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Économie

04.07.1999

Das Duell – Blocher gegen Couchepin

Mein Streitgespräch mit Bundesrat Pascal Couchepin in der SonntagsZeitung vom 4. Juli 1999 Interview: Andreas Durisch, Othmar von Matt Herr Bundesrat Couchepin, was ist Ihr Hauptvorwurf an Herrn Blocher? Pascal Couchepin: Zunächst möchte ich Sie im Bundeshaus herzlich willkommen heissen. Christoph Blocher: Vielen Dank. Es ist ja schliesslich Volksbesitz. Couchepin: Zu Ihrer Frage: Herr Blocher provoziert in seinen Reden fast immer negative Emotionen. Das ist mein Hauptvorwurf. Dadurch stellt man in der Schweiz Folgendes fest: eine sinkende Toleranzgrenze und gleichzeitig eine sinkende Qualität des politischen Dialogs und der politischen Kultur. Ein sehr deutliches Beispiel dafür ist die Absicht, mit einer Initiative Regierung und Parlament institutionell von der Debatte über Initiativen auszuschliessen. Blocher: Mit diesen Vorwürfen kann ich nichts anfangen. Diese Initiative ist nicht für die Politik, aber vielleicht für die Politik des Bundesrates negativ. Couchepin: Ich kann das erklären. Blocher: Ich auch. Wofür habe ich mich in den letzten Jahren eingesetzt? Für eine souveräne Schweiz, für ein Land, das die Zukunft selbst bestimmen kann. Deshalb bin ich gegen einen Beitritt der Schweiz zur EU. Für den Bundesrat ist dies natürlich eine negative Emotion, weil er der EU beitreten möchte. Er kann es nicht ertragen, dass in diesem Land jemand so entschieden eine andere Meinung vertritt. Weshalb meine Politik negativ sein soll, kann ich nicht sehen. Richtig ist allerdings, dass ich hin und wieder provoziere. Couchepin: Man kann Ihre Ziele teilen oder nicht. Das ist Teil der normalen politischen Debatte. Man kann für Europa sein oder gegen den EU-Beitritt. Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Gravierend ist allerdings Ihr Stil. Mit Ihrer konstanten Feindseligkeit provozieren Sie Emotionen. Gegen Brüssel etwa. Als ob Brüssel ein Feind der Schweiz wäre. Diese Provokationen dürften zwar Teil Ihres Erfolgsrezeptes sein - für die Schweiz allerdings stellen sie eine Gefahr dar. Sie sehen die Welt nur in Freunden und Feinden. Wer Ihre Meinung nicht teilt, ist praktisch ein Verräter. So schaffen Sie negative Emotionen. Über das Ziel kann man diskutieren. Aber die Mittel, die Sie benutzen, zerstören letztlich das eigentliche Ziel. Blocher: Jetzt sind wir wieder bei der berühmten Stildiskussion. Couchepin: Es geht um mehr. Der Stil zeigt den Menschen. Blocher: Diese Diskussion kenne ich. Auf Ihrer Seite reagiert man auf Widerspruch sehr empfindlich. Ich spreche dabei nicht von Feinden, sondern von Gegnern. Das ist nicht dasselbe. Politik lebt von dieser Auseinandersetzung. Ich kritisiere die Politik des Bundesrats, weil dies Teil meiner Aufgabe ist. Ich wurde gewählt, dass ich meine Politik vertrete. Damit muss sich der Bundesrat wenigstens argumentativ verteidigen, kann nicht lediglich entgegnen: «L'état c'est moi.» Blocher darf nichts sagen; Vive le roi! Immer stärker ist beim Bundesrat eine pseudomonarchische Stimmung festzustellen. Man darf zwar grundsätzlich gegen höhere Steuerabgaben und Gebühren sein - aber man darf diejenigen nicht nennen, die sie dauernd erhöhen. Couchepin: Nochmals, mein Vorwurf bezieht sich nicht auf Ihre Ziele. Mit Ihrer Sprachregelung, dem Freund-Feind-Konzept, richten Sie allerdings den Dialog und die Demokratie vollständig zu Grunde. Das ist eine Tatsache. Blocher: Also bin ich der Feind der Administration. Blocher ist gefährlich. Couchepin: Nein. Die Initiative ist sehr gefährlich. Persönlich glaube ich übrigens, dass Sie diese Initiative eher zufällig unterschrieben haben. Sie haben sich wohl gesagt: Die Initiative wäre noch etwas, rechneten allerdings nicht mit diesem Echo. Aber damit wurde eine Grenze überschritten, die weit über den bisherigen Stil hinausgeht. Man will demokratisch gewählten Institutionen - Bundesrat und Parlament - verbieten, sich zu einer Initiative zu äussern. Die Demokratie ist aber ein fragiles politisches Ökosystem, dessen Gleichgewicht man erhalten muss. Geht man mit Gewalt gegen ein solches System vor und nimmt ihm gewisse Elemente weg, dann ist das ganze Gefüge in Gefahr. Die Initiative ist deshalb extrem gefährlich, weil sie das Gleichgewicht der Demokratie bricht. Ist es der erste Schritt zu einem Staatsstreich? Couchepin: Diese Frage könnte man erst im Nachhinein beurteilen. Man hat die Initiative in den letzten Tagen mit verschiedenen Gesetzen aus dem Jahre 1933 verglichen. Ich finde Vergleiche mit einer so tragischen Zeit nicht gut. Die Geschichte lehrt uns allerdings: Leute wie Sie, Herr Blocher, haben immer gesagt, der erste Schritt sei völlig ungefährlich. Man verstehe sie miss. Sie wollten genau das Gegenteil dessen, was man nun behaupte. Diese Worte haben eine zersetzende Wirkung. Jemand sagte mir: Wenn ihr die Initiative bekämpft, dann bekommt sie erst recht Gewicht. Das ist mir egal. Ich will, dass die Leute von Beginn an wissen, was sie allenfalls unterschreiben. Ich sage ihnen lediglich: Die Behörden und der Bundesrat finden die Initiative schlecht. Wir eröffnen keine Hexenjagd. Nur müssen die Leute wissen, was ihre Unterschrift bedeutet. Blocher: Diese Initiative, die verlangt, dass künftig Volksinitiativen innert 6 Monaten zur Abstimmung gebracht werden müssen, verbietet es Bundesrat und Parlament nicht, Stellung zu beziehen. Offenbar hat der Bundesrat den Initiativtext nicht einmal gelesen, sondern nur das Inserat. Die Initiative sagt, es bedarf keiner Stellungnahme; selbstverständlich kann der Bundesrat Stellung nehmen. Es ist eine anerkannte Tatsache, dass Volksinitiativen in Bern lange «herumgeteiggt» werden, im Schnitt etwa vier Jahre. Man taktiert, um das Begehren vom Tisch zu bringen, oder wartet den günstigsten Zeitpunkt ab. Ein Beispiel: Warum konnte man die Initiative für den EU-Beitritt, die von meinen Gegnern stammt, nicht nach einem Jahr zur Abstimmung bringen? Weil man weiss, dass das Volk diese Initiative ablehnen würde. Also sucht man irgendeinen günstigen Zeitpunkt. Das aber ist ein Missbrauch. Erschreckend ist die Reaktion des Bundesrates. Vor allem der Vergleich mit dem deutschen Ermächtigungsgesetz von 1933. Dieses wollte genau das Gegenteil, nämlich die uneingeschränkte Macht der Regierung. Ob dieser Vergleich tatsächlich aus dem Bundesrat stammt, weiss ich nicht. Herr Couchepin, war dieser Vergleich im Gesamtbundesrat ein Thema? Couchepin: Die Initiative wurde kurz diskutiert. Wir waren alle der Meinung, dass es sich um eine gefährliche Initiative handelt. Blocher: Wenn man dieser Initiative einen Vorwurf machen kann, dann vielleicht den, dass sie der Verwaltung etwas weniger Macht gibt. Das mag für den Bundesrat gefährlich sein, nicht aber für das Land. Dass der Bundesrat glaubt, dem Volk sagen zu müssen, welche Volksinitiativen es unterschreiben soll und welche nicht, ist eine unglaubliche Verachtung der Mündigkeit des Bürgers. Und ich, der an diese Mündigkeit glaubt, werde als gefährlich bezeichnet. Ich habe jedenfalls noch nie gesagt, Herr Couchepin sei mein Feind, er sei gefährlich. Das wäre schlechter Stil. Couchepin: Ich sagte lediglich, die Initiative sei gefährlich. Die direkte Demokratie funktioniert auf der Basis eines Informations- und Argumentationsaustausches. Es ist eine Art politischer Marktplatz. Was bleibt, wenn Bundesrat und Parlament nicht mehr Stellung nehmen können? Es erhalten jene die Macht, welche die finanzielle Potenz haben, die Medien mit politischer Werbung vollzustopfen. Deshalb limitieren Sie mit dieser Initiative die Möglichkeit des Volkes, die Informationen zu erhalten, die es wünscht. Es ist eine antidemokratische Initiative. Sehen Sie hier totalitäre Tendenzen? Couchepin: Zumindest wird das demokratische Ökosystem in Frage gestellt. Blocher: Ich freue mich ausserordentlich, dass der Bundesrat plötzlich zum Verfechter der direkten Demokratie geworden ist. Dahinter verbirgt sich allerdings etwas anderes. Couchepin: (unterbricht energisch) Sie sprechen mitten in einem Gespräch davon, dass ich irgendetwas verberge. Das ist genau der Stil, gegen den ich protestiere! Nehmen Sie meine Worte einfach so, wie ich sie sage. Blocher: (unterbricht) Sie haben mir doch genau dasselbe vorgeworfen. Couchepin: Nein. Ich spreche nur von den objektiven Zielen der Initiative. Ich werfe Ihnen persönlich keine diktatorischen Ambitionen vor. Blocher: Ein Blick zurück zeigt, wie ernst der Bundesrat diese direkte Demokratie nimmt. Ein Beispiel: Am 5. März 1997 hat Arnold Koller verkündet, der Bundesrat wolle eine Solidaritätsstiftung schaffen. Koller hat ausdrücklich versichert, es brauche dafür einen eigenen Verfassungsartikel: Volk und Stände könnten darüber abstimmen. Inzwischen behauptet man im Bundesrat, man könne die Stiftung auch lediglich durch ein Gesetz einführen. Couchepin: Sie werfen uns vor, verfassungswidrig zu handeln? Blocher: Wenn Sie dies tun: Ja! Couchepin: Mit welchem Recht? Wer, wenn nicht der Bundesrat, respektiert die Verfassung? Wollen Sie etwa sagen: Ich, Christoph Blocher, bin die Verfassung, das Volk und noch dazu das Parlament? Blocher: Im Verfassungsartikel, den das Parlament mit dem Währungsartikel zu Fall brachte, stand rein formell, dass das Gesetz bestimmt, wie die Reserven der Nationalbank verteilt werden - damit Volk und Stände materiell wieder nichts zu sagen gehabt hätten. Couchepin: War dies etwa kein neuer Verfassungsartikel? Blocher: Aber nicht ein Verfassungsartikel, der gesagt hätte, wie die Goldreserven aufgeteilt werden müssen. Herr Blocher, 1995 haben Sie, Ueli Maurer und Toni Bortoluzzi im Parlament dafür gestimmt, dass die Armee-Halbierungs-Initiative dem Volk gar nicht erst vorgelegt wurde. Couchepin: Als Parlamentarier sind wir leider dazu verpflichtet, die Rechtsgültigkeit von Initiativen wie Richter zu entscheiden. 1995 lag dem Bundesrat ein Gutachten vor, das besagte, die Armee-Halbierungs-Initiative sei nicht rechtsgültig. Deshalb habe ich für die Rechtsungültigkeit gestimmt. Damit haben Sie sich für das Gegenteil dessen eingesetzt, was Sie heute fordern. Blocher: Nein. Wenn ich als Parlamentarier über die Rechtsgültigkeit entscheiden muss, dann muss ich entscheiden. Genau das will unsere Volksinitiative: dass wir Parlamentarier dies nicht entscheiden. Wir sind doch keine Richter. Couchepin: Sie wollen die Prüfung der Rechtmässigkeit abschaffen? Blocher: Ja. Couchepin: Dann entfernen wir uns definitiv vom Rechtsstaat. Das heisst: Sie wollen nicht nur den demokratischen Dialog aufheben, sondern auch noch verhindern, dass die Rechtsgültigkeit von Initiativen diskutiert wird. Sie versuchen, über diese Volksinitiative ganz einfach konzentrierte Macht zu erlangen, in der Dialog und Information keine Rolle mehr spielen. Blocher: Nein, Herr Couchepin, das Volk entscheidet darüber. Sie können mir zehnmal unterschieben, dies und jenes sei «exclu», verboten, ausgeschlossen. Der Initiativtext ist klar. Herr Couchepin, bietet diese Initiative der FDP vier Monate vor dem Wahlkampf eine gute Gelegenheit, sich von der immer mächtigeren SVP zu distanzieren? Couchepin: Ich gehöre jener Partei an, welche diesen Staat gegründet und sein demokratisches System aufgebaut hat… Blocher: (unterbricht) Wir waren auch dabei. Couchepin: Aber sicher. Wir waren die Architekten, und Sie haben mitgemacht. Vorausgesetzt, Ihre Vorfahren waren Freisinnige. Blocher: Natürlich. Die Freisinnigen sind unsere Grossväter (lacht). Couchepin: Meine Partei verteidigt das demokratische System aus Berufung. Was nun Christoph Blocher betrifft: Seine Absichten kann ich nicht einschätzen, da ich weder Psychoanalytiker noch Pfarrer bin. Ich stelle allerdings fest, dass er in eine für die Demokratie sehr gefährliche Richtung geht mit dieser Initiative. Deshalb bekämpfe ich sie. Nun möchte ich Ihnen aber noch eine Frage stellen, Herr Blocher. In einigen Monaten stimmen wir wahrscheinlich über die