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18.03.1997

Nachrichtenlose Vermögen

Meine Rede im Nationalrat vom 18. März 1997 Es ist ja erfreulich, dass die Politiker finden, man sollte endlich über die Vergangenheit diskutieren. Ich weiss gar nicht, warum sie erst heute damit beginnen; das ist ja eine so grossartige Zeit, man kann ja gar nichts anderes tun, als sich immer damit zu beschäftigen. Wer jetzt die Lage der Schweiz im Zweiten Weltkrieg geschichtlich zusammenfassen will, muss das Wesentliche sehen, nämlich dass die Verantwortlichen damals einen einzigen Auftrag hatten, einen Riesenauftrag: dieses Land vor dem Krieg zu verschonen. Sie haben diesen Auftrag erfüllt, und das zählt: durch die militärische Landesverteidigung, durch Neutralität, durch die Kriegsvorsorge - welche durch Vorsorge, Fürsorge, Arbeit und Brot geprägt war - und durch eine kontrollierte Handelspolitik nach allen Seiten. Das waren die vier Säulen der damaligen Politik, und die Verantwortlichen haben diesen Auftrag erfüllt. Das ist für jene Leute, welche diese Aufträge erfüllen mussten, als grossartig zu bezeichnen. Natürlich ist das für all die Moralisten, die das ganze Leben damit verbringen, sich zu fragen, wie sie etwas machen könnten, ohne eine schmutzige Weste zu bekommen, natürlich nichts. Aber für Leute, die Verantwortung tragen, ist das allein das Entscheidende; das ist moralisch hochstehend und das andere ist moralisch verwerflich. Es muss sich in diesem Land niemand für die gesamte Politik des Landes entschuldigen, und es muss - nein: es darf - niemand etwas dafür bezahlen. Bezahlen und sich dafür entschuldigen heisst, anderen eine Schuld zuzuweisen; sonst könnte man sich nicht entschuldigen. Und wer jemandem eine Schuld zuweist dafür, dass er ein ganzes Volk vor Krieg, Elend und Hunger gerettet hat, der ist ein unmoralischer Kerl. Ein Amerikaner hat mir eine Karte geschickt. (Zeigt eine Karte) Während des Krieges war die ganze gelbe Fläche durch die Achsenmächte besetzt, und hier liegt die Schweiz, dieses kleine Fleckchen da - das können Sie von dort hinten im Saal nicht einmal sehen! Dieses Land ist vom Krieg verschont geblieben. Mit wem hätte denn dieses Land Handelspolitik betreiben sollen, wenn nicht mit den Achsenmächten - nachdem die Engländer erklärt hatten, nichts liefern zu können, da sie sonst abgeschnitten würden? 1. Warum diskutieren wir diese Sache? Natürlich gibt es in einer solchen schwierigen Zeit viele Ungereimtheiten, Anpasser, Versager; das gibt es auch heute. Herr Hubacher hat mit Recht gesagt, dass es das zuoberst in Wirtschaft und Politik - und bis zum Bundesrat - gegeben hat. Massgebend ist aber, dass diese Leute sich nicht durchgesetzt haben. Sie haben sich nicht durchgesetzt, das ist das Entscheidende! Das hat es übrigens in allen Ländern gegeben. 