Das ist wirklich keine Strategie
Christoph Blocher wirft dem Bundesrat vor, an Volk und Parlament vorbei zu entscheiden
Von Beat Rechsteiner
Auf Tele Blocher nahm alt Bundesrat Blocher gestern ausführlich Stellung zur Bankenkrise. Im Anschluss an die Aufzeichnung stellte er sich den Fragen der MZ – und kritisierte dabei den Bundesrat massiv.
Die Landesregierung hat gestern ihre Strategie zum Bankgeheimnis vorgelegt. Schon im Vorfeld war eine Aufweichung im Steuerbereich absehbar. Wie ist Ihre Einschätzung?
Christoph Blocher: Zuerst einmal: Strategie ist ein grosses Wort. Strategie ist ein genauer Plan zur Erreichung eines Ziels unter Einschluss aller erschwerenden Faktoren. So etwas hat der Bundesrat gestern nicht präsentiert. Seine Aufgabe wäre es seit langem gewesen, eine Strategie mit dem Ziel Verteidigung des Bankkundengeheimnisses inklusive der Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung festzulegen. Es ist offensichtlich: Der Bundesrat hat dem Druck aus dem Ausland nachgegeben. Und das ist nun wirklich keine Strategie.
Sehen Sie das Bankgeheimnis jetzt aufgeweicht?
Blocher: Ja, sicher. Die grundsätzliche Zustimmung zum Bankkundengeheimnis ist die höflichste Form zur Ablehnung: Mindestens einzelne Bundesräte wollen Konzessionen machen. Man macht Expertenkommissionen zur Aufweichung des Bankkundengeheimnisses, statt zu dessen Verteidigung. Und die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug als Verbrechen einerseits und Steuerhinterziehung als Übertretung andererseits hat der Bundesrat schon im Vorfeld der gestrigen Sitzung eigenmächtig aufgeweicht. Das ist skandalös!
Weshalb?
Blocher: Wir haben in der Schweiz diese Unterscheidung zu Recht. Wir wollen doch nicht, dass jeder, der einen Fehler bei der Steuererklärung macht, kriminalisiert wird. Wenn der Bundesrat diese Unterscheidung aufweicht, ohne dass ein Gesetz geändert wird, werden Straftatbestände geschaffen, zu denen das Parlament und das Volk nichts mehr zu sagen haben. Dagegen werden wir uns wehren. Schliesslich gilt es, die Einlagen der Bürger zu schützen. Wer Geld auf der Bank hat, muss sich darauf verlassen können, dass seine Daten nur dem Bankkontoinhaber und sonst niemandem bekannt gegeben werden, ausser es handle sich um kriminelle Gelder.
Sehen Sie darin einen Vertrauensentzug gegenüber dem Bürger?
Blocher: Ja, natürlich. Wir haben eine Selbstdeklaration gegenüber dem Fiskus und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Die Steuerehrlichkeit der Bürger ist in der Schweiz im Vergleich zum Ausland hoch. Bei diesem System muss die Schweiz bleiben.
Die SVP will das Bankkundengeheimnis stärken und es dazu in der Bundesverfassung festschreiben. Starten Sie eine Volksinitiative, falls das Anliegen im Parlament scheitert?
Blocher: Ja, das haben wir im Sinn. Nur dauert das sehr lange. Deswegen haben wir nun noch einmal den Weg über das Parlament eingeschlagen.
Wie beurteilen Sie die Leistung des Bundesrats in dieser Krise?
Blocher: Es ist eindeutig: Die Schweiz hat eine Führungskrise. Es ist unglaublich, was hier abläuft. Man hat es seit Jahren verpasst, Strategien festzulegen, sowohl im Bereich des Bankkundengeheimnisses als auch betreffend der Verminderung des Staatsrisikos der Grossbanken.
Sehen Sie denn einen Ausweg aus dieser Führungskrise?
Blocher: Es braucht den Druck von aussen. Die einzige Hoffnung, die ich habe, ist, dass immer mehr Menschen sehen, dass hier einfachste Führungsgrundsätze verletzt werden. Ebenso sollte auch das Parlament Druck ausüben. In anderen Staaten gibt es in solchen Fällen Neuwahlen, wir müssen warten bis 2011. Bleibt zu hoffen, dass danach die richtigen Persönlichkeiten in den Bundesrat gewählt werden.
Zur UBS: Verschiedene SVP-Parlamentarier forderten in den letzten Tagen, dass nicht Kaspar Villiger, sondern Sie neuer Verwaltungsratspräsident werden. Was halten Sie davon?
Blocher: Das ist nicht ganz neu. Ernsthaft kam diese Forderung nach dem Rücktritt von Marcel Ospel, als auch Aktionäre auf mich zukamen, die wollten, dass ich das UBS-Präsidium übernehme. Damals lehnte ich ab, weil ich von meinen Fähigkeiten her nicht eine so grosse Bank führen kann. Das ist auch heute noch so.
Was wäre denn, wenn die UBS-Generalversammlung tatsächlich Sie statt Villiger wählen sollte?
Blocher: Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf, denn das ist eine sehr theoretische Frage. Dazu wird es nicht kommen. Heute kommen diese Forderungen, weil Kaspar Villiger ja das gleiche Defizit hat. Er ist aber durch den Verwaltungsrat vorgeschlagen. Ich konzentriere mich jetzt darauf, dass die Grossbanken endlich in kleinere Banken aufgeteilt werden.
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