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10.09.2001

»Bevölkerung hat Belastung und zu kleinen Nutzen»

Interview mit den Schaffhauser Nachrichten vom 10. September 2001 SVP-Nationalrat Christoph Blocher kritisiert das Zürcher Flughafenkonzept und die Verhandlungstaktik des Bundesrats. Interview: Benjamin Gafner Herr Blocher, wie viel fliegen Sie? Christoph Blocher: Zehn- bis zwölfmal im Jahr, nach Übersee oder beispielsweise nach London. Nach Paris benutze ich den Zug, das ist einfacher. Ich bin nicht gegen das Fliegen, aber ich bin dagegen, dass man unnötig herumfliegt. Sie würden also nie einen 100-Franken-Flug nach London buchen, um übers Wochenende einkaufen zu gehen? Blocher: Nein, nein. Das ist auch gar nicht mein Bedürfnis. Ich sage nicht, dass man es den Leuten verbieten soll, kurz nach London zu fliegen, um einkaufen zu gehen. Ich halte das aber nicht für sinnvoll. Vom Fluglärm sind Sie verschont in Ihrem Heim in Herrliberg. Wären Sie bereit, im Sinne einer gerechten Verteilung mehr Fluglärm zu ertragen? Blocher: Fluglärm haben wir auch, und zwar Helikopter vom Militärflugplatz Dübendorf. Es ist klar: Fluglärm hat niemand gern. Wo soll der Fluglärm im Zusammenhang mit dem Flughafen Kloten stattfinden? Blocher: Dort, wo er am wenigsten stört, also über Gebieten, die wenig besiedelt sind. Auch aus Sicherheitsgründen sollte beispielsweise nicht über die Agglomeration Zürich gestartet und gelandet werden. Dies ist mit dem heutigen Flugregime weitgehend gewährleistet. Deshalb soll daran festgehalten werden. Von einer gleichmässigen Verteilung des Fluglärms rund um den Flughafen halten Sie also nichts? Blocher: Das ist eine der dümmsten Forderungen, die je aufgestellt wurden. Der Fluglärm sollte - genau wie der Strassenverkehrslärm - kanalisiert werden. Stellen Sie sich vor, man käme plötzlich auf die Idee, den Strassenverkehr nicht mehr auf der Autobahn zu konzentrieren, sondern im ganzen Land "demokratisch" zu verteilen, damit alle gleich viel haben. Das wäre doch Humbug. Wenn Sie den Fluglärm auf die Bodenseeregion, den Kanton Schaffhausen, den Thurgau, den gesamten Kanton Zürich, den Aargau und weitere Gebiete verteilen, müssen Sie am Schluss überall Lärmschutzmassnahmen ergreifen. Das ist doch nicht sinnvoll. Sie lehnen den Staatsvertrag mit Deutschland ab und bezeichnen die Verhandlungsweise des Bundespräsidenten als dilettantisch. Weshalb diese scharfe Formulierung? Blocher: Weil sie der Tatsache entspricht. Der Bundesrat hat wieder den gleichen Fehler gemacht wie bei den Verhandlungen über die bilateralen Verträge mit der EU: Der Bundespräsident darf doch nicht persönlich verhandeln gehen. Als höchster Regierungsvertreter der Schweiz kann er im Ausland nicht sagen, er müsse nun zuerst zu Hause die Erlaubnis für ein Entgegenkommen einholen. Man sollte deshalb andere Vertreter an die Verhandlungen schicken, während die Regierung zu Hause im Hintergrund eine klare Position innehält. Die Verhandler kehren zurück, berichten dem Bundesrat und holen neue Direktiven ab. So gewinnt man Zeit zum Überlegen und Diskutieren. Es ist wichtig, dass die eigenen Verhandler, die an der Front tätig sind, desavouiert werden