bilateralen Verträge ab. Sagen Sie Ja oder Nein zu diesen Verträgen? Warum erklären Sie sich nicht? Blocher: Ich entscheide mich dann, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Herr Blocher, die Bevölkerung würde aber von Ihnen auch gerne hören, ob Sie für oder gegen die bilateralen Verträge sind. Blocher: Warten Sie ab. Sie werden meine Haltung noch zu hören bekommen. Meine Antwort ist klar: Ich finde die Verträge schlecht. Ob man das Referendum ergreift, hängt von den Zusatzbedingungen ab, die das Parlament genehmigt oder ablehnt. Ich entscheide, wenn ich die Konsequenzen sehe - nach einer sorgfältigen Abwägung. Das dürfte zwischen August und Oktober sein, also vor den Wahlen. Die Meinungsverschiedenheiten, die sich in diesem Gespräch zeigen, sind beträchtlich. Herr Couchepin, muss die SVP in die Opposition? Couchepin: Dies ist das grosse Problem von Herrn Blocher. Er ist der eigentliche Chef einer Partei, die zwar eine Oppositionsrolle ausübt, gleichzeitig aber in der Regierung bleiben will. Dieses Doppelspiel, Herr Blocher, können Sie nicht permanent spielen. Blocher: Die Sache ist klar: Ich bin gewählter Parlamentarier und Mitglied einer Partei, die ein sehr konkretes Programm hat. Wir nehmen dieses Programm ernst und wollen es durchsetzen. Wir sind im Bundesrat vertreten. Doch das verpflichtet uns nicht, stets gleicher Meinung wie der Bundesrat zu sein. Wir leben in einem Land der direkten Demokratie, dessen Regierung aus vier Parteien gebildet ist. Alle Parteien haben schon gegen den Gesamtbundesrat gestimmt. Erst kürzlich bei der Mutterschafts-Versicherung zum Glück auch die FDP. In der direkten Demokratie ist jede Partei Oppositions- und Regierungspartei. Ich weiss allerdings, was hinter diesen Gedanken steckt. Couchepin: Sicher kennen Sie auch schon die Antwort. Blocher: Warten Sie ab. Ich sage immer: Jede Partei muss stets dazu bereit sein mitzuregieren. Man darf nicht freiwillig in die Opposition gehen. Werden wir allerdings von den Freisinnigen zusammen mit den Sozialisten aus der Regierung geworfen, müssen wir auch dazu bereit sein. Couchepin: Alle Ausführungen, die Sie in diesem Gespräch gemacht haben, waren oppositioneller Natur, Herr Blocher. Mit Aggressionen gegen den Bundesrat und mit der Anklage, er respektiere die Verfassung nicht. Sie sprechen die Sprache eines Oppositionsführers, die weit über die sektorielle Opposition hinausgeht, wie sie bei allen Parteien vorkommt. Übt eine Partei permanent Opposition aus und bekämpft - wie mit dieser Initiative - permanent den Bundesrat, muss sich diese Partei fragen: Wo haben wir unsere ehrliche Position? Können wir den Oppositionsdiskurs weiterführen, gleichzeitig aber von der Macht profitieren? Diese Doppelzüngigkeit wiegt schwer. Blocher: Herr Bundesrat, Sie sassen heute für eine Diskussion mit mir an denselben Tisch. Dass ich Sie dabei nicht loben würde, war ja klar. Sässe hier allerdings ein Sozialist… Couchepin: (unterbricht energisch) Ich würde gegen ihn antreten. Kein Zweifel. Blocher: Dann wären wir ja plötzlich auf der gleichen Seite. Allerdings nur, wenn Sie nicht sozialistisch sind. Couchepin: (lacht) Das können Sie selber beurteilen. Herr Blocher, können Sie mit Adolf Ogi als Ihrem Vertreter im Bundesrat überhaupt noch leben? Blocher: In der Wirtschafts- und Steuerpolitik ist Herr Ogi für uns ein sicherer Wert. In der zentralen Frage der Unabhängigkeit, der Neutralität und der Landesverteidigung haben wir tatsächlich grosse Differenzen. Entscheidende Differenzen? Blocher: Entscheidende Differenzen. Es sind dieselben Differenzen, welche die SP mit Bundesrat Otto Stich hatte. Herr Stich war gegen den EU-Beitritt und gegen den EWR, die SP flammend dafür. Couchepin: Nein, das stimmt nicht. Herr Stich hat sich nie gegen den EWR ausgedrückt. Er war immer loyal. Blocher: Auch Herr Ogi ist loyal. Der Bundesrat muss sich einfach über eines im Klaren sein: Die Regierung wird nicht aus vier Parteien gebildet, weil alle Parteien gleicher Meinung, sondern obwohl alle verschiedener Meinung sind. Couchepin: Es gibt zwei Dinge, die man von einer Regierungspartei erwarten darf. Erstens: dass sie nicht systematisch Oppositionspolitik betreibt. Das tun Sie aber … Blocher: …wir betreiben keine systematische Opposition… Couchepin: …Ihre Opposition ist systematisch. Zweitens darf man erwarten, dass ein Bundesrat von seiner Regierungspartei mit seinen Vorschlägen nicht konstant im Stich gelassen wird. Die SVP hat aber Herrn Ogi in letzter Zeit bei all seinen Vorstössen attackiert. Letztlich geht es also um eine Frage der doppelten Zweideutigkeit: Sie sind mit Ihrer SVP in der Opposition und wollen doch an der Macht teilhaben. Zudem widerspricht Ihre Meinung fundamental jener Ihres Bundesrates. Und dennoch sagen Sie: Ich will Adolf Ogi im Bundesrat behalten. Blocher: Dann müssen Sie uns aus dem Bundesrat werfen. Couchepin: Es geht um eine Frage der Redlichkeit auf Ihrer Seite. Blocher: Eine Partei in der Opposition könnte innerhalb von vier Jahren grosse Erfolge feiern. Das weiss ich. Trotzdem betone ich immer: Wir müssen in der Regierung mitwirken, aber in den zentralen Positionen fest bleiben. Denn in einer Konkordanz-Regierung fehlt die Opposition. Sie ist aber für eine Regierung wichtig. In den Siebziger- und Achtzigerjahren bildete die Presse die Opposition. Damals hatten wir eine Mitte-rechts-Regierung, und die Journalisten waren, wie übrigens heute noch, mehrheitlich Mitte-links. Heute ist das leider nicht mehr so. Presse, Parlament und Bundesrat bilden heute in den wichtigen Fragen eine Koalition. Deshalb sehe ich die Opposition in den wichtigen Fragen - Unabhängigkeit, Steuerklima, Asylpolitik - als meine Aufgabe. Couchepin: Noch einmal: Letztlich ist es eine Frage der Ehrlichkeit. In den letzten drei Jahren war die SVP siebenmal gegen wichtige Vorlagen der Regierung - und dabei habt ihr fünfmal verloren. Blocher: Ich habe die Niederlagen nicht gezählt. Couchepin: Manchmal deutet die Zahl auch auf die Qualität hin. Wer sich gegen alle grossen Projekte einer Regierung stellt, muss sich fragen, ob er noch - konstruktiv und lösungsorientiert - in dieser Regierung mitarbeiten kann. Oder ob er schlicht und einfach ein Profiteur von Opposition und Macht ist. Herr Blocher, im Herbst wird die SVP sehr wahrscheinlich Wahlsiegerin sein. Können Sie dann noch akzeptieren, in der Regierung mit nur einem Bundesrat vertreten zu sein, der nicht einmal Ihre Linie vertritt? Blocher: Darüber zerbreche ich mir jetzt nicht den Kopf. Würde die SVP im Herbst Bundesratsparteien mit zwei Bundesräten tatsächlich überholen, müssten wir bereit sein, mit zwei Bundesräten anzutreten. Das ist meine persönliche Meinung. Was wird dann geschehen? Der wahrscheinlichste Fall ist, dass kein zweiter SVP-Vertreter in den Bundesrat gewählt wird. Das Parlament wählt heute lieber einen Kommunisten als einen SVPler. Aber Herrn Ogi wird das Parlament wahrscheinlich wieder wählen. Couchepin: Wird die SVP ihn denn zur Wiederwahl empfehlen? Blocher: Davon bin ich überzeugt. Das heisst: Die SVP ist zufrieden mit Ogi? Blocher: Wir sind Realisten. Nicht zufrieden mit ihm sind wir in den zentralen Positionen Neutralität und Souveränität. Hier besteht ein offener Konflikt, den wir auch darlegen dürfen. Das Parlament würde heute aber keinen SVP-Vertreter wählen, der gegen den EU-Beitritt ist. Couchepin: Sie sind also bereit, alle Opfer zu bringen, nur um in der Regierung zu bleiben? Um Macht zu haben? Blocher: Es geht nicht um Macht. Couchepin: Um was sonst? Blocher: Um eine bessere Politik. Wären wir in der Opposition, müssten wir in allen Fragen systematisch Opposition betreiben. Das tun wir heute nicht. Couchepin: Sie wollen kein Oppositionssystem? Blocher: Es wäre wahrscheinlich besser, wenn jene Parteien eine Regierung bilden würden, welche die grössten Übereinstimmungen haben. Das ist meine persönliche Meinung. Heute ist die Konkordanz degeneriert. Man wählt Parteivertreter, die möglichst nicht die Parteimeinung vertreten, und klagt nachher darüber, dass Differenzen bestehen. Und wenn Sie, Herr Couchepin, glauben, mit der SP besser regieren zu können als mit der SVP - tun Sie das! Couchepin: Es liegt an Ihnen, das zu entscheiden. Sie betonen immer, Neutralität und der EU-Beitritt seien die Hauptfragen dieses Landes. Das denke ich auch. Blocher: Hier haben wir auch die Hauptdifferenzen. Couchepin: Sie haben hier allerdings auch die Hauptdifferenzen mit Ihrem eigenen Bundesrat - und sagen trotzdem: Das geht gut. Weshalb haben Sie ein so grosses Interesse daran, in der Regierung vertreten zu sein? Zu guter Letzt geht es doch um eine rein opportunistische Politik. Blocher: Schön, das ausgerechnet aus Ihrem Munde zu hören! Couchepin: Wer mit dem Anspruch antritt, sein Programm durchzusetzen, in den Hauptfragen mit seinem Bundesrat aber nicht einverstanden ist, kann nicht mehr im Ernst behaupten, er wolle sein Programm wirklich durchsetzen. Blocher: Natürlich. Die Frage ist: Setzen wir das Programm besser durch, wenn Herr Ogi in der Regierung sitzt - oder wenn kein SVP-Vertreter in der Regierung sitzt? Herr Couchepin, was sagen Sie nun Franz Steinegger, Ihrem Parteipräsidenten? Soll die FDP im Herbst noch Listenverbindungen mit der SVP eingehen? Couchepin: Die Diskussion von heute ist sehr wichtig. Sie erlaubt uns zu beurteilen, ob Herr Blocher und seine Vertreter bereit sind, eine problemlösungsorientierte Politik zu betreiben. Und ob sie einverstanden sind, ihre politischen Gegner zu respektieren - und wie ihre Haltungen gegenüber der Regierung aussehen. Zu welchem Schluss kommen Sie nach diesem Gespräch? Couchepin: Ich bin Bundesrat. Aber ich würde Herrn Steinegger raten, dass die FDP-Kantonalparteien in jedem Kanton beurteilen sollen, ob allfällige SVP-Verbündete eine positive Haltung haben oder nicht. Blocher: In Zürich dürfte die FDP also keine Listenverbindung mit der SVP eingehen? Couchepin: Es ist Sache der Kantonalparteien, dies zu entscheiden. Ich entscheide weder für Zürich noch für Herrn Steinegger. Die Differenzen, die sichtbar werden, stimmen aber insgesamt nachdenklich? Couchepin: Natürlich sind diese Differenzen bedenklich. Blocher: Ich finde sie nicht bedenklich. Aber es ist typisch, dass der Bundesrat sie als bedenklich beurteilt. Zu Ihren Bedingungen einer Regierungsbeteiligung, Herr Couchepin: Ich werde weiterhin Respekt vor den Aufgaben und dem Auftrag der Regierung, der Verwaltung, des Parlamentes und des Souveräns haben. Wie bisher. Couchepin: Wie bisher? Das sind zwei Worte zu viel. Blocher: Ich hatte bisher Respekt und werde ihn weiterhin haben. Couchepin: «Wie bisher», das ist zu viel. Blocher: Ich kenne meine eigene Meinung besser als Sie. Couchepin: Ich beobachte Sie von aussen. Blocher: Gewisse Bundesräte ertragen Kritik nicht, weil sie glauben, «L'état, c'est moi!». Damit sprechen Sie Herrn Couchepin an? Blocher: Das würde ich sagen. Die Töne, die ich dieser Tage von ihm gehört habe, sind für mich ein Zeichen dafür, dass ihm der Respekt vor der eigenen Aufgabe fehlt. Für uns gilt: In der Frage der Souveränität der Schweiz, der Steuersenkungen und im Kampf gegen den Asylmissbrauch werden wir, ob in der Regierung oder nicht, keine Konzessionen machen. Und ich werde, wie Sie das gefordert haben, Herr Couchepin, problemorientiert sein bis zum Letzten. Couchepin: Ich sprach von Lösungsorientierung. In all diesen von Ihnen angesprochenen Punkten sieht der Bundesrat Lösungen vor. Blocher: Zuerst muss man die Probleme erfassen, bevor man sie lösen kann. Couchepin: Aber Sie schaffen die Probleme und wecken negative Emotionen, bis keine Lösungen mehr möglich sind. Das ist die Schwäche Ihrer ganzen Argumentation. Blocher: Ich habe zu all diesen Fragen Lösungen. Oft allerdings andere als Sie. Couchepin: Sie bieten für diese pluralistische Gesellschaft keine realistischen politischen Lösungen an. Blocher: Das ist eine Behauptung. Couchepin: Natürlich, das ist eine politische Behauptung.

