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Économie

30.09.1998

Der Euro ist nur eine Währung

Interview mit der Südostschweiz vom 30. September 1998 Ems-Mehrheitsaktionär Christoph Blocher zu Asienkrise, Euro und Konjunktur Auch die Ems-Gruppe spürt die Asienkrise. Trotzdem rechnet Ems-Chef Christoph Blocher damit, den Betriebsgewinn auf dem Stande von 1997 halten zu können. Die "Südostschweiz" unterhielt sich mit Blocher über Asien, Euro und Konjunktur. Mit Christoph Blocher sprachen Hansruedi Berger und Sandro Compagno Herr Blocher, haben Sie letzte Nacht gut geschlafen? Blocher: Ja, vom Sonntag auf den Montag schlafe ich immer gut, denn da habe ich einen Ruhetag hinter mir. Kann man denn bei diesem Auf und Ab an den Börsen, bei der Krise in Asien ruhig bleiben? Blocher: Das Normale in der Wirtschaft ist das Anormale! Diese Ereignisse sind nicht unerwartet eingetroffen. Trotzdem gibt es viele Nächte, in denen ich nicht gut schlafen kann, weil ich Probleme wälze, deren Lösung ich im Moment nicht sehe. Die Ems-Gruppe - im speziellen die Ems-Inventa - exportiert aber doch einige Produkte in den asiatischen Raum. Werden Sie Ende Jahr die Asienkrise unter dem Strich spüren? Blocher: Eindeutig. Wir werden weniger Gewinn erzielen, als wir Anfang Jahr erwartet haben. Statt einer Gewinnsteigerung werden wir beim Betriebsgewinn wohl lediglich etwa auf Vorjahreshöhe abschliessen. Und auch dies ist nur möglich, weil unser Absatz in die USA und Europa zugenommen hat. Die Ems-Inventa - im Anlagebau fast nur in Asien tätig - ist besonders betroffen. Da sind die meisten Projekte sistiert worden. Zum Glück haben wir vor zwei Jahren die Ems-Inventa stark verkleinert und aus den freigestellten Arbeitnehmern die Ems-Syntech aufgebaut, die auf einem ganz anderen Gebiet tätig ist. Dann wird die Ems-Inventa früher oder später liquidiert und in die Ems-Syntech eingebracht? Blocher: Nein, das sind zwei verschiedene Firmen. Wir wollen mit der Ems-Inventa auf dem Markt bleiben. Das ist nicht das erste Mal, dass sie eine Durststrecke durchmachen muss. Sie warten also mit der Ems-Inventa auf den Aufschwung in Asien? Blocher: Ich rechne damit, dass Asien in eineinhalb Jahren wieder Fuss fasst. In Japan laufen jetzt sinnvolle wirtschaftspolitische Massnahmen an. Wenn die Konjunktur in Japan wieder anzieht, wird die ganze Region Südostasien davon profitieren. Auch China mit seiner tüchtigen und fleissigen Bevölkerung wird sich auffangen. Sie haben letztes Jahr ein Betriebsergebnis von 188 Millionen Franken erzielt, dieses Jahr soll es mindestens ebensogut werden. Wie viel werden die Ems-Angestellten nächstes Jahr mehr verdienen? Blocher: Das weiss ich noch nicht, wir legen das erst Ende Jahr fest. Wir arbeiten immer mehr nach dem Bonussystem und haben den Mitarbeitern Anfang Jahr gesagt, dass bei der Erreichung der Unternehmensziele ein bis eineinhalb Prozent Jahresbonus drin liegen. Die Ziele werden nicht in allen Bereichen erreicht. Die Teuerung ist zum Glück praktisch bei Null. Aufgrund des massiven Kostendruckes kann nicht mit allgemeinen Lohnerhöhungen gerechnet werden. Die Gewerkschaften verlangen, dass die Arbeitnehmer an den Produktivitäts-Steigerungen beteiligt werden. Sie fordern daher zwei bis drei Prozent Lohnerhöhung. Blocher: Die Gewerkschaften verlangen mehr, wenn sich der Gewinn in den Unternehmungen verbessert. Dann müsste aber auch das Gegenteil gelten, nämlich Lohnsenkungen bei schlechtem Geschäftsgang. Ich möchte betonen, dass wir die Löhne während der ganzen Rezessionszeit nicht gesenkt haben. Es ist nicht möglich, Löhne in schlechten Zeiten zu belassen und in guten Zeiten trotzdem zu erhöhen. Das wissen unsere Mitarbeiter. Sie laufen nicht einem theoretischen Modell hinterher. 80 Prozent aller Güter produziert die Ems-Gruppe in der Schweiz, und Sie geben sich für die Zukunft optimistisch. So schlecht kann also der Standort Schweiz nicht sein. Trotzdem überlegen Sie sich seit mehreren Wochen, eine Investition von 60 Millionen Franken in den USA statt in der Schweiz zu tätigen. Ist der Entscheid mittlerweile gefallen? Blocher: Nein, es läuft erst der Antrag meiner Mitarbeiter in diese Richtung. Die Schweiz ist eigentlich kein schlechter Standort. Wir produzieren 80 Prozent in der Schweiz, obwohl wir 90 Prozent unserer Güter in alle Erdteile exportieren. Wir können mit unserer Konkurrenz mithalten, haben jedoch jetzt ein grosses Problem: Die Politik wird die Transport- und Energiekosten in den nächsten Jahren dermassen verteuern, dass der Produktionsstandort Domat/Ems für ein bestimmtes Produkt international nicht mehr konkurrenzfähig sein wird. Aus Kostengründen müssten wir also die Produkte für den amerikanischen Markt auch dort produzieren. Dies tut mir leid, es müsste nicht sein. Einer der wichtigsten Standortfaktoren sind die Arbeitskräfte. Sie haben vor einiger Zeit an einem Referat vor dem Bündner Gewerbeverband in Lenzerheide gesagt, dass auf dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt nur Handlanger oder Professoren zu finden seien, nicht aber ausgebildete Berufsleute. Blocher: Das kann man noch pointierter ausdrücken: Entweder ist einer Nobelpreisträger oder Hilfsarbeiter, dazwischen gibt es nichts. Und das ist in der Schweiz anders und bis jetzt ein grosser Vorteil. Überwiegt dies nicht zugunsten des Standortes Schweiz? Blocher: Beim obengenannten Produkt leider nicht. Es geht hier um eine automatisierte Produktionsanlage, die wir auch in den Vereinigten Staaten erstellen können. In der Rechnung sind die zwei Faktoren Transport- und Energiekosten in der Schweiz derart überwiegend, dass es wahrscheinlich nicht anders geht. Sie haben vorher gesagt, Ems exportiere 90 Prozent seiner Produktion. 