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27.05.1998

Wieviel Steuern braucht der Staat?

Rede an einer Veranstaltung des Bund der Steuerzahler vom 27. Mai 1998 in Zürich "Liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler", das wäre etwa die Anrede eines Politikers, der demnächst gewählt werden will, denn vor den Wahlen sind alles "liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler"; nach den Wahlen merkt man dann, dass die Steuerzahler so begehrt sind, weil bei ihnen am meisten zu holen ist. Sie haben mir die Frage gestellt: "Wieviel Steuern braucht der Staat?". Da Sie meine politische Tätigkeit kennen, wird es Sie nicht wundern, wenn ich sage: "Auf jedenfall weniger als heute". Aber glauben Sie nicht, ich mache es mir so einfach und sage: ''Steuern zahlen ist nichts Schönes, also trete ich dafür ein, dass wir weniger bezahlen müssen''. Das Thema geht wesentlich tiefer. Verschleuderung des Volksvermögens Zuerst zur Ausgangslage: Wenn Sie täglich Zeitungen lesen, wenn Sie Politiker, den Bundesrat, Regierungen hören, dann hat man das Gefühl, dieser Staat werde langsam ausgehungert. Wenn man den Aeusserungen glauben darf, wird von morgens bis abends gespart. Wie oft höre ich im Parlament vom Bundesrat: "Die Zitrone ist ausgepresst!" Bei genauem Hinsehen (als Mitglied des Nationalrates bin ich natürlich näher am Geschehen als Sie) stellt man fest, das der Mensch, der diese Zitrone ausgepresst hat, gelähmt sein muss! Für jemanden, der wie ich gleichzeitig in der Wirtschaft tätig ist, ist es unglaublich zu sehen, wie leichtsinnig das Geld im Staate ausgegeben wird. Ausserdem ist es nicht wahr, dass dieser Staat immer weniger Geld bekommt. Im Gegenteil: Er bekommt dauernd mehr! Betrachten wir die letzten 40 Jahre, so stiegen die Einnahmen in galoppierendem Tempo (ich rede nur von den Einnahmen, nicht von den Ausgaben): 1960 haben Bund, Kanton und Gemeinden gesamthaft 5,8 Milliarden Franken eingenommen. 1980, 20 Jahre später, waren es bereits 35,8 Milliarden Franken. Für diesen Sprung brauchte man 20 Jahre, 1992 aber sprechen wir bereits von 70 Milliarden Franken. Sie sehen also, es geht rasant bergauf! Der Bund allein nahm im Jahre 1960 2,8 Milliarden Franken ein, im Jahre 1980 - also 20 Jahre später - 14,5 Milliarden Franken. 1992 waren es bereits 30 Milliarden Franken und 1998 schliesslich 40 Milliarden Franken. Sie sehen also: Nach sechsjähriger Rezession bekommt der Staat noch 10 Milliarden Franken pro Jahr mehr Geld vom Bürger. Dies beweist, dass Sie das Märchen vom ausgehungerten Staat vergessen können. Grundsätzlich dagegen, aber im konkreten Fall dafür Praktisch bei allen bürgerlichen Parteien heisst es: "Wir sind grundsätzlich gegen Steuererhöhungen. In den nächsten Jahren soll es grundsätzlich keine höheren Steuern geben". Das hören Sie überall. Die Sozialdemokraten sind grundsätzlich für mehr Steuern, die Bürgerlichen grundsätzlich dagegen. Leider kommt dies für den Steuerzahler aufs gleiche heraus. Die Sozialdemokraten haben kein besseres Rezept, als uns das Geld wegzunehmen. Die Bürgerlichen merken, dass sie gegen diesen Raubzug, gegen diese Enteignung an sich antreten müssten, also sind sie "grundsätzlich" dagegen. Bei jeder konkreten Steuererhöhung fehlt ihnen dann aber die Kraft, dagegen zu sein. Damit wird die "grundsätzliche" Ablehnung von mehr Steuern zur höflichsten Form der Steuererhöhung im Einzelfall. Beachten Sie nur die Steuer-Erhöhungen, die der Bund bzw. der Bundesrat, also eine sogenannt bürgerliche Regierung vorsieht - und zwar nicht auf Druck der Sozialdemokraten oder einer anderen Partei. 25 % mehr Bundessteuern in den nächsten 5 Jahren Für die kommenden Jahre stehen Steuererhöhungen von ungefähr 12 Milliarden Franken an. Man plant also bei den Steuern und Abgaben eine Erhöhung von über 25 %, ohne dass Sie dies im einzelnen realisieren: Mehrwertsteuererhöhung von heute 6,5 % auf neu 7,5 %, wobei 17 % dieser - angeblich wegen der Überalterung der Bevölkerung notwendigen - Erhöhung stillschweigend in der allgemeinen Bundeskasse verschwinden. 1% MWST entsprechen etwa 2,2 Milliarden Franken im Jahr. Das sind riesige Summen, welche man dem Kreislauf entzieht. Die Schwerverkehrsabgabe, über die Sie im September abstimmen, führt - wenn sie das Maximum erreicht hat - zu Transportkostenerhöhungen von ungefähr 1,8 bis 2 Milliarden Franken pro Jahr. Und wenn Sie glauben, das treffe nur die Lastwägeler, dann täuschen Sie sich. Das trifft alle, die in der Schweiz etwas transportieren. Das erhöht die Transportkosten in jedem Haushalt und verteuert die Produkte, die hier produziert und an den Bestimmungsort geführt werden. Es handelt sich um eine Steuer. Jetzt wird argumentiert: "Leistungs-abhängige Schwerverkehrsabgaben - das steht doch in der Bundesverfassung". Wer dort liest, sieht, dass man die heutige Schwerverkehrsabgabe zur Finanzierung der Strassenkosten - und nur dafür - durch leistungsabhängige Abgaben ersetzt. Dafür wäre aber lediglich etwa 1/5 notwendig. Die Schwerverkehrsabgaben ziehen dem Bürger 2 Milliarden Franken (immer pro Jahr) aus dem Sack. Allein das beschlossene Mehrwertsteuerprozent und die allenfalls - was ich nicht hoffe - in Kraft tretende Schwerverkehrsabgabe macht 4 Milliarden Franken aus. Sie haben sicher alle gelesen, dass sich alle Partner am runden Tisch bezüglich Sanierung der Bundesfinanzen geeinigt haben. Jetzt werde gespart. Wenn Sie jemanden auf der Strasse fragen (ich habe das Exempel gemacht), ob er wisse, was man beschlossen habe, dann bekommen Sie die Antwort: "Ja, jetzt wird gespart". Diesen Eindruck hat man vermittelt. Stillgeschwiegen wird, was an diesem runden Tisch zu später Nachtstunde ebenfalls vereinbart wurde: 2,5 Milliarden Franken neue Steuern und Abgaben wurden vereinbart. Man tut dies einerseits bei der Arbeitslosenversicherung durch ein drittes Lohnprozent, also weitere 2,5 Milliarden. Sie sehen: 1 % MWST - bereits beschlossen, die LSVA und ein drittes Lohnprozent - bereits 6,5 Milliarden muss der Bürger mehr bezahlen. 