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Mandat de Conseiller Fédérale

26.09.2007

Die geltenden Gesetze konsequent anwenden

Zürcher Landzeitung: «Auch in der Schweiz ist töten nicht erlaubt», sagt Justizminister Christoph Blocher zur aktuellen Diskussion über Sterbehilfe. Erstrebenswert sei ein Ausbau des Angebots der Palliativmedizin. 26.09.2007, Beitrag von Bundesrat Christoph Blocher in der Zürichsee-Zeitung vom 26. September 2007 Die unschönen Begleiterscheinungen von Suizidhilfe und Sterbetourismus sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Tatsächlich ist es etwa für die Anwohner in der Nähe von Sterbewohnungen unzumutbar, fast täglich zuschauen zu müssen, wie fremde Leute herkommen, von ihren Angehörigen Abschied nehmen und wenig später im Sarg weggetragen werden. Es lohnt sich, hier wieder einmal auf die bestehende Rechtslage und die Notwendigkeit der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu achten! Der Betrieb einer Sterbewohnung oder eines Sterbehauses in einer Wohnzone verletzt das seelische Empfinden. Um sich davor zu schützen, können die betroffenen Nachbarn zu den im Zivilgesetzbuch vorgesehenen nachbarrechtlichen Mitteln (Art. 679 und 684) greifen. Zudem können die Behörden gestützt auf das Raumplanungs- und Baurecht auf eine zonenkonforme Nutzung beharren und den Betrieb von Sterbewohnungen unterbinden, was in Stäfa anscheinend geschehen ist. Missbräuche verhindern Zunächst ist darauf hinzuweisen, und das kann nicht genug betont werden: Auch in der Schweiz ist töten verboten! Auch wenn die Schweiz - als eines der wenigen europäischen Länder - die Beihilfe zum Suizid aus uneigennützigen Gründen für straflos erklärt, ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass töten nicht erlaubt ist. Diese liberale Regelung will zwar niemand in Frage stellen. Aber mit der Zunahme der organisierten Suizidbeihilfe und dem Aufkommen des Sterbetourismus sind auch Missbrauchsgefahren verbunden. Doch auch hier bietet das geltende Straf- und Gesundheitsrecht genügend Kontroll- und Interventionsmöglichkeiten, die es auszuschöpfen gilt. Wenn zum Beispiel die Grenzen von der uneigennützigen - und damit straflosen Beihilfe zur Selbsttötung - zur Fremdtötung überschritten werden oder bei der Verschreibung des todbringenden Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital (NAP) der Sterbewunsch nicht sorgfältig und fachkundig abgeklärt wird, sind die Behörden gefordert. Sache der Behörden Es ist unerlässlich, dass auch nach jeder Selbsttötung die Strafverfolgungsbehörden sorgfältig und umfassend die Todesart abklären, da bei einem aussergewöhnlichen Todesfall eine strafbare Handlung von Dritten grundsätzlich nie ausgeschlossen werden kann. Diese Behörden haben einen Augenschein vor Ort zu nehmen, Einvernahmen durchzuführen und eine Untersuchung der Leiche durch einen sachverständigen Arzt anzuordnen, um den Sachverhalt abzuklären. Ebenso müssen die Gesundheitsbehörden konsequent gegen Sorgfaltspflichtverletzungen von Ärzten vorgehen und ihnen allenfalls die Bewilligung zur Berufsausübung entziehen. Aufsichtsgesetz: keine Lösung Statt alle Handlungsmöglichkeiten zu nutzen und die geltenden Gesetze konsequent anzuwenden, wird in Teilen der Öffentlichkeit immer wieder der Erlass eines Bundesgesetzes über die Zulassung und Beaufsichtigung von Suizidhilfeorganisationen gefordert. Der Bundesrat lehnt die Schaffung eines Aufsichtsgesetzes ab, denn es bietet keine taugliche und brauchbare Lösung, um Missbräuche zu verhindern. Die Gefahr ist gross, dass dadurch lediglich von der eigentlichen Aufgabe abgewichen wird, die geltenden Gesetze konsequent anzuwenden. Ein Aufsichtsgesetz könnte sogar die verantwortlichen Behörden dazu verleiten, die Fälle nicht mit der notwendigen Konsequenz und Gründlichkeit abzuklären, da „staatlich qualifizierte“ und beaufsichtigte Organisationen über jeglichen Zweifel und Verdacht erhaben zu sein scheinen. Liberale Regelung bewährt sich Die liberale Regelung der Suizidhilfe in der Schweiz hat zwar zur Entstehung von Suizidhilfeorganisationen geführt und ist eine Hauptursache für das Aufkommen des Sterbetourismus. Doch wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass sich diese Regelung bewährt hat und dass von keiner Seite deren Aufhebung gefordert wird. Zudem sind die Regelungen der verschiedenen Formen der Sterbehilfe aufeinander abgestimmt. Indem der Staat die Beihilfe zum Suizid ohne selbstsüchtige Beweggründe zulässt, hilft er nicht nur dem Einzelnen in dieser Situation seinen Willen frei zu bilden und danach zu handeln. Gerade die Straflosigkeit der uneigennützigen Beihilfe zum Suizid erleichtert es, ohne Abstriche am absoluten Tötungsverbot festzuhalten. Tötungsverbot nicht gelockert Der Schutz des menschlichen Lebens gehört zu den vornehmsten und primären Aufgaben des Staates. Bisher haben es sowohl der Bundesrat wie das Parlament entschieden abgelehnt, das unserer Rechtsordnung zugrunde liegende absolute Tötungsverbot zu lockern. Zwar waren die parlamentarischen Vorstösse zur Legalisierung der direkten aktiven Sterbehilfe restriktiv formuliert. Nur in extremen Ausnahmefällen sollten jene von einer Strafe befreit werden, die aus Mitleid einen unheilbar und schwer kranken, vor dem Tode stehenden Menschen, auf sein eindringliches Verlangen hin von einem unerträglichen und menschenunwürdigen Leiden befreien. Dass diese Vorstösse abgelehnt wurden, ist auf den breiten Konsens zurückzuführen, dass selbst eine äusserst restriktive Strafbefreiung der direkten aktiven Sterbehilfe ein Tabu brechen, Hemmschwellen senken und gefährliche Schleusen zur unfreiwilligen Sterbe-„Hilfe“ öffnen würde. Standesrecht besser geeignet Die indirekte aktive und die passive Sterbehilfe dagegen gehören seit langem zum Schweizer Spitalalltag und sind in den standesrechtlichen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften detailliert geregelt. Dennoch fordern parlamentarische Vorstösse, diese unter bestimmten Voraussetzungen straflosen Formen der Sterbehilfe auch ausdrücklich im Strafgesetzbuch zu regeln. Die Befürworter einer Regelung im Strafgesetzbuch sind sich allerdings uneinig, ob eine restriktivere oder liberalere Lösung anzustreben ist, und bezeichnenderweise schweigen sich die Vorstösse über den genauen Inhalt einer solchen Regelung aus. Recht setzt klare Schranken Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Sterbehilfe in der Schweiz nicht in einem rechtsfreien Raum ereignet. Die geltenden Regeln sind in der Bundesverfassung, im Bundesrecht und im kantonalen Recht, in Gemeindebeschlüssen sowie im medizinischen Standesrecht gegeben und setzen klare Schranken. Hinsichtlich der Strafbarkeit der direkten aktiven Sterbehilfe besteht keine Rechtsunsicherheit. Sie ist verboten. Unvermeidliche Grenzzonen (z.B. im Grenzbereich zwischen Schmerztherapie und gezielter Lebensverkürzung) lassen sich nicht durch gesetzliche Regelungen aus der Welt schaffen. Jede Regelung würde letztlich dazu führen, dass Töten in Ausnahmefällen grundsätzlich erlaubt wäre. Töten muss aber grundsätzlich verboten bleiben. Um allfälligen Missbräuchen und stossenden Begleiterscheinungen der organisierten Suizidhilfe und des Sterbetourismus zu begegnen, sind keine neuen Gesetze erforderlich. Vielmehr müssen insbesondere die Strafverfolgungs- und Gesundheitsbehörden in allen Kantonen die Kontroll- und Interventionsmöglichkeiten des geltenden Rechts voll ausschöpfen. Erstrebenswert ist hingegen ein Ausbau des Angebots der Palliativmedizin. Denn eine umfassende Unterstützung und Betreuung todkranker Patienten ermöglicht es diesen Menschen, in Würde zu leben und zu sterben. Die Palliativmedizin trägt damit dazu bei, den Sterbewunsch und die Nachfrage nach Suizidhilfe abzuschwächen.