können. Nur so gewinnt man. Der Bundespräsident sollte notfalls höchstens noch am Schluss hingehen und den Vertrag feierlich unterschreiben. Sie vergleichen politische Verhandlungen offensichtlich mit Ihren Verhandlungen in der Wirtschaft? Blocher: Das ist doch genau dasselbe. Meinen Sie, ich nehme als oberster Chef der Ems Chemie an Verhandlungen teil? Wenn alles sehr gut läuft, gehe ich höchstens am Schluss selbst noch hin, wenn wir abgemacht haben, wo wir im einen oder anderen Punkt noch etwas nachgeben. Der Bundesrat hat einmal mehr dilettantisch verhandelt. Es ist ja unglaublich, welch schlechten Vertrag er dem Parlament nun vorlegt. Weshalb? Blocher: Es zeigt sich nun, dass bereits bei den bilateralen Verträgen Land- und Luftverkehr hätten gekoppelt werden sollen. Wir haben das immer gefordert. Und man hat es auch versprochen. Beim Landverkehr ist man dem Ausland sehr entgegen gekommen, dafür hätte man beim Luftverkehr etwas erhalten. Deutschland kann uns doch nicht den ganzen Dreck des Lastwagen-Transitverkehrs geben und gleichzeitig sagen: "Aber der Flugverkehr kommt nicht zu uns." Leuenberger hat im April viel zu weich verhandelt. Er hat bei den Eckwerten nachgegeben, daran ändert sein nachträgliches Insistieren, das erst auf Druck der Öffentlichkeit zustande kam, nichts. Nachgeben am Anfang ist Gift für jede Verhandlung. Sie lehnen den Vertrag ab. Mit welchen Konsequenzen rechnen Sie, wenn Ihnen das Parlament folgen sollte? Blocher: Der Bundesrat sagt: Lieber einen schlechten Vertrag als gar keinen. Was ist denn dies für eine Alternative? Es gäbe ja auch noch einen guten Vertrag statt gar keinen! Die Frage nach den Konsequenzen bleibt. Blocher: Wenn das Parlament den Vertrag ablehnt, wird nochmals verhandelt, oder Deutschland setzt einseitig eine Verordnung in Kraft. Sollte Letzteres geschehen, müsste dies angefochten werden. Dann schauen wir mal, was diese Verordnung rechtlich wert ist. Sollte die Schweiz im Rechtsstreit unterliegen, müsste sie Gegenmassnahmen im Strassenverkehr treffen. Die Schweiz muss endlich Gegenpositionen entwerfen und ihre eigenen Interessen wahren. Wie könnten solche Gegenmassnahmen aussehen? Blocher: Genau dies muss der Bundesrat nun prüfen und vorbereiten. Möglichkeiten gibt es viele: Wir könnten die ganze 40-Tonner-Geschichte in Frage stellen, die Verträge sind ja in der EU noch nicht ratifiziert. Wir haben ein Lastwagenkontingent, da lässt sich viel machen. Verträge bestehen schliesslich immer aus Geben und Nehmen. Sie wollen also Deutschland beispielsweise sagen, jetzt dürften keine deutschen Lastwagen mehr durch unser Land fahren? Blocher: Ich bin nicht für einen Landverkehrs- und Luftverkehrskrieg. Aber für den Fall der Fälle sollte sich der Bundesrat entsprechend vorbereiten. Wenn Deutschland sagt: "Wir haben nicht gern Fluglärm", dann entgegnen wir, dass wir nicht gern Strassenverkehrslärm haben, und präsentieren entsprechende Massnahmen. Ich glaube nicht, dass sich Deutschland auf einen solchen Streit einlassen würde. Das mächtige Land wird innerhalb der EU genau beobachtet, wie es mit den Kleinen umgeht. Deutschland könnte sich einen ernsthaften Streit mit der Schweiz so wenig leisten