«Auch meine Kinder wurden bedroht»
Polizei- und Justizdepartement prüft Frühwarnsystem für Entführungsfalle
23.09.2007, Sonntag, David Sieber und Othmar von Matt
Politiker beklagen sich, in letzter Zeit vermehrt bedroht zu werden. Überrascht Sie das?
Nach 30 Jahren Politik kann ich sagen, dass dies leider immer wieder vorkommt; Bedrohungen gegen exponierte Leute gibt es immer. Auch ich muss mit Drohbriefen leben. Das meldet man der Polizei und spricht nicht darüber. Auf keinen Fall sollte man solche Vorfälle publik machen, um keine Nachahmer nachzuziehen. In den Achtzigerjahren während der Jugendunruhen wurde man sogar tätlich angegriffen. Da demolierten zum Beispiel ein paar Leute das Auto, in welchem ich sass. Von solchen Zuständen sind wir heute weit entfernt.
Müssten Sie als Justiz- und Polizeiminister nicht mit einem Aufruf dafür sorgen, dass sich die Wogen glätten?
Wegen der Bedrohungen? Nur nicht eingreifen. Das gäbe garantiert mehr und neue Bedrohungen. Nochmals: Die Situation ist derzeit nicht besorgniserregend. Ich mache mir viel mehr Sorgen um Jugendgewalt, Kindsentführungen, Gewalt im Alltag wie Messerstechereien etc. Hier bin ich tätig.
Wie?
Mein Departement prüft zum Beispiel ein Frühwarnsystem für Entführungsfälle. Das prüfen wir mit den Kantonen. Allerdings nehmen wir auch die Einwände, dass dies erst recht Nachahmer auf den Plan ruft, ernst. Diese Bedenken äussern Experten.
Wie soll so ein System funktionieren?
Ähnlich wie in den USA und Kanada. Sobald ein Entführungsfall bekannt wird, wird die Bevölkerung aufgerufen, die Augen offen zu halten und Beobachtungen der Polizei zu melden. Der Entführer soll sich nicht mehr bewegen können. Im Fall von Ylenia hätte ein solches System aber nichts genützt. Der mutmassliche Täter hat sich in einem Wald versteckt und sich das Leben genommen. Es gilt auch zu beachten, dass eine « stille Fahndung » in gewissen Fällen besser ist. Um Delikte gegen Kinder zu verhindern, braucht es aber weitere Massnahmen. Nicht nur polizeiliche.
Welche?
Sie setzen im Familiären an. Zum Beispiel: Wie kann man die kleinen Kinder lehren, solche Annäherungsversuche abzuwehren? Aber damit allein ist es auch nicht getan.
Sind Sie persönlich gegen ein solches Alarmsystem?
Spontan nein. Aber ich würdige jetzt die Gründe dafür und dagegen und prüfe die organisatorischen Details. Die tägliche Frage bleibt: Wie kann man solches möglichst verhindern. Ich bin ja Vater von vier Kindern. Wir haben eine solche bedrohliche Situation selbst erlebt. Es ist damals in den Siebzigerjahren gut abgelaufen. Man konnte rechtzeitig die Polizei einschalten, die den Betroffenen verhaftet hat. In diesem Fall war es wichtig, darüber zu schweigen. Aber der Gefahr waren wir uns umso mehr bewusst.
Die SP hat ausgerechnet, dass die SVP 15 Millionen Franken in den Wahlkampf steckt.
Das weiss ich nicht. Diese Summe scheint mir auch gar hoch. Da muss wohl auch Reklame der Kantone dabei sein und vielleicht auch noch ein Teil der SP-Ausgaben.
Zahlen Sie mit?
In der Sonntagsschule sangen wir: « Nun sag ich’s noch einmal…“ Also nochmals: Nein. Seit ich Bundesrat bin, bezahle ich persönlich an keine Kampagnen mehr.
Und Ihre Frau?
Auch meine Frau nicht. Und meine Kinder bis in die zehnte Generation auch nicht. (lacht)
Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi fragt sich, wer die Kolumne Ihrer Frau, die im letzten « Sonntag » erschienen ist, geschrieben hat.
Ich bin erstaunt: Anscheinend ist die Kolumne so gut, dass Frau Nationalratspräsidentin Egerszegi diese nicht selber hätte schreiben können. Oder sie will gar sagen, eine Frau, die kein politisches Amt habe, könne keine solchen Kolumnen schreiben? Das wäre dann eine Beleidigung für die Schweizer Frauen! Als Nationalratspräsidentin sollte man keine Unterstellungen machen, zumal dann nicht, wenn man unter Berufung auf das Amt danach vielsagend schweigt. Ich habe aus der Nähe verfolgt, mit welch tiefer Erfahrung meine Frau – als Mutter von vier Kindern und mit sechs Enkeln – diese Kolumne geschrieben hat.