60 Prozent davon gehen nach Europa. Am 1. Januar 1999 kommt der Euro. Welche Auswirkungen wird die europäische Einheitswährung auf Ems haben? Blocher: Für uns ist der Euro einfach eine zusätzliche Währung. Soviel ich weiss, haben wir etwa zwölf Währungen in unseren Computerprogrammen. Wenn einer in Gulden kauft, zahlt er mit Gulden. Wenn einer in Dollar kauft, zahlt er mit Dollar. Wir haben gelernt, damit zu arbeiten. Jetzt haben wir halt noch eine Währung mehr. Professor Walter Wittmann sagt, dass der Euro eine weiche Währung werde. Das hätte unmittelbare Auswirkungen auf die Exportwirtschaft. Blocher: Ich glaube nicht, dass der Euro anfänglich eine schwache Währung wird. Aber er wird längerfristig eher eine schwache Währung. Denn die Haushaltdisziplin in den beteiligten Ländern wird abnehmen, wenn der Euro einmal fest eingeführt ist und sie keine Angst haben müssen, dass man sie wieder aus dem System hinauskippt. Dann wird der Euro verwässern, und ich rechne auch damit, dass er keine sehr starke Währung wird. Aber das ist ja nichts Neues. Denken Sie an den Dollar! Als die Wechselkurse für den Dollar freigegeben wurden, ist er über Nacht von 4.30 Franken auf 3.80 Franken gefallen. Heute steht er bei ungefähr 1.40 Franken. Natürlich habe ich als Exporteur recht gelitten unter dem starken Franken in den letzten Jahren. Aber wenn ich heute sehe, was wir alles gemacht haben dank eines starken Frankens - die Vollbeschäftigung in der Schweiz, der wir uns heute wieder nähern, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen. Die Schweizer Wirtschaft ist sehr konkurrenzfähig. Der Euro ist keine Katastrophe - auch für den Export nicht. Also für die Zukunft sieht es rosig aus. Man hat sieben magere Jahre gehabt. Kommen jetzt die sieben fetten - oder noch sechs fette Jahre? Blocher: Ein Unternehmer hat mir einmal gesagt, der biblische Zyklus gelte noch immer: Es gebe die sieben mageren Jahre und die sieben fetten Monate (lacht). Im Ernst: Im Grunde genommen glaube ich, dass wir vor einer guten Situation stehen. Konjunkturzyklen dauern nie nur ein paar Monate. Und wenn Sie zurückblicken, ist es tatsächlich so, dass sich die Konjunktur immer in etwa denselben Zyklen bewegt hat. Wir hatten sehr gute Jahre ungefähr von 1968 bis 1974. Dann erfolgte ein Konjunktureinbruch. Dieser zog sich bis 1982 hin. Dann hatten wir von ungefähr 1983 bis 1990 Hochkonjunktur - und danach wieder sieben Jahre Baisse. Es ist wirklich interessant, es sind immer ein paar Jahre. Darauf muss man sich einstellen. Ich denke, dass wir keine schlechte Situation haben. Man muss aufpassen, dass man innerhalb der Zyklen nicht überreagiert. Man sollte in schlechten Zeiten investieren und in den guten Zeiten zurückhaltend sein - dann wird es immer gut. Richtet man den Blick nach Europa, so fällt auf, dass die Wachstumsraten in der Schweiz vergleichsweise gering sind. Andere Volkswirtschaften, die sich in etwa auf dem gleichen Level wie die Schweiz bewegen, wachsen stärker. Hat das mit dem Abseitsstehen der Schweiz von Europa zu tun? Blocher: Also zuerst muss man klarstellen: Wachstum ist etwas, das man anstrebt, aber Wachstum um jeden Preis ist ganz verwerflich. Es gibt nichts Einfacheres, als in einer Volkswirtschaft Wachstum zu erzeugen. Das wurde zum Teil gemacht Ende der achtziger Jahre mit faulen Krediten. Sie können einfach Kredite geben, dann wächst die Wirtschaft. Das sieht man auch im Fernen Osten. Die haben das auch gemacht, enorme Kredite gegeben und nachher ist alles zusammengebrochen. Das ist künstliches Wachstum. Ein Teil des hohen Wachstums in der Schweiz bis Ende der achtziger Jahre ist darauf zurückzuführen. Darum mussten die Banken 50 Milliarden Franken an faulen Krediten abschreiben. Wenn dieses Geld nicht in die Wirtschaft geflossen wäre, hätte viel Blödsinn und falsches Wachstum verhindert werden können. Und dann darf eines nicht vergessen werden: Der Export wuchs in der Schweiz auch in den letzten Jahren stark. Das fehlende Wachstum kann also nichts mit dem Abseitsstehen von Europa zu tun haben. Schlecht lief es dafür im Bau-, im Immobiliensektor; wir haben in der Schweiz eine Immobilienkrise. Die hängt zum Teil mit der Aufblähung in den achtziger Jahren zusammen. Die meisten faulen Kredite sind ja auf Investitionen in Immobilien zurückzuführen. Und auf der anderen Seite müssen Sie sehen: Das riesige Bauvolumen, das die Schweiz bewältigte, das ist vorbei. * * * Blocher zu sieben Zeitgenossen Die «Südostschweiz» bat Christoph Blocher zu kurzen Statements über sieben Zeitgenossen, welche in den letzten Wochen und Monaten in den Schlagzeilen waren. Bill Gates: Cleverer Unternehmer. Ist heute fast alleine auf seinem Gebiet. Andrea Hämmerle: Ich halte nicht viel von seiner Politik. Diese ist vor allem von Neid geprägt - das ist keine gute Grundlage. DJ Bobo: Der habe mit mir zusammen die beste Internet-Seite, habe ich in einer Illustrierten gelesen. Monica Lewinsky: Ein gutes Beispiel dafür, wie schnell man heute berühmt werden kann und wie wenig es dafür braucht. Moritz Leuenberger: Mit ihm habe ich studiert. Er war damals während der Studentenzeit ein ganz scharfer Sozialist. Heute hat er seine Gesinnung der eigenen Karriere angepasst und ist deshalb nicht mehr gefährlich. Anita Weyermann: Gute Sportlerin. Hatte im Frühjahr viel Pech, hat sich aber zurückgekämpft, das verdient Respekt. Serge Gaillard: Er ist Ökonom bei den Gewerkschaften und kann darum nicht mehr rein ökonomisch argumentieren. Er muss Gewerkschaftsinteressen wahren und sie ökonomisch untermauern. Das ist schade, er wäre sonst kein Dummer.

