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Indépendance

16.01.2004

Die bürgerliche Wende vollziehen

Eine politische Standortbestimmung anlässlich der 16. Albisgüetli-Tagung der Schweizerischen Volkspartei des Kantons Zürich 16.01.2004, Zürich Es gilt das gesprochene Wort Freitag, 16. Januar 2004, im Schützenhaus Albisgüetli, Zürich Es gilt sowohl das gesprochene als auch das geschriebene Wort, wobei sich der Referent vorbehält, auch stark vom Manuskript abzuweichen. Herr Nationalratspräsident, Herr Kantonsratspräsident, Herr Verfassungsratspräsident, Herr Regierungspräsident, Frau Regierungsrätin, Herr Regierungsrat, Herren Ständeräte, Nationalräte und Kantonsräte, Herren Bundesrichter und Oberrichter, Herren Korpskommandanten und Divisionäre, Liebe Mitglieder, Freunde, Sympathisanten und Kampfgefährten der Schweizerischen Volkspartei, Liebi Fraue und Manne, Ich heisse Sie herzlich willkommen zur 16. Albisgüetli-Tagung 2004. Kurz nach dem 10. Dezember 2003 habe ich einen Brief erhalten, worin mir ein weitsichtiger Bürger mitteilte: "Gut, sind Sie in die Regierung gewählt worden, so hat das Albisgüetli wenigstens einen Bundesrat in den nächsten Jahren. Oder muss die SVP beim ,Herrn Bundesrat Blocher' jetzt auch mit einer Absage rechnen?" Nein, meine Damen und Herren. Es gibt immerhin böse Zungen, die behaupten, Blocher sei nur deshalb Bundesrat geworden, damit an jeder Albisgüetli-Tagung ein Bundesrat anwesend sei. Ich versichere Ihnen lediglich, dass mich kein Beschluss des Gesamtbundesrates je davon abhalten wird, am Albisgüetli teilzunehmen... I. Einmal mehr: Sonderfall Schweiz Als wir uns nach den vorletzten Parlamentswahlen, also vor vier Jahren, hier zusammen fanden, fragten wir uns, wie der Erfolg der SVP zu erklären sei. Wir kamen auf folgende Eckpunkte: - Auftrag erfüllen statt Prestige pflegen - Themen statt Pöstchen besetzen - Selbstverantwortung geht vor Umverteilung - Den Sonderfall Schweiz begreifen - Das Undenkbare denken und auch sagen Diese Erfolgsrezepte werden ihre Gültigkeit immer bewahren. Das sind Richtlinien, die für eine Oppositionspartei genauso gelten wie für eine Regierungspartei. Das gilt für Bundesräte wie für Nichtbundesräte. Als die SVP 1999 zur wählerstärksten Partei avancierte, bin ich damals pflichtschuldigst zur Bundesratswahl angetreten. Doch die anderen Parteien zogen eine Mitte-Links-Regierung vor, auch wenn eine grosse Mehrheit im Volk diese Politik nicht mittrug. Ich sagte damals: "Wir sehen uns bei Philippi wieder." Manche haben darüber spekuliert, was wohl damit gemeint sei. Einige meinten, ich hätte mich versprochen und eigentlich im Hinblick auf die nächste "Arena"-Sendung des Schweizer Fernsehens sagen wollen: "Wir sehen uns bei Filippo wieder." Nein, ich meinte damals die nächsten Wahlen im Jahr 2003. Und tatsächlich: Wir haben uns bei Philippi wiedergesehen. Die Resultate dieser letzten Parlamentswahlen schufen die Grundlage für meine Wahl zum Bundesrat. Ich staune, ehrlich gesagt, noch heute über meine Wahl. Das heisst nicht, dass ich meine Kandidatur nicht ernst genommen hätte. Es war mir sehr ernst, aber überrascht war ich trotzdem. Ich hätte es dem schweizerischen Politsystem nicht zugetraut, gerade weil ich es so lange kenne. Auch anderen ging das so: Einige sprachen von einem Betriebsunfall, andere von einem Wunder, dritte von einem schwarzen Tag. Da haben alle, je nach Gesichtspunkt, etwas recht. Aber im Grunde war diese Wahl ein weiterer Beweis dafür, dass wir in einem politischen Sonderfall leben. So richtig gemerkt habe ich dies wieder, als ich mir nach der Wahl Gedanken über das Bundesratsamt machte. Vor fast zehn Jahren sagte ich in einem Interview: "Die Bundesratswahl ist heute geradezu unappetitlich. Das ist die oberste Sprosse einer Leiter, die es zu erklimmen gilt. Und die Sprossen überwindet nur einer, der sich allseits gut stellt, sich immer wieder erkundigt: Was muss ich vertreten, dass ich höher komme? Man darf sich mit diesem und jenem nicht überwerfen, und am Schluss steht man auf der obersten Sprosse, abgeschliffen und angepasst bis zur Selbstverleugnung..." (Wolf Mettler: "Liebi Fraue und Manne...", Schaffhausen 1995, S. 81) Ich habe meine politische Meinung im Vorfeld der Wahl nicht im geringsten preisgegeben, ich habe mich weder gegen links noch rechts verneigt und bin dennoch Bundesrat geworden. Und so muss ich jetzt sagen, ich habe mich getäuscht. Ich habe zu wenig bedacht, dass sogar bei Bundesratswahlen die Schweiz ein Sonderfall ist. Es ist überhaupt seltsam: In der Schweiz besteht die oberste vollziehende Behörde, die dem Parlament und dem Volk Rechenschaft schuldet, aus einem Kollegium von sieben gleichberechtigten Mitgliedern. Wir haben keine nur für einen bestimmten Geschäftsbereich zuständige Minister in beliebig wechselnder Anzahl, die von einem Regierungschef ein- und abgesetzt werden und diesem allein verpflichtet sind. Wir haben eine Mehrparteienregierung, in der die Regierungsvertreter von den anderen Parteien gewählt werden. Wir haben ein System, in dem es keinen dominanten Staatspräsidenten gibt und nicht einmal die wählerstärkste Partei Anspruch auf die Bildung einer Regierung hat. Und jetzt haben wir den kuriosen Fall, dass jemand Bundesrat geworden ist, den eine Mehrheit im Parlament eigentlich gar nicht haben wollte. Wenn das kein Sonderfall Schweiz ist! In jedem anderen Land würden die bisher Regierenden zurücktreten und die Opposition in die Regierung berufen. In der Schweiz bleiben die bisher Regierenden, deren Parteien verloren haben, und derjenige, der Widerstand geleistet hat, wird neu aufgenommen. Wenn das kein Sonderfall ist! II. Mehr SVP-Politik im Bundesrat Man hat mir das Justizdepartement übertragen. Jenes Departement also, bei dem es die meisten Differenzen zwischen der bisherigen bundesrätlichen Politik und der SVP gibt. Es geht um die Fragen der Sicherheit und Kriminalität, um das Asylwesen, um Einbürgerungen, um die Ausgestaltung des Strafrechts, um die Migrationspolitik und die Integration. Offenbar hat sich der Bundesrat gefragt: Wer hat die besten Ideen in diesem Bereich? Welche Partei hat griffige Rezepte gegen den Asylrechtsmissbrauch vorgelegt? Wer hat mit guten Gründen die Abkommen von Schengen und Dublin hinterfragt? Von wem können wir eine konsequentere Gangart im Strafrecht und im Strafvollzug erhoffen? Nach diesen Überlegungen hat sich der Bundesrat für mich als Vorsteher des EJPD entschieden. Das nehme ich jedenfalls so an. Ich selber dachte ja, ich sei von meiner Erfahrung her eher für das Finanzressort oder die Wirtschaft geeignet. Aber nein, die Regierung will im Justizdepartement mehr SVP-Politik. Der ehemalige SP-Parteipräsident Helmut Hubacher meinte zwar: "Blocher als helvetischer Justizminister ist wie die gerechte Strafe Gottes" ("Die Weltwoche", 18.12.2003). Für wen diese Wahl eine Strafe ist, hat er allerdings nicht gesagt. Was mag Herr Hubacher wohl damit gemeint haben? Glaubt er etwa, der Bundesrat habe mich mit Hintergedanken ins EJPD gesteckt? Glaubt Herr Hubacher tatsächlich, eine Landesregierung würde so kleinkrämerisch und bösartig handeln? Hat Herr Hubacher denn gar keinen Respekt vor Amt und Würde des Bundesrates? Und überhaupt: "Eine gerechte Strafe Gottes"! Seit wann glauben Sozialisten an einen Gott? Wofür steht denn der Bundesrat? Es gehört zum Wesen unseres Staates, dass keiner direkt wirken und entscheiden kann, auch wenn man wüsste, was richtig und notwendig wäre. Häufig kann man nur Fehlentwicklungen verhindern. Eine Aufgabe, die übrigens meistens und schon sehr lange vom Volk übernommen wird. In unserer direkten Demokratie gehört der letzte Entscheid ja immer dem Souverän. Die eigentliche Aufgabe des Bundesrates liegt in der Umsetzung des demokratische Wählerwillens. Es ist deshalb eine Unsitte, dass sich der Bundesrat immer mehr