23.09.2007

«Auch meine Kinder wurden bedroht»

Polizei- und Justizdepartement prüft Frühwarnsystem für Entführungsfalle 23.09.2007, Sonntag, David Sieber und Othmar von Matt Politiker beklagen sich, in letzter Zeit vermehrt bedroht zu werden. Überrascht Sie das? Nach 30 Jahren Politik kann ich sagen, dass dies leider immer wieder vorkommt; Bedrohungen gegen exponierte Leute gibt es immer. Auch ich muss mit Drohbriefen leben. Das meldet man der Polizei und spricht nicht darüber. Auf keinen Fall sollte man solche Vorfälle publik machen, um keine Nachahmer nachzuziehen. In den Achtzigerjahren während der Jugendunruhen wurde man sogar tätlich angegriffen. Da demolierten zum Beispiel ein paar Leute das Auto, in welchem ich sass. Von solchen Zuständen sind wir heute weit entfernt. Müssten Sie als Justiz- und Polizeiminister nicht mit einem Aufruf dafür sorgen, dass sich die Wogen glätten? Wegen der Bedrohungen? Nur nicht eingreifen. Das gäbe garantiert mehr und neue Bedrohungen. Nochmals: Die Situation ist derzeit nicht besorgniserregend. Ich mache mir viel mehr Sorgen um Jugendgewalt, Kindsentführungen, Gewalt im Alltag wie Messerstechereien etc. Hier bin ich tätig. Wie? Mein Departement prüft zum Beispiel ein Frühwarnsystem für Entführungsfälle. Das prüfen wir mit den Kantonen. Allerdings nehmen wir auch die Einwände, dass dies erst recht Nachahmer auf den Plan ruft, ernst. Diese Bedenken äussern Experten. Wie soll so ein System funktionieren? Ähnlich wie in den USA und Kanada. Sobald ein Entführungsfall bekannt wird, wird die Bevölkerung aufgerufen, die Augen offen zu halten und Beobachtungen der Polizei zu melden. Der Entführer soll sich nicht mehr bewegen können. Im Fall von Ylenia hätte ein solches System aber nichts genützt. Der mutmassliche Täter hat sich in einem Wald versteckt und sich das Leben genommen. Es gilt auch zu beachten, dass eine "stille Fahndung" in gewissen Fällen besser ist. Um Delikte gegen Kinder zu verhindern, braucht es aber weitere Massnahmen. Nicht nur polizeiliche. Welche? Sie setzen im Familiären an. Zum Beispiel: Wie kann man die kleinen Kinder lehren, solche Annäherungsversuche abzuwehren? Aber damit allein ist es auch nicht getan. Sind Sie persönlich gegen ein solches Alarmsystem? Spontan nein. Aber ich würdige jetzt die Gründe dafür und dagegen und prüfe die organisatorischen Details. Die tägliche Frage bleibt: Wie kann man solches möglichst verhindern. Ich bin ja Vater von vier Kindern. Wir haben eine solche bedrohliche Situation selbst erlebt. Es ist damals in den Siebzigerjahren gut abgelaufen. Man konnte rechtzeitig die Polizei einschalten, die den Betroffenen verhaftet hat. In diesem Fall war es wichtig, darüber zu schweigen. Aber der Gefahr waren wir uns umso mehr bewusst. Die SP hat ausgerechnet, dass die SVP 15 Millionen Franken in den Wahlkampf steckt. Das weiss ich nicht. Diese Summe scheint mir auch gar hoch. Da muss wohl auch Reklame der Kantone dabei sein und vielleicht auch noch ein Teil der SP-Ausgaben. Zahlen Sie mit? In der Sonntagsschule sangen wir: "Nun sag ich’s noch einmal…“ Also nochmals: Nein. Seit ich Bundesrat bin, bezahle ich persönlich an keine Kampagnen mehr. Und Ihre Frau? Auch meine Frau nicht. Und meine Kinder bis in die zehnte Generation auch nicht. (lacht) Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi fragt sich, wer die Kolumne Ihrer Frau, die im letzten "Sonntag" erschienen ist, geschrieben hat. Ich bin erstaunt: Anscheinend ist die Kolumne so gut, dass Frau Nationalratspräsidentin Egerszegi diese nicht selber hätte schreiben können. Oder sie will gar sagen, eine Frau, die kein politisches Amt habe, könne keine solchen Kolumnen schreiben? Das wäre dann eine Beleidigung für die Schweizer Frauen! Als Nationalratspräsidentin sollte man keine Unterstellungen machen, zumal dann nicht, wenn man unter Berufung auf das Amt danach vielsagend schweigt. Ich habe aus der Nähe verfolgt, mit welch tiefer Erfahrung meine Frau - als Mutter von vier Kindern und mit sechs Enkeln - diese Kolumne geschrieben hat.

21.09.2007

Führen die bilateralen Verträge in die EU?