6,5 Milliarden Franken werden dem privaten Kreislauf entzogen! Aber die rasante Fahrt geht weiter: Der Bundesrat sieht vor, die MWST bis zum Jahre 2010 zugunsten der Sozialwerke um weitere 2,5 % zu erhöhen; mindestens weitere 5 Milliarden Franken, womit wir bei 11 Milliarden Franken angelangt sind! Die NEAT-Vorlage will die MWST zugunsten der NEAT um weitere 0,2 % erhöhen. Sie werden sagen: "Wegen 0,2 % muss man wirklich kein Theater machen". Ich sage Ihnen einfach, dass das 400 Mio. Franken sind! Der Erwerbsausfalltopf, den die Unternehmen für die Soldaten füllten, soll für die Mutterschaftsversicherung "umgepolt" werden, nachdem man schon 2,5 Milliarden Franken in die IV überwiesen hat. Die weitere Finanzierung mit 0,2 Lohnprozenten macht wiederum 400 Mio. Franken aus! Ich muss keine weiteren Ausführungen machen. Es geht wie gesagt um weitere 12 Milliarden Franken pro Jahr, die dem Bürger entzogen werden. Das sind nicht irgendwelche Forderungen von irgendwem, sondern das ist der Konsens, auf den sich das Parlament einigen wird. Wenn niemand das Referendum ergreift, ist dies beschlossene Sache. In Wahrheit entsprechen die 12 Milliarden Franken einer Bundessteuererhöhung von mehr als 25 %! Das realisiert niemand, oder niemand will es sehen. Hohe Staatsquote führt zu Arbeitslosigkeit und Armut Was haben dermassen erhöhte Steuern denn eigentlich für Folgen? In einem Land, in dem die Staatsquote zu hoch ist - das heisst, dem Bürger viel Geld für den Staat abgezogen wird - entstehen Arbeitslosigkeit und Armut, die Wirtschaft ist nicht mehr konkurrenzfähig. Das ist die bittere Warheit, die dahintersteht, und deshalb wird es ernst. Es geht nicht nur darum, ob wir mehr Steuern zahlen oder nicht, sondern um die einschneidenden volkswirtschaftlichen Folgen. Eine zu hohe Belastung mit staatlichen Abgaben, Gebühren und Steuern führt zu einer schlechten Wirtschaftssituation und zur Arbeitslosigkeit! Im Extremfall kennen wir das von den zusammengebrochenen Oststaaten, aber auch von anderen. Andererseits gibt es eine ganze Reihe von Staaten, die den Kreislauf durchschaut und Remedur geschafft haben. Dem Bürger wieder mehr Geld lassen Die kontinental-europäischen Staaten laufen alle in die falsche Richtung, auch die Schweiz! Frühzeitig gemerkt haben es hingegen die angelsächsischen Staaten, allen voran Amerika. Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass sich Amerika zur Zeit von Präsident Reagen in jeder Beziehung in himmeltrauriger Verfassung befand, die durch ein wahnsinniges Defizit und grosse Arbeitslosigkeit manifestiert wurde. Ein Staat mit hoher Kriminalität, in dem Sie kaum die Untergrundbahn benutzen konnten, in dem obdachlose Leute auf den Strassen schliefen, die Armut in den Städten omnipräsent und beelendend war, ein Staat, der zu wenig Geld hatte. Riesige Defizite, schlechte Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit prägten das Land. Präsident Reagen hat als erstes die Steuern gesenkt und zwar nicht um 1 %. Er hat den Höchststeuersatz praktisch halbiert, nämlich von über 50 % auf 28 %. Alle sagten, der ist verrückt. Er hingegen sagte: "Ich muss dafür sorgen, dass die Leute wieder Geld bekommen, damit sie investieren, etwas machen, kaufen, konsumieren, sparen". Erst anschliessend hat Reagan die Ausgaben beschnitten. Der Bevölkerung machte er klar, dass das Defizit in der Staatskasse dadurch im nächsten und übernächsten Jahr noch grösser sein werde, die Situation sich aber danach verbessern würde. Leute, die arbeiten, etwas leisten wollen, die wieder anfangen zu investieren, können auch Steuern bezahlen, die - selbst bei tieferem Ansatz - zum Abbau des Defizits führen. Er versprach, die Arbeitslosigkeit werde sinken. Schauen Sie sich Amerika heute an. Es liegt mir fern, Amerika zu verherrlichen, aber der ökonomische Sachverstand, der hinter dieser Entwicklung steht, ist beeindruckend. Als Filmschauspieler wurde Reagan in ökonomischen Belangen offensichtlich hervorragend beraten. Das heutige Amerika hat - damals unvorstellbar - kein Staatsdefizit mehr. Und das nicht durch Steuererhöhungen sondern durch Steuersenkungen. Clinton hat den Höchststeuersatz zwar wieder ein wenig angehoben, aber lediglich auf etwas über 30 %. Das ist immer noch wesentlich weniger als bei uns. Amerika hat jetzt eine der tiefsten Arbeitslosigkeitsraten der letzten Jahren und eine Hochkonjunkturdauer von rund 8 Jahren. Ein ähnliches Rezept verfolgen Neuseeland und England, wo die Radikalkur durch Frau M. Thatcher durchgeführt wurde. Solche Prozesse können nicht von Politikern eingeleitet werden, die jeden Tag gerühmt sein wollen. Es braucht Leute, die bereit sind, den Kopf hinzuhalten. Frau Thatcher brach die Macht der Gewerkschaften, weil sie davon überzeugt war, das Land könne nur durch die Senkung von Steuern, Abgaben und Gebühren sozial in Ordnung gebracht