und immer parteiischer in Abstimmungskämpfe einmischt. Dadurch wird der Bundesrat unter Umständen mit Vorlagen identifiziert, die er gar nicht selber eingebracht hat. Das schwächt sein Ansehen. Ein solches Vorgehen untergräbt aber auch den Zusammenhalt im Volk, weil sich in jedem Fall wesentliche Bevölkerungsteile von der Regierung nicht mehr vertreten fühlen. Es ist nicht statthaft, dass die Legislative die Abstimmungskämpfe an die Exekutive delegiert. Denn die Arbeit der Exekutive beginnt erst nach einem Volksentscheid - so will es die Gewaltenteilung. Heute vertritt der Bundesrat häufig Vorlagen, die ursprünglich von Parteien oder Verbänden stammen. Kürzlich meinte eine frisch gewählte FDP-Nationalrätin, sie erwarte vom neuen Bundesrat einen "beherzten Einsatz" (Christa Markwalder im "Bund", 29.12.2003) für die Mutterschaftsversicherung. Eben nicht! Das ist keine Aufgabe von Bundesrat und Verwaltung in einer Konkordanzregierung. Wer hier die Zurückhaltung aufgibt, gefährdet letztlich Sinn und Zweck unseres Konkordanzsystems. Wir haben schliesslich eine numerische, eine arithmetische Konkordanz und keine politische. Das Führen von Abstimmungskämpfen ist also Sache der Parteien, Verbände und Politiker. Darum sollten wir die staatliche, mit öffentlichen Geldern finanzierte Propaganda sofort beenden. III. Von der lebensfeindlichen Bürokratie Meine ersten Eindrücke und Schlussfolgerungen nach vierzehn Tage Einblick in die Bundesverwaltung: In den letzten Jahren ist nicht nur unsere Verwaltung immer bürokratischer geworden, auch die Wirtschaft, ja das persönliche Leben jedes Einzelnen wird zunehmend staatlich reguliert. Davon ist auch ein Bundesrat nicht ausgenommen. Kaum hatte ich mit meiner Arbeit begonnen, fragte mich mein geschätzter Weibel, wann ich den Kaffee serviert haben möchte. Ich sagte: "Bringen Sie mir den Kaffee, wenn ich nach einem verlange." Worauf der Weibel anfügte: "Das ist nicht so einfach. Wir führen eine Liste für private und repräsentative Kaffees. Die werden separat abgerechnet und durch das Finanzdepartement kontrolliert. Sie müssen mir jeweils sagen, zu welchem Anlass Sie Ihren Kaffee trinken wollen." Meine Antwort: "Ich zahle Ihnen die Kaffeebohnen, dann müssen Sie nicht mehr abrechnen." Antwort des pflichtbewussten Weibels: "Das geht nicht: Auch die Gäste des Aussendepartements trinken von diesem Kaffee, und einmal pro Woche sogar alle Bundesräte bei ihrer Sitzung." Also muss kontrolliert, aufgeschrieben und verrechnet werden. Die Weibel haben inzwischen ein sinnvolleres System erdacht. Bürokratie entsteht überall da, wo man versucht ist, jedes auftauchende Problem oder Problemchen mit Vorschriften und Massnahmen so zu regeln, dass es sich nicht mehr stellen kann. Absurd wird die Bürokratie, wenn die aufgewendeten Regelungen in keinem Verhältnis mehr zur Grösse des tatsächlichen Problems stehen und wenn die neuen Vorschriften alle normal Denkenden und Handelnden derart einschränken, dass ihre Produktivität und Kreativität behindert wird. Von einem weiteren Beispiel hat mir ein Zürcher Weinbauer in einem Brief berichtet: Weil ein Weinimporteur seinen Wein in unerlaubtem Mass mit algerischem Rotwein gepanscht hatte, wurde eine Reihe von neuen Vorschriften - totale Registrierung jeder Flasche - erlassen. Und zwar für alle. Statt den einen Delinquenten mit einer ordentlichen Busse zu bestrafen, bestraft die Bürokratie alle, auch die Unbescholtenen. Der Weinbauer klagte mir, dass diese zusätzliche Verwaltungsarbeit für ihn kaum noch finanzierbar wäre. Damit keiner mehr betrügen kann, wird jede Initiative lahmgelegt. Häufig sind es auch Politiker, die aufgrund von möglichen kleinen Unrechtmässigkeiten oder wegen seltener Einzelfälle nach weiteren Vorschriften rufen, die dann ein normales Arbeiten äusserst erschweren, teilweise sogar verunmöglichen. Dazu kommen die unzähligen Gesetze, die nur schon deshalb eingeführt werden, weil sie das Leben unserer Bürger in vorauseilendem Gehorsam den Gesetzen anderer Staaten anpassen oder, wie es so schön im Beamtendeutsch heisst, "harmonisieren" wollen. Werden all diese bürokratischen Regelungen, Vorschriften und Gesetze dann noch getreu dem Buchstaben nach angewandt, ersticken sie nicht nur sämtliche Originalität und Spontaneität, sondern das Leben selbst. Das Problem der Bürokratie ist ja nicht, dass die Beamten zu wenig arbeiten, sondern dass sie zu gut arbeiten. Schauen Sie die Fichenaffäre an: Hier hat eine Stelle einmal angeordnet, sämtliche Verdächtigen zu überwachen und die Ergebnisse in Fichen abzulegen. Das war zu jener Zeit vielleicht auch richtig und angemessen. Nur hat später keiner den zuständigen Beamten gesagt, dass sie jetzt wieder aufhören können. Und so wurde munter weiter gesammelt und weiter fichiert bis zum grossen Knall. Es liegt in der Natur der Bürokratie, dass sie jeden möglichen Missstand, jeden Fehler durch ein System ersetzen will. Die zunehmende Bürokratisierung der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Verwaltung und der Politik ist eine Folge der mangelnden Selbstverantwortung und der Angst vor dem Risiko. In den wenigen Tagen, die ich bis jetzt im Amt als Bundesrat verbracht habe, ist mir schmerzhaft bewusst geworden, wie die perfekt ausgeklügelte Bürokratie in der Bundesverwaltung mit ihren fleissigen, korrekten, genauen Beamten den Bundesrat am Lösen der wichtigsten Probleme dieses Landes und damit am Regieren selbst hindert. Wir sind ununterbrochen mit der Bewältigung von aufgezwungenen Nebensächlichkeiten beschäftigt, sodass die entscheidenden Fragen liegen bleiben. Am Ende fehlen Zeit und Kraft, um sich zu überlegen: "Was ist das Wesentliche? Wo sind die grossen Probleme?" Doch genau darüber sollte ein Bundesrat mit seinen Kollegen, Amtsdirektoren und Mitarbeitern diskutieren, streiten und Vorschläge prüfen. Sind die wichtigsten Probleme erst einmal festgestellt, ist die halbe Arbeit getan und es können Lösungen erarbeitet werden. IV. Eine richtungsweisende Wahl Als wir uns vor einem Jahr hier im Albisgüetli versammelt haben, stand uns ein wichtiges, richtungsweisendes Wahljahr bevor. Mir war klar, dass die Parlamentswahlen 2003 die bedeutsamsten Wahlen für uns sein würden. Nur wenn die SVP kräftig zulegt, könnte sich für die Zukunft in unserem Land etwas ändern. Ich sagte damals: "'Es taget vor dem Walde!' In Wirtschaft und Gesellschaft und bei den Leuten, die im Alltag, im Leben stehen, beginnt es zu tagen. Im Bundeshaus ist dies noch nicht der Fall. Da herrscht noch dunkle Nacht und tiefer Schlummer. Wecken wir sie auf durch die Wahlen 2003!" Und wahrlich! Die Wahlen vom 19. Oktober 2003 haben nicht nur geweckt, sondern geradezu aufgeschreckt. Die SVP hat zum dritten Mal in Folge einen grandiosen Wahlsieg eingefahren. Es war ein unsanftes, aber nötiges Erwachen. Warum? Weil die Zeit der Träumereien vorbei ist. Weil man die Wirklichkeit nicht mehr schön reden konnte. Weil die Probleme zu offensichtlich sind. Weil die Milliardendefizite niemand mehr verleugnen kann. Weil die Leute genug davon haben, Probleme nur mit Geld statt mit Taten zu lösen. Zu lange ist man schönen Visionen nachgerannt und hat dabei die Arbeit vernachlässigt. Die SVP hat trotz Anfeindungen standhaft auf den bewährten liberalen und bürgerlichen Rezepten beharrt. Unsere Unabhängigkeit haben wir erkämpft und verteidigt. Auch gegen die Einheitspresse. Wir haben Nein gesagt, wo es nötig war und bessere Lösungen präsentiert. Wir haben eine deutliche Sprache gesprochen und uns nicht wie die anderen dem Konsensgeplauder angeschlossen. Die Bürgerinnen und Bürger haben erkannt, dass wir eine solide, verlässliche Politik vertreten. So hat die SVP die Wahlen 2003 gewonnen, weil die Menschen unsere unerschrockene Arbeit honoriert haben. Die Wählerinnen und Wähler verknüpfen mit der SVP die grosse Hoffnung, dass endlich