Gegner gibt es immer
Interview mit der „SonntagsZeitung“ vom 15. November 2008
Mit Christoph Lauener und Denis von Burg
SoZ: Kandidieren Sie erneut als Bundesrat?
Blocher: Ich habe von mir aus noch nie für etwas kandidiert.
Doch, für den Bundesrat schon zweimal.
Blocher: Nein, die SVP wollte mit mir antreten, und so habe ich mich zur Verfügung gestellt. Es gibt auch jetzt starke Kräfte, die wollen, dass ich für die SVP antrete. Sollte sich zeigen, dass die Partei und die Fraktion wirklich der Meinung sind, es sei zwingend, werde ich mir dies ernsthaft überlegen.
Konkret: Morgen dürfte der Parteivorstand der Zürcher SVP Sie zuhanden der Delegierten vorschlagen…
Blocher:… da wissen Sie mehr als ich…
… was eine wichtige Weichenstellung ist. Vorausgesetzt, auch die Delegierten nominieren Sie, was ist Ihre Antwort?
Blocher:Ich nehme es zur Kenntnis. Es ist ein Vorschlag zuhanden der Fraktion. Sie muss dann entscheiden.
Was muss denn der Beste mitbringen?
Blocher:Es muss jemand sein, der sich für die Schweiz einsetzt, gegen den EU-Beitritt kämpft, für die Neutralität einsteht und eine Armee will, die unser Land verteidigt und nicht in die Nato will. Er muss dafür sorgen, dass der Bürger und nicht der Staat gestärkt wird – vor allem zur Bewältigung in der bevorstehenden Rezession. Kurz: Jemand, der die Kernanliegen der SVP überzeugend mitträgt. Er muss auch die nötige Führungseigenschaften mitbringen.
Sie müssten das VBS übernehmen.
Blocher: Bei einer Einervakanz ist es wohl der SVP-Bundesrat. Heute ist die Armee nicht einsatzfähig. Sie beruht auf einer falschen, veralteten Konzeption. Zunächst ist das VBS und die Armee organisatorisch, logistisch und führungsmässig in Ordnung zu bringen. Das braucht Kraft und Führungsqualitäten. Dazu muss eine neue Konzeption entworfen werden. Mit Überzeugungskraft müsste die im Bundesrat und Parlament durchgebracht werden. Die Situation ist ähnlich schwierig wie damals, als man mir den Asylbereich aufhalste.
Sie skizzieren einen Job für sich selber.
Blocher:Nein, das sind Grundanforderungen an einen Bundesrat.
Das Problem ist, dass Sie nicht gewählt werden.
Blocher: Das ist möglich, aber davon sollte sich die Partei zu diesem Zeitpunkt nicht beeinflussen lassen. Zuerst muss die SVP nun klären, wer das geschilderte Anforderungsprofil am besten erfüllt. Wenn unsere Gegner einen solchen Kandidaten ablehnen, dann kann die Partei überlegen, ob sie mit jemand anderem antritt oder ausserhalb des Bundesrats politisieren muss.
Es gibt auch in der SVP viele Gegner einer Blocher-Kandidatur. Um die Situation in der Partei zu beruhigen, könnten Sie jetzt Ihren Verzicht bekannt geben.
Blocher: Gegner gibt es immer. Aus ehrenwerten oder anderen Gründen. Wir kennen die Taktik unserer Gegner: Zuerst Blocher nicht in den Bundesrat, um die SVP zu schwächen. Dann Blocher in den Bundesrat einbinden und mundtot machen, um die SVP zu schwächen. Dann Blocher abwählen, um die SVP zu schwächen. Als auch dies nicht mehr half – Blocher soll verzichten, d.h. er soll die Flinte ins Korn werfen, um die SVP zu schwächen. Weil das nicht gelingt – jetzt Avancen an die Fraktionskollegen, damit die SVP Nein sagt zu Blocher, um die SVP zu schwächen. Namentlich die FDP und die CVP müssen entscheiden. Sie müssen Ja oder Nein sagen. Sie können nicht ihre Wünsche durch die SVP-Fraktion erfüllen lassen.
Und wenn Sie bereits von Ihrer eigenen Fraktion abgelehnt würden?
Blocher:Dann hat die Fraktion entschieden. Ich trat nie um meiner selbst Willen an, sondern für die Sache. Für mich ist die Bundesratswahl kein Spiel.
Wieviele in der SVP-Fraktion erfüllen Ihre Anforderungen?
Blocher: Es gibt solche. Namen möchte ich keine nennen.
Bruno Zuppiger ist wohl gelitten beim Parlament.
Blocher: Kann sein. Wohl andere auch. Möglich ist auch, dass das Parlament am Ende einen wählt, der im mainstream herumschwimmt. Ist er nicht vorgeschlagen von der Fraktion, ist er wieder parteilos und die SVP würde den Oppositionskurs verschärfen müssen. Ob dies gut wäre für das Land? Der SVP würde es nicht schaden.
Das sehen Kritiker auch innerhalb der SVP anders. Die haben genug von der Opposition.
Blocher: Nicht in der Regierung zu sein ist halt unangenehm, das haben National- und Ständeräte nicht so gern, denn sie müssen viele Angriffe ertragen und viel selber erarbeiten. Zudem wollen einige von ihnen auch aus persönlichen Gründen gerne Bundesrat werden oder streben ein anderes Amt an. Da ist es besser, wenn man beliebt ist. Aber wir sind bereit im Bundesrat mitzuwirken, wenn das Parlament bereit ist, in echter Konkordanz ein Mitglied der SVP zu wählen.
Es gibt Bestrebungen Sie zusammen mit einem zweiten «echten» SVPler aufzustellen, damit man am Ende wenigstens einen drin hat. Wären Sie bereit, Speerspitze für einen anderen zu spielen?
Blocher:Lassen wir diese Frage offen. Der Zweck wäre ja wohl, dass der andere gewählt wird.
Was sagen Sie grundsätzlich zu einem Zweierticket?
Blocher: Wenn es auf das gleiche herauskommt, warum nicht.
Könnten Sie oder ein anderer SVP-Vertreter in der aktuellen Konstellation das VBS denn überhaupt verändern?
Blocher: Die Frage ist berechtigt. Eine Herkulesaufgabe. Nach drei Jahren wäre man wahrscheinlich ausgebrannt. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass man sich mit guten, realistischen und gut vorbereiteten Ideen durchaus durchsetzen kann. Nach meiner Wahl setzte man mich ins EJPD und rieb sich die Hände, weil man glaubte, Blocher und die SVP würden an der Asylfrage zerbrechen. Ich arbeitete Tag und Nacht, und am Ende hatte Bundesrat und Parlament im Asylwesen wesentliche Verbesserungen beschlossen. Die Asylgesuche gingen mehr als um die Hälfte zurück. Ist das alles im VBS nicht möglich?
Würde die Armee unter Ihrer politischen Leitung grösser oder kleiner?
Blocher: Die Frage ist zu früh gestellt. Was erfordert eine mögliche Bedrohung des Landes? Wohl am ehesten relativ viele Soldaten, die man für eine Bewachung und Überwachung einsetzen kann. Dann muss man diese Armee aber auch mobilisieren können. Die Milizarmee – die zu Hause ist und nur im Krisenfall einberufen werden kann – ist das Richtige.
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