Articles

 

16.07.2012

Die Geschichte gab mir mehr recht, als ich erwartet habe

Interview zum EWR, zur EU und zur Schweiz mit Nicole Meier, sda Für Nationalrat Christoph Blocher und die SVP begann mit der EWR-Abstimmung von 1992 der steile Aufstieg. Im Interview mit der sda erinnert sich Blocher an den Abstimmungskampf mit Teufelskarikaturen und nächtlichen Zweifeln. Und er kündigt das Referendum gegen das Stromabkommen mit der EU an. sda: Herr Blocher, der emotionale und aggressive Stil des Abstimmungskampfs war 1992 neu für die Schweiz. Woran erinnern Sie sich vor allem? Christoph Blocher: An die Spannung am Abstimmungssonntag. Am Ende des Ab-stimmungskampfs war ich erschöpft, auch körperlich am Ende. Ich ging um 20 Uhr ins Bett, während meine Kollegen mit Feuerwerk feierten. Otto Fischer und ich hatten ein Jahr lang jeden Tag mindestens einen Vortrag gehalten. Aber ich war oft auch von Zweifel geplagt: Wir wussten ja nicht, wie die Zukunft herauskommt. sda: Sie hatten Zweifel daran, dass das Nein richtig war? Blocher: Ich hatte während des ganzen Abstimmungskampfs Zweifel - vor allem nachts. Tagsüber war ich wieder sicher. Ich fragte mich oft, ob es möglich ist, dass alle anderen - die Classe politique, aber auch meine industriellen Freunde - falsch lagen. sda: Was ziehen Sie 20 Jahre nach dem Nein für eine Bilanz? Blocher: Die Geschichte hat mir mehr recht gegeben, als ich gedacht hatte. Dass es der Schweiz heute besser geht als den meisten EU-Ländern, liegt daran, dass wir nicht in der EU sind, und dass dank dem EWR/EU Nein die schweizerische Souveränität gewahrt werden konnte. sda: Das Volk hat nicht über einen EU-Beitritt abgestimmt, sondern über den EWR. Blocher: Der EWR - ein Kolonialvertrag - wäre nur der erste Schritt - der Vorhof - auf dem Weg in die EU. Das merkte auch der Bundesrat. Darum hat er ja auch das schweizerische EU-Beitrittsgesuch beschlossen und deponiert. sda: Was haben Sie am Abstimmungssonntag, dem 6. Dezember, gemacht? Blocher: Ich habe am Nachmittag Radio gehört. Unter den ersten Resultaten war eine Gemeinde mit 100 Prozent Stimmbeteiligung und keiner einzigen Ja-Stimme: Lü/Lüsai im bündnerischen Münstertal. Dort hatte mich der Gemeindepräsident nach einem EWR/EU-Anlass zu einem Alp-Gottesdienst eingeladen. Er sagte:  Das werden ihnen die Leute nie vergessen. Allerdings hatte die Gemeinde nur 29 Stimmberechtigte. Am Abstimmungssonntag sagte ich zu meiner Frau: Wir wären besser in der Stadt Zürich zum Alp-Gottesdienst gegangen. Das hätte mehr eingeschenkt. sda: Die Stimmbeteiligung lag mit über 78 Prozent in Rekordhöhe, die Stände lehnten den EWR deutlich ab, aber das Volks-Nein war lange Zeit ungewiss. Blocher: Nach dem Resultat von Lü/Lüsai kam auch bald eine kleine Gemeinde in der Westschweiz mit keiner einzigen Nein-Stimme. Das zeigte den tiefen Graben. Ich hatte keinen Mitkämpfer in der welschen Schweiz. Es gab zwar Gegner, aber die haben sich kaum gezeigt. sda: Haben Sie überhaupt um die Stimmen der Romands gekämpft? Blocher: Natürlich. Ich habe in meinem schlechten Französisch Vorträge gehalten. Als ich an der Universität Freiburg sprach, haben Studenten und Professoren Plakate aufgehängt: "C'est le diable, qui vient" - es sei der Teufel, der da komme. So war die Stimmung. sda: 1992 wurde sozusagen der Grundstein für den Erfolg der SVP gelegt. Wäre sie auch ohne EWR-Abstimmung so stark geworden? Blocher: Ohne die Abstimmung vielleicht schon, aber nicht ohne die Debatte über die Unabhängigkeit. Die SVP stand damals allein für die Unabhängigkeit. sda: Hat die SVP nach dem Verlust in den Wahlen 2011 ihre maximale Grösse erreicht? Blocher: Das kann sein. Sie kann vielleicht stärker werden als 26,6 Prozent, aber dann müssen wir Konzessionen