2. Der Anlass ist, dass hier auch bei der Flüchtlingspolitik, beim Judenstempel usw. versagt worden ist. All das ist auch vorhanden. Aber der Grund der heutigen Diskussion ist etwas anderes: Es geht, nüchtern betrachtet, um Geldforderungen ausländischer - jüdischer - Kreise aus New York gegenüber diesem Land; darum geht es. Und wer nicht bezahlt, dem wird mit Nachteilen gedroht. Es heisst, sein Image werde drankommen, es werde Boykotte geben, es werde ein Kesseltreiben geben. Es ist nicht die Frage, ob Sie hier bezahlen wollen, sondern die Frage ist, ob Sie hier bezahlen dürfen. Die Banken haben Geld in einen Fonds bezahlt, mit der Begründung von Humanität, Dankbarkeit usw. In diesen Sachen ist es am besten, wenn man transparent ist. Glauben Sie doch nicht, es seien über Nacht plötzlich die grosse Dankbarkeit und das Bedürfnis, zu danken und solidarisch zu sein, über unsere Bankiers hereingebrochen - es sei hier über Nacht so etwas wie eine religiöse Erweckung passiert! Es geht hier darum, Schaden abzuwenden; das ist auch legitim. Ein Unternehmen kann oder muss es vielleicht machen - aber sagen Sie es bitte! Das gilt auch für Unternehmen. Aber ein Staat hat hier nichts einzuzahlen. Wir haben uns für diese Politik nicht zu entschuldigen; wir haben nicht zu bezahlen. Denn eine Bezahlung ist, ob Sie das wollen oder nicht, eine Schuldanerkennung. Erpressbarkeiten gehören nicht nur im Krieg, sondern auch sonst zu den Auseinandersetzungen. Die Frage ist, ob Sie mitmachen dürfen; beim Fonds dürfen Sie mitmachen. Die Stiftung bedeutet auch, dass man einer Erpressbarkeit nachgibt; da können Sie machen, was Sie wollen. Man kann nicht unter dem Titel "Zweiter Weltkrieg" eine Stiftung verkünden und dann zwei Tage später erklären, das habe ja gar nichts miteinander zu tun. Lesen Sie die Zeitungen in Amerika, was sie darüber schreiben, und sie haben recht: Sie haben das Signal so verstanden, wie es ausgesendet worden ist. Diese Stiftung darf nicht gegründet werden! Man kann Banken, Regierungen, Nationalbanken erpressen und zum Nachgeben zwingen. Ob man aber ein ganzes Volk an der Urne erpressen kann, das möchte ich sehen. Durch dieses Nadelöhr müssen Sie durch, und ich werde alles daransetzen, dass wir hier nicht nachgeben. Herr Steinegger hat sich da etwas neidisch gezeigt und über mich etwas lächerlich gemacht. Ich danke ihm übrigens. Wissen Sie, Neid ist bei Politikern die ehrlichste Form der Anerkennung. (Heiterkeit) Die Frage "Widerstand oder Anpassung?" ist auch hier die Frage, nicht nur im Krieg! Ich bin nicht für Anpassung, ich bin für Widerstand. Wir wollen der Welt zeigen, dass man auch vor einem kleinen Lande Respekt haben kann. Wir werden doch etwas tragen müssen; diese Lasten können wir tragen. Ob wir dazu bereit sind, das wird die Volksabstimmung zeigen. Das Parlament habe ich abgeschrieben, das muss ich Ihnen sagen; die Regierung hat leider schon nachgegeben.