Müntschemier. Referat von Bundesrat Christoph Blocher an der SVP-Informationsveranstaltung, 21. September 2007, in Müntschemier. Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen. 21.09.2007, Müntschemier Meine Damen und Herren Führen die bilateralen Verträge in die EU? In der seit dem 2. Weltkrieg wichtigsten Volksabstimmung, in welcher über die Frage, ob die Schweiz dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beitreten sollte oder nicht, zu entscheiden war (6. Dezember 1992), betonten die EU-Befürworter, einen bilateralen Weg gebe es nicht mehr. Wir EU-Gegner bestritten diese Behauptung und forderten, gegenseitige Probleme seien bilateral zu regeln, wie dies die Schweiz seit 700 Jahren getan habe! Nichtsdestotrotz hielten die Regierung, das Parlament, die offizielle Wirtschaft, Universitätsprofessoren und Medienleute – kurz alles, was so genannten Rang und Namen hatte – daran fest: der bilaterale Weg sei vorbei. Künftig werde nur noch multilateral verhandelt und darum müsste man eben in ein multinationales Gebilde gehen, wie die EU eines ist. „Doch nach Tisch liest man es anders.“ Plötzlich wird von den gleichen Leuten, die den bilateralen Weg für unmöglich erklärt hatten, dieser Weg gelobt und als gleichsam neuen Weg gepriesen. 1. Die Handlungsfreiheit bewahren Warum dann aber die besorgte Frage: Führen die bilateralen Verträge in die EU? Denn bilateral heisst doch: Zwei souveräne Staaten regeln in einem Vertrag einen bestimmten Sachverhalt und basta. So wie beispielsweise der Vermieter einer Wohnung mit dem künftigen Mieter einen Vertrag abschliesst. Das Beispiel mit dem Vermieter/Mieter trifft die entscheidende Frage: Haben wir es mit zwei gleichwertigen Vertragspartnern zu tun, die zum Vorteil beider eine Vereinbarung treffen? Es ist nicht zu verhehlen: EU-Befürworter wollen mit bilateralen Verträgen nicht die Unabhängigkeit der Schweiz wahren. Ihre versteckte Absicht ist, die Schweiz schrittweise der EU anzupassen. Darum, meine Damen und Herren, gilt es misstrauisch zu sein. Darum sind wir verpflichtet, jeden Vertrag auf diesen alles entscheidenden Punkt zu unter-suchen: Verlieren wir durch dieses Abkommen unsere politische Handlungsfreiheit? Lassen wir uns institutionell einbinden? Wird mit dem bilateralen Vertrag allenfalls erreicht, dass wir morgen in Dingen, die wir heute noch gar nicht sehen, das freie Handeln ausgeschlossen wird. Die positive Kultur des Misstrauens ist angesagt. Ich halte das Misstrauen für eine bürgerliche Tugend. Misstrauen Sie der Politik – auch gegenüber dem Bundesrat und mir gegenüber. Vertrauen muss man in der Politik erkämpfen, bezeugen und beweisen. Vertrauen soll nicht leichtfertig geschenkt werden. Wenn ich einem Ausländer die schweizerische Staatsform schildere, dann sage ich oft – zwar etwas pointiert, aber durchaus ernst gemeint: „Die Schweiz ist die Staatsform des Misstrauens!“ Die Bürger trauen dem Staat, der Regierung, den Politikern wenig über den Weg. Darum wählen sie zwar, aber achten gleichzeitig darauf, dass sie dem Gewählten ja nicht zu viel Macht und zu viele Kompetenzen geben. Die Bürger schränken umgehend die Befugnisse der Politik wieder ein. Über mehr oder weniger wichtige Dinge wollen sie selbst entscheiden – an der Urne – auf jeder Ebene, in der Gemeinde, den Kantonen und im Bund. Etwas vereinfacht gesagt: In der Schweiz ist das Volk auch die Opposition. Die Demokratie beinhaltet nicht nur die Möglichkeit zu wählen, sondern auch Nein zu sagen! 2. Die EWR-Abstimmung war das Nein zum EU-Beitritt Die hohe Politik wollte 1992 den EWR als eine Art wirtschaftlicher Mietvertrag schmackhaft machen. Dabei wäre er die Vorstufe gewesen für einen EU-Vollbeitritt. Darum war diese Abstimmung vom 6. Dezember 1992 eine Schicksalsabstimmung. Die Befürworter machten vor allem ökonomische Gründe geltend. Die Wirtschaftsverbände warnten vereint mit der Politik, den Massenmedien, Gewerkschaften und Hochschullehrern eindringlich vor einem Nein zum EWR-Vertrag. Unser Land würde nicht mehr konkurrenzfähig sein, war der Grundtenor der offiziellen Schweiz. „Ohne EWR kann die Schweiz nicht überleben“, tönte es beispielsweise aus Luzern. Wie die meisten Propheten wurde auch dieser Prophet durch die Zukunft widerlegt. Wenn die Schweiz Nein sage zum EWR, werde später eine völlig verarmte Schweiz die EU auf den Knien bitten, ihr beitreten zu dürfen – war eine anders massgebende Stimme. Vierzehn Jahre Abstand ermöglichen eine nüchterne Bestandesaufnahme der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung: Die apokalyptischen Voraussagen über eine Schweiz ohne EWR haben sich als gigantische Fehlprognosen erwiesen. Die Schweiz hat ohne EWR mehr als überlebt. Sogar sehr gut überlebt! Die Schweiz konnte ihren Wohlstand gerade ausserhalb von EWR und EU behaupten. Die Schweiz ist gerade von EU-Bürgern zum bevorzugten Wohn- und Arbeitsplatz geworden. Offenbar sehnen sie sich nach der freien, neutralen und unabhängigen Schweiz. Kürzlich hat eine Studie des WEF ergeben: Die Schweiz ist das wettbewerbsfähigste Land der Welt. Dank EWR-Nein. Jedes Jahr verlegen Hunderte Firmen ihren Sitz in die Schweiz. Weil wir nicht Mitglied der EU sind. 3. Salami und Rosinen Es ist schon so: Die EU-Befürworter instrumentalisierten die bilateralen Verträge, um den späteren EU-Beitritt vorzubereiten. Ich erinnere an den früheren FDP-Parteipräsidenten Franz Steinegger. Im Zusammenhang mit den ersten bilateralen Verträgen 1998 fragte ihn eine Zeitung: „Sie bleiben bei der Salamitaktik: Rädchen um Rädchen, Schritt für Schritt in die EU?