machen. Das macht keinen Sinn. Es braucht keine weitere Mittepartei. sda: Hört man in der SVP überhaupt noch auf Sie? Blocher: Eher zuviel als zuwenig. sda: Sie sind 71, andere sind in diesem Alter längst in Rente. Blocher: Wer einen ernsthaften Kampf für das wichtigste Gut der Schweiz - die Unabhängigkeit - führt, kann nicht dauernd nach dem eigenen Alter fragen. Man hat wichtigeres zu tun. Weiter kämpfen! sda: Wogegen? Blocher: Bundesrat und Parlament wollen jetzt für die Schweiz erneut einen Kolonial-vertrag um so die Schweiz in die EU zu führen: Es soll mit der EU ein harmloses Stromabkommen abgeschlossen werden, das Modellcharakter hat für alle folgenden Verträge. Die Schweiz soll sich verpflichten, künftig bei jedem Vertrag unbesehen künftiges EU-Recht zu übernehmen und sich fremden Richtern zu beugen. Alles unter dem harmlosen Titel: Energieabkommen.Darunter versteckt sich ein Kolonialvertrag schlimmer als der EWR. Das muss verhindert werden. Sonst geht die Schweiz unter. Wir stehen wie 1992 vor einer Wegscheide. sda: Wie wollen Sie das verhindern? Blocher: Schlussendlich bleibt nur das Referendum. Noch in diesem Jahr gründen wir ein überparteiliches Komitee, das sich für den Abstimmungskampf vorbereitet. Bisher arbeiten wir im kleinen Kreis die Materialien auf. sda: Wer gehört zum kleinen Kreis? Blocher: Namen möchte ich noch keine nennen. sda: Dass die Schweiz heute relativ gut dasteht, ist auch den bilateralen Verträgen zu verdanken. Zuerst nannten Sie diese als Alternative zum EWR, jetzt bekämpfen Sie sie. Blocher: 1992 legte ich dar: Wenn wir Probleme haben mit den Nachbarn, lösen wir sie bilateral. Zwei Verträge sind schlecht: Schengen und die Personenfreizügigkeit. Weil wir die schweizerische Staatsform haben geht es uns heute besser. Darum haben wir tiefere Steuern und weniger Schulden, darum wollen alle in der Schweiz arbeiten. Dies, weil die Schweiz Nein sagte zum EWR/EU-Beitritt. sda: Was haben Sie eigentlich gegen Europa? Blocher: Ich habe nichts gegen Europa. Die Schweiz ist selbst ein europäisches Land. Aber die EU ist nicht Europa, sondern eine intellektuelle Fehlkonstruktion. Zum Glück bin ich heute nicht mehr der Einzige, der das einsieht. sda: Wie lange gibt es die EU noch? Blocher: Ich weiss es nicht. Die EU wird vielleicht nicht auseinanderbrechen, aber die dezentralen Kräfte nehmen sicher zu. Die EU wird wirtschaftlich keinen Erfolg haben, das ist ihr Hauptproblem. sda: Wie viel Zeit geben Sie dem Euro noch? Blocher: Auch das kann ich nicht beantworten. Die EU hält ihn mit allen Mitteln aufrecht, weil sie merkt, dass sonst die ganze Konstruktion auseinanderfällt. Den Euro hat man nicht aus wirtschaftlichen Gründen geschaffen, sondern um die Völker stärker miteinander zu verbinden. Nur funktioniert er ökonomisch nicht: Arbeitslosig-keit und Armut sind die Folge. sda: Während die Schweiz isoliert dasteht. Blocher: Was? Sind Sie isoliert? Die Schweiz kann mit allen Ländern freundschaftlich verkehren, aber die Schweizer wollen und können ihre Zukunft selbst bestimmen. Die Schweiz ist zu klein, um nicht mit allen Ländern freundschaftlichen Kontakt zu pflegen. Hier hilft uns die Neutralität und die Weltoffenheit der Schweiz. sda: Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit. Blocher: Das soll so bleiben. Aber auch gute Freunde lassen sich nicht beherrschen. Hier hat die Freundschaft ihre Grenze. sda: Wie lange wollen Sie weiterkämpfen? Blocher: Solange nötig und solange mir die Kräfte gegeben sind. Jetzt stehen wir am anfang eines neuen widerlichen Kampfes. Da bin ich als unabhängiger, kampfer-probter Politiker gefragt. Ich kämpfe nach der Devise: "Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird Euer Leben gewonnen sein."