23.08.1998

Die vierte Erpressung wird folgen

Christoph Blocher über Globallösung und Diktaturen Interview mit der SonntagsZeitung vom 23. August 1998 Christoph Blocher bleibt hart: An der Globallösung, so der SVP- Politiker, sollten sich keine "seriösen" Firmen beteiligen. Interview: Niklaus Ramseyer Herr Blocher, die Nationalbank leistet keinen Beitrag an die Globallösung, welche die Schweizer Grossbanken mit Sammelklägern aus den USA ausgehandelt haben. Was sagen Sie dazu? Christoph Blocher: Das war der einzig mögliche und richtige Entscheid. Es war schon ein Fehler, dass die Nationalbank 100 Millionen in den Holocaust-Fonds einzahlte. Die Nationalbank hat mit dem Washingtoner Abkommen von 1946 alle ihre Fehler und Unsorgfältigkeiten während des Zweiten Weltkriegs abgegolten. Firmen wie Novartis hingegen wollen sich an der Globallösung beteiligen. Blocher: Auch das finde ich falsch. An diesem Deal sollte sich keine seriöse Firma beteiligen. Und wenn eine Firma von der Notlage der Juden in Hitler-Deutschland profitiert oder Zwangsarbeiter ausgebeutet hatte? Blocher: Auch dann kann eine Firma sich nicht einfach mit einem Beitrag an die Globallösung freikaufen. In einem Rechtsstaat muss festgestellt werden, wem ein solches Unternehmen Unrecht getan hat und dann müssen diese Opfer entschädigt werden - im Rahmen des Rechts. Ihr Konzern macht in den USA rund 150 Millionen Jahresumsatz. Hätten Sie im Boykottfall darauf verzichten können? Blocher: Natürlich wäre dies auch für uns sehr schmerzhaft. Aber wenn es gegen meine Firma erpresserische Sammelklagen gäbe, würde ich mir einen Rückzug aus dem Produktionsstandort USA überlegen - ich bin darauf vorbereitet. Machen Sie denn bei juristischen Streitigkeiten nie eine Kosten-Nutz-Rechnung und sind zu einem Vergleich bereit? Blocher: Einen Vergleich zu machen ist nichts Ehrenrühriges. Auf erpresserische Forderungen eingehen darf man hingegen nie. In jedem Land der Welt - ausser in den USA - würde die Art und Weise, wie dieser Deal von den amerikanischen Kreisen erzwungen wurde, als Erpressung bezeichnet. Die Schweizer Grossbanken haben Fehler gemacht und müssen darum jetzt bezahlen. Blocher: Ich bin auch der Meinung, dass vollumfänglich wieder gutmachen muss, wer Unrecht begangen hat. Genau darum geht es doch bei der Globallösung, die den Sammelklägern zugute kommt. Blocher: Eben nicht. Ich habe nämlich die unterschiedlichsten Begründungen gehört für diese Milliardenzahlung. Herr Gut von der CS-Bank sagte etwa, es sei ein Geschenk. Firmen haben jedoch keine Geschenke zu verteilen, das ist in dieser Grössenordnung auch gar nicht erlaubt. Dann habe ich gehört, das sei eben der Preis, um sich den Zugang zum US-Markt zu sichern. Dass unter zivilisierten Ländern gegenseitig ein Zutrittspreis zum Markt entrichtet werden müsste, wäre mir allerdings sehr neu. Also überhaupt kein Grund für diese Globallösung? Blocher: Moment. Eine dritte Begründung hat mir halbwegs eingeleuchtet. Sie heisst: Die Banken haben Unrecht getan jetzt müssen sie Genugtuung leisten. Genugtuung leistet man in einem Rechtsstaat nur jenen, denen Unrecht geschehen ist und nicht einem zufälligen Erpresser, der herausgefunden hat, dass man Fehler gemacht hat und mit Boykotten droht. Ihre Kritik an den Banken erstaunt immer wieder. Könnte es sein, dass Sie einfach immer noch verärgert sind wegen Ihres Streites mit der damaligen SBG, die Sie aus dem Verwaltungsrat geworfen hat? Blocher: (lacht) Wo denken Sie denn hin. Ich bin nicht gegen Banken, aber gegen Erpressungen. Seit Herbst 1996 weise ich auf die Gefahren der Erpressung hin. Vor dem nächsten Holocaust-Fonds warnte ich, weil ich sah, die nächste Erpressung wird folgen. Es war die Solidaritätsstiftung. Da verliess ich den Nationalratssaal und sagte, der Bundesrat habe den Kopf verloren. Und jetzt ist dieser Deal von New York die dritte Erpressung. Die vierte wird folgen. Soll die Bergier-Kommission weiterarbeiten? Blocher: Ja. Aber sie soll sich auf das Problem der nachrichtenlosen Vermögen beschränken. Diese Kommission ist jedoch problematisch, weil nur diktatorische Staaten ihre Geschichte von Staates wegen aufarbeiten lassen. In freiheitlichen Staaten sollte das dem freien Schaffen der Historiker überlassen bleiben. Auch wenn diese Historiker die Archive Ihrer EMS-CHEMIE durchforschen möchten? Blocher: (lacht) Sie sind in unseren Archiven ja schon lange drin. Unsere Firma wurde 1939 gegründet und hatte damals noch eine staatliche Beteiligung. Solche historische Forschung ist interessant und wichtig. Wie beurteilen Sie das Verhalten des Bundesrates in Zusammenhang mit der Globallösung? Blocher: Er hat sich im letzten Jahr sehr standhaft verhalten. Da muss ich ihn rühmen.