wie umgekehrt. Stellen Sie sich vor, die Situation wäre umgekehrt: 90 Prozent der Flugzeuge würden im Tiefflug über die Schweiz einen benachbarten Flughafen Deutschlands anfliegen. Würden wir nicht auch reklamieren? Blocher: Natürlich, aber es kommt schon auf die genaue Situation an. Die jetzige Situation ist so, dass die Anflüge auf Kloten über wenig besiedeltes Gebiet erfolgen. In Süddeutschland sind viel weniger Personen vom Lärm betroffen, als wenn plötzlich über die Agglomeration Zürich geflogen wird. Es ist doch nicht einsehbar, weshalb das geändert werden soll. Deutschland versucht hier ganz einfach, Sonderrechte für sich in Anspruch zu nehmen. Bei den deutschen Flughäfen gelten offenbar noch ganz andere Massstäbe. Und es ist ja nicht so, dass wir den Flugverkehr willkürlich über Deutschland abwickeln, obwohl dort viel mehr Leute betroffen wären als bei uns. So etwas wäre in der Tat ungerecht. Dem ist aber nicht so. Wird das Parlament den Staatsvertrag ablehnen? Blocher: Ich befürchte, dass der Vertrag im Parlament angenommen wird. Aus Mangel an Durchsetzungskraft werden die Interessen des eigenen Staates preisgegeben. Was halten Sie von der Politik der Flughafendirektion, die Kloten als Hub definiert, also als Drehscheibe für Transitpassagiere? Blocher: Vom Flughafen her ist dies verständlich. Doch das Volk muss sich nun die Frage stellen: "Welchen Flughafen wollen wir?" Meine Antwort lautet: Wir wollen einen Flughafen, der unserer Volkswirtschaft dient. Das heisst, wir wollen gute Flugverbindungen von und nach Zürich. Das Hub-Konzept ist aber volkswirtschaftlich fragwürdig. Es ist geprägt von dem verfehlten und jetzt auch gescheiterten Swissair-Konzept. Das Konzept der Grösse ist gestorben, also müssen wir darauf keine Rücksicht mehr nehmen. Heute wird das Hub-Konzept im Interesse der Flughafen-Auslastung aufrechterhalten. Doch dies allein kann nicht entscheidend sein. Die Volkswirtschaft als Ganzes zählt. Welche Rolle spielt bei Ihrer Beurteilung die Meinung des Volks? Blocher: Ich glaube nicht, dass das Volk einen Flughafen will, in dem Zehntausende von Transitpassagieren landen, nur um umzusteigen und wieder davonzufliegen. Die gehen ja nicht in die Stadt und konsumieren etwas. Von den Transitpassagieren haben wir volkswirtschaftlich wenig. Die Bevölkerung hat die Belastung und einen zu kleinen Nutzen. Wie weit sollte der Flughafen Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen? Blocher: Der Flughafen kann auf Dauer keine Politik betreiben, die vom Volk nicht akzeptiert wird. Das ist in der Industrie genau dasselbe. Wenn ich auf die Idee käme, im Kanton Graubünden eine riesige Raffinerie zu bauen, direkt neben der Stadt Chur, könnte ich dies auch nicht tun. Ganz einfach deshalb, weil die Bevölkerung dies nicht will. Der Flughafen investiert jetzt für den Ausbau über zwei Milliarden Franken. Er kann wohl nicht so einfach zurück. Blocher: Sollte sich die Investition als Fehlinvestition erweisen, dann ist es halt eine. Ich habe in meinem Unternehmen auch schon Fehlinvestitionen gemacht (lacht). Diese musste ich dann halt tragen und anderswo wieder wettmachen. Herr Blocher, wir danken Ihnen für das Gespräch.