werden. Hohe Steuern, Abgaben und Gebühren sind unsozial. Sie schaffen Arbeitslosigkeit und Armut. England hat jetzt einen Labour-Premierminister, das wäre bei uns ein Sozialdemokrat. Dieser setzt die Politik von Frau Thatcher voll und ganz um, legt in der Konsequenz gar noch einen "Zacken" zu. Er hat beispielsweise die Fürsorgeunterstützung für ledige Mütter gestrichen. Ein anderer Premierminister wäre wahrscheinlich politisch ins Abseits gestellt worden. Blair hat diese Kürzung nicht vorgenommen, weil er etwas gegen ledige Mütter hat, sondern weil er davon überzeugt ist, den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen zu müssen. Und es ist kein Zufall, dass sich die Beschäftigungs-Situation in England durch die Umsetzung dieser Politik wesentlich verbessert hat. Und bei uns? Hier bastelt man an einer Mutterschaftsversicherung herum. Solche Prozesse dauern jahrelang. Die Tragik dabei ist - und das ist in der Politik ja häufig so - dass diejenigen, welche etwas Gutes einführen und umsetzen, die Früchte nicht mehr ernten können. Richtig politisieren heisst eben nicht, von morgens bis abends einen Glorienschein herumzutragen, sondern meistens das Gegenteil. Stärke zeigt jemand, der sich gegen Widerstände durchsetzt und auf "Glorie" verzichten kann. Die Wiederwahl Clintons in Amerika war die Folge der guten Wirtschaftslage. Diese ist allerdings nicht sein Verdienst, sondern derjenige seiner Vorgänger Reagen, Bush usw. Er kann nun ernten, was die andern gesät haben. In Neuseeland wurde der Premierminister, der diese Reform durchführte, abgewählt. In England profitiert Blair davon, dass die harte Arbeit bereits gemacht war. Zurück zur Tugend Kommen wir zurück zur Schweiz. Bis in die 60er Jahre galt die Devise: ein schlanker Staat, Eigeninitiative und Selbstverantwortung. Erst in den 70er Jahren, den guten Jahren, vergass man diese Tugenden und wurde zum Sozialstaat, zum Umverteilungs-Staat. Ganz gross in Mode ist heute das Wort Solidarität. Das Motto "Jeder sorgt für den anderen, aber niemand für sich selbst" hat zu einer Misere geführt. In der Rangliste der schlanken Staaten, die wir einst angeführt haben, wurden wir inzwischen von den USA, Japan, England - und schon gar nicht zu reden von den kommenden asiatischen Staaten - überholt. Der Abstand zu den Europäischen Staaten wird immer kleiner, und man wundert sich über die hohe Arbeitslosigkeit der letzten Jahre. Sie sehen: Es geht mir nicht nur allein darum, dass der Steuerzahler weniger zahlen muss, sondern um ein volkswirtschaftliches Anliegen. Einem Staat kann es nicht gut gehen, wenn man dem Einzelnen so viel wegnimmt. Politiker zeigen dauernd auf das Defizit. Sie behaupten, man nehme zu wenig ein. Sie haben gehört, wieviel mehr die Politik uns weggenommen hat oder wegnehmen wird. Da die Ausgaben gleichzeitig unverhältnismässig zunahmen, wurde das Defizit aber noch grösser. Man kommt nicht umhin, dies als Misswirtschaft zu bezeichnen. Der Staat aber gibt selbstverständlich nicht zu, dass er Misswirtschaft betreibt. Der Staat gibt zuviel aus und darum enteignet er den Bürger Wir geben viel zuviel Geld aus. Wo geben wir zuviel aus? Wir haben heute abend über die NEAT gesprochen. Wenn Sie im Privatbereich eine NEAT bauen müssten, würden Sie doch den Bedarf abklären. Die Autos müssen auf den Zug statt auf die Strasse - gut, das leuchtet mir ein. Was kostet das Projekt, was kostet der Unterhalt, wie hoch sind die Betriebskosten? Wieviel Autofahrer werden von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wie hoch ist der Fahrpreis? Kann das rentabel sein? Sollten Sie dabei den Eindruck erhalten, der Bedarf sei gar nicht vorhanden oder das Angebot zu teuer, würden Sie selbstverständlich von einem Bau absehen. Politiker denken anders. Sie sagen: "Es braucht eine NEAT, weil wir wollen, dass die Autos auf den Zug umsteigen". Niemand fragt: "Wollt ihr auf den Zug, seid ihr bereit, zu bezahlen"? Dann lässt man eine Studie machen, weil das so in Mode ist. Klugerweise beauftragt der Bundesrat damit ein ausländisches Büro: Coopers & Lybrand in England. Dies hatte zwar den Nachteil, dass die Studie in englischer Sprache abgefasst wurde, aber den Vorteil einer neutralen Beurteilung, da die Engländer aufgrund ihrer geographischen Lage kein Interesse an der NEAT haben. Coopers & Lybrand kamen zur Erkenntnis, dass die jetzigen Kapazitäten - selbst wenn man den Lastwagenverkehr auf die Schiene bringt - bis ins Jahre 2020 ausreichen. Nachher müsste man ausbauen. Dann haben wir ja mindestens bis ins Jahr 2020 Zeit. In einem Szenario heisst es, wir brauchen sie früher. Wenn sich der Verkehr verzehn- oder verfünfzehnfacht (was eigentlich nicht anzunehmen ist), dann könnte man sogar zwei bauen. Jetzt sagt man im Bundeshaus: "Beim aktuellen Defizit in der Bundeskasse wird die NEAT nicht gebaut, bevor sie finanziert ist". Trotzdem bewilligt man jedes Jahr Kredite in der Grössenordnung von 800, 900 Mio. Franken für sogenannte Probebohrungen. Sehen Sie sich doch einmal in Sedrun im Kanton Graubünden um. Die NEAT wird unter dem Deckmantel "Probebohrungen" gebaut. Betrachten wir die Zwangsabgaben bei der Krankenkasse. Der Grundgedanke war, arme Leute zu unterstützen. Aber viele andere kommen in den Genuss. Alle, die in der Steuererklärung ein niedriges Einkommen ausweisen. Das ist bei weitem nicht dasselbe! Meine drei studierenden Kinder, auf deren Steuererklärung logischerweise 0 Einkommen