“ Steineggers Antwort: „Ganz klar. In der direkten Demokratie sind konkrete Schritte der einzige Weg, um weiter zu kommen.“ (SonntagsZeitung, 25.10.1998) Es ist für jeden nachvollziehbar, dass unter solchen Voraussetzungen keine optimalen Verhandlungsergebnisse erzielt werden können. Wenn wir die Verkehrsabkommen anschauen (ich nenne nur Lastwagenverkehr und Verlagerung auf die Schiene), sind die Resultate tatsächlich keineswegs berauschend. Jetzt bauen wir eine Neat für gut 24 Milliarden Franken. Nicht für uns. Für die EU. Für die EU-Lastwagen. Der Bundesrat verkündete damals stolz: „Jetzt haben wir den Ruf einer Nation von Rosinenpickern und Abschottern abgelegt.“ Ein Ruf, den viele Schweizer Politiker vorher gefördert haben. Es ist schon interessant, wenn wir die Wortwahl der Regierung von damals genauer betrachten: Die eigene Regierung bezeichnete damals die Wahrung von Landesinteressen als „Rosinenpickerei“. Und die eigene Regierung bezeichnete damals den Willen zur Selbstbestimmung als „Abschottung“. Sie sehen, man machte damals die EU-Debatte plötzlich zur moralischen Frage: Bin ich für den EU-Beitritt, dann bin ich ein guter, weltoffener, solidarischer Mensch. Wenn nicht, lautete das Verdikt: Ewiggestriger, Isolationist, Egoist. Aber Moralismus hat in der Politik nichts verloren. Was zählt, sind die Fakten, die Ergebnisse, die Wirklichkeit. Und die Fakten zeigen: Es wird für die Schweiz noch wichtiger werden, dass sie nicht der EU angehört, je mehr sich die EU in Richtung Bürokratie und Zentralismus bewegt. Die Unabhängigkeit, die Eigenschaft, dass die Bürger über die Zukunft ihres Landes selbst bestimmen, ist der entscheidende Wert eines Landes! 4. Jahrelanges Verunglimpfen der Schweiz und ihrer Werte Die Bevölkerung kann nicht genug aufgeklärt und gewarnt werden: Dass die Regierung das eigene Volk als „Rosinenpicker“ hinstellte, passte in die allgemeine Verunglimpfungsstimmung der 90er Jahre. Gerade die so genannten „Eliten“ liessen keine Gelegenheit aus, die Schweiz schlecht zu machen. Anpasserische Historiker negierten die Leistungen der Schweiz im Zweiten Weltkrieg und stellten die Schweiz quasi als Verbrecherstaat hin. Dabei bewahrte unser Bundesrat in der Kriegszeit das Land und die Menschen vor dem Krieg. Das war die grosse historische Tat unserer Vorfahren. Wir müssen die Ergebnisse betrachten. Dass in einer Situation auch Fehler gemacht werden, ist jedem rechtschaffenen Menschen klar. Der Moralist ist zwar fehlerfrei, aber für andere etwas Gutes erreichen, dadurch zeichnet er sich nicht aus. Nur der Moralist lebt – und nur er – fehlerfrei. In einer Extremsituation wie der Krieg eine ist, können Fehler nicht überraschen. Trotzdem nahm die Schweiz im Verhältnis mehr Flüchtlinge auf als jedes andere Land und die Schweiz blieb trotz aller totalitärer Versuchungen demokratisch und freiheitlich. Ich kann abschliessend nur eines festhalten: Glücklicherweise hat sich die Bevölkerung von diesen Historiker-Kommissionen und Berichten nicht allzu sehr beeindrucken lassen. 5. Aktive statt immerwährende Neutralität? Andere erklärten die schweizerische Neutralitätspolitik auf einmal für fragwürdig und überholt. Ich kann mich gut an die vorherrschende Naivität erinnern, mit der das Ende des Kommunismus gedeutet wurde: Nun sei das Zeitalter des Friedens angebrochen. Kein Krieg mehr in Europa. Doch die Wirklichkeit kehrte brutal zurück: Ex-Jugoslawien brach unter Gewalt auseinander und der Terrorismus zeigte, dass die Neutralität für einen Kleinstaat immer noch die beste aussenpolitische Maxime darstellt. Grundwerte des Staates gelten zu allen Zeiten. – Nicht umsonst hat die Schweiz eine immerwährende Neutralität. Ist es ein Zufall, dass das Adjektiv immerwährend von den EU-Befürwortern durch „aktiv“ ersetzt wird? 6. "Kantönligeist" oder Föderalismus? Im Weiteren wurde der Föderalismus zum „Kantönligeist“ hinuntergeredet. Es wurden nationale Lösungen propagiert. Einheitliche Gesetze sollten es bringen. Harmonisierung hiess die hübsche Wortverpackung. Aber Harmonisierung heisst doch in erster Linie Einheitsbrei, heisst Nivellierung – für den Tüchtigen heisst dies stets zum Schlechteren. Wenn die Linke eine Steuerharmonisierung fordert, dann dürfen wir uns schon auf harmonisierte, also auf einheitliche Steuern freuen. Konkret bedeutet das aber: Einheitlich höhere Steuern für alle. 7. Neuer Stolz auf die Schweiz Doch es bessert im Land. Die ständigen moralistischen Selbstanklagen verfangen nicht mehr. Man darf heute wieder stolz sein auf die Schweiz. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der SVP. Die SVP steht zur Schweiz, auch wenn es nicht gerade in Mode ist. Das zeichnet die SVP aus: Dass sie sich zu ihren Grundsätzen bekennt. Vor allem zum Grundsatz einer souveränen, freien, demokratischen Schweiz. 8. Was bringt die verstärkte Regierungsbeteiligung? Heute können wir unsere Politik verstärkt in der Regierung selbst einbringen. Und es zeigen sich erste Resultate: Der Bundesrat hat sich vom EU-Beitritt als „strategischem Ziel“ verabschiedet. Der Bundesrat sagt noch nicht, der EU-Beitritt ist vom Tisch. Aber das Ziel ist gewichen. Wenigstens ein halber Erfolg. Was die bilateralen Verträge anbelangt, hat der Bundesrat beschlossen, dass diese die künftige Handlungsfreiheit des Landes nicht einschränken dürfen! Das ist ausserordentlich bedeutsam! Es bessert sich. Aber wir stehen erst am Anfang.