16.07.2012

Le combat contre l’Union Européenne continue

Interview au sujet de I'EEE, I'UE et la Suisse avec Adren Kay, ats Christoph Blocher a mené la campagne contre l'EEE. Vingt ans après, il se félicite de l'indépendance de la Suisse et y voit la source de sa prospérité. Mais le combat n'est pas terminé. Il met en garde contre l'intégration européenne "rampante" et promet un référendum contre l'accord sur l'énergie négocié avec l'UE. ats: Comment avez-vous vécu la soirée de votation? CB: La tension était à son comble. Au début de la campagne, nous étions donné perdants par tous les sondages. Les médias étaient contre nous. Lorsque le résultat a été annoncé, mon camp a laissé éclater sa joie et lancé des feux d'artifice. Mais moi, j'étais à bout physiquement: je me suis couché à 20h00. J'avais tenu des conférences dans toute la Suisse durant une année sans interruption, au moins une par jour. Et puis, j'avais des doutes. Vous n'étiez pas certain que le rejet de l'EEE soit le bon choix? Je ne suis pas prophète. J'étais sûr de moi la journée, lorsqu'il s'agissait de faire campagne. La nuit je me demandais s'il était possible que tant de gens se trompent. La classe politique et mes amis industriels étaient tous convaincus que la Suisse ferait naufrage si elle choisissait de faire cavalier seul. En outre, le pays a été profondément divisé par cette votation. La Suisse romande ne vous a pas suivi. Effectivement. C'est certes symbolique mais l'après-midi du 6 décembre 1992, la radio annonçait les premiers résultats et on a appris qu'une petite commune des Grisons, Lü/Lüsai, avait voté à 100% contre l'Espace économique européen. En Suisse romande, l'inverse s'est produit, avec un hameau dont les habitants ont tous glissé un "oui" dans l'urne". Comment expliquez-vous un tel Röstigraben? L'UDC n'était vraiment implanté que dans certains cantons alémaniques. Le débat était aussi posé en des termes différents des deux côtés de la Sarine. En Suisse alémanique, il était simplement question de conserver sa souveraineté. Les Romands votaient eux sur "l'ouverture" de la Suisse. Et puis, j'ai peut-être fait office de repoussoir. Lors d'une conférence que j'ai donnée à Fribourg, des affiches me caricaturaient en affirmant: "c'est le diable qui vient". Vingt ans après, quel bilan tirez-vous? L'histoire m'a donné raison. Bien davantage que je ne l'aurais imaginé à l'époque. On ne pouvait prévoir ni l'ampleur de la prospérité helvétique ni celle de la débâcle européenne actuelle. Ne mélangez-vous pas EEE et UE? C'est la même chose. Le Conseil fédéral avait clairement vue à l'époque que l'EEE était le premier pas avant l'adhésion. Si nous avions perdu la votation, la Suisse ferait aujourd'hui partie de l'UE. Aujourd'hui, le peuple est très largement opposé à une adhésion. Vous n'avez plus de souci à vous faire! Au contraire. Le combat le plus important des vingt prochaines années sera d'éviter une intégration rampante dans l'UE. C'est d'ailleurs ce qui risque d'arriver avec la négociation entre Berne et Bruxelles d'un accord sur le dossier énergétique. Ce traité semble inoffensif. Oui, au premier abord, c'est bien le problème. Mais le Conseil fédéral compte en profiter pour régler la question institutionnelle et va faire des concessions à l'UE. L’accord sur l'énergie pourrait avoir valeur de modèle pour la reprise automatique du droit communautaire. Il pourrait aussi consacrer la mise sur pied d'une instance d'arbitrage indépendante pour régler les conflits entre Berne et Bruxelles. La Suisse n'aurait plus son mot à dire. Que comptez-vous faire? Lancer le référendum. Nous allons mettre sur pied un comité interpartis avant la fin de l'année pour commencer à sensibiliser l'opinion. Notre tâche ne sera pas aisée. Avec le vote sur l'EEE, on annonçait clairement la couleur. Cette fois-ci, les partisans de l'accord sur l'énergie parleront énergie et nous devrons montrer que c'est de souveraineté qu'il s'agit. Vous vous opposez à l'accord sur l'énergie comme vous avez combattu d'autres accords bilatéraux. Vous aviez pourtant présenté les bilatérales comme l'alternative à l'EEE en 1992. Je n'ai pas combattu tous les accords. Seulement les mauvaises. Ceux sur Schengen et sur la libre circulation des personnes. J'ai simplement dit que si nous avions des problèmes avec nos voisins, il suffisait de les régler en bilatérale. Mais sans déstruiere la souveraineté de la Suisse. Vous ne partagez donc pas le constat selon lequel les bilatérales sont la source principale de la prospérité helvétique? La Suisse ne se porte pas mieux grâce aux bilatérales. Nous sommes prospères car nous ne faisons pas partie de l'UE. Nous avons des impôts bas et moins de dettes. Aujourd'hui nous n'avons plus besoin de conclure de nouveaux accords bilatéraux. Les besoins vitaux sont tous couverts. En somme, c'est l'indépendance qui fait notre force. Ne nous isole-t-elle pas également? Le secret bancaire a souffert de l'absence d'alliés. Des alliés? Nous n'en avons pas besoin. Regardez l'Autriche ou le Luxembourg. Eux aussi sont mis sous pression dans le dossier bancaire et ils font pourtant partie de l'UE. La Suisse a de tout temps été seule. C'est aussi pour cela que nous sommes devenus si forts. Dans le fond, vous n'aimez pas l'Europe. J'aime beaucoup les Européens. Mais l'Union européenne, c'est une construction intellectuelle. Une construction défectueuse. Aujourd'hui, tout le monde peut s'en rendre compte. Doit-on s'attendre à la fin de l'UE? Je ne sais pas. Si l'UE n'implose pas, il est probable qu'un mouvement de décentralisation se fasse jour. Combien de temps allez-vous encore vous engager contre l'UE? Tant que j'en serais capable, je mènerai le combat. Ce combat est necessaire pour un Suisse libre, neutre et fructueuse.

09.07.2012

Verschärftes Aktienrecht statt «Abzocker-Initiative»

Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung vom 9. Juli 2012 Bei jedem klassischen Unternehmen gilt: Der Unternehmer (Eigentümer) hat die Entschädigungen seiner Mitarbeiter zu genehmigen. Leider gilt dies bei den grössten börsenkotierten Unternehmen nicht. Das führt dazu, dass sich leitende Manager mit sehr hohen, z.T. exorbitanten Entschädigungen und Boni sogar bei Misserfolg selbst bedienen. Abhilfe ist dringend notwendig Dieser Misstand ist dringend zu beseitigen. Das Aktienrecht müsste dafür sorgen, dass die Kontrolle des Managements durch die Aktionäre gewährleistet werden kann, denn der Staat hat das Privateigentum zu schützen. Es ist Thomas Minders Verdienst, dass er mit seiner Volksinitiative enormen Druck auf die abgeschlossene Gesetzgebung machte. Seine Stossrichtung stimmt. Das neue Aktienrecht nimmt denn auch die Forderung seiner Volksinitiative weitgehend auf. Doch leider kann das Gesetz nicht in Kraft treten. Ausgerechnet seine nicht zurückgezogene "Abzockerinitiative" steht dem entgegen. Das Aktienrecht als Gegenvorschlag Das neue Aktienrecht ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Minderinitiative. Als Gesetz untersteht es nicht dem obligatorischen Referendum. Es gilt auch nur, wenn entweder die Volksinitiative zurückgezogen oder abgelehnt wird. Hätte Minder die Volksinitiative zurückgezogen, könnte es unverzüglich in Kraft gesetzt werden. Würde die Volksinitiative angenommen, träte es überhaupt nie in Kraft. Was bringt denn dieser Gegenvorschlag? 1. Wie die Initiative sieht das neue Aktienrecht vor, dass jährlich die Generalversammlung über die Gesamtsumme sämtlicher Vergütungen des Verwaltungsrates und über sämtliche Vergütungen der Geschäftsleitung abstimmt. Entgegen der Minderinitiative präzisiert das neue Aktienrecht nicht nur dass "abgestimmt wird", sondern es sagt, dass der Gesamtbetrag für den Verwaltungsrat verbindlich genehmigt werden muss, ebenso der durch den von der Generalversammlung jährlich zu genehmigende Vergütungsbericht mit dem auf jedes Verwaltungsratsmitglied entfallenden Betrag unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitgliedes (neu: OR Art. 731 g, Abs. 2 Ziff 1). 2. Für die Geschäftsleitung ist nicht nur der Gesamtbetrag, sondern auch der höchste auf ein Mitglied entfallende Betrag (neu: OR Art. 731 g Abs. II, Ziff 2) zu genehmigen. Die Statuten können vorsehen, ob dies verbindlich oder konsultativ geschehen soll. Die konsultative Regelung gilt heute z.B. in England und hat sich als wirksam erwiesen. Die Verbindlichkeit hat den Nachteil, dass bei Ablehnung die gesamte Geschäftsleitung ohne Entschädigung dasteht, während die konsultative Regelung bei Ablehnung eine Anpassung ermöglicht. Die