und 0 Vermögen steht, erhalten Zuschüsse. Zuschüsse, auf die man nicht einfach verzichten kann. Man muss schriftlich mitteilen, dass man von diesen Zuschüssen nicht Gebrauch machen will. Man hat den Brief zu frankieren und zum Briefkasten zu bringen. Sie müssen sich also nicht dafür wehren, dass Sie Geld bekommen, sondern sich zur Wehr setzen, dass Sie keines bekommen. Das ist schwachsinnig. In diesem Bereich geht es für den Staat nicht um einen kleinen Betrag, sondern immerhin um 500 Mio. Franken! Ich habe bei der Zürcher Regierung reklamiert, das sei wohl nicht der Zweck der Uebung. Antwort: "Es sei unsozial, wenn die Leute sich melden müssten, um das Geld zu erhalten". Sie sehen, wie weit wir in Sachen Eigenverantwortung gekommen sind. Der, welcher vom Staat kein Geld will, muss sich melden. Das sind nur kleine Beispiele, die Spitze des Eisberges. Sie können sich vorstellen, wie es unter der Wasseroberfläche aussieht, wie sorglos der Staat mit dem Geld umgeht. Dabei handelt es sich um Leute, die im täglichen Leben nicht mit Milliarden umgehen, nie eine Investition tätigen müssen, die über die Grösse einer Kaffeemaschine hinausgeht. Aber sie haben keinen Respekt vor Millionen und Milliarden! Wie oft höre ich: "Ja, wegen ein paar ''Milliöönli". Zu einem Kommissionsmitglied sagte ich: "Für Sie gibt es scheinbar nur noch "Milliöönli", für mich sind das Millionen. Weder bei Ausgaben noch bei Steuergeldern gibt es die Niedlichkeitsform". Selbst in einem gut gehenden Unternehmen stellt man sich stets die Frage: "Können wir uns diese Investition von einer halben Mio. Franken leisten oder nicht"? Bessere Bewirtschaftung des Volksvermögens Auch am Beispiel der SUVA, die mit Beiträgen finanziert wird, sehen Sie, wie der Bund Geld ausgibt. Der Präsident, Herr Steinegger, ist bürgerlich. Schauen Sie einmal, zu wieviel Prozent er die Gelder anlegen liess. Oder das Beispiel des AHV-Fonds, der lediglich 3,5 - 4 % Rendite aufweist. Hätte man dieses Geld bei einer normalen schweizerischen Pensionskasse angelegt, hätte man in den letzten Jahren 1 - 2 % MWST-Prozent für die AHV sparen können! Nehmen Sie die Pensionskasse für die Mitarbeiter eines Unternehmens. Diese ist - im Gegensatz zum Bund - in Sachen Anlagemöglichkeiten sehr eingeengt. Der Bund könnte sich mittels eines entsprechenden Gesetzes die volle Freiheit verschaffen. Als private Pensionskasse aber darf man beispielsweise nur 30 % in Schweizer Aktien investieren. Die Pensionskasse meiner Unternehmen hat das Geld in den letzten vier Jahren so angelegt, wie man das macht, wenn man mit der notwendigen Sorgfalt arbeitet. Nichts besonderes hat man gemacht, nur das ordentliche. Die Früchte sind nicht ausgeblieben: Letzte Woche konnte unsere Pensionskasse folgende Verwendung der Anlagegewinne beschliessen: - Erhöhung des Deckungskapitals pro aktive Versicherte um 10 %, was einer Rentenerhöhung von 10 % für die heute noch bei EMS tätigen Mitarbeiter entspricht. - Reduktion der Arbeitnehmer-Beiträge während mindestens 4 Jahren um 25 %, was für die Mitarbeiter einer Lohnaufbesserung von durchschnittlich 1,5 % gleichkommt und einer Reduktion der Arbeitgeberbeiträge im gleichen Ausmass entspricht. - Jeder Rentner erhält ab dem 1. Juli 1998 eine Rentenerhöhung von 15 % und zusätzlich eine einmalige Sommerzulage von Fr. 1'000.--. Vielleicht müssen die Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Beiträge später wieder erhöht werden, sicher aber nicht in den nächsten vier Jahren. Mit den 20 Milliarden, die im AHV-Fonds liegen, hätte man die gleiche Rendite erzielen können. Ich habe Herrn Villiger vorgeschlagen, das Vermögen des AHV-Fonds in sechs gleiche Teile zu splitten und diese bei sechs Banken zu platzieren. Die Bevölkerung wird darüber informiert, welche Banken den Zuschlag bekommen. Am Jahresende wird veröffentlicht, wie die Rendite der einzelnen Banken aussieht. Die zwei mit der besten Rendite erhalten auch die Anteile der zwei schlechtesten zur Anlage in den kommenden Jahren. Die Resultate wären sicher erfreulich gewesen. So arbeiten wir auch im Privatbereich. Jedes Jahr vergleichen wir, welche Bank uns am besten beraten, das Geld am besten angelegt hat. Sie sollten die Beamtenversicherungskasse des Bundes sehen. Als Privatmann müsste ich für eine solche Misswirtschaft ins Gefängnis. Seit zehn Jahren wurde die Rechnung wegen Unstimmigkeiten nicht mehr abgenommen. Die Verantwortlichen wissen nicht, wem was zusteht, wer was einbezahlt hat, vermutlich ist das Deckungskapital falsch. Mit Sicherheit könnte man dies allerdings nur sagen, wenn man genau wüsste, wem was gehört und zusteht. Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat festgehalten, dass man die Rechnung ein weiteres Mal nicht abnehmen kann, weil sie falsch ist. Ein Mitglied der Kasse hat sich zu Wort gemeldet: "Ich weiss nicht, ob das Deckungskapital stimmt. Da ich in einem Jahr pensioniert werde, habe ich nachgefragt, wie hoch mein Guthaben ist. Bei mir fehlten drei Beitragsjahre. Wenn das bei allen so ist, ist das Deckungskapital sicher um 10 % zu klein, oder aber auf jeden Fall kleiner als man meint". Ich führe diese Beispiele nicht auf, um mich lustig zu machen, sondern um darzulegen, dass wir keine Ordnung haben - weder bei den Ausgaben, noch bei den Geldanlagen. Nationalbankreserven gehören den Bürgern Auch ich glaube, dass die Reserven der Nationalbank zu hoch sind. Allerdings kann man eigentlich nicht sagen, wie hoch diese sein müssen. Die Amerikaner sagen: "Ein Dollar ist ein Dollar und unsere Volkswirtschaft ist die Reserve". Ich gehe aber davon aus, dass die schweizerische Nationalbank Reserven braucht. Die Experten-Kommission schätzt vorsichtig, die heutigen Reserven seien um 20 Milliarden Franken zu hoch. Diese 20 Milliarden Franken sind dem zu geben, dem sie gehören. Die Politiker fragen sich nicht, wem dieses Geld gehört, sondern wie sie es verteilen sollen. 