14.08.1998

Es wird bestimmt neue Forderungen geben

Interview mit der Berner Zeitung vom 14. August 1998 Für Christoph Blocher ist klar: die Milliardenzahlung der Banken ist für ihn ein Zeichen der Schwäche. Das jetzige Nachgeben wecke nur neue finanzielle Gelüste der jüdischen Organisationen. Interview: Jürg Abbühl Herr Blocher... Christoph Blocher: …Was die Banken gemacht haben, ist schlecht: Schon beim Holocaust-Fond haben sie sich erpressen lassen. Und wer einer Erpressung nachgibt, muss mit weiteren Erpressungen rechnen. Das ist jetzt die zweite. Sie sind recht erzürnt, dass Sie uns nicht einmal die Frage stellen lassen. Blocher: Ist doch wahr. Das ist die Ausgangslage! Obwohl Sie direkt aus den Ferien zurückkommen, sind Sie nicht entspannt. Blocher: Ich habe mit meinem Sohn und zwei Bergführern den Mönch und die Jungfrau bestiegen. Das war wunderschön. Die Nachricht von den Banken leider weniger. Es wird bestimmt neue Forderungen geben. Ich warne die Nationalbank und die Eidgenossenschaft, auch nur einen Finger breit nachzugeben. Eigentlich sollten sie zufrieden sein. Sie gehen als Sieger hervor. Blocher: Ich verstehe Sie nicht, warum? Die Milliardenzahlung der Banken dürfte die Unterstützung für die Solidaritätsstiftung bröckeln lassen. Blocher: Die ist sowieso erledigt. Mir haben jetzt zahlreiche Leute angerufen und gratuliert, dass meine Voraussage vom März 1997, dass es nur ums Geld geht, treffend war. Es wäre mir lieber, ich hätte nicht Recht bekommen. Warum? Blocher: Lieber eine politische Niederlage als erpresst zu werden. Haben sich die Bankers erpressen lassen? Blocher: Es kann sein, dass in diesen Banken tatsächlich soviel Unrecht geschehen ist, dass sie nun so viel bezahlen müssen. Das weiss ich nicht. Wenn es aber nicht der Fall ist und die Banken nur nachgegegben haben, um allfällige Nachteile abzuwenden, ist das eine äusserst kurzsichtige Sache. Sind die Herren Cabiallavetta, Ospel, Gut und Mühlemann schlechte Manager? Blocher: Sie haben in dieser Sache gewiss nicht geschickt gehandelt. Zuerst verschliefen sie das Thema, dann krochen sie zu Kreuze, zahlten in den Fonds und jetzt wieder. Sie werden es nun auf dem amerikanischen Markt leichter haben. Die Banken stellen Nationalbank und Wirtschaft unter Zugzwang. Blocher: Weder Wirtschaft noch Nationalbank sind verpflichtet, auch nur einen Franken zu zahlen. Ich für mein Unternehmen kann sagen, dass wir wie damals beim Fonds auch diesmal selbstverständlich nichts zahlen. Ich hoffe, die andern Unternehmer handeln gleich. Haben Sie Konten bei der CS und der UBS? Blocher: Ja, die Ems Chemie arbeitet mit allen Banken zusammen. Ziehen Sie Ihr Geld zurück? Blocher: Nein, das nicht. Wenn wir immer die Zusammenarbeit von Banken und Firmen auflösen würden, die einen Fehler machen, würde das ins Uferlose führen. Die Banken haben sich nun von ihrer Vergangenheit losgekauft. Für den Bund kommt mit dem Flüchtlingsbericht der Bergier-Kommission die nächste Belastung. Blocher: Warum auch? Im Flüchtlingsbericht wird nichts zum Vorschein kommen, was wir nicht schon längst wissen. Alles, was bis jetzt veröffentlicht wurde, ist grundsätzlich nicht neu. Es kann ja gar nicht möglich sein, dass in den letzten 50 Jahren die Historiker nur Unsinn geschrieben haben. Aber es stimmt. Neue Geld-Forderungen werden bestimmt gestellt werden, sowohl im In- und Ausland. Ich hoffe aber sehr, dass nicht noch ein drittes Mal nachgegeben wird. Was soll der Bundesrat machen? Blocher: Er muss jegliche Forderungen im Keim ersticken und schon vorgängig zurückweisen - egal wie der Flüchtlingsbericht herauskommt. Immerhin: der Bundesrat hat im letzten halben Jahr konsequent alle Forderungen zurückgewiesen. Blocher: Ja, das stimmt. Er ist standhaft geblieben. Er hat dem Druck der Wirtschaft widerstanden. Die Landesregierung hat aber nur so gehandelt, weil sie das Volk fürchtet. Hätten wir die direkte Demokratie nicht, wäre der Bundesrat mit Bestimmtheit weich geworden. Die Banken zahlen. Ist ihre Schuld nun beglichen? Blocher: Es geht schon lange nicht mehr um die historische Wahrheit. Es geht allein noch ums Geld. Die drüben sind geldhungrig und geldgierig. Wen meinen Sie? Blocher: Den Jüdischen Weltkongress, nicht die Juden. Wenn die Herren Bronfman und Singer merken, dass es irgendwo neue Möglichkeiten gibt, Geld zu scheffeln, werden sie unser Land erneut attackieren, hemmungslos. Denen geht es nur ums Geld, das ist eindeutig. Und hier kann die Antwort nur heissen: Nein.

14.08.1998

Bedauerlich…

Interview mit dem Blick vom 14. August 1998 Für den Zürcher SVP-Nationalrat Christoph Blocher gibt es keinen einzigen Grund für das Angebot unserer Grossbanken: "Sie haben wahrscheinlich Dreck am Stecken..." Interview: Georges Wüthrich Herr Blocher, was sagen Sie zu den 1,8 Milliarden? Christoph Blocher: Bedauerlicherweise war diese Kapitulation zu erwarten. Bereits beim Holocaust-Spezialfonds haben die Banken einer Erpressung nachgegeben und jetzt das zweite mal bei den Sammelklagen. Was hätten Sie anders gemacht? Blocher: Durchhalten. Bei Erpressungen muss man durchhalten, sonst hört die Gegenpartei nie auf. Ich befürchte, das war der zweite Streich, und der dritte folgt sogleich. Was könnte der dritte Streich sein? Blocher: Dass aus einem anderen Grund wieder Attacken gegen die Schweiz geritten werden. Ich denke da an den nächsten Bergier-Zwischenbericht über die Flüchtlings-Politik, obwohl auch der nichts bringen wird, was nicht längst schon bekannt war. Die Banken wollen etwas von der Wirtschaft zurück. Zahlt Ihre Ems-Chemie einen Betrag? Blocher: Auf keinen Fall. Ich wüsste nicht warum. Wir haben schon nichts in den Holocaust-Fonds einbezahlt. Wir lassen uns nicht erpressen. Wenn man Unrecht begangen hat, muss man dieses Unrecht abgelten. Wir sind uns aber keiner Schuld bewusst. Dass die Banken so viel bezahlen, ist wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass sie Dreck am Stecken haben. Soll unsere Nationalbank etwas beisteuern? Blocher: Die Nationalbank darf nur bezahlen, wenn sie einen Schaden abgelten muss, den sie verursacht hat. Mit dem Washingtoner Abkommen ist das alles aber längst erledigt. Die Nationalbank hat bedauerlicherweise schon 100 Mio. in den Holocaust-Fonds bezahlt. Sie darf jetzt auf keinen Fall weitere Gelder einschiessen. Nichts ist bis heute zum Vorschein gekommen, das neue Zahlungen rechtfertigen würde. Soll die Solidaritätsstiftung beerdigt werden? Blocher: Das ist schon beerdigt. Das würde gerade noch fehlen, nochmals 7 Milliarden hinzublättern.