20.09.2007

So ist es in diktatorischen Staaten

«Jetzt spricht Christoph Blocher. Der Bundesrat über die Vorwürfe der GPK, die Stellung der Bundesanwaltschaft, den Furor seiner Feinde und die Bedeutung seiner Person für die Schweiz.» 20.09.2007, Weltwoche, Philipp Gut und Markus Sommer Ungekürtze Fassung Der GPK-Bericht wirft Ihnen konkrete Verfehlungen vor. Die erste: Sie haben dem ehemaligen Bundesanwalt eine Pressekonferenz zum Fall Achraf untersagt. Jawohl, zu Recht. Die Bundesanwaltschaft muss in ihrer Arbeit unabhängig sein. Niemand soll einem Bundesanwalt bei seiner eigentlichen Tätigkeit, nämlich der Strafverfolgung, dreinreden. Hierzu braucht er auch eine eigene Kompetenz, die Presse zu orientieren. Aber diese Orientierung ist nicht in jedem Fall Sache des Bundesanwalts. Es gibt übergeordnete staatspolitische Interessen, unter Anderem solche der Koordination. Das war so im Fall Achraf. Spanien intervenierte zuerst in der Schweiz, nicht beim Bundesanwalt, sondern beim Nachrichtendienst im Bundesamt für Polizei, und später auch bei mir persönlich. Wir hätten hier einen mutmasslichen Terroristen. Man konnte ihn nicht ausfindig machen, weil er mit einem gefälschten Pass hier war. Schliesslich fand man ihn im Ausschaffungsgefängnis Zürich. Damit zu tun hatten vor allem das Bundesamt für Polizei und der Kanton Zürich. Der spanische Justizminister rief dann persönlich bei mir an, dankte, dass wir Achraf erwischt hatten, und verlangte unverzüglich dessen Auslieferung. Ich habe ihm gesagt: In der Schweiz kann man nicht unter Justizministern eine Auslieferung beschliessen, er müsse ein Auslieferungsbegehren stellen. Es gab einen grossen Medienwirbel um den Fall und Pressemitteilungen von verschiedenen Stellen. Das Bundesamt für Justiz war involviert, das Bundesamt für Polizei, und zuletzt kam die Bundesanwaltschaft dazu. Es ging nun darum, die Medienarbeit zu koordinieren. . Der Bundesanwalt ging nach Spanien und ich sagte ihm, er solle bei seiner Rückkehr nicht auch noch eine eigene Pressekonferenz machen, damit man das ganze koordinieren könne. Die GPK sagt: Sie wollten die Auslieferung, der Bundesanwalt wollte ermitteln. Ich wollte, dass nicht jedes Amt etwas Verschiedenes tut. Es gab einen Konflikt: Das Bundesamt für Justiz war für die Auslieferung zuständig, die Bundesanwaltschaft wollte selber ermitteln. Bevor die Sache geklärt war, wollte ich nicht, dass sich eine Seite festlegte. Das geht aus den Akten genau hervor. Weder das Bundesamt für Justiz noch das Bundesamt für Polizei traten übrigens an die Öffentlichkeit. Jeder Bundesanwalt, der ein bisschen über seinen Schatten hinaus denkt, hätte gesagt: Selbstverständlich muss da koordiniert werden. V. Roschacher sagte: „Nein, das mache ich nicht. Ich bin unabhängig.“ Ich musste den Gang an die Öffentlichkeit aufgrund eines übergeordneten Interessens untersagen. Er selber hielt sich dann daran, aber sein Informationschef hielt trotzdem auf dem Flughafen Zürich einen point de presse ab. Dies war eine Ungehörigkeit. Eine solche Koordination wäre nötig gewesen. Sie haben Roschacher nie gesagt, die Bundesanwaltschaft dürfe nicht ermitteln? Nein, Nein. Ich habe dem Bundesanwalt keinerlei Weisung gegeben, ob er ermitteln dürfe, und ihm auch nie gesagt, was er an einer Medienorientierung sagen solle. Es ging nicht um das „Was“ des Informierens, sondern um das „Wann“. Wie hat man dann das Problem gelöst? Das Bundesamt für Justiz sagte mir, wenn der Bundesanwalt jetzt weiter ermittelt, seien ihnen die Hände gebunden bei der Auslieferung. Ich forderte sie auf, miteinander zu reden. Die Bundesanwaltschaft kam dann – ohne meinen Einfluss – zum Entschluss, das Verfahren gegen Achraf nicht in der Schweiz weiterzuführen, sondern – nach erfolgter Auslieferung - an Spanien abzutreten. Die Auslieferung konnte vollzogen werden. Nehmen wir an, der Justizminister hätte irgendein Interesse gehabt, Achraf möglichst schnell auszuschaffen. Wäre es dann nicht ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft, wenn man ihr vorschreibt, die Information zu koordinieren? Wie wollen Sie dann den Konflikt lösen? Der eine sagt ausliefern, der andere sagt ermitteln, beides gleichzeitig ist nicht möglich, alle wollen informieren. Der Fall Achraf ist zu einem Erfolg geworden, weil man das Vorgehen koordiniert hat. Der Bundesanwalt hat von sich aus nicht weiter ermittelt, die Auslieferung ist auf dem Rechtsweg erfolgt. Was wäre die Alternative? Eine nicht geführte Bundesanwaltschaft. So ist es in diktatorischen Staaten: Dort machen die Staatsanwaltschaften, was ihnen gefällt. Das darf nicht sein. Es braucht eine Aufsicht. Aber im Einzelfall hineinreden, das geht nicht. Ich habe das auch nie getan, auch nicht im Fall Achraf. Die GPK wirft Ihnen vor, Sie hätten dem Bundesanwalt generell verboten, sich zu äussern. Nein, generell nicht. Ich habe dem Bundesanwalt aber von allem Anfang an empfohlen, er solle nicht schon beim ersten Anfangsverdacht grosse Pressekonferenzen veranstalten, bevor überhaupt klar ist, ob es sich um einen grossen oder einen kleinen Fisch handelt. Das war mein Rat, aber keine Anweisung. Denn wenn nichts daraus wird, steht er dumm da. So war es im Fall Yukos. In diesem Fall hat die Bundesanwaltschaft viele Milliarden blockiert, eine grossspurige Pressekonferenz veranstaltet und am Schluss war, wie das Bundesgericht entschieden hat, der letzte Rappen unrechtmässig beschlagnahmt. Hingegen musste ich im Fall Achraf aus übergeordneten staatspolitischen Interessen koordinatorisch eingreifen, wie ich vorher dargelegt habe. Auch sah ich mich am 8. Juni 2006 gezwungen, den Bundesanwalt anzuweisen, ohne Rücksprache mit dem EJPD keine Presseauftritte mehr zu organisieren. Der Grund dafür war, dass es immer wieder zu Problemen wegen der nicht oder der nicht genügend koordinierten Informationstätigkeit der Bundesanwaltschaft gekommen war. Der GPK-Bericht beanstandet auch Ihr Vorgehen im Fall Ramos, dem kolumbianischen Drogenbaron, der als Informant eingesetzt wurde. Wenn in der Presse schwere Vorwürfe gegen ein Amt oder die Bundesanwaltschaft gemacht werden, müssen die Verantwortlichen Stellung zu diesen Berichten nehmen. Im Fall Ramos mussten sowohl das Bundesamt für Polizei wie auch die Bundesanwaltschaft Stellung beziehen. Das Erstere gab ausführlich Auskunft. Die Bundesanwaltschaft hingegen lieferte mir einen kaum aussagekräftigen Bericht ab. Sie schob den Fall Holenweger vor und stellte sich auf den Standpunkt, sie könne keine näheren Angaben machen. Ich war der Meinung, es gehe nicht um konkrete Informationen über einen Einzelfall, welchen auch immer, sondern um eine allgemeine Einschätzung der Vorwürfe in den Medien, die Bundesanwaltschaft habe mit einem in den USA verurteilten Drogenbaron zusammen gearbeitet. Das war am Freitag vor Pfingsten 2006. Am Sonntag stand ich vor der Situation, dass die Medienberichte in einem Ausmass zugenommen hatten, dass ich gezwungen war, die Situation näher zu prüfen. Am Pfingstmontag beschloss ich in Bezug auf diese Fragen eine Administrativuntersuchung durchzuführen. Aus Koordinationsgründen – ich erinnere daran, dass wir eine geteilte Aufsicht über die Bundesanwaltschaft haben – erteilte ich meinem Generalsekretär den Auftrag, mit dem Bundesstrafgericht Kontakt aufzunehmen, damit es ja keine Kompetenzschwierigkeiten gebe. Da ich über Pfingsten in Rhäzüns weilte, hielt ich es für nahe liegend, uns im Kanton Graubünden zu treffen. Emanuel Hochstrasser entschied von sich aus, dass das Bundesstrafgericht auf der fachlichen Seite die Situation ebenfalls überprüft. Während dieser Zeit, man stelle sich das vor, war der Bundesanwalt telefonisch einfach nicht erreichbar. Als ich am Dienstag nach Bern fuhr, las ich im Tages-Anzeiger das Interview mit V. Roschacher, in welchem er sich zu all jenen Fragen äusserte, die er mir angeblich nicht hatte beantworten können. Nach diesen Vorfällen kam es zu der im GPK-Bericht kritisierten Ermahnung. Ich erteilte ihm wörtlich die Weisung: „Ohne Rücksprache mit dem Departement organisieren Sie keinerlei Presseauftritte mehr.