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Indépendance

31.10.2010

Der Teufel liegt im Detail

Interview mit der «NZZ am Sonntag» vom 31.10.2010 mit Stefan Bühler und Markus Häfliger NZZ am Sonntag: Hans-Rudolf Merz hat mit England und Deutschland Vereinbarungen über eine Abgeltungssteuer getroffen. Ist das ein Schweizer Sieg, wie viele Kommentatoren meinen? Christoph Blocher: Bisher haben wir erst zwei Absichtserklärungen. Das ist noch wenig. Die Verhandlungen - das Seilziehen - fangen erst an. Jetzt schon von einem Sieg zu sprechen, ist leichtsinnig und gefährlich. Die Stossrichtung der Verhandlungen ist bekannt – was halten Sie davon? Dass man für ausländische Guthaben auf Schweizer Banken eine Abgeltungssteuer analog unserer Verrechnungssteuer einführt, ist eine langjährige Forderung auch der SVP, denn wir wissen, dass das Bankkundengeheimnis für Steuerhinterziehung und -betrug missbraucht werden kann. Dadurch wird das Bankkundengeheimnis gewahrt. Erfreulich ist auch ein zweiter Punkt…. Welchen? Dass die Schweiz endlich mit den EU-Ländern direkt verhandelt, statt mit dem Bürokratie-Wasserkopf in Brüssel. Aber neben diesen positiven Punkten bleibt noch vieles im Dunkeln. Es müssen klare Bedingungen erfüllt sein. Welche? Problematisch ist die Amtshilfe: in unserem Staat gilt das Prinzip der doppelten Strafbarkeit: Fremde Staaten bekommen nur Rechts-oder Amtshilfe über Verdächtige, wenn deren Delikt auch in der Schweiz als Verbrechen strafbar ist. Darum hat die Schweiz bei Steuerhinterziehung, (in der Schweiz ein Vergehen), bisher keine Rechtshilfe geleistet. Leider wurde dieser Grundsatz  bereits preis-gegeben, als der Bundesrat 2009 den OECD-Standard – gegen den Willen der SVP - akzeptierte. Wird jetzt auch noch das aufgeweicht, muss die SVP den ganzen Vertrag ablehnen. Es ist nötig, dass der ausländische Staat nicht nur den Namen eines Verdächtigen, sondern auch konkrete Verdachtsmomente glaubhaft machen muss. Sonst erhält die EU den automatischen Informationsaustausch durch die Hintertüre. Und Ihre weiteren Bedingungen? Dass mit diesem Vertrag, der automatische Informationsaustausch vom Tisch ist. Ebenfalls haben sich die Staaten zu verpflichten, weder gestohlene Bankdaten zu kaufen, noch solche als Beweise zu verwenden. Zwingend ist, dass die Schweizer Banken in Deutschland den vollen Marktzutritt erhalten. In diesen Punkten sind die Vereinbarungen neblig. Der Teufel liegt im Detail. Das ist bei solchen Verhandlungen naturgemäss so. Ja. Darum ist es zum Jubeln viel zu früh. Aber die nächsten Monate sind günstig: Die EU-Staaten brauchen dringend Geld. Das muss jetzt ausgenutzt werden für gute Abkommen. Derzeit sind die EU-Staaten eher bereit, ihre ideologischen Forderun-gen fallen zu lassen – wie alle Menschen in der Not. Wann ist der Punkt erreicht, an dem die SVP das Referendum ergreift? Man kann diese erst nach der Schlussabstimmung im Parlament entscheiden. Ist es für Sie nicht prinzipiell störend, wenn Schweizer Banken für ausländische Staaten Steuern eintreiben? Das wird die Schweiz nicht. Sondern es wird von den ausländischen Bankkunden – wie den Schweizern – ein Prozentbetrag abgezogen und pauschal an den auslän-dischen Staat überwiesen, wo es der Bankkunde zurückfordern kann. Neben der Abgeltungssteuer ist eine einmalige Sondersteuer zur Regularisierung unversteuerter Altgelder geplant. Das ist der problematischere Teil. Doch der Vorschlag für diese Sondersteuer kommt ja von den Bankiers selbst. Wenn sie das im Interesse ihrer Kunden wollen, ist die SVP sicher nicht dagegen. Es geht um enorme Summen. Deutsche Quellen rechnen damit, dass die Schweiz schon nächstes Jahr einmalig 30 Milliarden Euro überweist. Diese Beträge sind reine Vermutungen. Es weiss ja niemand, wie viel unversteuer-tes Geld in der Schweiz liegt und allein davon hängt die Höhe der Summe ab. Diese Summen haben die ausländischen Kunden aber nur zu tragen, wenn es unver-steuertes Vermögen betrifft. Sind Sie zuversichtlich, dass die Verantwortlichen in Bern Ihre Bedingungen erfüllen werden? Nein. Ohne gewaltigen Druck der SVP kommt das nicht gut. Sogar deutsche Zeitungen sprechen von einem Triumph für Bundesrat Merz. Ich mag es ihm ja gönnen. Aber es schwächt die Verhandlungen, jetzt schon so zu tun, als wäre alles erreicht. Es liegen lediglich unverbindliche Absichtserklärungen vor. Gefragt ist jetzt Widerstand und nicht gegenseitige Beweihräucherung. Welche Auswirkungen hat eine Abgeltungssteuer für die Schweizer Banken? Der Schweizer Finanzplatz wird weniger konkurrenzfähig sein. Und trotzdem sind Sie dafür? Ja, weil es im zentralen Punkt nicht um die Banken, sondern um den Bürger geht: nämlich, dass sein Bankkundengeheimnis gewahrt bleibt. Das ist der Sinn der Ab-geltungssteuer. Ich bin überzeugt, dass die Schweizer Banken weiterhin erfolgreich geschäften können. Heute gibt es doch ganz andere Kriterien für die Geldanlage: Die Sicherheit, die politische Stabilität. Gerade wer heute sein Geld in die Schweiz bringt, tut es nicht mehr wegen dem Bankkundengeheimnis, sondern weil er dem Euro und der Politik nicht traut. Noch vor wenigen Monaten sagten viele, gegen die EU können wir die Abgeltungssteuer niemals durchsetzen . . . Jetzt sehen wir: Wenn man konsequent bleibt, bringt man eine gute Sache durch – selbst gegen die EU. Meinen 70. Geburtstag verbrachte ich unlängst in Namibia und hatte in der Wüste auch Zeit für die Rückschau. Ich habe mich gefragt, welche politi-schen Fehler ich in meinem Leben gemacht habe und kam zum Schluss: Ich habe viel zu wenig oft Nein gesagt – und ich habe ja weiss Gott oft Nein gesagt. Es ist halt so: Wer am längsten stur ist, gewinnt.