01.08.1998

1.-August-Rede 1998 in Richterswil

Niederschrift der Ausführungen einer Festteilnehmerin, 1. August 1998 von Nationalrat Dr. Christoph Blocher Liebe Richterswilerinnen und Richterswiler, Herr Gemeindepräsident, liebe Frauen und Männer. Meine Damen und Herren, Sie sind heute Abend hierher gekommen zum Feiern des 707. Geburtstages unseres Landes. Was ist ein Geburtstag? Es ist ein Fest der Besinnung, der Dankbarkeit und der Freude. Wir feiern etwas, wofür wir eigentlich gar nichts können, nämlich die Geburtsstunde. Das ist ja schliesslich auch beim Menschen so. Wir können ja nichts dafür, dass wir geboren sind. Und trotzdem feiern wir immer wieder den Geburtstag. So ist es auch mit unserem Land. Wir können nichts dafür, dass es eine Geburtsstunde von diesem Land gibt und trotzdem dürfen wir diese feiern. Man muss ja nicht jene Sachen feiern, für die man etwas kann, sondern vor allem jene, für die man nichts kann. Diese können wir dankbar entgegen nehmen. Den 707. Geburtstag können auf dieser Welt nicht viele Länder feiern. Die Erfahrung zeigt, dass Länder, die lange bestehen, auch weniger schnell auseinander brechen und besser Schwierigkeiten lösen können. Deshalb können wir dankbar sein, dass wir bereits einen so hohen Geburtstag feiern dürfen. Länder entstehen nicht in einer Sekunde, bei Ländern kann man nicht sagen, da fängt es an, sondern ein Land durchläuft eine grosse geschichtliche Entwicklung. Zur Geburtsstunde hat unser Land den Zeitpunkt gewählt, als ein paar Männer in den ersten Augusttagen - so heisst es nach der Geschichtsforschung - zusammengekommen waren und ein Schwur, ein Gelöbnis, abgelegt hatten. Im Jahre 1291 hatten sie auf einen Brief geschworen - auf den Bundesbrief. Der Bundesbrief Man weiss, das war nicht der erste, es gibt noch ältere, aber dieser ist gut erhalten und der 1. August 1291 wurde zur Geburtsstunde erklärt. Tatsächlich wurden damals Werte festgelegt, meine Damen und Herren, welche sich durch die ganze Schweizer Geschichte hindurchziehen. Jene Männer konnten nicht lesen und schreiben. Das machten andere, möglicherweise die Klöster, in den Klöstern, da waren Priester oder Mönche, welche nicht anderes taten. Es war eine sinnvolle Aufgabenverteilung. Der erste Satz im Dokument: "Im Namen Gottes des Allmächtigen", steht nicht weil die Mönche es wahrscheinlich geschrieben haben, sondern darum, weil das ein so wichtiges Dokument war und man überzeugt war, dass das nicht allein verwirklicht werden konnte. Dieser Satz steht auch heute noch in der Bundesverfassung, und ich hoffe auch, dass er bleibt. Keine fremde Herrschaft Im Bundesbrief sind drei Säulen festgelegt, nämlich erstens: Sie sagten, in unserem Land - dannzumal noch wesentlich kleiner - dulden wir keine fremde Herrschaft. Ruhe und Ordnung Zweitens: Niemand in diesem Land soll straflos gegen Ruhe und Ordnung verstossen, weil man natürlich wusste, wer zusammenleben will, muss dafür sorgen, dass die Leute sich nicht gegenseitig totschlagen, dass die Leute einander nicht "plagen", dass die Leute einander nicht berauben, also niemand soll das dürfen. Keine fremden Richter Drittens: Nur eigene Richter soll dieses Land haben und man war sich bewusst, dass dies schnell gesagt ist. An Richter sind sehr hohe Anforderungen zu stellen, hatten sie geschrieben. Sie wussten, auch Richter sind nicht gefeit vor Parteilichkeit, vor Korruptionen, etc. Sie wussten, wenn man das alles machen will, muss man mit aller Kraft dafür einstehen - sie schrieben dies auch gleich auf. Das könne notfalls auch den Tod bringen - für diejenigen, die dafür einstehen. Sie merken, weshalb sie am Anfang den Satz geschrieben hatten: " Im Namen Gottes des Allmächtigen". Das ist die Gründungsurkunde unseres Landes! Bundesbrief ist aktuell Sie werden sagen, 707 Jahre, das sei ja lange her. Jawohl es ist lange her, aber der Bundesbrief ist höchstaktuell. Der ist nämlich immer aktuell, wenn man die ganze Schweizer Geschichte durchgeht. Wir leben jetzt in einem Jahr, in welchem wir Jubiläen feiern und dabei dürfen wir auch zurückblicken auf unsere Geschichte. Wenn Sie diese Geschichte betrachten, dann merken Sie, immer dann, wenn in unserem Land gegen den Bundesbrief verstossen wurde - in unserem Land waren alles andere als Tugendhelden - ging es den Schweizern schlecht. Sie hatten immer wieder gemeint, es könne auch anders gehen. Vor allem die führende Schicht hatte gemeint, wir könnten es auch anders machen. Es kam immer schlecht heraus. 1848 Wir feiern jetzt 350 Jahre Westfälischer Frieden, "1648". 30 Jahre Krieg gab es damals in Europa. Ein fürchterlicher Krieg. Der 30 - jährige Krieg. Die Schweiz konnte sich da raushalten, weil sie streng neutral war. Nachher haben sie festgestellt, wir müssten auch für uns einen rechten Friedensvertrag haben. Der Basler Bürgermeister Wettstein hatte dies fertig gebracht. Er hatte für unser Land in Münster und Osnabrück ein Dokument ausgehandelt. Was im Bundesbrief 350 Jahre vorher festgelegt wurde, fand hier seinen neuen Grundsatz und zwar noch viel stärker, als zuvor. In diesem Friedensvertrag steht nämlich: "Es ist reichs- und weltkundig", - das ganze Reich soll es wissen, die ganze Welt soll es wissen - "dass die Eidgenossenschaft ein freier Staat ist, und neben Gott einzig von sich selbst abhängt". Mit diesem Vertrag kam er nach Hause. Seither hatte die Schweiz keinen Kaiser mehr über sich und ist reichsfrei. Das sind 350 Jahre Souveränität, Unabhängigkeit und Neutralität. Es tut mir leid, dass die offizielle Schweiz, der Bundesrat und das Parlament, nicht etwa diesen Geburtstag vergessen, sondern bewusst übergangen haben. Weshalb? Schämt man sich, dass wir einmal unabhängig geworden sind? Nur diktatorische Staaten pflegen die einzelnen Jubiläen so herauspflücken, wie es ihnen passt. Demokratische Staaten feiern eigentlich alle Jubiläen. 