27.05.1999

Wie SVP, FDP und CVP eine bürgerliche Regierung bilden – mein 7-Punkte-Programm

Artikel vom 27. Mai 1999 Aus meiner Sicht scheitert die bürgerliche Allianz in unserem Land an der Europafrage. Wenn es gelingt, die Frage "EU-Beitritt ja oder nein?" während der nächsten zehn Jahre aufs Eis zu legen, so besteht die Möglichkeit, dass sich unsere Regierung schon bald aus dem bürgerlichen Lager von SVP, FDP und CVP - als ohne die SP - zusammensetzt. Wenn die bürgerlichen Parteien sich auf ein EU-Moratorium einigen, so ist aus meiner Sicht auch eine Einigung über den raschen Abschluss der bilateralen Verträge möglich. Derzeit stehen für die Schweiz nämlich viel wichtigere politische Themen auf der Traktandenliste als die EU-Frage. Dabei liegen CVP und FDP näher bei der SVP als bei der SP. In diesem Sinn habe ich ein Regierungsprogramm für einen bürgerlichen Bundesrat entworfen. Es enthält sieben Punkte: 1. Europapolitik Vorbemerkung: Aus meiner Sicht entzweit der EU-Beitritt das bürgerliche Lager. Deshalb habe ich dem Bundesrat schon zweimal vorgeschlagen, eine fünfjährige Denkpause einzulegen, erstmals nach dem EWR-Nein 1992 und danach vor zwei Jahren nochmals. Beide Male erfolglos. Weiteres Vorgehen: Wenn die EU-Beitrittsfrage zehn Jahre lang auf Eis gelegt wird, ist das Regieren unter den Bürgerlichen viel einfacher. Stattdessen kann ich mir vorstellen, dass im bürgerlichen Lager eine Einigkeit über die bilateralen Verträge erzielt werden kann. 2. Steuerpolitik Keine neuen Steuern mehr. Schluss mit zusätzlichen Abgaben und Gebühren. Mehr Deregulierung, einen schlanken Staat, Leistungsabbau und noch stärkere Liberalisierung von Post und Swisscom sind in unserem Land nötig. Auch in diesen Fragen können sich die bürgerlichen Parteien einigen. Letztlich geht es um die Frage, wie wir die Steuersenkungen finanzieren. 3. Innere Sicherheit In Sachen Asylmissbrauch sind sich die drei bürgerlichen Parteien seit einem Jahr mehr oder weniger einig. Seit kurzem werden sogar aus der CVP Rufe für eine Sicherheitspolizei auf Bundesstufe laut. 4. Wirtschaftspolitik Ich kämpfe seit Jahren für weniger Eingriffe des Staates in die Wirtschaft. Wenn ich zurückdenke, wie unergiebig die Bundesrats-Parteiengespräche jeweils wegen der SP sind, dann könnte man sich hier rasch finden. Wenn die Steuerbelastung für die Wirtschaft sinkt, ist das politische Lager zum Sparen gezwungen. 5. Soziale Sicherheit Ich war nie für einen AHV-Abbau; wenn die 11. AHV-Revision keine zusätzlichen Kosten verursacht, bin ich dafür. Es geht lediglich um einzelne Fragen, die es im Detail zu lösen gilt. So beispielsweise jene über Rentenkürzungen für höhere Einkommen bei vorzeitiger Pensionierung. 6. Energiepolitik Energie darf nicht teurer werden. Der günstige Zugang zu Elektrizität und Gas für alle Unternehmen bedingt einen freien Markt, ohne spezielle Abgeltungen. 7. Neutralität Das Stichwort Neutralität ist neben der Europafrage der heikelste Verhandlungspunkt: Die Bewaffnung zum Selbstschutz von Schweizer Friedenssoldaten im Ausland ist für mich kein Thema. Ich bin überzeugt, dass auch in dieser Frage die Mehrheit von SVP, FDP und CVP meine Ansicht teilt und die Neutralität der Schweiz beibehalten möchte.