09.09.2001

Strikte gegen Staatshilfe

Interview mit der SonntagsZeitung vom 9. September 2001 Christoph Blocher über die Sanierung der Swissair Interview: Arthur Rutishauser Christoph Blocher, was muss nach Ihrer Meinung geschehen, damit die Swissair wieder auf die Beine kommt? Christoph Blocher: Nun müssen die Banken eine Sanierung durchführen wie seinerzeit in der Uhrenindustrie. Was bedeutet das? Blocher: Eine Umwandlung von Schulden in Eigenkapital. Also ein Schuldenverzicht und eine Aufstockung des Eigenkapitals. Warum sollten sie das tun? Blocher: Aus der gleichen Motivation wie bei der Uhrenindustrie. Damals verzichtete man auch auf viel Geld, im Nachhinein stellte sich das aber als sehr lohnendes Geschäft für die Banken heraus. Gelegentlich wird auch gefordert, der Staat, das heisst die beteiligten Kantone und der Bund, sollten der Not leidenden Airline unter die Arme greifen. Blocher: Da bin ich strikte dagegen. Nur schon die Diskussion zeigt, dass man vielmehr die Swissair-Aktien schon viel früher hätte verkaufen sollen. Könnten Sie sich eine Bürgschaft des Bundes für die Swissair vorstellen? Blocher: Nein, denn das käme letztlich auf dasselbe heraus wie ein Kredit. Und wie steht es bei einer Kapitalerhöhung - soll da der Staat mitziehen? Blocher: Da würde es sich wohl nicht vermeiden lassen, dass Bund und Kantone mitmachen. Wenn es der Swissair aber wieder besser geht, sollte man die Aktien so schnell wie möglich verkaufen. Kann es sich denn die Schweiz leisten, auf eine nationale Airline zu verzichten? Blocher: Das ist keine nationale Airline, das ist eine private Fluggesellschaft, die so wie alle anderen Unternehmen selbst für ihr Überleben sorgt. Sonst züchten wir eine Subventionswirtschaft heran. Trotzdem, ohne Fluggesellschaft befürchtet die Wirtschaft Nachteile für den Standort Schweiz. Blocher: Wir brauchen für die Wirtschaft keine Swissair, sondern gute Flugverbindungen ab Zürich. Und die können auch ausländische Airlines erbringen. Ich sehe jedenfalls keinen Notstand, der eine Staatsintervention rechtfertigen würde. Glauben Sie, dass eine eventuelle Übernahme der Swissair noch einen nationalen Aufschrei verursachen würde? Blocher: Nein, warum? Immerhin kam es Anfang der Neunzigerjahre zu einer grossen Kampagne, als versucht wurde, die Swissair mit der holländischen KLM und der skandinavischen SAS zu fusionieren. Blocher: Da haben all die Hiobsbotschaften aus Kloten die Emotionen sicher beruhigt. Heute wäre wohl jeder froh, das Problem Swissair wäre gelöst. Sind für Sie die Sanierungsmassnahmen, die Swissair-Chef Mario Corti bisher einleitete, genügend? Blocher: Bei Sanierungen in dieser Grössenordnung darf man meiner Ansicht nach nicht zu zögerlich vorgehen. Da braucht es wohl eher den Vorschlaghammer. Vor allem, weil wohl noch viel mehr getan werden muss, als bisher bekannt ist. Glauben Sie, dass die Möglichkeit besteht, dass die Swissair Konkurs geht? Blocher: Nein, denn da ist viel zu viel Schweizer Wirtschaftsprominenz involviert. Die wird alles tun, um einen Konkurs zu vermeiden. Denn sonst müsste sie mit Prozessen der Geschädigten rechnen. Das ist ganz klar.