1798 Das Jahr 1798 wird gefeiert - 200 Jahr Helvetik. Sie können auch sagen, es sei 200 Jahre her, seit dem Untergang der alten Eidgenossenschaft oder 200 Jahre seit dem Einmarsch der Franzosen, aber gleichzeitig haben wir auch seit 200 Jahren keine fremde Truppen mehr in unserem Land. Betrachten wir dies wieder im Hinblick auf den Bundesbrief, liebe Frauen und Männer. Wie war es damals? Einzelne Kantone feiern dieses Jubiläum nicht. Sie haben keinen Grund, sie hatten Franzosen auf ihrem Gebiet und hatten Menschen verloren. Andere Kantone feiern es besonders stark, weil es für diese eine Befreiung war, Gleichheit des Bürgers. Soweit ist es gekommen, weil ein hochnäsiges, verkommenes Regime, ohne auf das Bedürfnis des Volkes zu achten, eigenmächtig und in dekadenter Art und Weise regiert hatte. So kam es, dass führende Familien sagten, wir bauen auf Frankreich; gewisse Kantone sagten, wir bauen auf Frankreich; viele Leute aus der Bevölkerung hatten den französischen Truppen zugejubelt. Diese schufen einen Staat - Helvetik - nach eigenem Gusto. Es dauerte aber nicht lange, da zogen die Franzosen wieder ab. Nach 5 Jahren sagten sie, mit diesen störrischen Schweizern könne man nichts machen, nicht einmal einen richtigen Staat schaffen. Die Helvetik ist zusammengebrochen und die Franzosen haben sich zurückgezogen, sie hatten eigentlich auch das Wichtigste gehabt, was sie wollten. Sie kamen nämlich nicht nur wegen der Gleichheit und wegen der Gerechtigkeit in die Schweiz. Schon damals hatte man ein schönes Deckmäntelchen gefunden! Sie sind vor allem dann gegangen, als sie den bernischen Goldschatz eingepackt und über die Grenze geführt hatten. Sie sehen, auch damals ging es schon ums Gold - das gäbe doch auch noch eine gute Sammelklage - nicht wahr. Bald wurde nicht mehr dieser französischen Truppe oder dem französischen Staat nachgejubelt. Die Schweiz hat vieles selbst probiert und hat schliesslich 50 Jahre später, nämlich 1848, den Mut aufgebracht, ohne sich von aussen beeinflussen zu lassen, aus eigener Kraft eine eigene Verfassung zu schaffen. Seither besteht der Schweizer Bundesstaat mit einer eigenen Verfassung. 1848 Meine Damen und Herren, die gesamte damalige europäische Grossmacht-Gesellschaft - Österreich-Ungarn, Frankreich etc. - alle spotteten über das Land, welches eine solche Verfassung erstellte. Einen Sonderfall haben die Schweizer, diese Spinner, gemacht, hier, in der Schweiz, einen Sonderfall! Es dauerte weit über 50 Jahre, bis alle anderen europäischen Mächte, erst in diesem Jahrhundert, auch zu einer liberalen, demokratischen Verfassung übergegangen sind. Leider war sind dort oft Krieg und Niederlagen vorausgegangen. Es kam gut heraus mit dieser Verfassung. Die Schweiz, damals arm, wurde zu einem der reichsten Ländern, obwohl sie schlechte Voraussetzungen hatte für die Wirtschaft. Der politisch neutrale, freiheitliche und demokratische Staat hatte Erfolg auszuweisen. Vor allem aber wurde er verschont von grossen Kriegen, weil er sich auf seine Staatssäulen und den Bundesbrief besonnen hatte. Wir dulden keine fremden Herrscher und wir müssen unsere Probleme allein lösen. Sie sehen, es geht wie ein roter Faden durch unsere Geschichte. Ausserhalb von diesen Jubiläen wäre in dieser Beziehung noch viel zu sagen. Wieviele Male haben führende Kreise in unserem Land, einmal zu Habsburg, einmal zu Frankreich, einmal zu Spanien gehalten. Jedesmal kam es falsch heraus. Das sollte uns eine Lehre sein. Es ist pubertär zu meinen, solche Staatssäulen, denen wir so viel zu verdanken haben, seien leichtsinnig abzustreifen. Fremde Richter heute Wie ist es dann aktuell? Wissen Sie, fremde Herrscher können nicht nur mit Armeen kommen! Fremde Richter können nicht nur im Landesinnern eingesetzt werden, sondern sie können das Land auch von aussen richten. Sie können auch in Amerika sein. Man kann auch ein Land unterjochen und eine fremde Herrschaft erhalten, indem man ein Land zu erpressen beginnt. Letztes Jahr an der Geburtstagsfeier unseres Landes sagte mir jemand, ich sollte dieses Wort nicht verwenden. Bundesrat Delamuraz hatte anfangs letzten Jahres noch sagen müssen, das Wort "Erpressung" sei ein Missverständnis gewesen. Dabei war es ja wahr, ein wahres Missverständnis. Wir müssen dieser Sache in die Augen blicken. Heute schreiben es sogar die Journalisten in den Zeitungen und man kann es ungestraft gebrauchen, weil es so ist. Nur ist es spät, man hätte es schon zu Anfang erkennen müssen. Was macht man bei Erpressungen? Ich bin internationaler Unternehmer. Glauben Sie nicht, dies seien die einzigen Erpressungen, welche die Unternehmer hätten. Das gehört ja heute zur Alltagsordnung: "Wenn du das nicht machst, wenn du da nichts zahlst, dann hast du den oder jenen Nachteil!" Für Erpressungen gibt es nur eine Antwort. Immer! Eine kurze. Es genügt schon, wenn man die erste Klasse besucht hat, um da reagieren zu können. Das Wort heisst: "Nein"!! Wer sich einmal erpressen lässt, wird wieder erpresst. Der Erpresser hört dann auf, wenn man bereit ist, den Nachteil, welchen er einem androht, zu