wieder für jene Menschen politisiert wird, die unser Land voranbringen wollen. Und jetzt spürt man diese Erleichterung, diese Zuversicht täglich. Die Schweiz beginnt sich aus ihrer Erstarrung zu lösen und fasst neues Selbstvertrauen. Seit dem 10. Dezember 2003 fühlt sich der leistungsbereite Mittelstand wieder im Bundesrat vertreten. Die Leute wollen Arbeit. Die Menschen wollen freie Entfaltung. Die Menschen leiden unter den hohen Krankenkassenprämien. Sie wünschen sich sichere Renten, sie fordern ein Ende der illegalen Einwanderung, und ihr Ärger gilt dem allgegenwärtigen Asylmissbrauch. Mit anderen Worten: Die Schweizerinnen und Schweizer wollen eine prosperierende Wirtschaft, denn nur sie kann für Wohlstand und Vollbeschäftigung sorgen. Zum anderen erwarten die Bürger, dass endlich gegen eklatante Missbräuche vorgegangen wird. Denn es ist stossend, jährlich Milliarden Steuern zu zahlen, nur weil sich gewisse Leute nicht an die Gesetze halten oder unser Sozialsystem ausnutzen. Eine grosse Mehrheit in unserem Land will das Gegenteil der ruinösen Umverteilungspolitik. Sie haben genug von Moralisten, die jeden Missstand totschweigen, der ihrem sozialromantischen Weltbild widerspricht. Die Leute haben die linken Schalmeiengesänge endgültig durchschaut, an deren Ende nur neue Steuern, neue Schulden, neue Sozialmissbräuche stehen. V. Standhaftigkeit bringt Erfolg Am 19. Oktober 2003 hat der Wecker geklingelt. Für die SVP war klar, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann. Über Jahre hinweg hat die SVP im Bundesrat das bürgerliche Feigenblatt gespielt. Man hat die SVP nach der 99er Wahl hingehalten, obwohl der Partei schon damals ein zweiter Bundesratssitz zugestanden wäre. Mit allerlei Ausreden, die monatlich wechselten, verweigerten die anderen Parteien der SVP den zweiten Sitz. Nach diesen Wahlen mussten wir deshalb für bereinigte Verhältnisse sorgen. Wir wollten unsere Politik, den Wählerauftrag, so gut wie möglich umsetzen. Die Zeit der halbbatzigen Lösungen war definitiv abgelaufen. Für mich geht in diesem Jahr ein langes Kapitel in der politischen Arbeit zu Ende. Nach sechsundzwanzig Jahren gebe ich das Präsidium der SVP-Kantonalpartei ab. In diesen Jahren hat sich unsere Partei, ausgehend von Zürich, gesamtschweizerisch enorm gewandelt. Von einem kleinen, eher belächelten Anhängsel, ist die SVP zur bestimmenden bürgerlichen Kraft im Land gewachsen. Dieser Aufstieg hat verschiedene Gründe. Mit Ausnahme unserer Partei gab es wenige Politiker, die sich dem Medien- und Meinungskonsens zu widersetzen wagten. Die SVP hat die Dinge beim Namen genannt - ungeachtet der Journalistenprügel. Der Zeitgeist strebte nach Grösse und suchte auch politisch den Anschluss an ein Supergebilde. In der Wirtschaft ist die Zeit des Grössenwahns vorbei. In der Politik dauert naturgemäss alles etwas länger. Aber der Glanz der Europäischen Union ist ziemlich verblasst. Die Osterweiterung hat weit mehr Querelen als Enthusiasmus hervorgerufen. In der Schweiz besinnt man sich wieder auf die eigenen Stärken. Auch junge Wirtschaftsleute setzen ganz auf Schweizer Qualitäten. Kürzlich meinte der neue, gerade mal 31-jährige Denner-Chef: "Wir Schweizer müssen vom hohen Ross runterkommen und zu unseren Tugenden zurückkehren: Fleiss, Bescheidenheit, Dienstbereitschaft, Disziplin. So ist die Schweiz gross geworden." (Philipp Gaydoul im "Blick", 31.12.2003) Die Stimme eines Jungen! Bürgerliche Tugenden sind nie veraltet. Darum sind wir eine liberalkonservative Partei. Wir geben der Wirtschaft und den Menschen die Freiheit, sich zu entfalten. Gleichzeitig prüfen wir - und das ist der konservative Zug -, ob das Neue wirklich besser ist als das Bisherige. Dieses Denken hat mich in die Politik geführt und seither immer bestimmt. VI. Ein Rückblick Erstmals richtig politisch aktiv wurde ich in meiner damaligen Wohngemeinde Meilen. Wir waren noch nicht einmal drei Monate dort ansässig, als es um das Einzonen eines gewaltigen Areals für die Alusuisse ging. Wir fanden das Projekt für eine so ländliche Gegend völlig überrissen, obschon sich viele Bürger Geldsegen versprachen. Es ergab sich, dass ich zum Wortführer der Gegner wurde. Es strömten damals fast dreitausend Menschen an diese Gemeindeversammlung, und wegen des grossen Aufmarsches musste die Diskussion mit Lautsprechern in eine zweite Turnhalle übertragen werden. Als ich dann zum zweiten Mal das Wort ergriff, gingen dem damaligen Gemeindepräsidenten und LdU-Nationalrat Theodor Kloter die Nerven durch. Er raunte seinem Nachbarn zu: "Jetzt schnurred dä Tubel scho wider." Dummerweise waren die Mikrofone eingeschaltet und alle konnten die Bemerkung des Gemeindepräsidenten in der anderen Turnhalle hören. Ich liess mich wegen der Massregelung nicht verdriessen und sprach trotzdem. Wir haben übrigens damals die Abstimmung verloren. Aber gebaut wurde das Alusuisse-Center trotzdem nicht. Das zeigt: Nicht jede Niederlage bleibt eine Niederlage. In dieser Zeit pilgerten mehrere Parteien zu mir und wollten mich für eine Mitgliedschaft gewinnen. Ausser den Sozialdemokraten: sie sparten sich den Weg, auch wenn sie sonst nicht viel fürs Sparen übrig haben. Ich entschied mich damals für die SVP, weil mir als gelernter Landwirt die Bauern- und Gewerbepartei am nächsten stand und weil sie nicht den damaligen Standesdünkel anderer Parteien verströmte. Bald wurde ich in den Gemeinderat gewählt. Ein Jahr später - 1975 -, ich war eben erst in den Kantonsrat gewählt, trat ich gegen das zürcherische Planungs- und Baugesetz und damit auch gegen den damaligen SVP-Regierungsrat und Baudirektor Alois Günthart an. Schon damals sperrte die NZZ unsere Inserate, weil sie nicht ihren politischen Auffassungen entsprachen. Aufgrund der Meinungsunterschiede wollte mich der Baudirektor aus der Partei ausschliessen. Wir verloren diese Abstimmung, und der SVP-Baudirektor prophezeite den drei gegnerischen Kantonsräten - Rudolf Reichling, Albert Sigrist (FDP) und mir - das Ende der politischen Karriere. Es kam etwas anders: Albert Sigrist wurde Regierungsrat, Rudolf Reichling Nationalratspräsident und Christoph Blocher Bundesrat. Politiker waren schon immer schlechte Propheten. Was hat mich diese Episode gelehrt? Man muss seinen Weg konsequent gehen, auch wenn eine Niederlage droht. Man muss seiner Meinung treu bleiben, selbst wenn sie verteufelt wird. Auch dann, wenn andere sagen: "Jetzt schnurred dä Tubel scho wider." Nicht eine Meinung zu haben, ist der Tod in der Politik, sondern wenn man aus Opportunismus nachgibt. Übrigens, Alois Günthart wurde später einer meiner engsten Weggefährten. 1977 bin ich dann Präsident der SVP Zürich geworden. Verschiedene Personen wollten meine Wahl verhindern. An der entscheidenden Delegiertenversammlung votierte ich vergeblich gegen die neue Finanzordnung, welche das Volk dann später ablehnte. Meine Gegner sagten, es könne einer nicht Kantonalpräsident werden, wenn er in Sachfragen eine andere Meinung vertrete. Bis weit über Mitternacht diskutierten die Anwesenden, ob sie mich oder den Gegenkandidaten zum Präsidenten wählen sollten. Schliesslich stellte ich einen Ordnungsantrag: Man könne jetzt nicht mehr weiter diskutieren. Meine Frau, die mich begleitet hatte, müsse nach Hause. Dort warte ein vier Monate altes Kind, das gestillt werden müsse, sonst verhungere es. Ich sagte: "Mir ist das Überleben meines Kindes wichtiger als dieses höchst ehrenvolle Parteiamt." Dieses Votum gab den Ausschlag. Die Versammlung drängte zur Abstimmung, und ich wurde überraschend deutlich gewählt. Es war nicht das erste Mal, dass mich meine Frau begleitet hat. Und nicht das letzte Mal. Sie hat in all den Jahren gemeinsam mit mir viele Kämpfe durchgefochten, Niederlagen verdaut, Erfolge gefeiert und mich und die Zürcher SVP weiter gebracht. Sie hat mich auch in den letzten Monaten vor der