7 Milliarden davon wollen sie in eine Solidaritätsstiftung einschiessen. Mit diesem Betrag - so meldet man über den Äther nach Amerika - sind selbstverständlich auch die Holocaustopfer abzugelten. Sie sollten sehen, was die internationalen Zeitungen aus dieser Meldung gemacht haben. Die beste Interpretation kam aus Honolulu und titelte "Die Schweiz verschenkt 7 Milliarden Raubgold". Es mag ja gut und recht sein, Geld zu verschenken. Doch kann es nicht Aufgabe der Politiker sein, Geld zu verschenken, das ihnen nicht gehört! Das hat nichts mit Solidarität zu tun. Das Geld muss dem Eigentümer zurückgegeben werden - dem Volk. Zu diesem Zweck habe ich verschiedene Vorschläge gemacht: - Man könnte jedem Schweizer per Briefträger ca. Fr. 3'000.- (20 Milliarden geteilt durch 7 Millionen) überbringen lassen - Sie lachen! Weil wir es nicht gewohnt sind, Geld zurück zu erhalten, das der Staat für uns verwaltet. Dabei wäre das naheliegend. Zugegebenermassen könnte es bei der Erstellung des Verteilschlüssels Schwierigkeiten geben. Ausserdem würde es zu einer Konjunkturüberhitzung führen, wenn dieses Geld gleichzeitig gesamthaft ausgegeben würde. - Wir könnten mit den 20 Milliarden Franken eine AG gründen, das Geld anlegen und allen Bürgerinnen und Bürger Aktien geben. Diese Aktien kann man behalten oder verkaufen. - Da diese Reserven der Nationalbank durch die Bevölkerung erarbeitet wurden, wäre es die gerechteste Lösung, diesen Ueberschuss in den AHV-Fonds einzubringen. Die AHV könnte dadurch für einen gewissen Zeitraum gesichert werden, was allerdings nicht von der Verpflichtung entbindet, den Fonds besser zu bewirtschaften als dies bisher der Fall war und die Kasse zu sanieren. Die junge Generation würde ebenfalls profitieren, weil die MWST nicht erhöht werden müsste. Was ist zu tun? Sie sehen, Politiker, Regierungen nehmen Geld aus allen Kassen. Jetzt denken Sie bestimmt, dann soll er uns doch sagen, was man machen soll. Was ist zu tun? Auf keinen Fall dürfen wir ja sagen zu höheren und neuen Steuern. Die SVP hat letztes Jahr jede Steuererhöhung konsequent abgelehnt, ob es nun um den Steuerfuss des Kantons Zürich, die Mehrwertsteuer oder die Erbschaftssteuer im Kanton Zürich ging. Aus diesem Grund lehnt die SVP-Fraktion auch die Schwerverkehrsabgabe ab. Im Kanton Zürich war uns leider mit der Abschaffung der Erbschaftssteuer kein Erfolg beschieden. Ich bin froh, dass der Bund der Steuerzahler die Initiative ergriffen hat und Druck macht. Damit will ich sagen, dass es dringend notwendig ist, sich gegen jegliche Erhöhung von Steuern, Gebühren und Abgaben zur Wehr zu setzen und in Kauf zu nehmen, dass das Defizit noch grösser wird. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler hat zu Recht erwähnt, dass die Ausgaben in den Jahren, in denen wir dem Staat höhere Einnahmen überlassen haben, unverhältnismässig schnell gestiegen sind. In den 70er Jahren hat das Schweizervolk zwei Steuererhöhungen verworfen. Als Resultat wurden die Ausgaben drastisch reduziert. Aufgabe des Bundes der Steuerzahler Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie Ihre Organisation vergrössern und referendumsfähig werden! Der Trend läuft heute da hin, dass alle Verbände, die referendumsfähig sind (Privatpersonen sind das nicht), sich vorgängig einigen. Das hat man am Beispiel der Arbeitslosenversicherungsrevision erlebt, als man die Lohnabzüge um 1 % erhöhte und die Leistungen massiv ausbaute. Da fürchtete man ein Referenum und hat dafür gesorgt, dass sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten. Die Arbeitgeber sagten: "Es ist gut, wenn wir eine Arbeitslosenkasse haben, dann ist es einfacher, die Leute zu entlassen". Die Arbeitnehmer stimmten in der Ueberzeugung zu, breiteste Unterstützung zu haben. Die Rechnung zahlt der Bürger und Steuerzahler. Wenn es der Bund der Steuerzahler schafft, bei angekündigten Steuererhöhungen in einem Monat 50'000 Unterschriften zu sammeln, bekommt er das notwendige Gewicht in Bern. Die Politiker fürchten sich vor Referenden. Man muss es nicht einmal ergreifen, allein schon die Tatsache, dass die Möglichkeit besteht, ist äusserst beunruhigend für die Politik. Natürlich müssen auch weitere Ausgaben - beispielsweise die NEAT - abgelehnt werden. Ein EU-Beitritt würde uns 5 bis 7 Milliarden Franken pro Jahr kosten. Das heisst, wir würden 1/8 bis 1/7 sämtlicher Steuerausgaben direkt nach Brüssel abliefern. Von den indirekten Kosten rede ich gar nicht. Wenn Sie sich nur überlegen, dass die Vorstellungen bezüglich des freien Personenverkehrs darauf hinauslaufen, hinsichtlich des Bezuges von Sozialleistungen alle gleichzustellen. Selbst wenn jemand nur wenige Monate in der Schweiz tätig ist, soll er während fünf Jahren sämtliche Sozialleistungen ausschöpfen dürfen. Das würde zu einem gefährlichen Gefälle führen. In Österreich zum Beispiel ist die maximale Bezugsdauer von Arbeitslosengeldern auf 100 Tage in zwei Jahren limitiert, in der Schweiz werden für 520 Tage