01.03.1997

Switzerland and the second world war – a clarification

1 March 1997

01.03.1997

La Svizzera e la seconda guerra mondiale

1 marzo 1997

01.03.1997

Die Schweiz und der Zweite Weltkrieg

Eine Klarstellung Referat anlässlich der Veranstaltung der SVP des Kantons Zürich vom 1.3.1997, 10.00 Uhr im Hotel International Swissôtel, Zürich-Oerlikon von Nationalrat Dr. Christoph Blocher

01.10.1996

Ein Kämpfer wie Wilhelm Tell

Interview mit "Nation & Europa", Oktober 1996 Nation & Europa hatte kürzlich in Zürich die Gelegenheit, ein Interview mit der "umstrittensten Persönlichkeit" der Schweizerischen Politik zu führen. Sie verwenden einfache Bilder und sprechen eine einfache Sprache. Das ist heutzutage selten geworden, wo die Welt als kompliziert und schwer zu begreifen gilt. Dr. Blocher: Ja, ich spreche bewusst in einfachen Worten. Darauf lege ich grossen Wert. Ich bemühe mich beispielsweise, keine Fremdwörter zu verwenden. Ich teile auch die Meinung vieler Politiker nicht, die glauben, dass an viele Sachverhalte heute nicht mehr erklären könne, dass man die Probleme nicht in einer Stunde darlegen könne. Ärgert es Sie denn, wenn Sie Populist geheissen werden? Dr. Blocher: Ich zitiere aus einer meiner Reden: "Man sagt uns, wir seien Populisten. Was das ist, hat mir noch niemand gesagt. Es muss etwas Schlimmes sein, sonst würde man uns nicht so nennen". Natürlich ist es ein Versuch, mich zu verunglimpfen, und das Ziel der Anwürfe ist klar: Man will, dass wir nicht mehr ernst genommen werden. Inzwischen werden ja auch andere Leute so abgestempelt. Populisten sind anscheinend Leute, deren Argumente leicht verständlich und einfach einzusehen sind. Der Vorwurf kommt immer, wenn Gegenargumente zur Sache fehlen. Und meine Popularität habe ich in erster Linie meinen Gegnern zu verdanken. Je mehr ich angegriffen werde, desto mehr nimmt man wahr, dass hier einer ist, der den Kopf hinhält und nicht wetterwendisch und wankelmütig nach dem persönlichen Erfolg schielt. Das Ausländerproblem in Ihrem Land (mit Ghetto-Siedlungen z. B. in Basel oder Zürich) ist bekannt. Wie könnte man es in Europa lösen? Dr. Blocher: Eine kontrollierte Zuwanderung ist nötig. Ein freier Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU würde den Ausländeranteil in der Schweiz zusätzlich erhöhen. Sollte in der Schweiz der Bundesrat (die Schweizer Landesregierung) vom Volk gewählt werden? Dr. Blocher: Dieses Anliegen ist zur Zeit nicht zentral. Sollten aber der Bundesrat und das Parlament den Volkswillen nicht achten, dann müsste man dies als letzte Möglichkeit ins Auge fassen. Das Volk würde Sie in den Bundesrat auf Anhieb wählen, haben Sie doch auch das beste Schweizer Nationalrats-Wahlergebnis (Anmerkung der Redaktion: der Nationalrat ist das Schweizer Parlament) erzielt. Warum haben Sie bisher noch nicht für den Bundesrat kandidiert? Dr. Blocher: Man hat das schon an mich herangetragen, mit dem Ziel, dass ich als Bundesrat dann eingebunden wäre. Bundesrat werden, um die politische Wirksamkeit zu verlieren? Nein! Wie sehen Sie die Zukunft der Schweiz? Dr. Blocher: Es findet ein gesellschaftlicher Wandel von Auffassungen statt, aber ich gebe der Schweiz eine sehr gute Zukunft, wenn Diskussionen stattfinden und Offenheit herrscht. In der Schweiz haben wir noch den Vorteil, dass wir übersichtliche Verhältnisse haben. In der EU findet aber eine Vermassung statt mit vielen Leerformeln. Der Schweizer Botschafter in Bonn, Dr. Dieter Chenaux-Repond, fragt sich, was eine "Blocher-Isolationspolitik" für Vorteile bringe? Dr. Blocher: Das mit der Isolation ist ein Märchen. Wer das sagt, der war noch nie in der Schweiz oder im Ausland. Ich kenne kaum ein Land, das so weltoffen wie die Schweiz ist. Vielleicht fühlt sich der Botschafter isoliert, er persönlich. Das gilt vielleicht auch für die Herren Bundesräte. Aber nicht sie allein betreiben die Politik, dazu gehört auch noch das Volk. Vielleicht hätte ein Schweizer Botschafter mehr zu sagen und mehr mitzuwirken, wenn die Schweiz in der EU wäre. Aber der Souverän, das Volk, hätte dann viel weniger zu sagen. Der Botschafter meint weiter, dass "es unsere Schuld ist, wenn wir Schweizer uns immer mehr diskriminieren und nur unter uns" sind. Dr. Blocher: Eigenständig sein heisst doch nicht, sich abzukapseln. In den Kreisen, wo wir verkehren, wirtschaftlich, kulturell und auch politisch, geniessen wir Schweizer die allergrössten Sympathien für unsere Eigenständigkeiten. Es ist wohl so, dass der Botschafter z. B. bei den Beamten in Brüssel etwas isoliert ist. Ich merke aber nichts von einer Isolation der Schweiz.