“ Verboten habe ich Pressekonferenzen nicht, aber ich wollte vorab informiert werden. Roschacher sagt, er habe Sie im Fall Ramos nicht orientieren dürfen, weil Sie befangen waren. Ich wüsste nicht, warum ich hätte befangen sein sollen. O. Holenweger ging zwar mit meiner Frau in die Primarschule und ich habe mit ihm Militärdienst geleistet und bin deshalb per Du mit ihm. Seit ich im Amt bin, habe ich ihn aber weder gesehen, noch gesprochen. Ich wollte aber auch gar nicht über Inhalte des Falles Holenweger orientiert werden, sondern ich wollte eine Stellungnahme der Bundesanwaltschaft zu den Vorwürfen in der Weltwoche. Diese Informationen konnte er angeblich nicht geben, aber ich konnte sie später im Tagesanzeiger lesen. Ist Holenweger kein Freund Ihrer Familie? Nein, Nein. Wenn ich mit jedem, mit dem ich mal im Dienst war, befreundet wäre, hätte ich sehr viele Freunde. Als Roschacher über den Fall Holenweger informieren sollte, sagten Sie ihm, sie wollten davon nichts wissen? Ich wollte über keinen Fall im Detail orientiert sein, auch nicht über jenen von O. Holenweger. Der Bundesanwalt behauptet, er habe Ihnen nur die Information bezüglich Holenweger verweigert. So steht es im GPK-Bericht. Stimmt das nicht? Nein. Es ging um die Frage, ob es richtig ist, dass man einen Drogenboss („Ramos“) engagiert, um ihn als Vertrauensperson einzusetzen. Ich wollte nichts Konkretes zum Fall wissen, aber ich habe eine Aufsichtspflicht, administrativ, personell und finanziell. Es gibt in diesem Zusammenhang Sachen, die ich wissen muss: Wie viele Fälle behandelt die Bundesanwaltschaft? Wie viele sind erledigt – wie viele pendent? Welche Art von Fällen? Anders können Sie die Bundesanwaltschaft personell und finanziell nicht führen! Nationalrat Christoph Mörgeli, mit dem Sie eng zusammenarbeiten, sagt, Holenweger sei ein guter Freund von ihm. Ch. Mörgeli ist Nationalrat und ich bin Bundesrat. Jeder hat seine Aufgabe. Ich rede mit niemandem über die Fälle der Bundesanwaltschaft, die ich im Detail auch nicht kenne. NR Mörgeli hat sich auch nie bei mir für O. Holenweger eingesetzt. Weder in diesem Fall noch in irgendeinem anderen habe ich je Einfluss auf die Bundesanwaltschaft genommen. Das hat man mir auch nicht vorgeworfen. Im Fall Ramos wollte ich lediglich wissen, ob es richtig sei, dass man solche Personen in den Ermittlungen einsetzt. Er beantwortete dies dann alles dem Tages-Anzeiger. Warum hat er es der Presse beantwortet, wenn er es mir nicht sagen konnte? Er musste ja damit rechnen, dass ich auch Zeitungen lesen kann. Nach dem Fall Ramos legten Sie ihm den Rücktritt nahe? Nein. V. Roschacher verhielt sich unmöglich, indem er telefonisch nicht erreichbar war und ich ihn verständlicherweise zu einem Gespräch einladen wollte. Als er schliesslich zu erreichen war, wollte er keine Zeit finden. Das hätte aber nicht gereicht, um sich von ihm zu trennen. In der Privatwirtschaft wäre er sofort entlassen worden, was ich ihm auch sagte! Roschacher kündigte selber. Doch die GPK sagt, sein Rücktritt sei «nicht freiwillig« erfolgt. Haben Sie ihn aus dem Amt gejagt? Wie kommen Sie darauf? Jedermann wusste, dass unser Verhältnis angespannt war. Ich habe gesehen, und auch der Bundesrat, dass es so nicht mehr weiter gehen kann und habe deshalb abklären lassen, ob das Vorgefallene ein Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei. Das war nicht der Fall. Der Bundesanwalt hatte uns darnach signalisiert, dass er unter gewissen Bedingungen bereit wäre, freiwillig den Rücktritt zu erklären. Ich habe darauf hin den Rechtsdienst beauftragt, mit Herrn Roschacher Verhandlungen über eine allfällige Kündigung seinerseits zu führen. Ging es um viel Geld? Ich kann aus rechtlichen Gründen nichts dazu sagen. Sie können aber sicher sein, dass wir den Fall rechtlich korrekt gelöst haben. Wenn Roschacher nicht gekündigt hätte, wäre er dann immer noch Bundesanwalt? Auf diese hypothetische Frage kann ich Ihnen keine Antwort geben. Im Wiederholungsfall hätte ich dem Bundesrat vielleicht beantragt, eine Trennung mit V. Roschacher zu prüfen oder die Entlassung beantragt. Sie haben gar keine Fehler gemacht? Wenn Sie drei, vier Jahre mit jemandem in schwierigen Verhältnissen zusammen arbeiten, dann geschehen selbstverständlich immer auch Fehler, das ist normal, doch wüsste ich nichts Schwerwiegendes. Nun aber ist die GPK der Meinung, ich hätte bei der Trennungsvereinbarung mit V. Roschacher anders vorgehen müssen. Das Ganze ist juristisch schwierig und es gibt hier verschiedene Rechtsauffassungen. Ich – und mit mir der Bundesrat, das Bundesamt für Justiz und das Eidgenössische Personalamt – haben sich der einen angeschlossen. Die FinDel und die GPK sind der Meinung, die andere verdiene den Vorzug. Vor diesem Hintergrund stehe ich nach wie vor zu meinem Vorgehen. Ob der Bundesrat beschliesst, dies in Zukunft zu ändern, wird man sehen. Die Gewaltentrennung haben Sie nicht im Mindesten geritzt, die Kompetenzen nie überschritten? Wie ich Ihnen vorher geschildert habe, liegen verschiedene Rechtsauffassungen vor. Alle waren der Meinung, dass ich als Chef EJPD abschliessend zuständig war, wenn der Rücktritt vom Bundesanwalt initiiert wird. Dafür braucht man kein Jurist zu sein. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn ich als Mieter meine Wohnung kündige, dann brauche ich dazu keine Zustimmung des Vermieters. Das Gleiche ist hier der Fall. Anders wäre es gewesen, wenn ich dem Bundesanwalt hätte kündigen wollen. Das hätte ich dem Gesamtbundesrat beantragen müssen. Alle andern haben Fehler gemacht, nur Ihnen ist keiner unterlaufen? Ich möchte mich nicht wiederholen. Sie bezeichnen den Bericht als „tendenziös“. Angenommen, das trifft zu: Warum lässt sich eine GPK, eine bisher als nüchtern geltende Kontrolle, dazu hinreissen? So nüchtern ist die GPK - vor allem die Subkommission - schon lange nicht mehr. Es ist wieder ein Bericht gegen mich. Andere Bundesräte würde man nie so kritisch begutachten. Namentlich Frau Nationalrätin Meier-Schatz hat die Kommission eindeutig für parteipolitische Zwecke eingespannt. Warum haben Sie den Bundesrat nicht über alle Ihre Schritte in Sachen Roschacher informiert? Laut GPK haben Sie die Regierung umgangen. Ich habe den Bundesrat fortlaufend informiert und zwar öfters in den vergangenen Jahren. Niemand im Bundesrat hat mir dies vorgeworfen. Am 9. Juni 2006 habe ich den Bundesrat über die ausgesprochene personalrechtliche Massnahme informiert. Anschliessend fanden die Verhandlungen mit V. Roschacher statt. Am 5. Juli 2006 fanden diese Verhandlungen ihren Abschluss. Ich habe den Bundesrat am gleichen Tag darüber informiert. Laut GPK hat das Departement des Innern Informationen über den Fall Roschacher verlangt. Sie hätten eine Antwort versprochen, doch diese sei nie im EDI eingetroffen. Kurz vor einer Bundesratssitzung hat mir Bundesrat Couchepin viele Fragen gestellt. Diese habe ich mündlich an der Sitzung beantwortet, was durchaus Praxis ist. Weil es viele Fragen waren, versprach ich ihm - auf Wunsch des Gremiums - den Rest der Fragen direkt mündlich zu beantworten, was ich im Anschluss an die Sitzung getan habe. Couchepin hat Ihnen nie gesagt, er habe sich von Ihnen mehr Informationen erwünscht? Nein. Dies ist ein gutes Beispiel um Ihnen zu zeigen, wie die Subkommission gearbeitet hat: Sie erkundigte sich beim Generalsekretär des EDI, ob meinerseits eine schriftliche Antwort eingetroffen sei, was der Generalsekretär verneinte. Mehr wollte die GPK nicht wissen. Hätten Sie nicht warten sollen, bis Roschacher von sich aus geht? Nun wirkt es, als hätten Sie ihn aus dem Amt gejagt. Roschacher selber hat gekündigt. Viel wichtiger und problematischer ist die Frage der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft. Das ist der Kern der Debatte. Wer soll ihn beaufsichtigen? Ein Bundesanwalt muss frei von politischen Druckversuchen ermitteln können. Daher ist es richtig, dass der Justizminister ihn nur administrativ überwacht. Der Bundesrat hat erstmals 2004 und erneut im April 2006 