Bundesratswahl bestärkt und auch heute ist sie anwesend. Herzlichen Dank, liebe Silvia! Die SVP ist ja bekanntlich aus der Bauernpartei hervorgegangen. In einzelnen Kantonen konnte sie auf eine lange Tradition zurückschauen. Sie war aber thematisch eng begrenzt. Ich erinnere mich, wie ich in der Anfangszeit meines Präsidiums Weinländer Ortssektionen besuchte. Auf der Traktandenliste der Bezirkspartei wurden zwar auch die Abstimmungsparolen behandelt. Mit weit grösserer Inbrunst aber befassten sich die Delegierten mit der kommenden Bezirksviehschau. Partei, Milch- und landwirtschaftliche Genossenschaften bildeten eine Einheit. Wir haben dann im Kanton Zürich begonnen, das Programm zu erweitern. Wir haben uns insbesondere auch um die Finanz-, Wirtschafts- und Aussenpolitik gekümmert und sind mittlerweile zur führenden Wirtschaftspartei geworden. Das war eine zähe und aufreibende Arbeit. Man muss eine gewisse Hartnäckigkeit entwickeln in der Politik. Meine Frau war oft am Verzweifeln, wenn sie hörte, wie nach langer Arbeit irgend ein kläglicher Gewinn eines einzigen Kantonsratssitzes oder wenigstens ein "Halten der Sitze" vermeldet werden konnte. So viel Arbeit - so wenig Erfolg! Hartnäckige Kleinarbeit, nicht nur gegen aussen, sondern fast noch mehr nach innen. Die Bequemlichkeit ist der grösste Feind einer Partei. Auch wir hatten und haben die Tendenz, uns mit einem gut formulierten Wahlprogramm zufrieden zu geben. Aber das Wahlprogramm ist das eine, die politische Arbeit das andere. In der Politik gibt es den Drang zum Grundsätzlichen, bloss um dem Konkreten zu entfliehen. Ich will Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen und zwar an einer Begebenheit aus unserer Partei, die ein paar Jahre zurückliegt, aber nichts an ihrer Aktualität eingebüsst hat. Schon damals galt für uns: "Nur so viel Staat wie nötig - aber so viel Freiheit wie möglich." Auch die Programmkommission unserer Partei verschrieb sich diesem Grundsatz und führte vorbildlich gleich einige konkrete Privatisierungsvorschläge an: etwa den Lehrmittelverlag, die Staatskellerei, die Zentralwäscherei... Anschliessend beriet der Parteivorstand sorgsam den Programmentwurf und lobte die Grundsätze. Die Damen und Herren waren sich wohltuend einig - bis man auf die konkreten Beispiele zu sprechen kam. Da erhob sich ein angesehener Lehrer, zeigte den Mahnfinger und sprach: Er sei gewiss der Letzte, der gegen Privatisierungen antrete. Aber ausgerechnet beim Lehrmittelverlag anzufangen, dieser sinnvollen und traditionellen Institution, sei nun wirklich das Verkehrteste. Als es um die Staatskellerei ging, meldete sich ein ehrwürdiger Rebbauer. Er habe das Privatisieren schon mit der Muttermilch aufgesogen. Aber doch nicht ausgerechnet die Staatskellerei, der die Weinbauern so viel zu verdanken hätten! Beim Thema Zentralwäscherei erhob der tüchtige Verwalter eines Regionalspitals die Stimme und versicherte, wenn einer etwas von Privatisierung verstehe, sei er es. Aber es gehe keinesfalls an, die so nützliche und effiziente Zentralwäscherei zu privatisieren. Kein einziges der genannten Beispiele überlebte die Sitzung. Am Schluss einigte man sich auf den leeren Programmgrundsatz: "Nur so viel Staat wie nötig - aber so viel Freiheit wie möglich. Die Privatisierungen sind mit aller Kraft voranzutreiben." Meine Damen und Herren, die Programme aller Parteien strotzen von solchen Grundsätzen. Nur fehlen die Taten. Für die Bürger zählen aber nur diese. Das Konkrete ist massgebend. Sonst verlieren die Wähler, die Leute und das Volk immer mehr das Vertrauen in die Politik und die Politiker, weil Programme und Taten nicht mehr übereinstimmen. VII. EWR als Wendepunkt Der eigentliche Wendepunkt für die SVP war die wichtigste aussenpolitische Abstimmung des letzten Jahrhunderts: Die EWR-Abstimmung von 1992. Noch selten hat es eine Vorlage gegeben, für die sich sämtliche Verbände, sämtliche Parteien, der Bundesrat, alle Kantonsregierungen, die ganze Wirtschaft, die Gewerkschaften, das Establishment so geschlossen und mit einem derart grossen Aufwand eingesetzt haben. Mit praktisch allen Medien, den Zeitungen und dem Fernsehen im Rücken. Die Meinungseliten erklärten die EWR-Abstimmung zur Vertrauensabstimmung schlechthin. Und dann verloren sie diese Abstimmung. Aber das Vertrauen verloren die Befürworter erst später, dann nämlich, als Bundesrat und Parlament den Volksentscheid nicht respektierten. Statt sich der Realität zu beugen, versuchten sie, die Schweiz mit allerlei Massnahmen für den EU-Beitritt gefügig zu machen. Dazu gehörte auch die permanente Verunglimpfung unserer Partei und ihrer Vertreter. Das hat die SVP aber nur stärker gemacht. Für Windfahnen und Wendehälse war fortan in der SVP kein Platz mehr. Wer in der SVP politisieren wollte, musste für seine Überzeugungen hinstehen und hatte diese nach allen Seiten zu verteidigen. Dies schuf aber Vertrauen und Respekt in der Bevölkerung. Warum war der Urnengang vom 6. Dezember 1992 so entscheidend für die Schweiz? - Das EWR-Nein verhinderte den bereits anvisierten EU-Beitritt mit all seinen negativen Folgen. - Das EWR-Nein verhinderte einen unwürdigen Kolonialvertrag, bei dem die Schweiz auch künftiges EU-Recht widerspruchslos hätte übernehmen müssen. - Das Nein zum EWR-Vertrag ermöglichte, dass die Schweiz gerade ausserhalb von EWR/EU ihren Wohlstand und ihre Unabhängigkeit besser bewahren konnte. Die vormals EU-begeisterte Wirtschaft beurteilt heute eine EU-Mitgliedschaft klar negativ. Ohne EWR-Nein wäre diese Neueinschätzung nicht möglich gewesen. In diesem Zusammenhang war für alle klar: Es gab und gibt nur eine Partei, die sich bedingungslos für die Eigenständigkeit, für den schweizerischen Weg in Europa und der Welt einsetzt: Die SVP. Das haben die Wählerinnen und Wähler erkannt und 1995, 1999 und im letzten Jahr in eindrücklichen Wahlen bestätigt. VIII. Die bürgerliche Wende vollziehen Es hat immer wieder Phasen gegeben, in denen sich das Volk und die Oberen uneinig waren. Der Mitbegründer der "Weltwoche", Karl von Schumacher, hat in einem Artikel aus dem Jahr 1940 deutlich gemacht, dass er im Zweifelsfall die Volksmeinung vorzieht: "Wenn es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Schweizer Volk und seiner Regierung kommt, zeigt es sich zuletzt fast immer, dass der einfache Mann die Dinge richtiger erkannt hat als der, der oben steht. Das ist gar nicht so unerklärlich. Es gibt eben nicht nur den Verstand, sondern auch einen politischen Instinkt, der sehr oft beim einfachen Mann besser entwickelt ist als beim Gebildeten, der nur zu oft ein Verbildeter ist." ("Die Weltwoche", 2.5.2002) Meine Damen und Herren, freuen wir uns über den grossen Sieg der SVP in den letzten Wahlen. Aber in die Freude mischt sich auch Vorsicht, diesen Sieg zu verspielen. Als Hannibal über die Alpen gezogen war und einen triumphalen Sieg gegen das römische Heer errungen hatte, drängten ihn seine Offiziere dazu, möglichst rasch Rom anzugreifen. Doch Hannibal zauderte und lehnte ab. Sein Reiterführer soll darauf gesagt haben: "Zu siegen verstehst du, den Sieg zu nutzen verstehst du nicht." ("Die Weltwoche", 1.1.2004) Nach meiner Wahl zum Bundesrat haben mir unendlich viele Bürgerinnen und Bürger nicht einfach nur gratuliert, sondern vor allem ihre Erwartungen ausgedrückt und viel Kraft fürs neue Amt gewünscht, wohl im Wissen darum, dass ich keine einfache Stellung haben werde und mir viele Widerstände in meiner neuen Tätigkeit erwachsen. Für dieses Vertrauen und die Unterstützung danke ich und zähle auch auf Sie, meine Damen und Herren. Ich versichere Ihnen, von meiner Seite werde ich mein Bestes geben, um Sie nicht zu enttäuschen. Hoffen wir, es möge später einmal heissen: Sie haben nicht nur verstanden zu siegen, sondern auch verstanden, den Sieg zu nutzen zum Wohl unseres Volkes und unseres Landes