11.06.2001

Une majorité de hasard

Interview dans Le Temps du 11 juin 2001 Sans être mauvais perdant, Christoph Blocher relativise la défaite qu'il a subie. Le président de l'ASIN menace de revenir à la charge avec un référendum contre la réforme Armée XXI si Samuel Schmid ne tient pas ses promesses. Par Stéphane Zindel, Berne Le vote a été serré. Iriez-vous jusqu'à parler de majorité de hasard? Christoph Blocher: Il s'agit indiscutablement d'une majorité de hasard. Nous aurions tout aussi bien pu gagner. On peut comparer la situation à celle de la votation sur l'Espace économique européen (EEE) en 1992 où une très faible majorité du peuple nous avait en l'occurrence donné raison. Comme à l'époque, la majorité des cantons a nettement refusé le projet. Ce qui ne joue aucun rôle cette fois-ci, car la majorité simple suffisait. Ce résultat n'en est pas moins la première défaite significative de l'Action pour une Suisse indépendante et neutre (ASIN) devant le peuple... Blocher: Non, nous avions déjà perdu la votation sur l'adhésion au Fond monétaire international et à la Banque mondiale en 1992. Mais vous n'aviez de loin pas jeté toutes vos forces dans la bataille comme cette fois-ci... Blocher: 49% de non alors que le Conseil fédéral a pratiquement fait du scrutin un plébiscite ces derniers dix jours, cela se laisse regarder. La bataille Armée XXI paraît toutefois perdue pour vous... Blocher: Nullement. Samuel Schmid n'a gagné que parce qu'il s'est clairement engagé durant la campagne à ne pas affaiblir la neutralité, à maintenir l'armée de milice et à ne pas s'acoquiner avec l'OTAN. Nous le prenons au mot. On verra concrètement dans le projet de loi Armée XXI s'il tient ses promesses ou s'il maintient la doctrine nouvelle qui sous-tend la réforme. S'il devait revenir sur ses promesses, il peut compter sur un nouveau référendum. Votre défaite est accentuée par le fait qu'une partie non négligeable de non provient, spécialement en Suisse romande, de milieux pacifistes ou du moins critiques à l'égard de l'armée... Blocher: L'essentiel des non provient de la droite. Le fait que les régions urbaines aient voté oui est la preuve que l'électorat de gauche a majoritairement soutenu Samuel Schmid. A l'inverse, la grande majorité des cantons qui ont dit non ne sont clairement pas des cantons hostiles à l'armée. Bien que la campagne n'ait guère porté sur l'ONU, le vote d'aujourd'hui semble montrer que la Suisse est mûre pour y entrer. On imagine mal que des gens qui ont voté oui aujourd'hui, voteront non à l'adhésion à l'ONU... Blocher: Je connais des radicaux qui ont soutenu les deux objets militaires aujourd'hui et qui diront non à l'adhésion à l'ONU. Celle-ci remettrait en cause notre neutralité car elle soumettrait la Suisse aux décisions du Conseil de sécurité. Vous ne croyez pas que la bataille de l'ONU soit perdue? Blocher: Le combat sera plus difficile car l'UDC sera seule contre tous. Cela dit, le premier scrutin sur l'adhésion à l'ONU en 1986 était extrêmement net (76% de non). En outre, quand bien même une majorité du peuple serait aujourd'hui favorable à l'adhésion, je vous rappelle qu'une double majorité sera nécessaire.

11.06.2001

Armee XXI muss besser werden

Interview mit der Berner Zeitung vom 11. Juni 2001 Nach der knappen Niederlage fordert Auns-Präsident Christoph Blocher Korrekturen an der Armee XXI und droht mit Widerstand. Und Blocher kritisiert die Berner SVP, die die Basis nicht vertrete. Interview: Denis von Burg Herr Blocher, gemessen an der teuren und massiven Kampagne haben Sie eine Schlappe eingefahren. Christoph Blocher: Wir haben verloren, aber von einer Schlappe kann man nicht sprechen. Wir konnten am Anfang nicht davon ausgehen, dass wir überhaupt ein Chance haben werden. Sie müssen schon sehen: Wir mussten den getarnten Kern der Sache - nämlich die Gefährdung der Neutralität und die Annäherung an die Nato - sichtbar machen. Das ist uns erst spät gelungen. Immerhin haben wir den Bundesrat gezwungen, über diese Fragen zu sprechen. Eine Mehrheit hat Ihrem Nato-Argument aber keinen Glauben geschenkt... Blocher: ...oder sie vertraut dem Bundesrat und den Versprechen, die wir ihm abgetrotzt haben. Unter dem Druck unserer Kampagne erklärte er, seine Pläne würden die Neutralität nicht tangieren und hätten nichts mit einer Nato-Annäherung zu tun. Jetzt muss er zeigen, dass er das ernst meint. Und wie? Blocher: Der Bundesrat muss die Armeereform radikal überdenken und wirkliche Korrekturen vornehmen. Die Armee XXI darf keine Nato-Unterstellungsarmee sein. Sie darf nicht auf einen Einsatz in Europa ausgerichtet sein, sondern muss eine reine Verteidigungsarmee bleiben. Und sie muss ganz klar eine Milizarmee sein. Andernfalls wird die Armee XXI keine Chance haben. Wir werden sie mit dem Referendum bekämpfen. Die Armeekredite, die anderem als dem Schutz des eigenen Landes dienen, müssen gekürzt werden. Sie haben das Militärgesetz auch im Hinblick auf andere Ziele bekämpft... Blocher: ...nein, das stimmt nicht. Unsere Gegner haben behauptet, es gehe mir nur darum, den UNO-Beitritt zu bekämpfen. Ich habe gegen die neutralitätswidrige Tendenz im Militärgesetz gekämpft. Aber natürlich wird sich in der UNO-Abstimmung die Frage der Neutralität wieder stellen. Und ich glaube, dass wir dann grössere Chancen haben. Was macht Sie so optimistisch. Die Linke wird Sie nicht mehr unterstützen. Blocher: Das stimmt, aber dann braucht es ein Ständemehr. Schon diesmal hat die Mehrheit der Stände abgelehnt. Zudem werden uns Bürgerliche aus anderen Parteien unterstützen. Denn dann werden auch jene sehen, dass es um die Neutralität geht, die das jetzt noch nicht wahrhaben wollten. Dann müssen Sie aber auch Ihre eigene Partei besser zusammenhalten als diesmal. Blocher: Es wird intern sicher zu reden geben. Es ist unglaublich, dass im Kanton Graubünden 55 Prozent Nein stimmten. Diese werden von keiner Partei vertreten, nur weil unsere SVP Ja sagte. Und im Kanton Bern werden noch mehr SVP-Sympathisanten erkennen, dass die dortige SVP immer bloss mit den anderen Parteien zusammengeht. Das wird die Tendenz zur Abspaltung verstärken. Ich fördere dies zwar nicht, aber es gibt zu denken. Und es müsste auch den Bernern zu denk