08.05.1999

14a Assemblea generale ordinaria dell’ ASNI

Messaggio di benvenuto e valutazione della situazione del 8 maggio 1999 Del dott. Christoph Blocher, consigliere nazionale e presidente dell'Azione per una Svizzera neutrale e indipendente (ASNI), in occasione della 14a Assemblea ordinaria dell'ASNI di sabato, 8 maggio 1999, a Berna. Cari membri, Gentile signore, egregi signori, Se oggi, in occasione dell'Assemblea ordinaria dell'Azione per una Svizzera neutrale e indipendente (ASNI), si sono riuniti oltre 1200 cittadine e cittadini provenienti da tutto il Paese - molti fra loro si sono addirittura accollati un viaggio di diverse ore -, possiamo parlare di manifestazione, una manifestazione per i valori fondamentali del nostro Paese. Una manifestazione a favore dell'indipendenza e dell'autodeteminazione della Svizzera, per una Svizzera federalista, per una Svizzera in cui le cittadine e i cittadini dovrebbero rimanere l'istanza suprema anche per questioni materiali. 8 maggio 1999 Signore e signori, Una manifestazione a favore dell'indipendenza della Svizzera proprio l'8 maggio 1999 ha un'importanza particolare 54 anni fa, l'8 maggio 1945, si pose fine in Europa alla seconda guerra mondiale. Una lotta durata sei anni a favore di un'Europa liberale e democratica. Si pose fine alla tirannia e a una dittatura disumana. Possiamo essere riconoscenti alla Svizzera di quei tempi che - parzialmente circondata da un sistema di tirannia - è riuscita a preservare la pace, la libertà, la democrazia e l'indipendenza anche durante la seconda guerra mondiale grazie alla neutralità armata permanente, alla sua volontà di difesa e a circostanze fortunate. Nel 1946, il giorno prima del famoso discorso di Zurigo, Churchill, che svolse un ruolo determinante nella liberazione dell'Europa, lanciò al popolo svizzero, dalle scalinate di Palazzo federale a Berna, le seguenti parole: "Avete vissuto un periodo di angoscia e in cui siete stati messi alla prova. Sotto l'egida del vostro sistema di Governo semplice e stabile siete stati condotti lontani dai pericoli e dagli intrecci politici che vi avrebbero distrutti se foste stati governati in maniera poco appropriata. Ma come si dice giustamente, una vigilanza costante è il prezzo che bisogna pagare per la libertà. (...) E poiché la libertà risiede nelle montagne, poiché il popolo svizzero ha realizzato, in seno alla Confederazione, l'idea moderna della democrazia sociale, poiché il popolo svizzero ha saputo preservare l'indipendenza rimanendo contemporaneamente aperto al mondo e sempre disposto a soccorre e ad aiutare, ecco è per tutti questi motivi che ne ho una grande stima." 1999, 500 anni dopo la separazione dall'Impero germanico A essere simbolico non è solo l'8 maggio, bensì tutto il 1999. Sono passati 500 anni dalla "guerra degli Svevi". Mezzo millennio fa gli Svizzeri si sono separati dal Sacro Romano Impero germanico. Si tratta di un anniversario importante. Ovvio, quindi, che il Consiglio federale e il Parlamento abbiano deciso, analogamente a come lo hanno fatto l'anno scorso per la cerimonia del 350° anniversario della Pace di Vestfalia, di passare sotto silenzio e di ignorare il 500° anniversario dalla separazione dal Reich e, di fatto, dal distaccamento dal Sacro Romano Impero germanico. Solo Stati dittatoriali hanno normalmente l'abitudine di ignorare gli anniversari a loro non congeniali o di interpretarli a modo loro. Non è infatti un caso, bensì un calcolo politico, se i 500 anni dalla fine della guerra con gli Svevi non vengono festeggiati, in quanto la data ricorda la separazione definitiva della Confederazione dal Sacro Romano Impero germanico. Allora i Confederati si rifiutarono con successo di versare una tassa all'Impero nonché di assoggettarsi alla corte suprema dell'Impero germanico e alla politica di potere europea degli Asburgo. Da 500 anni la Svizzera è praticamente separata dal Reich. Tenuto conto della trascuratezza che si constata attualmente a livello di politica estera della Svizzera, non bisogna sorprendersi, signore e signori, che la Berna ufficiale non commemori questo anniversario, in quanto l'indipendenza è in contraddizione con la capitale federale, che chiede ai cittadini di aderire all'Unione europea: un'adesione all'UE non significa altro che un nuovo assoggettamento della Svizzera a una tassa imperiale, a una corte suprema europea e alla politica di grande potenza europea. Potremmo forse anche essere felici che il Consiglio federale con commemori l'avvenimento, altrimenti ci vedremmo magari costretti a vedere il Consiglio federale scusarsi davanti a personalità straniere per la vittoria ottenuta nella guerra con gli Svevi e, quindi, per 500 anni d'indipendenza. Ecco perché, signore e signori, augurarvi il benvenuto nel 500° anniversario della guerra contro gli Svevi e, quindi, in occasione della ricorrenza della separazione della Svizzera dal Sacro Romano Impero germanico e nel giorno del 54° anniversario della fine della seconda guerra mondiale riveste un grande valore simbolico. La Svizzera e la guerra in Kosovo Non è solo la commemorazione storica, bensì soprattutto l'attualità che mostra in maniera eloquente l'importanza fondamentale dell'Azione per una Svizzera neutrale e indipendente: gli avvenimenti in Kosovo illustrano a tutti i cittadini svizzeri la necessità dell'indipendenza e della neutralità permanente e armata nel nostro Paese. Nell'arco di poche settimane, i discorsi superficiali e irrazionali di coloro i quali non hanno mai cessato di affermare che la neutralità è ormai superata e che non ha più alcun futuro e l'affermazione molto approssimativa secondo cui non vi sarebbe più stata guerra sono stati seccamente smentiti dal sanguinoso conflitto scoppiato nella vicina Iugoslavia. Si tratta della riprova di quanto sia pericoloso gettare in mare principi di Stato dando prova di un bisogno superficiale di allacciarsi alle grandi potenze e di una fantasticheria quasi puerile. Ciò vale anche per il fatto di annunciare - tra l'altro contrariamente alla volontà del Sovrano - che i principi costituzionali dell'indipendenza, dell'autodeterminazione, della democrazia diretta, del federalismo e della neutralità permanente e armata devono essere relativizzati in funzione dei nuovi sviluppi. Proprio questo conflitto illustra quanto sia necessaria per la Svizzera la neutralità permanente e armata. La guerra in Kosovo e l'ASNI La guerra in Kosovo ha mostrato con altrettanta eloquenza quanto sia importante la nostra organizzazione ASNI. Se ne rende conto un numero sempre maggiore di cittadini. Ecco perché l'anno scorso l'ASNI è riuscita ad aumentare in proporzioni inattese il proprio effettivo di membri, e questo anche in un anno in cui non erano in programma votazioni speciali per la causa dell'ASNI. Attualmente il nostro effettivo conta oltre 35'000 membri, ovvero 5'000 in più rispetto all'ultima Assembla generale. Nel solo mese di marzo l'aumento netto del nostro effettivo è stato di 885 persone, mentre nel mese di aprile l'incremento è stato di altri 775 membri. Constatiamo con piacere che fra i nuovi membri si trovano numerosi Romandi e un numero crescente di giovani cittadini. In vista delle votazioni che ci attendono, questo rafforzamento dell'ASNI riveste un'importanza capitale. In quest'anno di elezioni federali, sia il Consiglio federale, sia il Parlamento temono enormemente votazioni sulla politica estera. Tuttavia, dopo queste elezioni, i cittadini svizzeri saranno chiamati alle urne per pronunciarsi sull'adesione all'UE, sull'invio di truppe armate all'estero, sull'adesione all'ONU politica. Si dovrà inoltre combattere contro numerose misure e modifiche di legge volte a preparare il terreno a un'adesione alla NATO (preparativi iniziati con la nostra fatale partecipazione alla "Partnership per la pace"). Dovremo inoltre batterci contro i numerosi tentativi che mirano ad attenuare la nostra neutralità e la nostra indipendenza, contro una "sicurezza sopranazionale collettiva" alquanto nebulosa e contro gli slogan pubblicitari quali "la sicurezza grazie alla cooperazione". Si tratta di raggiri che traggono in inganno i cittadini e il cui fine è quello di portare il nostro Paese verso alleanze di difesa sopranazionali quali la NATO e l'UE. Per i referendum e le votazioni future che comportano tutti questi progetti occorrerà poter contare su un gran numero di membri al fine di poter condurre la nostra lotta senza la stampa e i mass media - che non fanno altro che parlare di noi in senso spregiativo -, analogamente a come avevamo fatto con successo in occasione degli ultimi progetti di politica estera. Signore e signori, dobbiamo far fronte alla schiacciante potenza di coloro che possono servirsi delle casse alimentate dai contribuenti per finanziare le loro campagne elettorali, che dispongono di migliaia di funzionari impiegati a tempo pieno e che, di comune accordo con il Consiglio federale, il Parlamento, i partiti politici, le associazioni professionali e la quasi totalità dei media e dei giornali, non si dedicano più all'informazione, bensì unicamente alle campagne a loro favore. Sin da oggi occorre smascherare numerosi eufemismi e dichiarazioni attenuanti che hanno come unico scopo quello di nascondere le intenzioni reali. Occorre controbattere agli sforzi che mirano a minare sistematicamente l'indipendenza e la neutralità della Svizzera. La missione dell'ASNI Signore e signori, la nostra associazione ha come missione e obiettivo di salvaguardare l'indipendenza e la neutralità. E questo rimane il nostro unico scopo. Non cesso di ripetere a numerosi membri che l'ASNI non è un partito politico che si occupa anche di altre questioni. L'ASNI è un'organizzazione indipendente da qualsiasi partito politico; è una lobby che si prefigge di difendere l'autodeterminazione, l'indipendenza e la neutralità di questo Paese. Essa deve rimanere rigorosamente fedele a questo obiettivo senza disperdersi in altri argomenti. Essa deve concentrarsi sull'essenziale. È ovvio che i nostri membri sono liberi di impegnarsi in politica interna anche per altre questioni. Se l'ASNI si occupasse di tutte le questioni politiche, ci metteremmo rapidamente a litigare su argomenti di politica interna dove siamo spesso divisi. Disperderemmo inoltre le nostre forze su centinaia di progetti e giungeremmo molto indeboliti alla lotta principale. Esistono ovviamente progetti che riguardano marginalmente anche gli interessi dell'indipendenza del nostro Paese. Ciò è stato il caso, ad esempio, per la riforma del Parlamento in cui si chiedeva di introdurre un Parlamento professionale, ciò che sarebbe stato fatale sul piano della politica estera, ma non avrebbe messo in pericolo l'indipendenza. All'epoca abbiamo sostenuto attivamente quest'azione con la raccolta di firme, ma non siamo stati capofila della campagna. Lo stesso discorso è valso per i segretari di Stato, progetto che abbiamo ampiamente combattuto senza però assumerci la responsabilità, in quanto esso avrebbe certamente favorito l'attivismo sul piano della politica estera, ma l'indipendenza del nostro Paese non ne era minacciata direttamente. Abbiamo inoltre partecipato anche alla lotta contro gli abusi in materia di diritto d'asilo, ma non ci siamo battuti in primo piano. Il Comitato ha quindi deciso di partecipare alla raccolta delle firme a favore della nuova iniziativa popolare per la lotta contro gli abusi in materia di diritto d'asilo lanciato da un comitato indipendente da qualsiasi partito politico e dall'Unione democratica di centro. Parteciperemo anche a varie azioni di lotta contro la Fondazione della solidarietà. Un altro progetto che abbiamo combattuto, anche se non in prima fila, è stato quello relativo ai caschi blu. Nel corso della recente votazione sulla nuova Costituzione federale, l'ASNI aveva formulato le condizioni per una revisione della Costituzione. L'apposita commissione ha dato seguito a tutte le nostre condizioni. Ciononostante, la nuova Costituzione federale rimane un cattivo progetto. Io, personalmente, l'ho respinto, ma l'ASNI non ha pubblicato al riguardo nessun invito particolare, in quanto la questione non rientrava nel settore d'attività prioritario della nostra associazione. I nostri compiti Quest'anno dovremo decidere se lanciare il referendum contro i progetti relativi alla libera circolazione delle persone e all'accordo sul traffico stradale. Questa decisione sarà presa in autunno. Organizzeremo eventualmente un'Assemblea generale straordinaria. Signore e signori, torno a ripetere che il nostro compito è quello di lottare contro tutte le basi costituzionali e legali dirette contro la Svizzera e la sua indipendenza, neutralità e autodeterminazione. Ecco perché abbiamo combattuto all'epoca contro l'adesione all'ONU, contro l'adesione al SEE, contro i caschi blu, contro la riforma del Parlamento e dell'Amministrazione con numerosi segretari di Stato e contro una Svizzera senza aerei militari. In definitiva abbiamo impedito a titolo preventivo un'adesione all'UE: se all'epoca il progetto del SEE fosse stato adottato e se non daremmo prova di essere vigili, è da tempo che il Parlamento e il Consiglio federale avrebbero condotto la Svizzera nell'UE passando per la porta principale o per la porta di servizio. In altri termini: ora i cittadini svizzeri starebbero peggio, mentre la Svizzera conterebbe un maggior numero di disoccupati e di persone che vivono al di sotto del minimo esistenziale. Gli Svizzeri sarebbero stati privati della loro libertà, pagherebbero imposte più elevate, percepirebbero salari più bassi e lascerebbero ad altri il compito di decidere sul proprio avvenire. Signore e signori, affrontiamo il futuro con la stessa decisione. Dobbiamo attrezzarci per opporci con successo nei prossimi anni agli attacchi sferrati contro una Svizzera libera e indipendente. Ciò significa concretamente, opporci con decisione a un nuovo tentativo di aderire all'ONU politica, all'adesione all'Unione europea, all'adesione alla NATO, all'invio all'estero di truppe svizzere armate. Occorre inoltre prendere posizione contro una dottrina nebulosa all'insegna di una difesa internazionalista che accondiscende i sogni di grandezza di politici e militari di alto rango. In futuro dovremo dire chiaramente no a una condotta benevole in cui ci adeguiamo agli altri. Diciamo sì a una Svizzera libera, indipendente, democratica e sicura di sé. Recentemente un professore esperto mi ha rivolto la seguente domanda: "Signor Blocher", ha detto, "l'art. 185 cpv. 1 della Costituzione federale prevede che il Consiglio federale prenda i provvedimenti necessari per salvaguardare la sicurezza esterna, l'indipendenza e la neutralità della Svizzera. La vecchia Costituzione prevedeva qualcosa di analogo All'art. 166 del Codice penale si legge inoltre che chi agisce in modo tale da violare o mettere in pericolo l'indipendenza della Confederazione o che mira all'ingerenza di una potenza straniera negli affari della Confederazione mettendo in pericolo l'indipendenza della stessa, viene punito con reclusione o carcere da uno a cinque anni! Vede, signor Blocher, dove vanno rinchiusi i nostri politici?", ha concluso il giurista. Vi rendete conto di quanto sia importante il nostro compito?

