenn der Arbeitsvertrag abläuft, müssen sie die Schweiz wieder verlassen. Nur wenn sie lange genug da sind, bekommen sie eine Niederlassungsbewilligung. Mit der vollen Personenfreizügigkeit ist es dagegen möglich, dass einer, der vorher in der EU gearbeitet hat und nach nur einem Arbeitstag in der Schweiz arbeitslos wird, Arbeitslosengelder und die schweizerischen Sozialleistungen während fünf Jahren bezieht. Diese Woche sagte die CVP an einer Pressekonferenz, ein Nein am 8. Februar bedeute zwingend das Ende der bilateralen Verträge. Sie widersprechen. Es gibt keinen Automatismus und keine Guillotine. Nur wenn der Bundesrat die Bilateralen kündigen würde, wäre dies das Ende. Doch der Bundesrat ist nicht so dumm, dass er das täte. Er hätte auch keinen Auftrag vom Volk dazu. Der Bundesrat hat keinen Plan B. Was sollte er tun, wenn es wider Erwarten ein Nein gäbe? Bei einem Nein muss der Bundesrat das Abstimmungspäckli wieder aufmachen und jede Vorlage separat vorlegen, wie er das ja ursprünglich machen wollte. Die Weiterführung könnte sofort beschlossen werden. Es dürfte nicht einmal ein Referendum geben. Also keine Probleme... Auf jeden Fall dann nicht, wenn die Schweizer in drei Wochen mit Ja stimmen. Aber mit dem Ja zur Personenfreizügigkeit am 8. Februar wird die Schweiz grosse Probleme und eine hohe Arbeitslosigkeit erhalten. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung stellt sich die Frage: Unter welchen Bedingungen darf der Arbeitsmarkt geöffnet werden? Die SVP sollte prüfen, ob sie eine Initiative für eine eingeschränkte Personenfreizügigkeit lancieren soll. Wir wollen nichts zerstören. Aber man kann alles neu verhandeln. Ist das schon von den Parteigremien abgesegnet worden? Dieses Projekt werde ich nach der Abstimmung neu in die Partei tragen. Ich gehe davon aus, dass die Parteigremien mitziehen. Denn die SVP weiss: Die Personenfreizügigkeit in dieser Form können die Schweizer nicht verkraften.
18.01.2009
Wenn so weitergewurstelt wird, droht uns ein Asylchaos
Interview mit der "Zentralschweiz am Sonntag" vom 18. Januar 2009 von Kari Kälin Schuld am Anstieg der Asylgesuche sei der Schlendrian, sagt Christoph Blocher. Mit der Forderung nach mehr Unterkünften, mehr Geld, mehr Personal und Ausreden für die Misstände löst man kein Asylproblem. Christoph Blocher, die Zahl der Asylgesuche stieg 2008 um 53 Prozent auf 16 600 an. Eveline Widmer-Schlumpf will jetzt das Asylgesetz verschärfen. War Ihre Vorlage, die erst ein Jahr in Kraft ist, zu wenig streng? Christoph Blocher: Nein. Die Revision ist zwar nötig. Aber der Bundesrat lenkt davon ab, dass er sein Ziel nicht erreicht hat. Es braucht zwar neue Paragraphen, Aber das Gesetz muss angewendet werden. Das geschieht mangelhaft. Stattdessen wird das Asylwesen nur noch verwaltet. Man wartet, wie viele Asylbewerber kommen. Dabei ist dafür zu sorgen, dass unechte Asylanten gar nicht kommen. Der Anstieg ist schlimm. Immerhin will Widmer-Schlumpf erreichen, dass Dienstverweigerer und Deserteure nicht mehr automatisch Asyl erhalten, nachdem dies die damalige Asylrekurskommission als Fluchtsgrund anerkannt hatte. Blocher: Genau diese Massnahme wurde vorbereitet, bevor ich abgewählt wurde. Ich wollte sie aber bereits auf die Märzsession 2008 per dringlichen Bundesbeschluss einführen, um dem Problem mit den Dienstverweigerern und Deserteuren aus Eritrea Herr zu werden. Leider wurde dies auf die lange Bank geschoben! Jetzt handelt Ihre Nachfolgerin und wird dafür von der SP getadelt. Blocher: Bis die Revision in Kraft tritt, dauert es mindestens bis 2011. Sie wird also spät wirksam. Das Problem brennt jetzt! Es ist absolut unverständlich, dass es keinen dringlichen Bundesratsbeschluss gab. Auf Ihre Initiative wurden die Asylstrukturen bei Bund und Kantonen auf jährlich 10 000 Gesuche ausgerichtet. Jetzt steigt die Zahl der hängigen Fälle, und viele Kantone wissen kaum noch, wo und wie sie die zugewiesenen Asylbewerber unterbringen sollen. War der Rückgang während ihrer Amtszeit nur ein Strohfeuer? Blocher: Ich möchte daran erinnern, dass die Zahl der Asylgesuche unter meiner Führung kontinuierlich sanken – von 23'000 im Jahre 2003 auf ca. 10'000 im Jahre 2007. Bei straffer Führung wären sie 2008 unter 10'000 und nicht bei 16'600! Jetzt macht sich in Bern wieder der Asylschlendrian breit. Und die Probleme werden mit mehr Geld zugedeckt. Die Kantone klagen, der Bund stelle nicht genügend militärische Anlagen zur Verfügung, obwohl er dies bei einem unerwartet grossen Ansturm versprochen hatte. Diese Kritik richte sich auch an Sie. Blocher: Würde der Asylbereich vom Bundesrat