16.01.2004

Imprimere la svolta borghese

Una valutazione politica della situazione in occasione della 16esima assemblea dell'Albisgüetli dell'Unione democratica di centro del Canton Zurigo 16.01.2004, Zurigo Vale il testo parlato

29.11.2003

«Alles Sektiererische liegt mir fern»

Interview im "Tages Anzeiger" vom 29. November 2003 Bundesratsanwärter Christoph Blocher verspricht, Kompromisse mitzutragen, glaubt, seine Partei werde sich im Stil mässigen und mag frühere Aussagen nicht zurücknehmen. von Hannes Nussbaumer und Gaby Szöllösy Tages Anzeiger: Ihr Bruder Gerhard verglich Sie mit dem Rheinfall. Der frage auch nicht, ob er über die Klippe stürzen wolle, er müsse. Gehorchen Sie mit Ihrer Kandidatur einer höheren Gewalt? Christoph Blocher: Er hat das Bild gebracht, weil ich ein intuitiver Mensch bin. Was ich mache, tue ich, weil ich das Gefühl habe, ich muss es tun. Das kommt vielen Leuten vor wie der Rheinfall, der halt einfach seinen Lauf nimmt. Mit höherer Gewalt hat das nichts zu tun. Ich habe ein natürliches Gottvertrauen, aber alles Frömmlerische und Sektiererische liegt mir fern. Aber Sie beten zu Gott? Blocher: Ich habe Hemmungen, darüber zu sprechen, denn der Mensch ist nicht ein guter Mensch, weil er regelmässig betet. Aber selbstverständlich bete ich auch. Fühlen Sie sich mit Zwingli, dem Zürcher Reformator, wesensverwandt? Blocher: Wesensverwandt nicht, aber er ist eine interessante Gestalt. Er hat ja nicht mit Politisieren begonnen, sondern hat das Matthäus-Evangelium ausgelegt. Aber er hat gesellschaftlich und wirtschaftlich viel bewirkt zum Wohl der Bevölkerung. Zwingli wollte damals die Gesellschaft von religiöser Scheinheiligkeit, von Nichtstuerei und Verschwendung befreien. Haben Sie dasselbe vor? Blocher: Die Morallehre von Zwingli ist mir ziemlich fremd, ich finde, der Staat soll nicht in die Moral reinreden. Auch kann man die damalige Zeit nicht mit heute vergleichen. Ich setze mich für mehr individuelle Freiheit ein. Ich möchte die Menschen von den vielen Vorschriften und den hohen Steuern, Abgaben und Gebühren an den Staat befreien. Der Staat soll also sparen. Das Sparziel des Bundesrates - insgesamt sechs Milliarden - dürfte Ihnen gefallen. Wo setzen Sie an? Blocher: Erst sind Alternativen zu erarbeiten, bevor man sagen kann wo. Sparen muss man sicher in der Bundesverwaltung. 10 Prozent müsste man die Verwaltungskosten im Minimum senken - und könnte es auch. Der Bundesrat hält dies für nicht realisierbar: Das führe zum Abbau von 6000 Stellen, damit könnte die Verwaltung die gesetzlichen Aufträge nicht mehr erfüllen. Blocher: Der Bundesrat sagt, es gehe nicht, weil er es nicht tun will. Ich bin sicher, dass man dies ohne Leistungsabbau bewerkstelligen könnte. Angenommen, Sie wären schon im Bundesrat und überstimmt worden. Würden Sie Ihre abweichende Meinung publik machen? Blocher: Nein. Ich hätte im Bundesrat massiv Widerstand geleistet, müsste den Entscheid dafür nachher loyal mittragen. Ich stehe zum Kollegialprinzip, ich hatte noch nie Mühe damit und sass schon in vielen Kollegialgremien. Wo soll man sonst noch sparen? Blocher: Zum Beispiel in der Forschung und Bildung. Wir müssen Prioritäten setzen. Bei den Schwerpunktthemen müsste man wohl die Mittel noch massiv aufstocken, anderes ganz fallen lassen. Zum Beispiel glaube ich nicht, dass wir in nächster Zeit ein Kernkraftwerk bauen. Also müssen wir diese Technologie nicht mehr erforschen. Die Sozialwerke stecken in Schwierigkeiten. Soll man das Rentenalter erhöhen? Blocher: Nein, in nächster Zeit nicht. Die 11. AHV-Revision verlangt dies nicht. Wenn sich die Wirtschaft positiv entwickelt, so reicht das mindestens für die nächsten 15 Jahre. Natürlich kann Bundesrat Couchepin über eine Erhöhung des Rentenalters nachdenken, aber er muss sich doch jetzt noch nicht festlegen fürs Jahr 2015. Sie wollen bei der staatlichen Krippenförderung sparen . . . Blocher: . . Kinderkrippen sind keine Aufgabe des Bundes . . . . . . und Sie sind gegen eine Mutterschaftsversicherung. Wer zahlt die Altersvorsorge, wenn die Frauen immer weniger Lust haben, Kinder zu gebären? Blocher: Das sind arme Kinder, die nur auf die Welt kommen, weil es eine Mutterschaftsversicherung gibt! Es ist nicht Sache des Staates, Geburten zu fördern, um Arbeitskräfte zu erzeugen. Ich staune, wie Linke nun Geburten fördern wollen. Das haben früher rechte Diktatoren gemacht, um den Nachschub von Soldaten zu garantieren. Das erinnert mich an völkische Aussagen. Werfen Sie jetzt der Linken völkisches Gedankengut vor, nachdem Sie sie schon in die Nähe des Faschismus gerückt hatten? Blocher: Nein. Die Begründung, der Staat müsse dafür sorgen, dass Frauen Kinder kriegen, um Arbeitskräfte zu sichern, erinnert mich daran. Zudem: Ich habe nie gesagt, Sozialdemokraten seien Faschisten, sondern das Gegenteil. Aber es ist philosophisch erwiesen, dass der Sozialismus und der Faschismus dieselben Wurzeln haben, nämlich den Etatismus und den Kollektivismus. Zurück zur Sachpolitik: Vor einem Jahr noch haben Sie den Abbruch der Bilateralen II gefordert. Bleiben Sie dabei? Blocher: Das Schengen-Paket, das heisst eine Schweiz ohne Grenzen, ist abzulehnen. Das bereits ausgehandelte Zinsbesteuerungsabkommen soll man gesondert verabschieden. Dazu wäre die EU bereit. Wenn man Schengen ausnähme, sagen Sie dann Ja zum Rest der Bilateralen II, auch zum Erstasylabkommen Dublin? Blocher: Gegen Dublin - das heisst einen besseren Informationsaustausch im Asylwesen - stemme ich mich nicht. Doch man darf die Wirkung nicht überschätzen. Dublin rechtfertigt keinesfalls die Übernahme des ganzen Rests. Wenn man Ihnen so zuhört, fällt auf: Sie lassen sehr vieles offen. Blocher: Ich lasse nichts offen, das ich heute entscheiden kann und muss. Gewisse Dinge kann nur der Bundesrat beantworten. Etwa wo die Kosten des Bundes gesenkt werden können. Der Parlamentarier sagt wie viel - die Regierung muss sagen, wie man das machen könnte. Ausserhalb kann man nicht die gleiche Verantwortung übernehmen wie in der Regierung selbst. Sie haben das Parlament vor die Wahl gestellt: Blocher in den Bundesrat oder die SVP geht in die Opposition. Würde das im Bundesrat im selben Stil weitergehen: Der Entscheid fällt so wie Blocher will, oder die SVP geht in die Opposition? Blocher: Nicht ich, sondern die SVP-Fraktion hat das Parlament vor die Wahl gestellt. Für mich ist klar: Wenn ich in den Bundesrat gewählt werde, so bleibe ich mindestens vier Jahre