07.05.1999

Unsere vier Kinder sind auf der richtigen Spur

Interview mit CASH vom 7. Mai 1999 Christoph Blocher über seine Nachfolge bei der Ems-Chemie, seine Bücher schreibenden Geschwister und über die erste Pflicht der Politik, Nein zu sagen Christoph Blocher startet mit neuem Schub in die Spätphase seiner Karriere. CASH sprach mit ihm über seine Familie, die Nachfolge bei der Führung der Ems-Chemie, über seine Wirtschaftspolitik und über Antisemitismus. Interview: Markus Gisler, André Kienzle Herr Blocher, Sie werden nächstes Jahr sechzig Jahre alt. Wie lange bleiben Sie noch CEO der Ems-Chemie Holding? Christoph Blocher: Ich bin daran, über die Nachfolgeregelung nachzudenken. Was kommt dabei heraus? Blocher: Ich habe vier Kinder. Die Älteste, 29 Jahre alt, hatte ihr Ökonomiestudium vor vier Jahren abgeschlossen, arbeitete dann für die amerikanische Firma Johnson & Johnson und leitet heute das Marketing bei Rivella. Der Sohn, 28, schliesst demnächst seine Dissertation als ETH-Chemiker ab, verdient danach noch den Hauptmann ab und steigt dann ebenfalls in die Wirtschaft ein. Die jüngere Tochter, 24, steht vor dem Abschluss des ETH-Studiums, und die Jüngste, 22, studiert ebenfalls Ökonomie. Sie sehen: Unsere Kinder sind auf der richtigen Spur. Ob sie das Unternehmen auch führen können oder wollen, wird man in den nächsten zwei Jahren besser sehen. Wir spüren, Sie wollen Ihr Unternehmen in der Familie behalten. Blocher: Natürlich. Das geht wohl jedem Vater so. Erzwingen will ich nichts, aber wenn ich sehe, dass es geht, dann ja. Zumindest die Berufsrichtung meiner Kinder stimmt. Keines studiert Psychologie oder Altphilologie, keines sagt: "Nur ja nichts mit Wirtschaft zu tun haben!" Das wäre wohl ganz grässlich für Sie? Blocher: Gar nicht. Ich selber hätte sehr gerne gehabt, wenn ein Kind zum Beispiel Geschichte studiert hätte, aber dann könnte es nicht ins Unternehmen einsteigen. Jetzt ist alles möglich: alle vier Kinder oder nur eins oder zwei oder drei - oder gar keines. Nachfolgeregelungen sind ja vor allem auch Erbschaftsfragen. Blocher: Wenn ich heute sterben würde, müsste die Familie 180 Millionen Franken Erbschaftssteuern bezahlen. Das könnte sie gar nicht, ohne einen Teil des Unternehmens zu verkaufen. Deshalb muss ich eine klare Lösung finden. Wenn die Kinder alle nicht in Frage kommen - was sein kann - , dann lautet die Frage: Behält man die Mehrheit des Unternehmens in der Familie und ein Dritter führt es, oder müsste - was ich nicht möchte - das Unternehmen verkauft werden. Diese Themen diskutieren Sie auch mit Ihren Kindern. Was sagen sie dazu? Blocher: Wir haben keinerlei Hemmungen, über die Nachfolgefrage zu reden. Bis jetzt war der Tenor immer: Hör zu, Vater, wir sind selbst wer. So haben wir sie auch erzogen, nach Selbstverantwortungsprinzipien. Keines erhält ein Auto, bis es selber verdienen kann. Mein Sohn musste bis 27 darauf verzichten. Zahlen Sie ihm wenigstens die Ausbildung? Blocher: Seit er Halbtagsassistent ist, zahlt er alles selber. Nicht, dass ich geizig wäre, ich sagte meinen Kindern aber immer: Man muss das Leben selber gestalten, ich sorge für eure Ausbildung bis zum Abschluss, ohne Luxus, nachher steht ihr auf euren eigenen Beinen. Stolz und unabhängig von mir. Aber wenn Sie morgen unter das sprichwörtliche Tram kämen - was wir Ihnen natürlich nicht wünschen - was wäre dann? Blocher: Dafür ist gesorgt. Dann läuft die Ems-Chemie makellos ein bis zwei Jahre weiter. In dieser Zeit muss eine Lösung getroffen werden. Mein VR-Ausschuss muss dieses Szenario nur aus der Schublade herausziehen. Wir folgern daraus: Blocher bleibt auf absehbare Zeit CEO der Ems-Chemie. Blocher: Ja. Mir geht es gesundheitlich gut, und ich habe noch genügend Kraft. Aber in den nächsten paar Jahren muss die Nachfolge geregelt werden - doch Sie sehen ja, in der Familie reift es schon. Haben Ihre Kinder eigentlich die gleiche politische Sicht wie der Vater? Blocher: In den grundsätzlichen politischen Fragen haben wir keinerlei Differenzen. Wobei ich keinen Druck ausübe. Es gibt Fragen, in denen wir nicht übereinstimmen. Während des Studiums waren die beiden Älteren ziemlich grosszügig, was staatliche Ausgaben angeht. Seit sie verdienen, sind sie sehr auf meiner Linie. Auf jeden Fall sind alle vier gegen den EU-Beitritt, was mich freut. Ich habe keinerlei Probleme mit den Kindern, keines ist bei den Sozialdemokraten gelandet - bis jetzt (lacht). Wenn Sie weiterhin als Ems-Konzernchef amten, bleibt Ihnen wohl keine Zeit, um Ihre Memoiren zu schreiben. Blocher: Das ist auch gut so. Bald alle Ihre Geschwister haben ein Buch geschrieben - nur Sie nicht, obschon im Grunde nur Sie der Inhalt sind. Blocher: Kürzlich war ein grosser deutscher Verlag bei mir und bat mich, meine Memoiren zu schreiben. Ich sagte: "Hört mir bloss auf mit dem 'Chabis'." Bevor jemand nicht hundert Jahre tot ist, lässt sich gar nicht beurteilen, ob ein Lebenswerk überhaupt von geschichtlichem Wert war. Wie beurteilen Sie diese literarische Vergangenheitsbewältigung Ihrer Geschwister? Blocher: Meine zehn Schwestern und Brüder sind sehr verschieden. Das neueste Buch von meiner ältesten Schwester (der Sozialarbeiterin Judith Giovannelli-Blocher, die Red.) fand ich interessant. Ich habe mein Elternhaus aber nicht so erlebt wie sie. Wie blicken Sie zurück auf Ihre Jugend? Blocher: Ich bin acht Jahre jünger - in der Jugend ein riesiger Unterschied. In meiner Erinnerung bin ich in einem sehr fröhlichen Elternhaus aufgewachsen. Weil wir so viele Kinder waren, gingen wir absolut frei von Überbetreuung durchs Leben. Als kleiner Junge wurde ich morgens vor die Türe gestellt und war mir selber überlassen. Wir trieben einen Haufen Schabernack. Ich konnte auch einen völlig unkonventionellen Lebensweg einschlagen, zuerst Bauer werden, dann studieren. Meine Schwester dagegen hatte ihr Leben lang das Gefühl, als Frau sei sie zu kurz gekommen. Sie sagt, der Vater hätte ein Mädchen nie studieren lassen. Dabei studierte eine Schwester Theologie und wurde Pfarrerin, eine andere machte die Mittelschule und wurde Lehrerin, eine absolvierte die A-Matur und wandte sich der Kunstgeschichte zu. Dieser Vater steigt aus allen Büchern als strenge, protestantisch-trockene Figur auf. Wie sehen Sie sich im Vergleich zu Ihrem Vater? Blocher: Mein Vater, ein Calvinist, war ein strenger Mann. Er war ein Freund von Karl Barth (dem Anführer des Kirchenkampfes gegen die Nationalsozialisten in Deutschland, die Red.). Die Theologie war ihm wichtig. Innerlich hat er wohl sein Leben lang darunter gelitten, dass er Pfarrer sein musste, denn er hatte sehr viele andere Interessen. Aber - und das finde ich das Grossartige an ihm - er hielt bis zum Schluss durch und blieb seiner Sache treu. Er hatte eine klare eigene Meinung, war ein geistig vielseitig orientierter Mensch, gross und hager. Er war nicht von leichter Natur, hatte oft an den Dingen zu beissen. Schon sein Vater war Pfarrer gewesen, seine Mutter eine deutsche Professorentochter. Gleichen Sie nun eher dem Vater oder der Mutter? Blocher: Meine Mutter stammt aus gesundem Säuliämter Boden, aus einer Bauern- und Ziegelbrennerfamilie, sie war klein und rundlich - ziemlich genau das Gegenteil vom Vater. Die einen Geschwister gleichen eher dem Vater, die anderen mehr der Mutter. Sie gleichen wohl eher der Mutter. Blocher: Ja, wie auch mein Bruder, der Pfarrer ist und der zu reden gibt. Meine älteste Schwester und der andere Bruder, der das Buch "Mein Bruder Christoph" geschrieben hat, gleichen mehr dem Vater. Ihre Geschwister scheinen permanent mit ihrer Jugend zu hadern. Sie auch? Blocher: Gar nicht. Für mich ist das Elternhaus abgeschlossen. Doch wenn ich das Buch meiner Schwester lese, kämpft sie mit ihren 68 Jahren noch immer damit, wie es denn gewesen wäre, wenn sie anders erzogen worden wäre. Haben die Geschwister Blocher noch Kontakt unter sich? Blocher: Solange die Mutter noch lebte, immer wieder. Jetzt beschränkt sich der Kontakt auf diejenigen, die ähnlich denken. Die anderen kennen mich eigentlich nur noch aus der Zeitung. Aber die Familie ist Ihnen wichtig. Blocher: Ja, nur habe ich jetzt meine eigene. Was