beschlossen, dass nur eine Behörde zuständig sein soll, was von 1889 bis 2002 der Fall war. Die Frage war aber: Wer? Die Exekutive oder ein Gericht? Der Bundesrat war der Ansicht, es müsse die Exekutive sein, weil die Staatsanwaltschaft des Bundes Teil der Exekutivorgane ist. Eine Aufsicht durch das Bundesstrafgericht ist deshalb problematisch, weil dieses Gericht nicht gleichzeitig die Bundesanwaltschaft fachlich beaufsichtigen und dann auch noch als Gerichtsinstanz über Anklagen oder Beschwerden entscheiden kann. Heute ist das Chaos noch grösser: Der Bundesanwalt ist drei Aufsichtsgremien unterstellt. Dem Justizminister administrativ, personell und finanziell, dem Bundesstrafgericht in Bellinzona fachlich, und den Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments. Zwar kümmert sich jede Instanz um einen anderen Aspekt, aber in der Praxis gibt es eine Menge von Abgrenzungsschwierigkeiten. Ein Beispiel: Um sechs zusätzliche Fälle bearbeiten zu können, verlangte die Bundesanwaltschaft mehr Geld. Für die Ressourcen der Bundesanwaltschaft ist die administrative Aufsicht, der Justizminister, zuständig. Als ich wissen wollte, wie ernst diese Fälle sind, um beurteilen zu können, ob ich mehr Budgetgelder freimachen soll, gab mir Herr Roschacher keine Auskunft. Ich fragte: Geht es um Terrorismus oder geht es darum, eine Indiskretion eines Beamten aufzudecken? Wieder keine Antwort. Also forderte ich ihn auf, seine Prioritäten mit Bellinzona zu besprechen, und dann einen neuen Antrag zu formulieren. Das gehe nicht, sagte er, denn Bellinzona sei nicht für das Geld zuständig. Sie sehen, am Schluss kann der Bundesanwalt, wenn er will, seine verschiedenen Vorgesetzten gegeneinander ausspielen. Verantwortung ist eben unteilbar. Was machen Sie falsch, dass Sie so bekämpft werden? Einerseits will man nicht, dass etwas geändert wird. Andererseits ist Wahlkampf. Die SP und die Grünen wollen eine sozialistische Politik. Also sind sie gegen mich. Viele Bürgerliche in der FDP und der CVP begehen den Fehler, dass sie die SVP für die Wählerverluste vergangener Jahre verantwortlich machen. Die Dosis verstärkt sich regelmässig. Zuerst unterschob man mir die Beteiligung an einem gemeinen Komplott Anschliessend versuchte man mir, Nazi-Methoden unterzuschieben. Das macht sich immer gut, man kommt in die Zeitung. Couchepin verglich Sie mit Mussolini, weil Sie in der SVP ohne Zweifel eine dominante Rolle spielen. Der Wahlkampf der SVP wurde kurzerhand auf Sie zugeschnitten. Ursache ist nicht die SVP, sondern unsere Gegner: Sie haben den ganzen Kampf gegen die SVP auf Blocher fokussiert. Es geht ja nicht um mich, sondern darum, die SVP zu schwächen. Niemand hat mir bisher vorgeworfen, ich verletzte meine Pflicht oder verweigere die Arbeit. Man will die Politik und die Erfolge nicht. Zum Beispiel beim Asyl- und Ausländerrecht. Man will wieder mehr Geld der Bürger ausgeben. Man möchte in die EU, was ich verhindern will etc. Die SVP wusste, Blocher ist unser bestes Zugpferd. Also schuf sie eine Situation, damit sie Blocher in den Vordergrund stellen kann. So entstand der „Geheimplan“. Als die SVP diese Kampagne entwarf, riet ich zunächst vom Geheimplan ab. Ich sagte: Der Plan würde offen befolgt. Doch Einzelne ahnten, dass im Geheimen mehr geplant wurde. Heute muss ich sagen, sie hatten Recht. Tatsächlich tauchte - durch Bundesrat, Geschäftsprüfungskommission und Bundesanwaltschaft geschickt inszeniert - der Vorwurf auf, ich sei in ein für mich strafbares Komplott verwickelt, man habe die Unterlagen gesehen, aber man könne sich erst in einigen Monaten dazu äussern, weil die Unterlagen zuerst noch beschafft werden müssten. Nachdem NR Mörgeli die Fakten auf den Tisch gelegt hatte, brach dieses Kartenhaus zusammen. Andernfalls wäre es tatsächlich gefährlich geworden. Das merken die Bürger und darum stellt die Partei Blocher ins Schaufenster. Das ist doch nicht verboten. Vor vier Jahren tourten Joseph Deiss und Ruth Metzler mit Zahnbürsten durchs Land, um die CVP zu stärken. Das ist nicht neu. Neu ist für schweizerische Verhältnisse, dass eine Person, Sie, in einer Partei eine dermassen wichtige Rolle spielt. Das letzte Beispiel einer solchen Dominanz war Gottlieb Duttweiler, der Gründer des LdU. Meine Bedeutung für die SVP verdanke ich zu einem grossen Teil meinen Gegnern. Drei Jahre lang haben sie sich auf mich gestürzt. Es ist kein Angriff auf meine Person, sondern auf das Gedankengut meiner Partei, das ich vertrete. Das führt dazu, dass sich eine Partei mit ihren Bundesräten identifiziert, vorallem wenn sie so stark beschossen werden, wie das bei mir passierte. Sie reizen Ihre Gegner, weil Sie den Eindruck erwecken, nur Sie allein könnten die Schweiz retten. Jetzt kommen alle diese Klischees. Ich habe meine klare Meinung und die vertrete ich. Natürlich bin ich in der Politik, um die Verhältnisse in der Schweiz zu verbessern. Ich habe noch nie aus einem anderen Grund politisiert. Wie oft wurde mir vorgeworfen, ich läge falsch. Denken Sie an den EWR. Man hielt meine Prognosen für Unsinn, sagte den Untergang der Schweiz voraus. Und heute? Warum bleiben Sie so umstritten? Niemand bezweifelt, dass Sie ein Demokrat sind, im Bundesrat haben Sie sich einbinden lassen, viele Freisinnige, viele Christdemokraten loben Sie hinter vorgehaltener Hand. In den grossen Fragen will niemand hinstehen. Das ist normal. Kennen Sie in der Geschichte jemanden, der etwas bewegte und nicht umstritten war? Oft wurden solche Leute am Ende umgebracht. Sie übertreiben ein wenig. Auch Du Brutus, sagte Caesar. Meistens wird man aus den eigenen Reihen gemeuchelt. Im Ernst: Der Aufstieg der SVP hat manchen Parteien Stimmen und Pfründen gekostet, gar einen Bundesratssitz. So schafft man sich Feinde. Niemand verteidigt Sie. Alle Konservativen in FDP und CVP schweigen. Es braucht viel Mut, kurz vor den Wahlen jemanden einer anderen Partei zu loben. Viele Bürgerliche meinen, man könne mich am besten bekämpfen, indem man mich beschimpft und verunglimpft Doch die Bevölkerung merkt dies zum grossen Teil. Um welches Thema es in der Schweiz auch geht: Immer dreht sich alles um die Frage, ist man gegen oder für Blocher? Vielleicht liegt das an Ihren Gegnern, aber womöglich liegt es auch an Ihnen. Sicher liegt das auch an mir. Würde ich eine andere - meines Erachtens falsche - Politik machen, wäre es anders. Ich trete entschieden gegen den EU-Beitritt ein, dann gibt es etliche Leute in Bern, die ihre Karrierepläne überdenken müssen. Wenn ich die Ausgaben senken will, dann verlieren manche Leute Einfluss, Stellen und Geld. Wenn einer die Entwicklungshilfe in Frage stellt und gar Zustimmung erhält, dann fühlen sich manche bedroht. Es ist klar, dass sich diese Leute auf die Person stürzen, die diese Bastionen und Pfründe in Frage stellt. Aber es gibt einen Punkt, wo es nicht mehr um die Sache geht, sondern nur mehr um die Person Blocher. Dieser Punkt ist erreicht, das ist kontraproduktiv. Ich weiss nicht, was Sie meinen. In den vergangenen vier Jahren haben wir sehr viel erreicht. Die Regierung hat zum Beispiel das EU-Beitrittsziel gestrichen … Die Verwaltung arbeitet weiter darauf hin .. Vielleicht. Doch war es ein wichtiges Signal. Der Bundesrat beschloss keine bilateralen Verträge mehr abzuschliessen, die unsere Handlungsfreiheit beschneiden. Die Stimmung gegenüber der EU hat gekehrt. Die Staatsausgaben wurden gesenkt, zwar zu wenig, aber immerhin. Die Asylzahlen sind rückläufig, ein neues griffiges Gesetz ist beschlossen. Nun kritisieren Sie, Blocher hat das Maximum nicht erreicht. Natürlich nicht, doch wenn ich ausserhalb des Bundesrates geblieben wäre, hätte ich weniger erzielt. Das ist massgebend. Vielleicht würden Sie Ihre Ziele besser erreichen, wenn Sie sich aus der Politik verabschiedeten. Man würde über die Sache reden, nicht bloss über Blocher. Wenn das so wäre, würde ich zurücktreten. Träte ich heute zurück, drohte ein Rückfall in die neunziger Jahre. Dass man mich derart verbissen aus der Regierung entfernen will, zeigt doch, dass es mich noch braucht.