Volksinitiative Minder lässt diese Fragen offen. Sie verlangt nur, dass abgestimmt wird. 3. Die Volksinitiative verbietet Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen an Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Das verbietet auch der neue indirekte Gegenvorschlag (neu: OR Art. 731 l Abs.1 Ziff. 1 und 2). Hingegen kann es gerechtfertigte Ausnahmen geben. Wer kennt nicht die Fälle, wo man mit einer Abgangsentschädigung für einen loszuwerdenen Manager billiger davon kommt? Aber über solche Ausnahmen hat neu die Generalversammlung zu beschliessen (neu OR Art. 731 lit.c Abs. 2) und zwar verbindlich. 4. Das neue Gesetz sieht vor, dass vielerlei Einzelheiten (Erfolgs- und Beteiligungspläne, Anzahl VR-Mandate, Rentenregelungen, allfällige Kredite etc.) nicht - wie in der Volksinitiative vorgesehen - in den Statuten sondern im Vergütungsbericht verankert werden. Der Vergütungsbericht muss aber jedes Jahr durch die Generalversammlung genehmigt werden. Das ist sinnvoll. Denn Dinge, die sich laufend ändern, sollten nicht statutarisch festgehalten, aber auch durch die Aktionäre beschlossen werden. 5. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass Verwaltungsräte jedes Jahr einzeln gewählt, bzw. wieder gewählt werden müssen. Dies insbesondere, weil es nicht angeht, dass sich Verwaltungsräte für drei Jahre wählen lassen, aber sich dann jedes Jahr ohne Einfluss der Eigentümer selbst bedienen. Da nun nach dem neuen Aktienrecht sämtliche Bezüge, Boni, Entschädigungen jährlich von der Generalversammlung beschlossen werden müssen, fällt der Hauptgrund der einjährigen Amtsdauer weg. Aber die einjährige Amtsdauer wird im neuen Aktienrecht für börsenkotierte Firmen zum gesetzlichen Normalfall erklärt. Einzelne Regelungen der Volksinitiative von untergeordneter Bedeutung hat das Gesetz leider nicht aufgenommen. Doch das neue Aktienrecht erfüllt 80 Prozent der Forderungen der Volksinitiative. Der Hauptvorteil aber ist: Es könnte sofort in Kraft treten, und damit könnten die Misstände überrissener Boni und Entschädigungen unverzüglich behoben werden. Unter dem Druck von E-mails Bestimmt sieht dies der Initiant auch. Aber er beruft sich auf "viele Leute aus dem Volk." Er erhalte "viele E-mails." Doch es ist zu bedenken: Wenn die Volksinitiative angenommen werden sollte, dann fällt der brauchbare Gesetzesvorschlag dahin. Das Ganze beginnt wieder von vorne. Bis eine gesetzliche Regelung da ist, dürfte dies noch Jahre dauern. Und ob ein neues Gesetz dann der Initiative näher kommt, als der jetzige Gegenvorschlag, wage ich zu bezweifeln. Absurderweise werden sich die "Abzocker", die Herr Minder bekämpfen will, über die allfällige Annahme seiner "Abzockerinitiative" am meisten freuen.