bedeuten Ihnen Freunde? Blocher: Ich habe wenige Freunde, aber gute. Es sind Leute, die an meinem Leben teilnehmen und ich an ihrem, nicht solche, die nur um mich herumschwirren und mir gratulieren, wenn ich die Wahlen gewonnen habe. Meine Freunde halten auch zu mir, wenn ich in der Tinte sitze. Viele würden wahrscheinlich staunen, wenn sie deren Namen wüssten. Vertreten diese Freunde andere politische Haltungen? Blocher: Es sind keine Leute aus dem politischen Vordergrund. Sie würden politisch wohl ganz anders eingestuft als ich. Auch ich habe ganz andere politische Stärken, als allgemein behauptet wird. Welche denn? Blocher: Es heisst immer, dass ich gut reden könne -einer, der so redet, dass ihn das Volk versteht - , und ich könne auf die Pauke hauen. Wollen Sie etwa behaupten, dass dies nicht stimmt? Blocher: All das ist absolut belanglos. Meine Stärke ist, dass ich ein klares Konzept für die politische Arbeit habe. Also genau das Gegenteil von dem, was alle sagen: "Der hat ja nur Schlagwörter." Schlagwörter sind bei mir das Ende, nicht der Anfang. Am Anfang stehen Szenarien, Analysen und viele Diskussionen über die richtige Richtung, viele Selbstzweifel und Sorgen. Das klingt nach Arbeit in Ausschüssen. Blocher: Ich bin nicht so sehr für institutionalisierte Abläufe. Lieber im Freundeskreis zusammenhokken, diskutieren und überlegen. Ich habe aus Studienzeiten viele Freunde, die im Hintergrund an politischen Fragen herumdenken. Ergo gibt es so etwas wie einen geheimen Ausschuss in der SVP! Blocher: Aber nicht in festen Ausschüssen, sondern in abendfüllenden Gesprächen und langen Telefonaten. So eine Albisgütli-Rede wird monatelang vorbereitet. Das Problem nicht institutioneller Abläufe heisst: Wer steuert sie? Blocher: Da kommt meine zweite Stärke: die Durchsetzung. Ich leiste jetzt seit 22 Jahren Knochenarbeit als Präsident der zürcherischen SVP. Ich sitze mit Fraktionen zusammen, streite, überzeuge, sage, wie man es machen sollte bis zum Befehl an die Ortssektionen runter: "Hängt mal die Plakate auf!" - Und wenn die Wahlen vorbei sind: "Jetzt hängt sie wieder ab." Ihre Devise lautet folglich: Wie in der Wirtschaft braucht es auch in der Politik einen Chef, und der sind Sie. Blocher: Ich bin es nicht allein, aber ich bin der Präsident, ich schaue dass ich einen Sekretär und Leute habe, die vorwärts machen, ich suche die richtigen Köpfe aus. Ich schaffe ein Klima, damit die Regierungsräte gewählt werden können, die fähig sind und nicht einfach nach dem Freundschafts- und Anciennitätsprinzip obenauf schwingen. Das ist meine Stärke. Nicht gut reden. Ich kann gar nicht gut reden. Sie führen die Partei wie Ihr Unternehmen. Beherrschen Sie sie auch wie Ihr Unternehmen? Blocher: Es gibt Leute, die sagen: Die SVP hat nur einen, den Blocher. Wer das sagt, hat keine Ahnung. Klar: Wenn einer vorne stark zieht, dann treten die anderen weniger in Erscheinung. Wir haben im Übrigen sehr gute Köpfe. Christoph Mörgeli hat mit seiner Vorrede vor dem Bundesrat am Ustertag in zehn Minuten alles in den Schatten gestellt. Der hat intellektuelle Substanz. Man sagt, er könnte Ihr Nachfolger sein. Blocher: Zum Beispiel. Dann Ruedi Ackeret, Ersatzbundesrichter und Präsident unserer Programmkommission - sein SVP-Programm stellt in der Substanz die Programme aller anderen Kantonalparteien in den Schatten. Und dann hat es halt auch Bauern und Gewerbler, die bringen ihre vernünftige Meinung ein und halten eine klare Linie durch. Es können nicht alle Chefnaturen sein, die vorne stehen, davon braucht es immer nur ein paar. Erhebt die SVP jetzt den Anspruch, die Wirtschaftspartei der Schweiz zu sein? Blocher: Ich stelle keinen solchen Anspruch. Mir wäre es am liebsten, wenn die SVP überflüssig würde, weil die anderen Parteien die richtige Politik vertreten, nämlich weniger Steuern, Abgaben, Gebühren, einen Staat, der dem Bürger weniger wegnimmt, in dem die Wirtschaft sich entwickeln kann, einen Staat mit weniger Gesetzen und Bürokratie. Parteien mit der Kraft, zu all den ungebührlichen Ansprüchen Nein zu sagen, die sich weigern, uns in den EU-Bürokratismus zu führen. Parteien, die sagen: Dieses drückende Asylproblem wird jetzt gelöst, statt nur immer zu begründen, warum man es nicht lösen könne. Wenn die anderen das endlich machen würden, wären wir ja überflüssig. Sind Sie primär Unternehmer oder Politiker? Blocher: Das Unternehmen muss vorgehen. Das entspricht meinem konservativen Wertbild. Der Mensch muss zuerst schauen, dass er für sich über die Runden kommt. Schafft er das, kann er auch für eine Familie sorgen. Schafft er etwas mehr, kann er als Unternehmer für ein Unternehmen sorgen, und wenn er noch Reserven hat, kann er daneben im Milizsystem für die Politik im Lande sorgen - dann ist es langsam fertig. Wenn ich im Unternehmen keine Ordnung mehr halten könnte, müsste ich aus der Politik aussteigen. Für viele Bürgerinnen und Bürger sind Sie der mächtigste Schweizer. Blocher: Ich empfinde dies nicht so, wobei ich zugebe, dass meine Unabhängigkeit als Unternehmer eine meiner Stärken ist. Ich darf immer sagen, was ich will, mir kann praktisch nichts passieren. Meine Kunden befinden sich vor allem im Ausland, die sagen nicht: Jetzt kaufen wir bei dem nichts mehr. Genau so funktioniert es aber in den CVP-Kantonen. Schert einer aus, werden ihm die Aufträge gestrichen. Ihre Gegner bezeichnen das nicht als Ihre Stärke, sondern als Schizophrenie. Der Politiker Blocher predigt den Alleingang gegen die EU, doch als Unternehmer ist er in Europa längstens integriert. Blocher: Das ist ein idiotisches Argument. Überlegen Sie mal: Ich habe doch nicht die geringste Mühe, in den USA 15 Prozent meines Umsatzes zu erzielen, ohne gleich zu fordern, die Schweiz müsse den Vereinigten Staaten beitreten. Ich bin überhaupt nicht für eine geschlossene, isolierte Schweiz - weder politisch, wirtschaftlich noch kulturell. Ich bin sehr froh, dass meine Kinder während der Schulzeit ihre Austauschjahre machten und in die Welt hinausgingen. Aber ich bin völlig dagegen, dass wir uns in ein Grossgebilde einbinden lassen, in dem wir unser Schicksal nicht mehr selber bestimmen können. Die Vereinigten Staaten von Amerika funktionieren einwandfrei. Warum sollte ein vereinigtes Europa als mächtiger Wirtschaftsblock nicht ebenso einwandfrei funktionieren? Blocher: Europa ist nicht gleich USA. Die Amerikaner haben nur eine Sprache und ziehen im Schnitt alle sechs Jahre um - die sind flexibel. Wenn im Silicon Valley Hochkonjunktur ist, ziehen sie nach Kalifornien, wenn es in Ohio gut läuft, zügeln sie dorthin. Aber dass die Deutschen wegen eines konjunkturellen Rückgangs nach Spanien umziehen - das können Sie vergessen. Das ist auch gar nicht nötig. Blocher: Es ist aber die ökonomische Idee: Wenn Europa eine Einheitswährung hat, unter der die Länder ihre Konjunkturen nicht mehr mit einer eigenen Geldpolitik steuern können, dann werden die Konjunkturunterschiede nur über den freien Personenverkehr ausgeglichen. Das funktioniert jedoch nicht. Der Europäer bleibt einfach in der Arbeitslosigkeit. Darum diese hohe Arbeitslosigkeit in Europa, das ist doch leicht zu begreifen. Die Europäer müssen nicht so mobil sein wie die Amerikaner, weil sie eine bessere Arbeitslosenversicherung haben. Wollen Sie etwa die ALV abbauen, um grössere Mobilität zu erzwingen? Blocher: Das ist politisch nicht durchsetzbar, auch wenn es Flexibilität erzeugen würde. Die Amerikaner haben es gemacht und die Fristen für den ALV-Bezug gekürzt. Doch ich sage nicht, was die EU tun oder lassen soll, sondern es geht mir um die Schweiz. Für die Schweiz wäre es falsch, in die EU zu gehen und der EU nützt es auch nichts, ausser dass dann noch ein weiteres Land EU-Beiträge bezahlt. Wird die SVP gegen die bilateralen Verträge das Referendum ergreifen? Blocher: Diese Frage ist im Herbst zu entscheiden. Ich halte die Verträge für schlecht. Die EU stellte sich auf den Standpunkt: Wenn die Schweiz künftig in die EU will, kann sie die Nachteile davon heute schon übernehmen. Und das hat man hier leichtfertig geschluckt. Ob man die Verträge deshalb aktiv bekämpfen soll, bleibt zu sehen. Denn die Frage ist ja, was