Leistungen ausbezahlt. Das wird zu einem regen "Sozial-Tourismus" führen, der mit hohen zusätzlichen Kosten verbunden ist! Unsere Partei hat schon letztes Jahr ein Papier vorgelegt, in welchem wir aufzeigten, welche Ausgabenreduktionen möglich wären. Seit neustem erhebt man Steuern für einen bestimmten Zweck und sagt dann, es sind ja nur wenige davon betroffen - bei der Kapitalgewinnsteuer die Reichsten, bei den Schwerverkehrsabgaben das Lastwagengewerbe. Inzwischen sollte es jedem Konsumenten einleuchten, dass die LSVA den Endpreis des Produktes massgeblich erhöhen wird. Noch gefährlicher ist es, bei Steuererhöhungen Aussagen wie: "Wenn das Schweizervolk dieser Vorlage nicht zustimmt, ist die AHV in Gefahr" zu machen. Als man Herrn Bundesrat Villiger kürzlich sagte, er ginge als Minister der Steuererhöhungen in die Geschichte ein, antwortete er, die Steuern würden ja gar nicht erhöht, sondern lediglich Mehreinnahmen zugunsten der Sozialwerke erhoben. Merken sie etwas? Man gibt sich plötzlich zweckgebunden, damit man das Geld anderweitig brauchen kann. Selbstverantwortung als Grundlage Ich bin der Meinung, dass die Wohlfahrt der Bevölkerung nur gesichert werden kann, wenn das Verantwortungsgefühl, die Selbstverantwortung des Einzelnen wieder in den Mittelpunkt gestellt wird. Diejenigen, die für sich und ihre Familien sorgen, dürfen nicht bestraft, sondern müssen belohnt werden. Und wir müssen die Fürsorge-Unterstützungen wieder auf die wirklich Hilfsbedürftigen reduzieren. Wenn wir diesem Giesskannen-Verteilsystem Abhilfe schaffen, bin ich an sich sehr zuversichtlich. Eine der wichtigsten Hürden ist die Volksabstimmung! Unsere Vorfahren haben gut daran getan, die Steuern in die Verfassung zu integrieren. Wenn es um die Erhöhung der Mehrwertsteuer geht, bestehen in Bern riesige Hemmungen. Man versucht dann, die Konsequenzen mit Aussagen wie: "Der Kaffee wird dann nur um 4 Rappen teurer" oder bei der Schwerverkehrsabgabe: "Der Joghurt wird dadurch nur um 1 Rappen teurer" abzuschwächen. Ich glaube, Herr Dr. Schlüer hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass 1 Rappen lediglich die Zusatzkosten für den Transport von der Molkerei zum Laden beinhalte. Zuvor aber müssen ja schon die Milch und - wenn es sich um Fruchtjoghurt handelt - auch die Früchte hergeführt werden, weil normalerweise weder Kühe noch Fruchtbäume direkt in der Molkerei stehen. Man spricht also stets bewusst nur vom letzten Glied in der Kette und verschweigt die andern. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge werden vernachlässigt. Je weniger die Leute im Alltag damit zu tun haben, desto weniger verstehen sie dies, und das ist höchst gefährlich. Auch bei den AHV-Beiträgen besteht die Gefahr, dass man sie über Steuerabgaben erhebt. Bereits heisst es, diejenigen, die mit 65 Jahren noch Ersparnisse besitzen, sind ja gar nicht auf die AHV angewiesen. Also kürzen oder streichen wir ihnen die AHV-Rente. Wenn das Schule macht, bekommt - wie bei einer Versicherung eigentlich üblich - nicht mehr derjenige die Leistung, der sie finanziert hat, sondern der, der mit 65 nichts hat. Derjenige, der spart und vorsorgt, wird also nicht belohnt, sondern bestraft. Ganz so extrem drückt man es natürlich nicht aus. Man sagt lediglich, die Bessergestellten brauchen weniger. Bei der Kapitalgewinnsteuer heisst es, das trifft die ganz Reichen, die an der Börse Kapitalgewinne erzielen. Überlegen Sie, wen es wirklich trifft. Professionelle Anleger bezahlen heute schon Kapitalgewinnsteuern wie juristische Personen. Sozialversicherungswerke hingegen werden nicht belastet, weil sie ja keine Steuern zahlen. Es trifft also den, der nicht professionell anlegt, sondern ein paar Wertschriften kauft und verkauft, also den Mittelstand. Dann gibt es noch solche, die reich geworden sind. Ich gehöre zum Beispiel zu diesen. Trotzdem wäre ich von der Kapitalgewinnsteuer nicht betroffen, weil ich noch nie einen Kapitalgewinn erzielt habe. Ich bin reich, weil meine Unternehmen an Wert zugenommen haben. Dafür bezahlt man heute sehr hohe Vermögenssteuern. Je weniger die Steuerzahler zahlen, desto weniger können die Politiker ausgeben. Zahlen wir mehr, wird mehr ausgegeben. Gibt man viel aus und verteilt viel, lähmt man die Eigeninitiative und Selbstverantwortung. Ich bin zum Beispiel davon überzeugt, dass man das Schweizervolk von einem guten Konzept bei der Arbeitslosenkasse überzeugen könnte, wenn sich dadurch beispielsweise die Lohnabzüge um 1 % reduzieren liessen. Vor einiger Zeit habe ich vorgeschlagen, bei beginnender Arbeitslosigkeit eine Karenzfrist von vier Wochen einzuführen. Es sollte nach menschlichem Ermessen zumutbar sein, während einer Erwerbstätigkeit für vier Wochen vorzusorgen. Allein diese Massnahme würde schon zu Einsparungen von rund 2 Milliarden Franken führen. Auch die Bezugsdauer könnte gekürzt, die Zumutbarkeit ausgedehnt werden. Dann liessen sich die Beiträge bestimmt reduzieren. Sonst würde ja niemand eine Leistungskürzung in Kauf nehmen. Aber das sind bereits Detailprobleme. Sagen Sie also Nein zu mehr Steuern. Nein heisst nämlich in diesem Fall Ja zu einem guten, gesunden, wirtschaftlich starken Staat mit wenigen Arbeitslosen, in dem die Armut nicht überhand nimmt. Das ist das politische Programm für die kommenden Jahre, und ich hoffe, dass der Bund der Steuerzahler diese Stossrichtung mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften unterstützt.