dort, besser aber länger. Nichts könnte Sie zu einem früheren Rücktritt bewegen? Blocher: Theoretisch könnte es sein, dass mich die andern sechs ausgrenzen, dass sie Mobbing betreiben. Dann wäre die Situation natürlich anders. Aber das werden die andern Bundesräte nicht tun. Sie sagten am Wahlsonntag, Sie wollten enger mit den andern Parteien zusammenarbeiten, auch mit der SP. Wo kämen Sie denn den andern entgegen? Blocher: Ich zeige Ihnen doch jetzt noch nicht die Kompromisse auf. Aber ich bin bereit, Kompromisse mitzutragen, so wie ich das alljährlich in den Verhandlungen mit den Gewerkschaften tue. Keine Angst, dass Sie den Wählerauftrag unterminieren mit Konzessionen? Blocher: Es wird Enttäuschte geben. Sie geschäften mit China, obwohl dort Menschenrechte verletzt, die Demokratie missachtet wird. Kein Problem für Sie? Blocher: Nein. Wir verkehren auf der Welt mit sehr vielen sündigen Menschen. Ich bin für die Demokratie in der Schweiz, für die Staatsform in China bin ich nicht verantwortlich. Man muss investieren, dann wird auch in China vieles freier. Sie waren auch Präsident der Arbeitsgruppe südliches Afrika, welche während der Apartheid Verständnis zeigte, dass Weisse und Schwarze getrennt unterrichtet wurden und es ihnen verboten war, untereinander sexuelle Beziehungen einzugehen. Blocher: Die Arbeitsgruppe kämpfte dafür, dass das südliche Afrika nicht in die Hände der Sowjetunion fiel, das war damals ausserordentlich gefährlich. Diesen Kampf gebot die Freiheit! Die Arbeitsgruppe war eine Vereinigung von Politikern und Militärs, denen die geostrategische Lage von Bedeutung war, nicht Fragen der Apartheid, die ich stets ablehnte. Finden Sie immer noch, die Frau sei dem Manne untergeordnet, wie Sie das vor rund 20 Jahren beim Referendum gegen das neue Eherecht vertraten? Blocher: Einen solchen Unsinn habe ich nie vertreten. Ich bin noch heute der Meinung, dass bei Uneinigkeit der Eheleute der Mann die finanzielle Verantwortung für den Unterhalt der Familie tragen soll. Wenn Sie diese Verantwortungszuweisung als Überordnung verstehen, ist das nicht mein Problem. Einst erklärten Sie: «Die jüdischen Organisationen, die Geld fordern, sagen, es gehe ihnen letztlich nicht ums Geld. Aber genau darum geht es.» Der Satz kann Juden verletzen. Als Bundesrat wären Sie aber auch Regierungsvertreter der Schweizer Juden. Distanzieren Sie sich von der Aussage? Blocher: Nein. Es war so: Diese Organisationen in Amerika haben die Schweiz in gemeinster Weise ums Geld erpresst. Wenn ich die Gefühle von Schweizer Jüdinnen und Juden verletzt habe, so tut es mir Leid. Aber der Kampf gegen solche Erpressungen muss geführt werden. Die Schweizer fühlten sich durch die Erpressungen auch verletzt. Unvergessen Ihre Messerstecher-Inserate. Würde die SVP auf derlei Kampagnen verzichten, wenn Sie im Bundesrat sind? Blocher: Ich denke nicht, dass die SVP weiterhin solche Plakate schalten müsste, wenn wir eine vollwertige Regierungspartei wären. Als Oppositionskraft muss man sich Gehör verschaffen, man muss provozieren, zuspitzen, stark kritisieren. Die politische Auseinandersetzung in der Schweiz würde also anständiger? Blocher: Sicher langweiliger. Wäre Rita Fuhrer die schlechtere Bundesrätin als Sie? Blocher: Das müssen Sie die Fraktion fragen. Vor drei Jahren sagten Sie noch, Rita Fuhrer sei die bessere Bundesrätin als Sie. Blocher: Was damals auch zutraf. Aber seither hat sich die Konstellation geändert. Damals wäre Frau Fuhrer die Geeignetere gewesen - doch das Parlament hat einen Dritten gewählt. Samuel Schmid. Für diesen Fall hatten Sie damals schon einen noch schärferen Oppositionskurs angekündigt. Gemerkt hat man nicht viel davon. Blocher: Ja? Warum hat man uns denn stets diese heftige Opposition vorgeworfen? All die Inserate, Kritiken, die Asyl-Initiative, die Gold-Initiative - und jetzt soll man plötzlich von all dem nichts gemerkt haben? Sie würden heute in der Opposition auch mithelfen, das Sparpaket zu bodigen, sagt der SVP-Pressesprecher. Tatsächlich? Blocher: Der Gebührenbeschluss im Sparpaket passte uns zwar nicht, aber deswegen würden wir kaum das ganze Paket bekämpfen. Auch das Steuerpaket und die 11. AHV-Revision würden wir mittragen. Die Opposition sagt nicht einfach zu allem Nein. Herr Blocher, wollen Sie eigentlich in den Bundesrat? Eben sendete die SP noch zarte Signale, dass sie Sie per Stimmenthaltung eventuell unterstützen könnte - und schon brüskieren Sie sie mit der Attacke auf den SP-Sitz von Micheline Calmy-Rey. Blocher: Das ist keine Attacke. Weil wir für die Regierungsbeteiligung nach Wählerstärke sind, stehen der SP zwei Sitze zu. Wir müssen deshalb - auch wenn es uns schwer fällt - Herrn Leuenberger und Frau Calmy-Rey auf den Zettel schreiben. Sofern die Konkordanz beibehalten wird. Wenn aber die SP hilft, die CVP-Übervertretung zu sichern und somit gegen den klaren Wählerwillen verstösst, dann hat die SP die Konkordanz gebrochen. Dann können auch wir uns nicht mehr daran halten - leider. Sie könnten mit einem Bundesrat ohne SP ganz gut leben? Blocher: Ich glaube, wir würden in der heutigen Situation mit einer echten Konkordanzregierung mehr erreichen. Wenn Sie ganz generell die Wahl hätten: Eine Konkordanzregierung mit zwei SP-, zwei SVP-, zwei FDP- und einem CVP-Vertreter oder eine bürgerliche Regierung ohne SP. Was würden Sie bevorzugen? Blocher: Wenn in unserem System eine Koalitionsregierung besser verankert wäre, so würde ich eine rein bürgerliche Regierung vorziehen, heute aber eindeutig die Konkordanz. Werden die Entscheide des Bundesrats eher im Sinne der SVP ausfallen, wenn Sie innerhalb oder wenn Sie ausserhalb des Bundesrats politisieren? Blocher: Das haben wir uns auch überlegt. FDP und CVP werden stark auf unsere Seite tendieren müssen, wen wir in der Opposition sind, weil sie sonst in den nächsten Wahlen noch mehr verlieren würden. Vermutlich hätten wir mit der Opposition in den grossen Fragen mehr Einfluss. Warum wollen Sie denn in den Bundesrat? Blocher: Weil man mit dem Einfluss der Oppositionspartei nur in der Verhinderung etwas erreicht. Kreativ können wir nicht viel einbringen, weil wir die Vorlagen nicht selber erarbeiten können. Wir sind bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Haben Sie nicht einfach genug vom Kläffen? Blocher: Ich bin kein Kläffer. Ich bin ein hoch angesehener, respektierter Kritiker (lacht). Wenn ich Bundesrat werden muss, will ich. Wenn ich’s nicht werden muss, dann nicht.