15.06.2012

Die parlamentarische Immunität als Farce

Pressekonferenz der SVP Schweiz, Christoph Blocher, 15.06.2012 I. Das Gesuch der Staatsanwaltschaft Am 27. März 2012 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich das "Gesuch um Entscheid über parlamentarische Immunität" mit folgenden Anträgen: 1.1. Es sei festzustellen, dass vorliegend keine Immunität gegeben ist. 1.2. Eventualiter sei die Ermächtigung zur Weiterführung der Strafuntersuchung gegen Herrn Nationalrat Dr. Christoph Blocher zu erteilen. 2. Diese Gesuchsanträge haben einen von der Staatsanwaltschaft sehr bewusst gewählten, klar formulierten Wortlaut. Die Staatsanwaltschaft verlangt von den beiden parlamentarischen Kommissionen des National- und Ständerats die Feststellung, dass bei mir für alle den 3. und 27. Dezember 2011 betreffenden Handlungen keine Immunität gegeben sei oder – falls Immunität bestehen sollte –, dass diese aufgehoben werde. Etwas anderes beantragt die Staatsanwaltschaft nicht. II. Hausdurchsuchung ohne erforderliche Bewilligung 3. Art. 18 Abs. 2 ParlG schreibt vor, dass die Strafverfolgungsorgane vorgängig die Ermächtigung der Ratspräsidien einholen müssen, wenn sie gegen ein Ratsmitglied Massnahmen zur Beweissicherung durchführen wollen. Darauf können sie nur dann verzichten, wenn ein Fall offensichtlich und unbestritten fehlender Immunität vorliegt. Ein solcher liegt hier nicht vor. Das beweisen die differierenden Beschlüsse der beiden Kommissionen. 4. Die Staatsanwaltschaft begründete die Rechtmässigkeit des Hausdurchsuchungsbefehls damit, dass ich mich am 3. und am 27. Dezember 2011 rechtswidrig verhalten hätte. Mein Verhalten vom 3. Dezember bzw. dasjenige vom 27. Dezember 2011 allein hätten der Staatsanwaltschaft offenbar nicht ausgereicht, um bei mir Hausdurchsuchungen durchzuführen. Deshalb braucht sie eine vollständige, beide relevanten Daten abdeckende Ermächtigung, um ihr Verhalten nachträglich zu legitimieren. 5. Die Staatsanwaltschaft braucht eine vollständige Gutheissung ihres Gesuchs gemäss den von ihr gestellten Anträgen. III. Parlamentskommissionen missachten das Gesetz 6. Für die Gutheissung des Gesuchs der Staatsanwaltschaft müssen beide parlamentarischen Kommissionen die gestellten Anträge übereinstimmend gutheissen, d.h. entweder übereinstimmend Nichteintreten beschliessen und damit i.S. des Gesuchsantrags 1 feststellen, dass keine Immunität besteht. Oder sie müssen übereinstimmend feststellen, dass Immunität besteht, diese aber vollumfänglich aufgehoben wird. Kommen keine solchen übereinstimmenden Beschlüsse zustande, ist das Gesuch abgelehnt. IV. IK-N hebt Immunität nicht auf 7. Die IK-N hat am 25. April 2012 beschlossen, auf das Gesuch nicht einzutreten, soweit es sich auf die Handlungen vor meiner Vereidigung am 5.Dezember 2011 bezieht. Soweit sich das Gesuch auf Handlungen bezieht, welche nach dem 5. Dezember erfolgten, trat