denn die Konsequenz aus einem Volksnein zu den bilateralen Verträgen wäre. Ein Bundesrat würde deswegen in der Schweiz ja sicher nicht zurücktreten. Dann verhandeln einfach die Gleichen nochmals. Wenn sich Ihr jüngster Erfolgstrend in den Nationalratswahlen im Herbst fortsetzt, steht Bern ein Erdrutsch bevor. Blocher: Zuerst mal darf man diesen Wahlerfolg nicht überschätzen. Im Grunde genommen ist nichts passiert, ausser dass die SVP in fünf Kantonen einen Stimmenzuwachs erzielte. Das Ausmass ist wahrscheinlich einer glücklichen Konstellation zuzuschreiben. Vor allem der Kosovo-Krieg hat unsere Asylpolitik, das Festhalten an der Neutralität und unseren Kampf gegen den Einsatz bewaffneter Truppen im Ausland aktualisiert und gezeigt, dass unsere über Jahre verkündete Politik richtig ist. Einen gesamtschweizerischen Erdrutsch werden wir im Herbst deswegen aber nicht auslösen. Mein Ziel ist, die grösste Partei des Kantons Zürich zu bleiben, vielleicht gibt es ein Mandat mehr. Erzählen Sie uns einmal Konkretes aus Ihrem Wirtschaftsprogramm. Blocher: Ich setze mich massiv für eine bessere Ordnungspolitik ein. Wir müssen endlich aufhören mit dieser Flut von neuen Gesetzen und der zunehmenden Bürokratie. Im Baubereich ist das so, jetzt beginnt es im Bildungsbereich bei den Fachhochschulen. Es muss ein Ende haben mit der ständigen Erhöhung der Staatsquote über Steuern, Gebühren, Abgaben. Das leidige Krankenversicherungs-Gesetz muss man aufbrechen - weg von der obligatorischen Krankenversicherung. Doch stattdessen kommt die Mutterschaftsversicherung - wieder eine neue Zwangsversicherung. Ordnungspolitik heisst bei Ihnen offensichtlich Nein sagen. Blocher: Der renommierte liberale Ökonom August von Hayek sagte: "Die wichtigste Aufgabe in der Politik ist Nein zu sagen gegen die Begehrlichkeiten an den Staat." Heute wird jedoch eine mehr oder weniger sozialistische Politik betrieben, deren Grundsatz lautet: Mehr Geld wegnehmen und umverteilen. Das vernichtet unsere Arbeitsplätze. Würden Sie Abstriche am bestehenden staatlichen System verlangen? Blocher: Wir sind für Steuersenkungen, das wäre der Anfang. Weniger Einnahmen bedeutet auch weniger Ausgaben. Welche würden Sie zuerst streichen? Blocher: Zuerst würde ich mal das Volksvermögen richtig bewirtschaften. Die Nationalbank, der AHV-Fonds, die Suva - sie müssen mal nachzählen, wie viel Klotz da sinnlos herumliegt, da kann man fast nicht zusehen. Da wären bei einer intensiven Bewirtschaftung jährlich hunderte Millionen herauszuholen. Zweitens müsste der Staat eine Menge seiner ungenutzten Vermögen verkaufen und wäre mehr in die Miete zu ziehen. Was allein die SBB für Grundstücke besitzt - und überhaupt nicht bewirtschaftet. Welche weiteren konkreten Schritte schlagen Sie vor? Blocher: Zweitens sind die Ausgaben zu kürzen, zum Beispiel die Milliarde für das Asylwesen. Wohlgemerkt: Es geht dabei nicht um eine Geldkürzung für die Flüchtlinge, sondern für diesen Leerlauf in der Asylbürokratie, die sowieso 90 Prozent aller Asylanträge ablehnt. Dann bin ich für die Abschaffung des Obligatoriums zur Krankenversicherung. Das ist sehr wichtig. Gerade die schlechter Verdienenden würden zuerst an der Krankenversicherung sparen. Und gerade die geraten in Existenznot, wenn sie sich ein Bein brechen. Was macht Ihr Staat mit denen? Blocher: Ihrer nimmt sich die Fürsorge an. Heute existiert einfach für alle eine Zwangsversicherung mit einem sehr hohen Leistungsangebot. Der Grundsatz soll sein: mehr Selbstverantwortung. Würden Sie die Fürsorge stärken? Blocher: Fürsorge heisst: Der Staat sorgt für die Notfälle. Sozialstaat heisst hingegen: Der Staat sorgt für alle, egal ob es der individuelle Fall wirklich benötigt oder nicht. Und überall hängt daran eine Verwaltung, die man ebenfalls kürzen kann. Man kann sehr viele Dienstleistungen an die Wirtschaft auslagern. Dies alles sind ordoliberale Ansätze. Dafür haben Sie die SVP. Sie haben aber auch noch die Auns. Wir sehen in der Auns Ihre Abkapselungspartei. Blocher: Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) ist keine Partei, sondern eine Lobby für die Unabhängigkeits- und Selbstbestimmungsinteressen in unserem Land. Vor allem hat es in der Auns aber zahlreiche rechtsextreme Exponenten, die einen Schatten auf Ihren Ruf werfen. Blocher: Das stimmt nicht. Wir hatten zwei, drei solche Rechtsextreme, die haben wir ausgeschlossen. Natürlich hat es auch einige Anhänger der Schweizer Demokraten drin, mit denen uns die Unabhängigkeit und die Neutralität verbinden. Was ist für Sie eigentlich ein Rechtsextremer? Blocher: Jemand mit einem übersteigerten Nationalitätsbewusstsein, für den alle anderen Nationen nichts wert sind. Das gilt bei uns nicht. Aber wir sagen, dass wir die Souveränität in unserem Land nicht aufgeben. Ich verkehre mit meinen Nachbarn auf der Basis gegenseitiger Achtung, aber wir ziehen deshalb trotzdem nicht alle in ein und dasselbe Haus. Der Rechtsextreme jedoch sagt: Alle Nachbarn sind minderwertige Kerle, die man ausmerzen muss. Es geht uns nicht primär um diesen krankhaften Nationalismus gegen die Nachbarhäuser, sondern viel mehr um den Rassismus und den Antisemitismus im Innern des Hauses Schweiz. Blocher: Bis zu der Affäre mit dem World Jewish Congress (WJC) habe ich in der Schweiz keinen Antisemitismus festgestellt, mit Ausnahme von ein paar Spinnern. Auch in der Auns nicht. Nachher fingen leider auch in der Schweiz gewisse Leute an, einzelne Juden zu verunglimpfen und alles zu verallgemeinern - sie setzten den WJC mit den Juden gleich. Ich habe stets davor gewarnt. Ich habe stets gesagt, ich kritisiere den Jüdischen Weltkongress, und wenn ich den kritisiere, dann nicht, weil sie Juden sind. Kürzlich schrieb mir jemand, ich würde Ursula Koch nur kritisieren, weil sie jüdisch sei. Das ist doch dummer Mist. Ich kritisiere sie, weil sie eine sozialistische Politik betreibt, und zwar eine himmeltraurige. Im Übrigen bin ich für eine offene Diskussion. Man sollte offen über diese Probleme sprechen. Sie selber äusserten sich aber noch nie klar zum heiklen Thema Rassismus und Antisemitismus. Deshalb haftet Ihnen in den Augen vieler Schweizer, die in politischen Sachfragen mit Ihnen durchaus übereinstimmen könnten, ein Geruch des Rassismus und Antisemitismus an. Blocher: Wie kommen Sie auf die Idee, dass ich ein Antisemit sein könnte? Sagen Sie mir das mal! Weil ich klar Stellung bezogen habe gegen dieses erpresserische Manöver von Seiten des WJC, wird mir das unterschoben. Die Antisemitismus-Bedenken gegenüber Ihrer Adresse sind aber viel älter als die WJC-Debatte. Blocher: Das höre ich zum ersten Mal. Ich trat gegen die Erpressungen des WJC an. Wie viele sagten mir, wir tun es nicht, sonst gelten wir als Antisemiten. Da war bei mir der Zapfen ab. Wenn jeder nur seine reine Weste sucht, kann man mit dem Antisemitismus-Vorwurf jeden politisch mundtot machen - aber mich nicht! Deshalb nannte ich die Dinge beim Namen: Nicht weil, sondern obwohl sie Juden sind, trete ich gegen die erpresserischen Manöver an. Sie reagieren heftig. Wollen Sie kein Rassist und Antisemit sein? Blocher: Ich bin keiner und der Vorwurf ist verletzend. Und dennoch gab es bisher noch nie eine programmatische Rede von Christoph Blocher über Rassismus und Antisemitismus. Wann klären Sie diese uralte Frage endlich? Blocher: Rassismus und Antisemitismus sind nicht das Hauptproblem der Schweiz. Da tut man den Schweizern Unrecht. Wir glauben allerdings nach Treu und Glauben beobachten zu können, dass sowohl die Rassismus- als auch die Antisemitismus-Bedenken seit einer ganzen Dekade über Ihnen und der SVP schweben. Blocher: Das ist eine bösartige Unterstellung. Lesen Sie alle meine Reden, Vorträge und Interviews. Es sind ausschliesslich meine politischen Gegner, die den Antisemitismus-Vorwurf benützen, um mich mundtot zu machen. Sie merken, dass mich das trifft, denn ich bin auf keinen Fall ein Antisemit. Antisemitismus finde ich etwas Furchtbares. Ich weiss, wovon ich rede: Mein Vater war Mitglied der bekennenden Kirche von Karl Barth (siehe oben, die Red.). Erpressungen muss man jedoch grundsätzlich entgegentreten, auch wenn sie vom WJC kommen.