09.10.2010

Die EU und die Schweiz – wie weiter?

Mein Beitrag für die «Schaffhauser Nachrichten», Beilage «Zeitfragen» vom 9. Oktober 2010 In der bundesrätlichen Europapolitik herrscht gegenwärtig ein beunruhigendes Durcheinander. Bundespräsidentin Doris Leuthard spricht von „Fortführung des bilateralen Weges“ als das für unser Land „am besten geeignete Instrument“. Gleichzeitig verkündet Aussenministerin Micheline Calmy-Rey: „Die Weiterführung des bilateralen Weges gemäss den bisher geltenden Modalitäten ist nicht denkbar.“ Noch-Bundesrat Moritz Leuenberger sagt: "Die Schweiz sollte der EU beitreten." Was gilt nun? Verdecktes Ziel Hier wird mit gezinkten Karten gespielt. Mit Ausnahme der SVP haben alle Regierungsparteien den EU-Beitritt seit den 90iger Jahren in ihrem Programm. In Brüssel liegt ein offizielles Gesuch zum EU-Beitritt der Schweiz. Das Schweizervolk, das die Vorteile einer unabhängigen Schweiz im Hinblick auf die Krisen in der EU immer mehr gewahr wird, ist immer mehr gegen einen EU-Beitritt. Es ist dem Bundesrat peinlich, dass er jetzt vor dem Wahljahr 2011 zur EU-Frage Stellung beziehen muss. Die offizielle Erklärung ist darum: "Heute kommt ein EU-Beitritt nicht in Frage, es gilt der bilaterale Weg". Doch sofort stellen sich Fragen: Wie ist es morgen? Wohin mit dem bilateralen Weg? Wie soll es nun konkret weiter gehen? Der Bundesrat handelt nach dem bewährten Grundsatz: Wer gar nicht mehr weiter weiss, gründet einen Arbeitskreis. So soll also eine gemischte Arbeitsgruppe aus Vertretern der EU und unserer Bundesverwaltung über „institutionelle Fragen“ beraten. EU-Funktionäre sollen also mitbestimmen, welche institutionelle Bindungen die Schweiz  eingehen soll! Mit neuen Institutionen soll still und heimlich – möglichst ohne Parlament und ganz sicher ohne Volk – künftiges EU-Recht übernommen werden. Das ist zum Nachteil der Schweiz. EU in schlechter Verfassung Als man 1992 den Kampf gegen den EWR führte, wusste man noch nicht, wie sich die damalige EG entwickeln würde. Die EG war noch ein Projekt. Unterdessen ist sie zur EU mutiert, bildet für 17 Staaten eine Währungsunion, hat die Sozialunion und eine gemeinsame Sicherheitspolitik. Gewiss, ich war schon damals tief überzeugt, dass es sich bei der EU – erst recht mit einer gemeinsamen Euro-Währung – um eine intellektuelle Fehlkonstruktion handle. Aber die gesamte politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite sah dies anders. Es gab fast nur Propheten, die der Schweiz ausserhalb der EU keine Chance beimassen. Heute sehen wir, dass es falsche Propheten waren. Zum Glück. Von den Schweizer Tageszeitungen sahen in der EWR-Frage einzig die „Schaffhauser Nachrichten“ klar.  Heute sehen wohl viele - auch die falschen Propheten - klarer: Unserem Land geht es ausserhalb von EWR und EU wesentlich besser als den andern europäischen Staaten. Die EU befindet sich in einer tiefen Krise und muss einzelne Mitgliedstaaten mit Milliardenversprechen vor dem Bankrott bewahren. Der Euro verliert massiv an Vertrauen und wird – nicht wegen des Bankkundengeheimnisses – auf die Schweizer Banken gebracht. Der verspottete Sonderfall wird plötzlich zum beneideten Vorbild. Neu aufflackernde EU-Diskussion Trotz des offensichtlichen Scheiterns der zentralistischen Brüsseler Bürokratie ist die Beitrittsdiskussion hierzulande wieder neu aufgeflackert. Mitte Juli forderte einerseits die angeblich liberale Avenir Suisse den EU- oder zumindest den EWR-Beitritt. Die EU-Spitze andrerseits diktierte, die Schweiz müsse künftig EU-Recht übernehmen und ihre Gerichte anerkennen. Der EU-Botschafter liess uns wissen, dass wir bei einem EU-Beitritt den Euro übernehmen müssten. 