die IK-N darauf ein, entschied aber, meine Immunität nicht aufzuheben. Damit wurde das Gesuch abgelehnt, denn keiner der gestellten Anträge wurde gutgeheissen. BO: Entscheid der IK-N vom 25.4.2012, Beilage 1 V. Die RK-S tritt nicht auf das Gesuch ein 8. Die RK-S entschied am 31. Mai 2012, sie trete auf das Gesuch nicht ein. BO: Entscheid RK-S vom 31.05.2012, Beilage 2 VI. Klare Gesetzesbestimmung und ein "Faktenblatt" 9. Art. 17a ParlG lautet wie folgt: Stimmen die Beschlüsse der beiden Kommissionen über das Eintreten auf das Gesuch oder über die Aufhebung der Immunität nicht überein, so findet eine Differenzbereinigung zwischen den Kommissionen statt. Die zweite Ablehnung durch eine Kommission ist endgültig. 10. Die Parlamentsdienste veröffentlichten im Internet ein Faktenblatt "Die Immunität der Mitglieder der obersten Bundesbehörden" (Stand 3. April 2012). Dieses Faktenblatt ist auch heute noch im Internet abrufbar. Dort ist auf Seite 2 Absatz 2 zu lesen: Die zwei Kommissionen beraten das Gesuch nacheinander. Handelt es sich um ein Gesuch auf Aufhebung der Immunität eines Ratsmitgliedes wird es von der Kommission zuerst beraten, dem das beschuldigte Ratsmitglied angehört (Art. 17a Abs. 1 ParlG). Bei abweichenden Beschlüssen der beiden Kommissionen ist die zweite Ablehnung (Nichteintreten oder Nichtaufhebung) durch eine Kommission endgültig (Art. 17a Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 VG). BO: Faktenblatt der Parlamentsdienste Stand 3. April 2012, Beilage 3 VII. Die IK-N hat am 7. Juni 2012 die Immunität zum zweiten Mal nicht aufgehoben 11. Sie entschied erneut, dass ich für die Zeit nach dem 5. Dezember 2012 der Immunität unterstehe und dass diese auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft hin nicht aufgehoben werde. BO: Entscheid IK-N vom 07.06.2012, Beilage 4 VIII. Das Ermächtigungsgesuch der Staatsanwaltschaft ist abgewiesen 12. Die beantragte Feststellung, dass keine Immunität gegeben sei, wurde damit zum zweiten Mal genauso abgelehnt wie die beantragte Ermächtigung, mein Verhalten vom 3. und 27. Dezember 2011 strafrechtlich weiter zu verfolgen. Das Gesuch der Staatsanwaltschaft vom 27. März 2012 ist demzufolge definitiv abgewiesen und das Ermächtigungsverfahren abgeschlossen. Eine Gutheissung des Gesuchs widerspricht aus Verfahrensgründen Gesetz und Verfassung. Dies ist festzustellen, ohne auf den materiellen Teil des Entscheids einzugehen. IX. Kompetenzüberschreitung durch die Kommission 13. Das Parlament hat die IK-N und die RK-S gestützt auf eine Kompetenzdelegation nach Art. 153 Abs. 3 BV ermächtigt, die Gesuche um Aufhebung der parlamentarischen Immunität im gesetzlich vorgegebenen Verfahren zu entscheiden (BBl 2010, S. 7361). Nach Art. 153 Abs. 3 BV können den parlamentarischen Kommissionen nur Befugnisse übertragen werden, die nicht rechtsetzender Natur sind. Die IK-N und die Rechtskommission des