ertragen. Es ist einfach, aber wir müssen danach handeln. Das hängt auch mit dem Bundesbrief zusammen. Ich hoffe, dass unsere Regierung die Kraft hat, diesem zu widerstehen. Wer Unrecht getan hat, soll dieses im Rahmen des Rechtes abgelten. Aber wir unterziehen uns nicht irgendwelchen moralischen Ansprüche, welche irgendwelche Kreise stellen. Dort geht es nämlich nicht etwa darum, der Moral gerecht zu werden, sondern es geht nur um etwas. Es ist auch ein kurzes Wort. Es genügt auch die erste Klasse. Es geht um nichts anderes, als um Geld. Um Geld geht es! Recht vor Moral Ich habe heute schon die dritte Augustrede. Heute morgen zum Beispiel in Egerkingen, sah ich beim Eingang - es hatte auch viele Leute - einen Priester in seiner Soutane stehen. Obwohl es ein grosses Zelt war, sah ich, dass er Freude hatte an meiner Rede. Anschliessend kam er zu mir nach vorne, worauf ich ihm sagte, dass es mich freue, dass die hohe Geistlichkeit auch hier sei. Darauf sagte er mir, er sei nicht die hohe, sondern die niedrige. Ich sagte ihm, für mich sei jede Geistlichkeit hoch. Ich bin Protestant, da gibt es keine Hierarchien. Er sagte, er habe an meiner Rede Freude gehabt, aber das mit der Moral hätte ich nicht sagen sollen. Ich sagte, das hätte ich gedacht, als ich ihn sah, darum hätte ich es dann auch gesagt. Ich habe ihm gesagt, Politiker müssen sich aufs Recht stützen und auf nichts anderes, denn wenn jeder sagen würde, vom Recht her ist es in der Ordnung, aber von der Moral nicht, dann wird es uferlos, denn jeder hat seine eigene Moral. Herr Bronfmann hat auch eine Moral, trotzdem darf er uns nicht erpressen, denn das Recht verbietet das. Der Dieb hat auch eine Moral, weil er gewisse Dinge will, aber er darf trotzdem nicht stehlen. Die Regierungsleute haben dem Recht zu folgen. Der Pfarrer hat darauf erwidert, es gibt eine göttliche Moral und das Recht hat sich dieser zu unterstellen. Ich habe ihm Recht gegeben und ihm gesagt, dass ich damit mit ihm einig sei, er dürfe und müsse dies auch sagen. Wenn aber der Politiker beginnt die göttliche Moral zu verkünden, dann hat jeder jeden Tag eine andere göttliche Moral. So viele Moralen kann Gott gar nicht haben! Rechtsstaat Dazu haben wir den Rechtsstaat, meine Damen und Herren. Speziell für einen Kleinstaat ist der Rechtsstaat besonders wichtig. Wir haben nichts anderes, worauf wir bauen können, als auf unser Recht. Wir dürfen und müssen uns darauf verlassen. Das gilt auch für die Politiker - in allen Bereichen. Es ist ganz wichtig, dass wir wieder erkennen, dass wir uns auf unser Recht abstützen müssen. Sie sehen, auch hier ist der Bundesbrief aktuell. Wir brauchen die von aussen zwangsweise aufgesetzten Richter nicht. Denen müssen wir widerstehen. Es ist Aufgabe der Regierungen, der Parlamente und der Parteien, für das Land, für das sie tätig sind, Partei zu ergreifen. Eine Regierung hat für ihr Land Partei zu nehmen, so wie eine Mutter Partei nimmt für ihre Kinder. Das wird im Ausland auch erwartet. Es versteht niemand, wenn eine Regierung im Ausland über angebliche Fehler vor 50 Jahren lamentiert. Das interessiert nicht, sie fragen sich im Gegenteil, wenn diese Regierung ihr eigenes Land nicht ernst nimmt, dann fehlt es entweder an der Regierung oder am Land. Pluspunkte können sie damit hingegen nicht holen. Das ist auch richtig so. Dafür braucht es Kraft. Heuchelei Wissen Sie, wenn gesagt wird, dieses Land habe vor 50 Jahren Fehler gemacht, so ist es selbstverständlich, dass wir Fehler gemacht haben. Auch wenn ich nicht einmal wüsste, welche Fehler gemacht wurden, wäre es für mich klar, dass Fehler gemacht wurden. Es sind zwar keine neuen Fehler aufgetaucht, welche ich nicht bereits wusste. Wie kann ein Land in einer solchen Verantwortung stehen und diese Verantwortung tragen, ohne Fehler zu machen? Das können nur Leute kritisieren, die noch nie Verantwortung zu tragen hatten und noch nie etwas machen mussten. Wenn ich mein eigenes Unternehmen ansehe, in welchem ich Verantwortung trage, und ich zurückschaue, so habe ich sehr viele Fehler gemacht. Die meisten davon haben die Wirtschaftsjournalisten gar nicht festgestellt. Aber wenn jemand käme und der Meinung wäre, ich müsste dafür etwas zahlen, weil ich Fehler gemacht hatte, würde ich ihn zum Teufel schicken. Das geht ihn nichts an! Die Verantwortung dafür habe ich selber getragen und das Resultat stimmt. So war es auch während dem 2. Weltkrieg. Das Land hatte eine Verantwortung und diese Generation eine wichtige Aufgabe, nämlich dafür zu sorgen, dass das Land nicht in den Krieg verwickelt wird und überleben kann. Dieser Auftrag wurde erfüllt und das ist die Hauptsache. Für all diese Moralisten ist es das Schönste im Leben, sich für etwas zu entschuldigen, welches von Anderen verursacht wurde. Da kann man sagen, selber ist man ein sehr guter Mensch und man entschuldigt sich - aber für die Fehler Anderer. Nein - Menschen die Verantwortung tragen, tun so etwas nicht. Das hat nichts mit Hochnäsigkeit zu tun, sondern im Gegenteil mit Bescheidenheit und dem Wissen, wer Verantwortung trägt für ein Land, ein Unternehmen, eine Familie, eine Gemeinschaft, der macht Fehler. Wesentlich ist letztendlich, ob das Möglichste getan wurde. Wir müssen uns von diesem Heuchlerischen - dieser hat etwas falsch gemacht, jener hätte es so machen können, etc. - lösen. Das Heft selbst in die Hand nehmen Meine Damen und Herren, die Schweiz hat in diesen 700 Jahren manchmal versagt. Das