11.06.2001

«Ich bin noch lange nicht erledigt»

Interview mit dem Blick vom 11. Juni 2001 Blocher trotzt: Unbeeindruckt von der Abstimmungsniederlage gibt der Kämpfer für Neutralität und Unabhängigkeit nicht auf. Er behauptet, sie sei auch bei einem Uno-Beitritt bedroht. Deshalb sei er jetzt erst recht gefordert, erklärt Christoph Blocher im BLICK-Interview. von Georges Wüthrich, Zürich Herr Blocher, was bedeutet diese Niederlage für Sie? Christoph Blocher: Ich verstehe Ihre Frage nicht. Sie haben verloren. Blocher: Natürlich, und das bedauere ich auch. Aber Ihre Gegner sagen Ihr politisches Ende voraus. Blocher: Wer meint, ich sei erledigt, der täuscht sich. Man hat mein politisches Ende schon manchmal angesagt. Nochmals: Was bedeutet der 10. Juni 2001 für Ihre politische Karriere? Blocher: Die geht weiter. Nur noch etwas intensiver. Jetzt muss ich wachsam sein wie ein "Chog", dass der Bundesrat alle Versprechen einhält, die er unter unserem Druck gemacht hat: neutral bleiben, Milizarmee aufrechterhalten, kein Nato-Anschluss. Der nächste Prüfstein ist die Armeereform XXI, beziehungs- weise die damit verbundene Totalrevision des Militärgesetzes. Wenn der Bundesrat und die Befürworter von heute die Versprechen nicht erfüllen, treten wir wieder an. Dann kommen wir bestimmt durch. Was heisst das für die künftigen Rüstungsprogramme? Blocher: Diese Kredite werden wir ganz genau durchleuchten und jeden Schabernack heftig bekämpfen. Welchen Schabernack? Blocher: Beispielsweise die Vorbereitung auf eine Kriegsführung im so genannten operativen Vorfeld von 300 Kilometer Radius. Ich will keine Schweizer Brigaden vor Genua. Das steckt nachweisbar in den Köpfen des VBS - und das muss Samuel Schmid wieder rausbringen. Und der Uno-Beitritt? Blocher: Ich trete nochmals voll gegen den Uno-Beitritt an, weil die Neutralität aufgegeben wird. Was sagen Sie zum Sieg des Bundesrates gegen Sie? Blocher: Ich habe die Militärvorlagen nicht zum Prestigeobjekt zwischen mir und dem Bundesrat gemacht - ganz im Gegensatz zum Bundesrat. Ich hätte ja nach dieser Rechnung 49 Prozent der Schweizer Bevölkerung hinter mir und der siebenköpfige Bundesrat nur 51 Prozent. Das wäre ja für den Bundesrat wahnsinnig.