23.04.1999

Volksvermögen für die AHV

Gold-Initiative: Christoph Blocher will Goldreserven nicht der Solidaritäts-Stiftung geben Interview mit der Aargauer Zeitung vom 23. April 1999 Das Nationalbankgold will er nicht in die Solidaritätsstiftung einzahlen. Christoph Blocher, Zürcher SVP-Nationalrat, will mit einer von der Delegiertenversammlung abzusegnenden Volksinitiative dafür sorgen, dass dieses "Volksvermögen" beim Volk bleibt und in den AHV-Fonds fliesst. Mit Ihrer Initiative wollen Sie das Nationalbank-Gold zugunsten der AHV sichern. Wollen Sie damit die AHV sanieren, oder ist die Idee aus der Opposition gegen die bundesrätliche Solidaritätsstiftung geboren? Blocher: Ich will das Volksvermögen, das in der Nationalbank liegt, wieder dem Volk zuführen. Man könnte dieses Geld dem Volk auch direkt verteilen. Dann würde jeder Schweizer und jede Schweizerin vom Briefträger 3000 Franken erhalten. Wir möchten das Geld aber in den AHV-Fonds legen. Damit ist die AHV besser gesichert, und die Lohnabhängigen müssen weniger Lohnabzüge hinnehmen oder weniger Mehrwertsteuern bezahlen. Demzufolge stimmt der Vorwurf nicht, Sie würden die Initiative aus Opposition zur Solidaritätsstiftung lancieren? Blocher: Wir sind nicht für die Solidaritätsstiftung. Sie ist Ausdruck einer erpressten Situation. So verschleudert man Volksvermögen in eine Einrichtung, durch die man jedes Jahr neu unter Druck gesetzt werden kann. Die SP will das Nationalbank-Gold je zur Hälfte für die AHV und für die Solidaritätsstiftung verwenden... Blocher: Unsere Idee muss offensichtlich gut sein, sonst würden wir jetzt nicht von der SP kopiert. Allerdings machen sie es nur halbbatzig. Weshalb nicht alles Geld in die AHV - hat der AHV-Fonds denn zuviel Geld? Bei der 11. AHV-Revision will der Bundesrat auf 500 Millionen für eine grosszügige Renten-Flexibilisierung verzichten. Eilen Sie jetzt mit diesen Gold-Millionen wie der Ritter in strahlender Rüstung der angeschlagenen Sozialministerin zu Hilfe? Blocher: Selbst mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen 11. AHV-Revision hat der AHV-Fonds jetzt zuwenig Mittel, um die Renten auszuzahlen. Wir müssten diesen Fonds auch dann verstärken, wenn wir die AHV nicht revidieren würden. Je mehr Mittel wir aus den Goldreserven einlegen können, desto kleiner werden Lohnabzüge und Mehrwertsteuerprozente. Die AHV steht 1998 mit 1,4 Milliarden in der Kreide. Da reichen Ihre Goldmillionen zur Sanierung aber auch nicht aus? Blocher: Wir haben bei der Nationalbank zu hohe Goldreserven in der Höhe von über 20 Milliarden. Man könnte sogar noch weitere Milliarden, die nicht benötigt werden, in den AHV-Fonds legen. Wenn man aber diese 20 Milliarden klug anlegt, reicht das Geld aus, um den aktuellen Fehlbetrag von 1,4 Milliarden zu decken. Selbst wenn man diese 20 Milliarden in homöopathischen Dosen veräussert und den Erlös von 300 bis 400 Millionen in die AHV steckt? Blocher: Bei 20 Milliarden bleiben nicht nur 300 Millionen jährlich als Gewinn. Ein Blick auf die Renditen der letzten Jahre der Pensionskassen zeigt, dass daraus 1,5 bis 2 Milliarden jährlich resultieren könnten, wenn dieses Geld richtig angelegt ist. Das entspricht fast einem Lohnprozent. Wo und wie würden Sie die AHV sanieren, damit auch künftige Generationen ihren Rentenbatzen haben werden? Blocher: Wir müssen eine Wirtschaftspolitik betreiben, die zu einer hohen Beschäftigung in der Schweiz führen wird. Das heisst weniger Gesetze, Steuern, Abgaben und Gebühren. Dann wird die Schweiz sehr attraktiv, und sowohl Wirtschaft wie auch Bürger werden trotz tieferen Steuersätzen wieder mehr Steuern zahlen. Also nicht bei der AHV sparen... Blocher: Nein. Wir müssen die AHV, wie sie sich heute darstellt, konsolidieren. Wir dürfen sie aber nicht ausbauen, weil die Leute so etwas nicht bezahlen können. Ist nicht zu befürchten, dass neue Begehrlichkeiten geweckt werden, wenn plötzlich Jahr für Jahr Millionen auf dem Tisch liegen? Blocher: Natürlich; solche Begehrlichkeiten müssen jedoch strikte abgelehnt werden. Im Sozialversicherungsbereich sind gegenläufige Tendenzen auszumachen: Politiker fordern Einsparungen; faktisch werden die Leistungen aber in vielen Bereichen ausgebaut. Heizen Sie mit dieser Gold-Initiative letztere Tendenz nicht noch an? Blocher: Nein. Wenn man für die AHV kein Geld benötigen würde, müsste das überschüssige Nationalbankgold direkt an die Bürger verteilt werden. Das ist aber nicht der Fall. Wir müssen das grosse Loch im AHV-Fonds stopfen. Die Gefahr besteht hingegen tatsächlich dort, wo man Goldreserven bereits via Solidaritätsstiftung verteilt, bevor man sich darüber einig geworden ist, was man überhaupt damit machen soll. Nicht zuletzt deshalb hat man den amerikanischen Kreisen noch in derselben Nacht die Stiftungsidee in englischer Sprache mitgeteilt und so Begehrlichkeiten geweckt. Dagegen wehren wir uns. Das Volksvermögen gehört dem Volk. * * * Zur Sache: Die Volksinitiative der SVP "Die Schweizerische Nationalbank überträgt aus ihrem Bestand die für geld- und währungspolitische Zwecke nicht benötigten Währungsreserven, beziehungsweise deren Erträge auf den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung." Mit dieser Neuerung soll nach Ansicht der Schweizerischen Volkspartei (SVP) die Verfassung ergänzt werden. Dies einerseits, weil heute eine "erhebliche Kluft" zwischen festgeschriebener und tatsächlich gelebter Währungsordnung bestehe. Mit dem Bundesrat ist auch die SVP einig, dass die Goldbindung des Schweizer Frankens aufzuheben sei. Dadurch könnten 1300 Tonnen Gold neuen Verwendungszwecken zugeführt werden. Während der Bundesrat 500 dieser 1300 Tonnen in eine Solidaritätsstiftung investieren wollte, wurde auf Antrag der Zürcher SVP an einem Parteitag im Mai 1998 in Aarau beschlossen, dieses Geld der AHV zu erschliessen. An der Delegierten-Versammlung in Schwyz soll jetzt eine entsprechende Volksinitiative abgesegnet werden, nachdem die parlamentarischen Möglichkeiten ergebnislos ausgeschöpft wurden.