Blocher ruft zum Dreikampf auf
Interview für «Der Landbote» vom 27. Oktober 2011 mit Thomas Schraner
Da Sie von keiner andern Partei unterstützt werden, sind Ihre Chancen gering. Welchen anderen Sinn ausser der Wahl hat ihre Kandidatur noch?
Blocher: Einen sehr grossen. Es muss die Diskussion darüber geführt werden, was die «Knechte des Volkes», also die Volksvertreter, im Ständerat vertreten. Wenn man dieser Diskussion ausweicht, sind die Wahlen bloss eine Auswahl von Fotos an den Plakatwänden. Wenn wir es aber fertig bringen, dass über die grossen Fragen diskutiert wird, haben wir viel gewonnen. Das geht aber nur, wenn man antritt und damit eine Niederlage in Kauf nimmt.
Wie gross sind Ihre Hoffnungen auf freisinnige Wähler?
Echt liberal-konservative Freisinnige müssen doch einsehen, dass es besser ist, wenn auf den zwei Linien auf dem Wahlzettel Bürgerliche stehen. In meinem überparteilichen Komitee sind viele Freisinnige.
Was sagen Sie dazu, dass Sie auf der Wahlliste von Natalie Rickli überholt worden sind?
Das freut mich sehr! Warum sollte sie mich denn nicht überholen? Sie hat beste Arbeit geleistet mit ihrer Kritik an der Strafverfolgung und vor allem an den SRG-Gebühren.
Ziehen Sie als Stratege die Lehren aus dem Absturz der zweitplazierten Jungkandidatin Anita Borer?
Warum? Bei Frau Rickli hat es vor vier Jahren ja funktioniert, sie wurde gewählt. Wir sagten Frau Borer von Anfang an offen, dass die Gefahr gross ist, auf diesem Platz gestrichen zu werden. Und zwar von den Anhängern des Blocks hinter ihr. Diese wollten ihre Leute ins Trockene bringen.
Frau Borer wurde verheizt.
Ach was! Sie ist keine Karrierefrau. Sie hat noch viel Zeit, um nach vorne zukommen. Sie ist sehr aufgestellt.
Was sagen Sie zur These verschiedener Wahlbeobachter, ihr Stern sei am Sinken?
(lacht) Ich nehme doch an, dass Sterne mit 71 Jahren langsam sinken. Es wäre nicht gut, wenn der Stern erst aufginge.
In Ihrer Partei wird der Ruf laut, die Erneuerung der Parteiführung tue not.
Das ist doch in vollem Gang. Sehen Sie doch die vielen neuen, jungen Kräfte. Wenn eine Partei schon nur ein bisschen verliert, kommt solche Kritik immer sofort auf. Neun junge SVP-Nationalräte unter 40 sind gewählt worden. Junge wie Toni Brunner oder Natalie Rickli sind schon da! Allerdings übernimmt kaum jemand gerne ein Parteipräsidium. Wir müssen die Leute praktisch immer dazu überreden.
Beging die SVP einen taktischen Fehler, als sie sich vor den Wahlen auf den Ständerat einschoss?
Nein. Das ist auch langfristige notwendig. Unser Ziel war ja nicht die Eroberung des Ständerates, sondern das Ermöglichen einer echten Wahl. Das ist geglückt. Wir wussten von Anfang an, dass Caspar Baader in BL nicht gewählt werden kann. Aber die Primadonnenwahlen in verschiedenen Kantonen haben wir verhindert und einen zweiten Wahlgang erzwungen. Wir sagten immer, dass dies das Beste ist, was man erreichen kann. Nur in Freiburg hat es nicht funktioniert, weil dort Bundesratsanwärter kandidierten.
Wäre es nicht aussichtsreicher, im Kanton Zürich mit einer neuen Person im zweiten Wahlgang anzutreten?
In diesem Fall könnte man tatsächlich von Verheizen sprechen. Kämen wir mit einer neuen Person, ginge sofort das Geheul los. Die anderen Parteien wollen nicht, dass die SVP jemanden nach Bern schickt, ob ich oder jemand sonst spielt für sie gar keine Rolle.
War der Wahlkampf im Kanton Zürich fair?
Das war gar kein Wahlkampf. Es waren höchstens Wahlvorbereitungen im Schlafwagen.
Auch Sie waren auffällig zurückhaltend. Geht es in diesem Stil weiter?
Zu Dritt wird die Auseinandersetzung einfacher. Wenn die Medien Gelegenheit geben, wird es schon Diskussionen geben. Aber wahrscheinlich werden die beiden Bisherigen lieber ausweichen und die Medien ebenfalls, so dass es wieder keine gute Ausmarchung gibt.