09.05.1998

AUNS Mitgliederversammlung vom 9. Mai 1998

Standortbestimmung Liebe Mitglieder, meine Damen und Herren Zur 13. ordentlichen Mitgliederversammlung der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) heisse ich Sie herzlich willkommen. Haben wir unsere erste Mitgliederversammlung noch in einem 100 Sitzplätze umfassenden Saal des Bürgerhauses abgehalten, so müssen wir dieses Jahr feststellen, dass selbst dieser grosse Saal zu klein geworden ist. Ich bitte Sie, die engen Platzverhältnisse zu entschuldigen. Wenn Konzeptionslosigkeit und Widerspruch regieren Die Wahrung der Unabhängigkeit unseres Landes gegen aussen, eine der wichtigsten Staatsaufgaben, die die Bundesverfassung unseren verantwortlichen Behörden und Parlamenten zuschreibt, zeichnet sich heute durch Konzeptlosigkeit sowie Orientierungslosigkeit und darum auch Hilflosigkeit aus. Wie wäre sonst folgendes zu erklären? - Das Volk hat sich vor fünf Jahren mit dem EWR-Nein eindeutig für die Wahrung der Unabhängigkeit und die Neutralität des Landes entschieden. Der Bundesrat und das Parlament wurden dadurch verpflichtet, diesem Auftrag nachzukommen. Der Bundesrat entschloss sich, mit der Europäischen Union bilaterale Verhandlungen zu führen, um die Interessen und die Unabhängigkeit des Landes zu wahren. Doch mitten in den Verhandlungen erklärt der Bundesrat, das Ziel sei der EU-Beitritt - also nicht mehr die Unabhängigkeit des Landes. Daraus schliesst die Europäische Union verständlicherweise, die Schweiz sei bereit, bei den bilateralen Verhandlungen auch all das zu akzeptieren, was die Schweiz bei einem EU- bzw. bei einem EWR-Beitritt auch übernehmen müsste - insbesondere den freien Personenverkehr und die Verkehrspolitik der EU. Wen wundert es noch, wenn die bilateralen Verhandlungen nicht vom Fleck kommen? - Der für die bilateralen Verhandlungen zuständige Aussenminister und heutige Bundespräsident wird nicht müde, überall EU-Beitrittsvorträge zu halten und falsche Signale auszusenden. Die bilateralen Verhandlungen werden vor allem aufgrund der Konzeptionslosigkeit des Bundesrates mühsam. Wie kann man bilaterale Verhandlungen führen, wenn man im Grunde das Gegenteil will? Die Konzeptionslosigkeit hat Folgen. - Auch der Chef der schweizerischen Verhandlungsdelegation, der die Verhandlungen führen sollte, verkündet neuerdings in Zeitungsartikeln, dass die Schweiz eigentlich in die EU gehöre, was bei der Leserschaft und der Verhandlungsdelegation auf der Seite der EU zur zwingenden Schlussfolgerung führt, man brauche eigentlich gar keine bilateralen Verhandlungen. Man kann nicht gleichzeitig zwei sich widersprechende Konzepte verfolgen. - Die CVP hat vor den Wahlen 1995 erklärt, der EU-Beitritt sei bis ins Jahr 2000 überhaupt kein Thema. Nur gut zwei Jahre später - im März 1998 - will die CVP, dass die Schweiz der EU jetzt beitritt. Die Presse kommentiert diesen Entscheid wie folgt: "Damit kommt die CVP ihrem Bundesrat Cotti entgegen". Das bedeutet, dass sie demjenigen Bundesrat entgegenkommt, der eigentlich das Gegenteil zu tun hätte, nämlich die bilateralen Verhandlungen zu führen, damit unser Land dem EWR und der EU nicht beitreten muss. Wievielen Herren kann die CVP gleichzeitig dienen? - Die SP vollbringt das grösste Kunstwerk: Sie will der EU, welche bekanntlich für die direkte Demokratie keinen Platz hat, sofort beitreten. Gleichzeitig verspricht sie ihren Wählern - als handle es sich hier um lauter Dummköpfe -, sie werde die direkte Demokratie ausbauen. - Im Ferienort Interlaken beschloss die FDP im Jahre 1995, sie befürworte einen EU-Beitritt. Am 17. April 1998 verkündet sie, der Bundesrat solle bis Ende Jahr "die EU-Kompatibilität schweizerischer Normen" und die "Auswirkungen einer EU-Mitgliedschaft auf die direkte Demokratie" abklären. Zuerst entscheiden, um drei Jahre später die notwendigen Grundlagen für diesen Entscheid bereitzustellen. - Ein "Club der Unentwegten", dem leider auch gewisse Anpasser der SVP angehören, erklärt nun, man solle dem EWR beitreten, weil man sich in den Dossiers Verkehrspolitik und freier Personenverkehr bilateral nicht einigen werde. Richtig: Wären wir im EWR, dann müssten wir nicht mehr verhandeln, es gälte das Diktat der EU: Freier Personenverkehr und die Verkehrspolitik der EU. Wie kommt man dazu, einen Kolonialvertrag zu unterzeichnen? Meine Damen und Herren, zur Zeit regieren Konzeptionslosigkeit, Widersprüchlichkeit und viel, viel Doppelzüngigkeit. Wo ist der Auftrag? Würde man den Auftrag in den Mittelpunkt stellen, wäre alles ganz einfach. Und wie lautet der Auftrag? Die Bundesverfassung und das Schweizervolk haben mehrmals (EWR, Blauhelme, UNO) den Auftrag der Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität erteilt. Meine Damen und Herren, darauf haben unsere Politiker einen Eid abgelegt. Die Regierung hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder, sie akzeptiert diesen Entscheid und setzt ihn ohne Wenn und Aber um, oder - wenn sie dies nicht will - muss sie zurücktreten. Zur Dekadenz der jetzigen Situation gehört aber auch, dass das Parlament selbstverständlich nur Bundesräte wählt, welche diesen Auftrag nicht erfüllen wollen. Die Folgen der Auftragsmissachtung Das Nichternstnehmen der Unabhängigkeit hat natürlich Folgen weit über die EU hinaus. Wen wundert es, dass unser Land den unverschämten, unbegründeten, erpresserischen Forderungen amerikanischer