richtig geführt, bräuchte es nicht mehr Unterkünfte! Natürlich muss der Bund Unterkünfte bereitstellen, wenn zu hohe Eingänge vorliegen! Es gibt entsprechende Verträge mit dem VBS! Aber wir haben keine ausserordentliche Situation. Wenn in Bern so weitergewurstelt wird wie jetzt, droht ein Asylchaos, und bis Ende nächsten Jahres werden es wieder 20 000 neue Gesuche. Wir müssen die Schlepper abschrecken! Sie behaupten, es wären höchstens 10000 Asylbewerber gekommen, wenn sie Justizminister geblieben wären? Blocher: Das war die Vorgabe an mich, denn ich wusste ja nicht, dass ich abgewählt würde. Ich hätte sie mit Sicherheit erreicht! Mir wäre ein Nachtragskredit niemals so reibungslos gewährt worden, darum habe ich stets meine Budgetziele erreicht!. Widmer-Schlumpf sagt, ihre Annahme von 10000 Gesuchen sei wohl zu optimistisch gewesen. Blocher: Die Asylzahlen sind nicht gottgegeben. In Österreich gab es letztes Jahr zum Beispiel nur 8 Prozent mehr Gesuche. Österreich liegt ebenso nahe bei Italien! Insgeheim erhoffte ich mir, die Zahl auf 8000 herunterzubringen. Die Zeichen standen gut. Nachträglich muss ich sagen, auch das wäre möglich gewesen! So hat sich etwa auch die Situation im Irak verbessert. Dann wurde ich abgewählt, und jetzt sind es mehr als doppelt so viele Asylbewerber. Wer die Ziele nicht erreicht, kann nicht dem Budget Schuld geben Die meisten Gesuche stammen aus Eritrea und Somalia. Beide Länder sind in Kriege verwickelt. Deshalb bitten auch bei uns mehr Flüchtlingen um Aufnahme. Man kann den Migrationsdruck doch nicht einfach von Bern aus mit einer Zielvorgabe eindämmen. Blocher: Diese Schallplatte kenne ich. Das sind Ausreden. Wenn sich irgendwo eine Naturkatastrophe ereignet oder ein Krieg wie damals in Kosovo ausgebrochen wäre, könnte ich den galoppierenden Anstieg auf 16 000 Gesuche ja noch verstehen. Das war aber nicht der Fall. Die Schweiz ist wieder zu attraktiv, weil das Asylgesetz nicht konsequent umgesetzt wird. Die Schlepper wissen, dass man die Flüchtlinge jetzt wieder in unser Land schleusen kann. Das spricht sich herum! Doppelt so viele Flüchtlinge – rund 33000 – gelangten letztes Jahr über die Lampedusa-Route nach Italien und von dort nach Europa. Der Anstieg in der Schweiz lässt sich auch so erklären. Blocher: Auch dies sind die ewigen Ausreden! Weshalb reisen diese Menschen denn nicht nach Österreich? Das Problem sind die Schlepper. Wenn die Menschen, die ohne asylrelevante Gründe in die Schweiz einreisen, schnell zurückgeschafft werden, spricht sich das in ihrer Heimat herum. Die Leute wissen dann, dass es sich nicht lohnt, viel Geld für einen Schlepper zu bezahlen, wenn man doch nicht bleiben darf. Die Schlepper verlieren ihren Markt! Woher wissen Sie das so genau? Blocher: Weil ich 2004 bis 2007 das Asylwesen verantwortet habe - und Erfolg hatte. Ich war selber immer auch an der Front. Ich habe mich zum Beispiel einmal bei der Empfangsstelle in Kreuzlingen inkognito in die Warteschlage eingereiht. Viele Asylbewerber haben von den Schleppern einen Zettel bekommen, auf dem die Adresse der Empfangsstelle stand. Und es ist keineswegs so, dass nur verfolgte, arme, unbeholfene Menschen um Asyl bitten. Die Ärmsten der Welt können sich die Reise gar nicht leisten Die Berner Beamten sollten sich vermehrt vor Ort ein Bild machen Blocher: Wenn es an Personal fehlt, sind Leute aus der Bundesverwaltung an die Empfangsstellen zu schicken. Man muss jede Woche Auskunft verlangen, wie viele Gesuche behandelt und wie viele Asylbewerber zurückgeschafft wurden. Fordern, kontrollieren und korrigieren. Die Personen, welche die Asylgesuche behandeln, brauchen Unterstützung von zuoberst. Ihre Arbeit ist unangenehm. Der Bundesrat muss sie deshalb gegen Vorwürfe von Hilfswerken, linken Kreise und Kirchen, sie seien fremdenfeindlich, verteidigen. Sonst resignieren sie. Schauen Sie nach Zürich, wo Papierlose Kirchen besetzt haben. Der Vorsteher des kantonalen Migrationsamts wurde von den verantwortlichen Politikern völlig im Regen gelassen. Dabei wendete er nur das Gesetz an. Ich finde, es wäre angebracht gewesen, wenn sich in diesem Fall der Zürcher Regierungsrat und der Bundesrat öffentlich klar und deutlich hinter den Leiter des Migrationsamtes gestellt hätten. Dieser hätte den Titel eines Schweizer des Jahres verdient!
16.01.2009
Widerstand statt Anpassung
Politische Standortbestimmung von Christoph Blocher anlässlich der 21. Albisgüetli-Tagung der Schweizerischen Volkspartei des Kantons Zürich unter dem Titel "Widerstand statt Anpassung" am Freitag, 16. Januar 2009 im Schützenhaus Albisgüetli, Zürich.
16.01.2009