1. August-Redner wie Bundesrat Moritz Leuenberger oder alt Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz erklärten unsere Souveränität kurzerhand zum Mythos. Und alt Bundesrat Couchepin prophezeite, die Schweiz müsse wegen des starken Franken der EU beitreten. Nach Couchepins Logik müsste die Schweiz eigentlich Somalia beitreten, denn die dortige Währung ist noch schwächer als der Euro. Was ist zu tun? Die Erklärung, der „bilaterale Weg“ sei das Ziel unserer Europapolitik ist dumm. Die Erklärung hält sich an das Bonmot: "Der "Weg ist das Ziel". Wir lieben zwar diesen Satz. Er ist eine typische Erscheinung der Freizeit- und Vergnügungsgesellschaft. Darum wird einem ganz wohlig zumute. Wer immer diese Gedanken einbringt, erntet daher zustimmendes Gemurmel. Weil das Erreichen eines Zieles eben mühsam ist und verpflichtet, erklärt man den Weg zum Ziel. Denn wer kein messbares Ziel hat, muss schliesslich auch nichts erreichen. Doch genau besehen: "Der Weg ist das Ziel" ist eine der dümmsten Sätze. Er mag vielleicht für den Sonntagsspatziergang mit der Familie richtig sein. Aber auch dort nur bedingt und allenfalls für die Eltern, denn die Kinder wissen meist genau, wohin sie wollen - ihr Ziel ist das nächste Ausflugsrestaurant! Für die Schweizer Politik ist das Ziel unmissverständlich festgehalten in Artikel 2 unserer Bundsverfassung: „Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes.“ Darum darf und kann die Schweiz weder dem EWR noch der EU noch der NATO beitreten. Bilaterale Verträge sind dieser Zielsetzung vollumfänglich unterzuordnen und dürfen keinerlei institutionelle Bindungen eingehen. Bilaterale Verträge dürfen nur dem Zweck dienen, die Interessen der Schweiz zu wahren und nicht EU-Recht zu übernehmen, um schliesslich der EU beizutreten. Der Rückzug des EU-Beitrittsgesuchs ist die zwingende Logik und der erste Tatbeweis. Wir haben an unserer eigenständigen Währung festzuhalten und jede weitere Staatsverschuldung ist zu vermeiden. Die Personenfreizügigkeit mit sofortigem Zugang zu den Sozialwerken ist unhaltbar und muss neu verhandelt werden. Der Schengen-Vertrag ist zu kündigen um ihn neu auszuhandeln: Die Kriminalität hat dank Schengen enorm zugenommen. Die SVP kämpft als einzige Partei konsequent gegen den EU-Beitritt der Schweiz. Wenn die SVP die Wahlen gewinnt, bleibt die Schweiz unabhängig. Im andern Fall geht der „bilaterale Weg“ unaufhaltsam in Richtung EU-Beitritt. Das schwächt Wohlfahrt, Freiheit und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.

04.09.2010

La Svizzera è tradita dall’UE?

Discorso tenuto il 4 settembre 2010 su invito dell'UDC del canton Zurigo, presso l’albergo Mariott a Zurigo

04.09.2010

La Suisse est-elle trahie à l’UE?

Discours tenu le 4 septembre 2010 à l'invitation de l'UDC du canton de Zurich à l'Hôtel Marriott, Zurich

04.09.2010

Wird die Schweiz an die EU verraten?

Vortrag vom 4. September 2010, gehalten auf Einladung der SVP des Kantons Zürich im Hotel Marriot, Zürich