09.11.2003

Je ne suis pas un démagogue

Interview dans «swissinfo.org» du 09 novembre 2003 Contestés, mais engrangeant les succès électoraux: Christoph Blocher et l’Union démocratique du centre (UDC/ droite dure) veulent désormais être au gouvernement pour appliquer leur programme, «moins d’Etat.» Interview: Ariane Gigon Bormann et Etienne Strebel swissinfo: Quelle signification a pour vous la communauté suisse de l’étranger? Christoph Blocher: Les Suisses de l’étranger sont pour nous d’importants «porteurs d’images». Ils représentent notre pays. De plus, beaucoup de Suisses de l’étranger sont très attachés à leur patrie. Je regrette que nous ayons trop peu de contacts avec eux. Une majorité d’entre eux ne sont pourtant pas sur la même longueur d’ondes que vous et souhaite une adhésion à l’Union européenne (UE) jusqu’en 2007. Que leur répondez-vous ? Blocher: Je comprends leur point de vue. Une adhésion leur apporterait des simplifications administratives, pour les autorisations de travail par exemple. Mais ces simplifications personnelles ne peuvent pas passer au-dessus des conséquences autrement plus graves qu’aurait une adhésion pour notre indépendance. Quand on explique ce que signifie vraiment la perte de notre neutralité, de notre souveraineté et de la démocratie directe, la plupart des interlocuteurs comprennent notre position. Globalement, la Suisse y perdrait politiquement, économiquement et culturellement. swissinfo: Les difficultés traversées par l’UE ont-elles renforcé la position des anti-européens en Suisse? Blocher: Assurément. En 1992, quand on a voté sur l’Espace économique européen, tout était moins rigide. Ce n’était pas encore l’Union, mais la Communauté européenne. Il n’y avait pas de monnaie unique, ni d’intention de créer une politique extérieure et sécuritaire commune. J’ai toujours dit que la question n’était pas de savoir si nous devions adhérer à l’Union européenne, mais à quelle Union européenne nous devions adhérer. Si cela avait été une alliance souple entre les Etats, nous en serions vraisemblablement membre, puisque nous sommes de toute façon liés avec l’Europe. swissinfo: Vous insistez beaucoup ces derniers jours pour balayer les étiquettes qu’on vous a collées, fachiste, nationaliste, etc. Est-ce que les comparaisons avec Le Pen ou Haider vous vexent? Blocher: Ces comparaisons sont ineptes. Je ne connais ces personnes qu’à travers les journaux, pas personnellement. Ma politique n’a rien à voir avec eux. Haider est un opportuniste et Le Pen un braillard monomaniaque. swissinfo: Et l’étiquette de démagogue, vous la rejetez? Blocher: Je ne suis pas démagogue. Un démagogue est quelqu’un qui séduit le peuple. Moi j’essaye de le convaincre. Parfois les gens sont d’accord avec moi, d’autres fois non. C’est comme ça, dans une démocratie. Je me bats pour mes opinions, qu’elles soient «populaires» ou non. swissinfo: Mais vous avez quand même un côté séducteur, vous savez comment passionner un auditoire. Blocher: Je me donne de la peine de parler de façon à ce que les gens me comprennent. Ce qui se conçoit clairement s’énonce clairement. Et si on ne parle pas clairement, c’est qu’on n’a pas les idées claires. swissinfo: «Simple» n’est jamais loin de «simplifié» Blocher: Bon, ce n’est pas si grave, une solution simplifiée, de temps en temps. Les choses se normalisent toujours, ensuite. Les gens ne sont pas si bêtes que l’on croit. Ils ne sont en tout cas pas plus bêtes que le parlement! Le parlement est fait d’élus du peuple, il est donc normal qu’il compte des personnes intelligentes et d’autres qui le sont moins. swissinfo : Vous-mêmes ne reculez pas devant les étiquettes. Récemment, vous avez fustigé les «faux invalides». Blocher: Je n’ai pas trouvé d’autre mot. Beaucoup de bénéficiaires de l’AI ne sont pas invalides. Tout le monde sait qu’il y a des abus. On ne peut pas régler les problèmes si on ne les dénonce pas. swissinfo : Cette campagne a pu donner l’impression que tous les invalides étaient des tricheurs. Blocher: C’était un risque. Mais vous ne pouvez quand même pas laisser exister un abus qui nous coûte des milliards et continuer à le financer avec l’argent des contribuables, simplement parce que ce n’est pas gentil d’en parler. Celui qui est honnête et travaille consciencieusement se sent trahi. Cette campagne a néanmoins fait un peu bouger les choses. On va enfin prendre des mesures contre les abus. swissinfo: Vous êtes favorable à la technologie génétique en agriculture, contrairement à une partie de vos électeurs. Un dilemme? Blocher: En ce qui concerne la politique agricole, j’ai effectivement quelques divergences avec mon parti. Moi je n’ai aucune réserve face à l’utilisation de la technologie génétique en agriculture. Mais certaines personnes, chez nous, pensent qu’une agriculture suisse sans OGM serait très recherchée et réaliserait d’énormes bénéfices à l’exportation. C’est une illusion. Les aliments génétiquement modifiés ne sont pas plus mauvais que les autres, qualitativement. Aux Etats-Unis, j’en mange sans réserves et je n’ai jamais remarqué de différence. En outre, si les produits sans OGM coûtent plus cher - ce qui est prévisible - le marché les sanctionnera. swissinfo: Et les subventions à l’agriculture? Les supprimerez-vous avec la même ardeur que d’autres? Blocher: Mon parti veut éliminer les subventions dans tous les domaines qui relèvent de l’économie libre. Il faut supprimer l’encouragement à la construction de logements, l’aide au tourisme, au cinéma, à l’exportation, etc. Le crédit pour Swiss était aussi une grande erreur. Mais, dans tous les pays du monde, l’agriculture est protégée et soutenue. Car les paysans remplissent une mission considérable, à savoir la mise en valeur du sol pour qu’il ne dépérisse pas. Ils garantissent aussi la production de produits agricoles, correspondant, jusqu’à un certain point, aux besoins du pays. L’Etat doit faire en sorte que ces prestations soient compensées. Mais on pourrait le faire mieux qu’aujourd’hui. A mon sens, une aide fixe par mètre carré, ou par hectare, suffirait, suffisamment élevée pour que le paysan exploite son sol. Mais ce que le paysan plante ou produit avec, c’est son affaire. Je ne payerais en tout cas plus de subventions à la production. swissinfo: Si vous êtes élu au Conseil fédéral, vous engagerez-vous pour une baisse des salaires des membres de l’exécutif, comme un groupe proche de l’UDC l’avait obtenu en ville de Zurich? Blocher: C’est ce que je demande depuis des années. Les conseillers fédéraux ne doivent pas dépendre financièrement de leur fonction. Ils gagnent plus que le président américain ou que le chancelier allemand. swissinfo: Et moins que vous en tant que patron d’Ems Chimie! Blocher: Oui, mais moi, personne ne me paye! Je n’ai rien à redire contre quelqu’un qui a du succès avec son entreprise et s’enrichit. Mais les conseillers fédéraux sont des employés, ils sont payés grâce à l’argent des contribuables. A mon avis, le salaire des conseillers fédéraux devrait être divisé par deux, à 200 000 francs. Cela reste un bon salaire. Un conseiller fédéral ne court aucun risque financier, contrairement à une entrepreneur qui a mis son argent dans son entreprise. swissinfo: Votre parti progresse quasiment dans toutes les élections législatives mais, selon un sondage récent, 56% des personnes interrogées ne voteraient pas pour vous au Conseil fédéral, tandis que 12% ne se prononcent pas. Cela vous surprend-il? Blocher: Non. Aucun parti n’a la majorité des gens derrière lui. Je suis même étonné que 32% disent oui, c’est au-dessus de notre poids électoral. De plus, 32%, cela suffirait pour une élection par le peuple, puisqu’il faudrait juste un septième, pour être élu. swissinfo: Plaisantant devant des journalistes étrangers, vous avez dit être trop vieux pour instaurer une dictature. Et si vous étiez plus jeune? Blocher: J’ai repris une citation de De Gaulle, prononcée en mai 1958 alors qu’il s’apprêtait à prendre la responsabilité du pays et que ses opposants lui demandaient s’il serait capable de tenir compte d’opinions différentes. C’était aussi ce qu’on me demandait, d’où ma réponse. Il faut vraiment vouloir être méchant pour ne pas comprendre l’ironie de ma phrase. Je suis un démocrate absolu! C’est précisément la raison pour laquelle je me bats pour la liberté d’expression dans notre pays et je prends aussi la liberté de dire des choses, qui sont désagréables.»