Schöne ist, dass sich die Schweiz immer wieder auffangen konnte. Wie oft haben die Regierungen versagt, die führenden Leute. Wie oft haben andere das Heft in die Hände genommen, als die Regierungen versagt haben. Wenn wir über Geschichte sprechen - und das ist dank diesen amerikanischen Kreisen wieder Mode geworden - sollten Sie dieses neu veröffentlichte Buch von Gautschi über General Guisan lesen. Lesen Sie den Abschnitt, als die Schweiz umschlossen war, der Bundesrat nicht mehr weiter wusste und zum Volk sprach. Als man nicht wusste, ob die Regierung sich anpassen wollte oder nicht, ob sie noch zusammenhalten oder nicht. Der General konnte eine ganze Nacht nicht schlafen und irrte im Wald umher und am Morgen, als er zurückkam, sagte er zum Stab: "die Regierung hat uns verlassen, ich kann die Rede nicht anders deuten". Da sagten seine Offiziere: "jetzt bauen wir direkt auf das Volk". Das hatte der General dann mit grossem Erfolg auch ausgeführt. Das ist typisch, irgendjemand nimmt die Sache in die Hand, hier war es der General, anderswo ein Anderer, dies steht schon im alten Dienstreglement. Wenn der Führer ausfällt und nicht mehr weiter weiss, macht sich derjenige zum Führer, der noch weiss, wo es durchgeht. Das ist eine demokratische Auffassung und darum freut es mich, dass heute so viele Leute erschienen sind, um den heutigen Geburtstag zu feiern. Man weiss ja nie, wann die Regierung einen Fehler macht, dann müssen wir hinstehen, so wie es der General machte. Dann kommt es gut heraus. Arglist der Zeit Meine Damen und Herren, im Bundesbrief steht, in "der Arglist der Zeit" sei er beschlossen worden. "Arglist der Zeit" haben wir immer wieder. Wie oft krachte die Eidgenossenschaft beinahe auseinander, denken Sie an das Stanser Verkommnis, als die Eidgenossen nicht mehr weiter wussten. Da hatte auch ein anderer die Zügel ergriffen, damals war es ein Einsiedler: Niklaus von der Flüe. Er sagte: "Machet den Zun nit zu wyt!" Gehen wir zurück zur Stelle, wo geschrieben steht: "Macht das, was ihr könnt und macht das recht!" Zur Zeit von Napoleon fiel die Schweiz beinahe auseinander. Sie konnte sich wieder auffangen - mit der Bundesverfassung. Im 1. Weltkrieg wollten gewisse Kreise auf diese Seite, die anderen auf die andere Seite. Die Schweiz brach beinahe auseinander. Auch da stand einer auf: Carl Spitteler, ein Dichter und Nobelpreisträger und sagte: "seid und bleibt neutral!" Er konnte damit das Land zusammengehalten. Während dem 2. Weltkrieg gab es Kreise, welche die Neutralität abschaffen wollten. Das neue Europa gehöre einer neuen Zukunft, sagten sie; Industrielle glaubten, wer da nicht mitmache, habe die Zeit vergessen. Man hat sich dann aber auf das im Jahre 1291 Festgelegte zurückbesonnen. Das war grossartig. Darum dürfen wir dankbar Geburtstag feiern. "...und die fromme Seele ahnt...." Meine Damen und Herren, "Im Namen Gottes des Allmächtigen" steht im Bundesbrief. Sie werden anschliessend die Nationalhymne singen. In dieser Vaterlandshymne werden Sie singen: ".. und die fromme Seele ahnt, Gott im hehren Vaterland.." Auch das heisst, wir können viel tun, aber nicht alles selber. Vieles ist uns geschenkt und gegeben, darum können wir das auch feiern. "Hilf Dir selbst, so hilft Dir Gott!" - heisst eine alte Volksweisheit und das gilt auch für ein Land. Ich bin zuversichtlich für das Land, wenn wir uns auf die Säulen abstützen, auf denen wir in der Vergangenheit bestehen konnten. Das heisst nicht, dass wir uns nicht den neuen Zeiten anpassen sollen, selbstverständlich, das Land wird sich immer anpassen. Aber die Grundsäulen dürfen wir nicht aufgeben, dann geht es unserem Land und unserer Bevölkerung gut. Glauben Sie nicht, wir müssten unbedingt in diese riesigen Staatengemeinschaften, Grösse sei gefragt. Das hält nicht! Grenzenlose Gebilde halten nicht, warum? Weil in diesen Gebilden alle verantwortlich sind, alle für alles und niemand für etwas, das kann nicht gut gehen. Nur was überblickbar ist und wo die politischen Verantwortungs-Bereiche zugeordnet werden, wo klar ist, wer für was zuständig ist, nur das hat Zukunft. Das gilt auch für die Unternehmen. Die Unternehmen, welche eine Grösse und Diversifizierung erhalten haben, die nicht mehr überblickbar ist, werden so nicht überleben können. Ein Teil der Restrukturierungen, die zur Zeit getätigt werden, sind darauf zurückzuführen. Darum sollten wir keine Dummheiten machen. Zuversicht für die Zukunft Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, auch wirtschaftlich. In einem Land, das sich auf die Säulen einer liberalen Verfassung stützt, das uns die Möglichkeit gibt, das Brot zu verdienen und uns nicht dauernd behindert, da haben wir Arbeit, da können wir leben, da können wir verdienen, da ist auch für das Alter gesorgt. Ein Land, welches nicht dauernd Experimenten nachläuft und meint, es müsse sich aufführen wie eine Grossmacht, das hat Zeit und Kraft, bei aller Weltoffenheit, welche die Schweiz immer hatte, die Eigenbestimmung der Zukunft nicht aus den Händen zu geben. Darum, meine Damen und Herren, wenn Sie diesen Weg beschreiten, auch wenn immer wieder viele an diesem Weg zweifeln, dann können wir das neue Lebensjahr gut antreten und nächstes Jahr den 708. Geburtstag feiern, in Freiheit, in gutem Wohlbefinden, ohne fremde Richter und ohne eine fremde Macht im eigenen Land zu dulden. Das ist der Sinn der Geburtstagsfeier. Ich wünsche dem Land und Ihnen ein gutes 708. Lebensjahr. Ich danke Ihnen.