20.09.2007

Selbstbestimmung oder Fremdbestimmung?

Frauenfeld. Referat von Bundesrat Christoph Blocher an der SVP-Informationsveranstaltung, 20. September 2007, in Frauenfeld. 20.09.2007, Frauenfeld Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen. Meine Damen und Herren 1. Ist die Schweiz überlebensfähig? Seit Beginn der 90er Jahre gibt es starke Kräfte in der Schweiz, die einen Beitritt zur EU fordern und darauf hinarbeiten. Anfänglich, vor allem während der EWR-Abstimmung, argumentierten die Beitrittsbefürworter hauptsächlich ökonomisch. Manager, Wirtschaftspolitiker und ganze Verbände drohten der Bevölkerung, unser Land könne ausserhalb der EU wirtschaftlich nicht überleben. Mittlerweile sind diese Gruppen ruhig geworden oder haben ganz die Seite gewechselt und gehören heute zu den Gegnern eines Beitritts. Warum? Weil die Schweiz ökonomisch sehr gut ohne EU-Mitgliedschaft dasteht und gerade wegen ihrer Nichtmitgliedschaft grosse Vorteile geniesst! 2. Oberstes Gebot: Handlungsfreiheit Es ist immer gut zu fragen: Ist die Schweiz auf dem richtigen Weg? Kann unser Land seinen Wohlstand, seine Wirtschaftskraft, sein Unternehmergeist behaupten? Ich sage Ihnen mit Überzeugung: Ja, die Schweiz hat Zukunft. Ja, die Schweiz wird ihren Weg finden. Unter einer Voraussetzung: Wenn ein Land seine Geschicke bestimmen will, muss es frei handeln können. Die Handlungsfreiheit, die Selbstbestimmung, die Unabhängigkeit ist darum das höchste Gebot. Wenn wir nicht selber bestimmen können, sondern fremd bestimmt werden, müssen wir uns gar nicht den Kopf zerbrechen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Denn andere werden diesen Weg bestimmen – und das wollen wir nicht. Wer das Wohl der Schweizerinnen und Schweizer im Auge hat, wird alles für die Selbstbestimmung unseres Landes tun. Wie die Zukunft aussieht, kann niemand mit Sicherheit sagen. Vor zweihundert Jahren war unser Land so etwas wie der Vietnam Europas: Ein Billiglohnland für Textilien mit grossem bäuerlichem Bevölkerungsanteil. Keiner hätte diese fulminante Entwicklung bis heute voraussagen können. Und niemand weiss, wie es in nochmals zweihundert Jahren aussehen wird. Aber eines wissen wir: Die Schweiz hat Zukunft, so lange sie auf ihre Eigenständigkeit setzt und eine Politik betreibt, die optimal ist für einen kleinen, neutralen, freiheitlichen Staat wie die Schweiz. Darum stehen wir uneingeschränkt für die Unabhängigkeit unseres Landes ein, damit wir unsere Geschicke auch künftig selber bestimmen können. 3. Freiheit heisst Sicherheit Die Grundlage unseres Staates ist also die Selbstbestimmung, die Handlungsfreiheit nach aussen. Und wie sieht es innen aus? Wie sieht die Grundlage der Schweiz innerhalb unserer Grenzen aus? Die oberste Pflicht eines Staates ist, für die Sicherheit seiner Bewohnerinnen und Bewohner zu sorgen. Diese innere Sicherheit ist die Voraussetzung der Freiheit. Wir wollen uns frei bewegen können – ohne Angst zu haben vor Gewalt und Übergriffen. Zur inneren Sicherheit gehört der absolute Schutz an Leib und Leben. Wir wollen frei unserer Arbeit und unseren Geschäften nachgehen können – ohne, dass wir schikaniert, beraubt, enteignet werden. Unsere Kinder und Schüler sollen in Sicherheit leben – ohne, dass sie angepöbelt, erpresst, gedemütigt, genötigt und geschlagen werden. 4. Vertrauen in die Bürger Die Freiheit muss also nach aussen wie nach innen gewährleistet sein. Darum streben wir nach der Unabhängigkeit der Schweiz und nach Sicherheit im Innern. Doch die Gefahr der Freiheitsberaubung ist auch die Reglementierung, Bürokratisierung, Bevormundung des Bürgers durch Vorschriften: Aber gleichzeitig auch, in dem der Bürger durch Abgaben, Gebühren, Zwangsprämien und Steuern immer mehr enteignet wird. Darum: Mehr Vertrauen in die Bürger. Die herrschende Regulierungswut und Bevormundungstendenz zeugen nämlich nur vom Misstrauen in den Menschen und seine Fähigkeiten. Wir haben einen anderen Weg zu gehen, den Weg der Schweiz: Wir vertrauen dem Selbstgestaltungswillen des Menschen, darum halten wir auch das Prinzip der Eigenverantwortung hoch. So wie der Staat nach aussen seine Handlungsfreiheit bewahren soll, soll auch dem Einzelnen seine Handlungsfreiheit belassen werden. Darum soll er auch so frei über sein Einkommen verfügen können wie nur möglich. Durch laufend höhere Steuern, Abgaben, Prämien und Gebühren. Kann man den Bürger entmündigen! Der Weg der Schweiz ist: auf unabhängige, mündige, eigenverantwortliche Bürger setzen. 5. Die Schlechtredner Es gehört zum System der EU-Befürworter, die Schweiz schlecht zu reden und vor allem ihre Vorzüge in Nachteile umzudeuten. Besonders der Föderalismus, also unser Staatsaufbau von unten nach oben, wird als „Kantönligeist“ belächelt. Dabei zwingt der Föderalismus die Politik zur Bürgernähe. Je kleiner der politische Raum, desto überschaubarer ist und vor allem desto besser kann der Bürger kontrollieren und Einfluss nehmen. So sieht eine konkrete Stärkung der Demokratie aus. Ein EU-Beitritt ist unvereinbar mit unserer direkten Demokratie. In der EU hat unser Volk nichts mehr zu sagen. Natürlich wissen unsere „Eliten“, dass es letztlich die direkte Demokratie war, die unsere Unabhängigkeit gesichert hat und weiter sichert. Wäre es nach dem Willen des früheren Bundesrates, des Parlaments und der anderen Parteien gegangen, wären wir heute in der EU. 6. Bankkundengeheimnis Dass andere europäische oder amerikanische Finanzmärkte, aus Eigeninteresse das schweizerische Bankgeheimnis bekämpfen, kann man verstehen, ja sogar als Auszeichnung werten. Aber dass es massgebliche Kräfte im eigenen Land gibt, die unsere Vorteile hintertreiben, ist schon erstaunlich bis widerlich. Als Unternehmer habe ich eines gelernt: Wer Erfolg haben will, muss sich auf seine Stärken besinnen und diese ausbauen – und nicht preisgeben. Nur: Wer bedingungslos in die EU will, denkt und handelt selbstverständlich anders. 7. Was bringt die verstärkte Regierungsbeteiligung? Heute können wir unsere Politik verstärkt in der Regierung selbst einbringen. Und es zeigen sich erste Resultate: Der Bundesrat hat sich vom EU-Beitritt als „strategischem Ziel“ verabschiedet. Der Bundesrat sagt noch nicht, der EU-Beitritt ist vom Tisch. Aber das Ziel ist gewichen. Wenigstens ein halber Erfolg. Konsequent wäre: Der Bundesrat setzt sich für die Unabhängigkeit der Schweiz ein – so wie es die Bundesverfassung verlangt. Was die bilateralen Verträge anbelangt, hat der Bundesrat beschlossen, dass diese die künftige Handlungsfreiheit des Landes nicht einschränken dürfen! Das ist ausserordentlich bedeutsam! Es bessert sich. Aber wir stehen erst am Anfang!