09.11.2003

Non sono un demagogo

«swissinfo» del 9 novembre 2003 È una delle più controverse figure dell'attuale scena politica svizzera - e ne trae un grande successo. Con l'UDC, Christoph Blocher ha vinto le elezioni federali 2003.   di Ariane Gigon Bormann e Etienne Strebel     swissinfo: Che significato riveste per lei la comunità degli svizzeri all'estero?   Christoph Blocher: Gli svizzeri all'estero sono dei «portatori d'immagine» oltremodo importanti per noi. Sono i rappresentanti del nostro paese. Molti svizzeri all'estero provano un grande attaccamento per la patria, e mi spiace che si curino troppo poco i contatti con queste persone.   Una netta maggioranza degli svizzeri all'estero vorrebbe un'adesione all'UE entro il 2007. Per loro, questo è il più importante problema che la Svizzera politica deve attualmente risolvere. Cosa risponde loro?   Blocher: Dal loro punto di vista, li capisco, poiché avrebbero delle facilitazioni. Ma in primo luogo si tratterebbe di facilitazioni d'ordine amministrativo, come per esempio i permessi di lavoro. Ma queste facilitazioni personali non possono nascondere i gravi svantaggi per il nostro paese, nel caso di un'adesione all'UE. E se si spiega alla gente quali profonde conseguenze avrebbero l'abbandono della nostra neutralità e sovranità, la perdita della democrazia diretta, allora generalmente capiscono la nostra posizione. Nel complesso, la Svizzera perderebbe sia sul piano politico che su quello economico e culturale.   Le vicende dell'UE hanno rafforzato le posizioni degli anti-europei?   Blocher: Certamente. Nel 1992, quando abbiamo votato sullo Spazio economico europeo, non c'era ancora l'Unione europea, bensì una Comunità europea senza moneta unica, senza l'intenzione di dar vita a una politica estera e di sicurezza comune. Ho sempre detto che il problema non è se aderire all'UE oppure no. La domanda è: a quale Unione Europea. Se si fosse trattato di una semplice alleanza fra stati, vi faremmo parte anche noi, poiché siamo comunque legati all'Europa.   La disturba il fatto di essere spesso paragonato a Le Pen e Haider?   Blocher: Sì, sono paragoni assurdi. Non conosco personalmente questi signori, ma solo attraverso i giornali. E non ho nemmeno niente da spartire con la loro politica. Haider è un opportunista e Le Pen un attaccabrighe monotematico.   Ma lei è un populista, un demagogo?   Blocher: Un demagogo è uno che inganna il popolo. Io no, io cerco di convincere il popolo. A volte la gente è d'accordo con me, a volte no. È così in democrazia. E io mi batto per le mie posizioni, siano esse «popolari» o no.   Però è lo stesso un seduttore, con una bella parlantina...   Blocher: Per parlare, sì, mi do anche la pena di parlare in modo che la gente mi capisca. Tutto quel che si è ben riflettuto è facile da dire. E se non si può presentare una cosa in modo facile, non la si può nemmeno immaginare bene.   Ma «rendere facile» non corrisponde anche a «semplificare»?   Blocher: Ebbene, non è così grave. A volte capita che una soluzione venga semplificata, ma poi tutto si normalizza. La gente non è così stupida come spesso si crede. Non è più stupida del parlamento, della rappresentanza popolare. Lì sono rappresentati sia gli intelligenti che gli stupidi.   Lei ha creato il termine «falsi invalidi».   Blocher: Non ho trovato nessuna parola più adatta. Ci sono molte persone che ricevono rendite dall'assicurazione invalidità, senza essere veramente invalidi. E questo lo sanno tutti. Ma come si può risolvere un problema, se non lo si può nemmeno chiamare per nome?   Ma si potrebbe pensare che tutti gli invalidi siano truffatori.   Blocher: Il pericolo c'è. Ma non si può nemmeno tollerare e continuare a finanziare con le imposte un abuso che ci costa miliardi, soltanto perché non è bello parlarne. Ogni persona onesta che va a lavorare deve sentirsi imbrogliata. Questa campagna ha comunque dato il via alla ricerca di una soluzione, e ora finalmente si sta facendo qualcosa per combattere contro questi abusi.   Cambiamo argomento. Qual è la sua posizione circa il ricorso alla tecnologia genetica nell'agricoltura?   Blocher: Molto aperta. Non ho nessuna reticenza nei confronti dell'impiego della tecnologia genetica nell'agricoltura.   Non sarebbe un vantaggio per la Svizzera, il fatto di non offrire prodotti agricoli geneticamente modificati?   Blocher: In fatto di politica agricola, ho qualche divergenza con il mio partito. C'è gente che sostiene, nell'UDC, che potremmo beneficiare di una fortissima esportazione di prodotti alimentari privi di organismi geneticamente modificati. Ma è un'illusione. Dal punto di vista qualitativo, gli alimenti prodotti con la tecnologia genetica non sono peggiori degli altri. Quando sono in America, posso mangiarne senza alcun timore, non ho mai notato differenze con i nostri prodotti. E se poi gli alimenti senza OGM costeranno di più, come è prevedibile, verranno bocciati dal mercato.   Lei si dà da fare per ridurre agevolazioni e sovvenzioni, ma non per i contadini. Perché chiede meno risparmi in quel settore?   Blocher: Vogliamo abolire le sovvenzioni in tutti i settori del libero mercato. Perciò niente sovvenzioni per l'edilizia, il turismo, il cinema, l'economia esterna e via dicendo. Anche l'impegno per la compagnia aerea Swiss è stato un grosso errore. Per quanto concerne l'agricoltura, va detto che tutti i paesi industrializzati la proteggono e la sostengono. I contadini svolgono un mandato, che è quello di lavorare il suolo affinché non vada in rovina. E così garantiscono, in parte, l'approvvigionamento del paese. Per cui lo stato deve pure provvedere a compensare queste prestazioni. Ma è vero che si potrebbe fare meglio di quanto non si faccia oggi. Io attribuirei un importo fisso per ogni metro quadrato, o per ogni ettaro, che basti affinché il contadino possa sfruttare il terreno. E quel che vi coltiva, è affar suo. Non pagherei quindi più sovvenzioni alla produzione.   E gli stipendi dei consiglieri federali, li ridurrebbe?   Blocher: Da anni chiedo stipendi più bassi per i consiglieri federali. Non devono dipendere finanziariamente dalla loro carica. E i nostri consiglieri federali, per esempio, guadagnano più del presidente americano, più del cancelliere tedesco.   ...ma meno di lei con il suo Gruppo chimico Ems.   Blocher: Sì, sì, ma nel mio caso non c'è nessuno che mi paga. Non ho niente contro, se qualcuno dirige una ditta di successo e diventa ricco. Ma i consiglieri federali sono impiegati statali e vivono quindi dei soldi dei contribuenti. Ho sempre detto che bisogna dimezzare gli stipendi. 200'000 franchi sono una buona paga, tenendo conto che un consigliere federale non rischia nulla, mentre un industriale impiega i suoi soldi nella ditta.   Il suo partito riscuote molti consensi e lei stesso viene sempre eletto con ottimi risultati. Tuttavia, secondo un sondaggio, il 56 percento degli svizzeri non la vorrebbe in consiglio federale. Non è una contraddizione?   Blocher: No, perché nessun partito ha la maggioranza. Ma il 32 percento si è espresso a favore di un consigliere federale Blocher, quindi più della percentuale dei miei elettori. In un'elezione popolare, il 32 percento sarebbe sufficiente, poiché il quel caso basterebbe un settimo dei voti per essere eletto.   Di recente ha detto di essere «troppo vecchio per instaurare una dittatura». E se avesse 20 o 30 anni di meno?   Blocher: Era una frase di De Gaulle. Quando stava per assumere la responsabilità del paese, i suoi avversari gli chiesero se fosse in grado di considerare le opinioni degli altri, o se volesse tutto il potere per sé. E questa era anche la domanda che mi è stata rivolta. Ci vuole molta perfidia, per non afferrare l'ironia nella mia risposta. Io sono un democratico assoluto. Proprio per questo mi batto per la libertà d'opinione in questo paese e mi prendo anche la libertà di dire cose che possono dar fastidio.