«Leider träumt Ogi von einer Armee, die mit der Nato zusammengeht»
Interview mit dem « Blick » vom 22. Juni 2000
Happiger Vorwurf des Zürcher SVP-Politikers Christoph Blocher an Bundespräsident Adolf Ogi: Der VBS-Chef hat die Offiziere in den letzten Jahren immer wieder für politische Propagandazwecke missbraucht, donnert Blocher im grossen BLICK-Interview über die Zukunft unserer Armee.
Eduard Mader
Herr Blocher, sind Sie als Oberst gegen die Armee?
Christoph Blocher: So ein Blödsinn.
Warum bekämpfen Sie dann die Militärgesetzrevision mit allen Mitteln?
Blocher: Sie schafft die Grundlagen, dass die Schweizer Armee im Ausland in Kampfgebiete geschickt wird. Und sie ist eine Vorbereitung auf den Nato-Beitritt. Das ist ein klarer Verstoss gegen unsere Neutralität und eine Abkehr von unserer 200-jährigen Friedenstradition.
Ohne die Revision muss laut Bundespräsident Adolf Ogi die Armee-Reform neu geschrieben werden.
Blocher: Das beweist ja gerade, dass man sie bekämpfen muss! Die Auslandtruppen haben eine so grosse Bedeutung erlangt, dass die ganze Armee-Reform daran hängt.
Wie sehen Sie die Armee-Reform?
Blocher: Die Armee muss im Fall eines Angriffs die Schweiz verteidigen. Dafür braucht sie ein Ele-ment mit hochtechnischen Waffen – eher Profis. Für den Fall, dass es überall losgeht, braucht sie viele Milizsoldaten. Leider träumt Ogi von einer Armee, die mit der Nato und ausländischen Armeen zu-sammengeht.
Also mehr als die vom Bundesrat als Zielgrösse genannten 100 000 bis 120 000 Aktiven?
Blocher: Entscheidend ist der Auftrag – Zahlen sind Details.
Stört es Sie nicht, den eigenen Bundesrat zu attackieren?
Blocher: Ich greife eine falsche Konzeption an. Ich bedaure natürlich, dass Herr Ogi als Bundesrat von meiner Partei den Gegenstandpunkt vertreten muss. Wenn es um Interessen des Landes geht, können aber keine personellen Rücksichten genommen werden.
Was halten Sie von Ogis Maulkorb für die Generalität?
Blocher: Im Militär darf nicht politisiert werden. Ich habe als Regimentskommandant seinerzeit mei-nen Offizieren verboten, im Militärdienst über die Armeeabschaffungs-Initiative zu diskutieren. Ogi und sein Departement haben die Offiziere und Offizierskurse in den letzten Jahren missbraucht, um Pro-paganda für künftige politische Vorstellungen zu machen. Die Gegner durften nichts sagen. Das geht natürlich nicht.
Muss Ogi gehen, wenn er mit der Militärgesetzrevision scheitert?
Blocher: Es ist nicht üblich, dass ein Bundesrat geht, wenn er mit einem Geschäft untergeht. Er muss es selber entscheiden.
Die Berner SVP hat gestern die Revision gutgeheissen: Eine neue Zerreissprobe?
Blocher: Die SVP will Unabhängigkeit und Neutralität sichern, will nicht in die EU und in die Uno. Wenn diese Ziele ein halbes Jahr nach den Wahlen über den Haufen geworfen werden, ist das ein Problem der Berner: Sie müssen mit dem Problem der eigenen Glaubwürdigkeit fertig werden.
Der Zürcher Flügel hat aber nicht gerade Erfolg: Wie beurteilen Sie die Schlappe bei den Bundesrich-terwahlen?
Blocher: Die anderen Parteien versuchen, die erfolgreiche Partei ein wenig zu strafen. Wahlerfolg und Richterwahlen sind weniger wichtig, als dass wir für Freiheit und Wohlstand für die Bürger kämp-fen. Da werden wir nicht aufgeben.
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