Ständerats haben sich deshalb an das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren zu halten und sie dürfen dieses nicht abändern. X. Entscheid ohne gesetzliche Grundlage 14. Das Gesetz regelt klar, wie bei der am 7. Juni 2012 vorliegenden Differenz zwischen den Entscheiden der IK-N und der RK-S vorzugehen war. Für etwas anderes als den Verfahrensabschluss festzustellen, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Diese müsste erst geschaffen werden und dazu ist einzig und allein die Bundesversammlung zuständig. Den Kommissionen hingegen fehlt die Kompetenz, das Gesuch der Staatsanwaltschaft in Abänderung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften gutzuheissen. Ihr Entscheid ist verfassungswidrig. XI. Wo bleibt der Rechtsweg? 15. Gegen den materiellen Entscheid der Kommissionen, d.h. Nichteintreten bzw. Ablehnung gibt es keine Beschwerdemöglichkeit. Inhaltlich gibt es keine Beanstandungen gegen die Entscheide der IK-N vom 25. April und 7. Juni 2012 und den Entscheid der Rechtskommission des Ständerats vom 31. Mai 2012, vorzubringen. Hingegen rüge ich entschieden, dass sich die ständerätliche Kommission am 7. Juni 2012 in Missachtung von Art. 17a Abs. 2 ParlG nochmals mit dem Gesuch der Zürcher Staatsanwaltschaft befasste und zudem behauptet, ihr Nichteintretensentscheid gehe dem zweimaligen Ablehnungsentscheid der IK-N vor. Das widerspricht dem gesetzlich vorgeschriebenen Differenzbereinigungsverfahren. XII. Ausschaltung des Parlaments 16. Das Parlament hat, wenn es Kompetenzen an Kommissionen delegiert, von Verfassungswegen auch zu prüfen, ob die Kommissionen sich im Rahmen ihrer Kompetenzen bewegen. Tun sie dies, wie hier, nicht, so hat das Parlament dagegen einzuschreiten. XIII. Gesetzesauslegung als Politjustiz? 17. Das Gesetz bestimmt unmissverständlich, dass die zweite Ablehnung durch eine Kommission endgültig ist. Im Faktenblatt der Parlamentsdienste wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jeder Nichteintretensentscheid oder jede Nichtaufhebung eine Ablehnung sei. Wenn die RK-S und die IK-N etwas anderes geltend machen, so widerspricht dies dem Gesetz. Und die Immunitätsfrage verkommt zur Farce, zur Parteilichkeit und damit zur Politjustiz. Und wenn die Parlamentsdienste etwas anderes behaupten, so widersprechen sie sich selber. XIV. Welche Rechtsmittel? 18.Materiell sind die Entscheide der beiden Kommissionen nicht angefochten. Hingegen ist zu prüfen, ob die Verfahrensfrage allenfalls durch eine Beschwerde ins Parlament gebracht werden müsste. Bevor ein schriftlicher Entscheid vorliegt, kann diese Frage aber nicht entschieden werden. Inhaltsverzeichnis 1. Entscheid IK-N vom 25.04.2012 2. Entscheid RK-S vom 31.05.2012 3. Entscheid Faktenblatt der Parlamentsdienste 4. Entscheid IK-N vom 07.06.2012

15.06.2012

Senza di noi saremmo nell’UE

Intervista, La Regione, 15 giugno 2012, Edy Bernasconi