Kreise so schwach und unbestimmt entgegentritt? Um entschieden und überlegen aufzutreten, um die Interessen der Schweiz zu verteidigen, muss man zu ihr und ihren Werten stehen. Tut man das nicht, kann man seine Aufgabe nur schlecht erfüllen. Nimmt man die Neutralität nicht mehr ernst, lässt man sich überall hineinziehen, missachtet man die direkte Demokratie und den Wählerwillen zusehends, muss man sich im Ausland für Volksentscheide entschuldigen. Weil die direkte Demokratie und die Neutralität der Eingliederung der Schweiz in die Europäische Union entgegenstehen, beginnt man diese abzubauen. Zweifelt man selbst an der Souveränität des Landes, so besitzt man die Voraussetzungen und die Kraft nicht mehr, die Interessen des Landes zu verteidigen. Wo diese Werte nicht mehr respektiert werden, wo man nicht mehr die Kraft besitzt, diese zu vertreten und hochzuhalten, wird ein Land erpressbar. Schwäche auch in der Landesverteidigung Konzeptionslosigkeit zeigen sich leider nie nur an einzelnen Orten, sondern werden überall sichtbar. So steuert auch das Verteidigungsdepartement in Sachen Sicherheitspolitik einen gefährlichen Kurs. Er verunmöglicht es diesem Departement, die ihm gestellte Aufgabe, nämlich unsere höchsten Güter, die Freiheit, Unabhängigkeit und die direkte Demokratie gegen Gewaltanwendung von aussen zu verteidigen. Auch im Verteidigungsdepartement findet man zunehmend mehr Gefallen an grossspurigen internationalen Aktionen als an der Erfüllung des eigenen Auftrages. Die Schweiz im Jubiläumsjahr 1998 Meine Damen und Herren, wir feiern in diesem Jahr ein dreifaches Jubiläum: - 1648: Das heisst 350 Jahre Loslösung der Schweiz vom Deutschen Reich und damit 350 Jahre formelle schweizerische Souveränität und Unabhängigkeit - 1798: 200 Jahre Helvetik und damit Freiheit und Gleichheit aller Bürger - 1848: 150 Jahre schweizerischer Bundesstaat 1648: Westfälischer Friede Vor 350 Jahren erreichte der Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein, welcher mühsamste bilaterale Verhandlungen und unzählige Einzelgespräche zu führen hatte, durch seine diplomatische Mission bei Verkündung des Westfälischen Friedens die europäische Anerkennung der (für die meisten eidgenössischen Orte im Grunde seit den "Schwabenkriegen" von 1499 geltenden) Souveränität, so dass 1648 alle Welt lesen konnte: "Es ist reichs- und weltkündig, dass die Eidgenossenschaft ein freier Stand ist, so neben Gott einzig von sich selbst abhängt." Meine Damen und Herren, ist es etwa ein Zufall, dass Bundesrat und Parlament 1648 nicht feiern wollen? - Will denn das offizielle Bern 350 Jahre Loslösung vom Reich, 350 Jahre staatliche Souveränität und 350 Jahre kaiserlose Zeit nicht feiern? - Hat man in Bern etwa Angst, die schweizerische Bevölkerung oder gar ausländische Staaten würden auf die Souveränität der Schweiz aufmerksam? - Hat man Angst, ausländische Staaten würden uns diese gar übel nehmen? - Schämen sich Bundesrat und Parlament der Souveränität der Schweiz? Vielleicht müssen wir froh sein, wenn das offizielle Bundesbern zu diesem Jubiläum schweigt. Sonst müssten wir am Ende noch erleben, dass man sich - 350 Jahre nach Erringung der schweizerischen Unabhängigkeit - dem Ausland gegenüber offiziell für diesen "ungeheuerlichen" Akt entschuldigt. Ich zweifle nicht daran, dass sich Leute finden würden, die die Erringung der Unabhängigkeit gar als unsolidarisch bezeichnen würden. Sicher liessen sich irgendwelche Kreise finden, welche mit internationalem Druck Geld für diese Souveränitäts-Erringung fordern würden und bestimmt gäbe es in diesem Land heute genügend Politiker, die diesen Kreisen aus allerlei Fonds und Stiftungen Volksvermögen versprächen. 1798 Vor 200 Jahren versetzten französische Truppen unserem Land, das damals von einer dumpfen, langweiligen und muffigen Politik geprägt war, den Todesstoss. Der Todesstoss galt der alten Eidgenossenschaft, in der damals eine kleine, aristokratische Oberschicht über die Untertanen herrschte. Die Regierenden von 1798 waren in erschreckendem Masse selbstgefällig, realitätsfremd, dünkelhaft und borniert; sie fühlten sich über die breite Volksmasse weit erhaben. Meine Damen und Herren, solche Figuren mussten ersetzt werden. Aber Sie merken: Keine Zeit ist vor solchen politischen Figuren gefeit. Sie finden sich auch heute. Wie wäre es sonst möglich, dass zum Beispiel der Genfer Nationalrat Tschopp - seines Zeichens Vizepräsident einer Regierungspartei der Schweiz - in einem "offenen Brief" findet, es sei geradezu staatsgefährlich, dass ich meine Schrift "Die Schweiz und Europa - 5 Jahre nach dem EWR-Nein" in alle Haushaltungen verteilen liess. In einer Interpellation - so kündete er in diesem Brief an - will Tschopp das "Informations-Monopol" des Bundesrates in politischen Fragen sicherstellen und die Initiative "einfacher Privatpersonen" durch ein neues Gesetz unterbinden. Hat Herr Professor Tschopp noch nicht gemerkt, dass das Informationsmonopol des Staates 1798 seinen Niedergang gefunden hat, dass seit 1848 die Meinungsäusserungsfreiheit in der Bundesverfassung verankert ist? Sie sehen, meine Damen und Herren, ganz wie vor 1798 sind die gnädigen Herren wieder am Auferstehen, auch wenn Sie heute keine gepuderten Perücken mehr tragen. Ist es vielleicht ein Zufall, dass gerade diese Leute den vor 200 Jahren überwundenen Feudalismus, d.h. die Herrschaft weniger über viele, durch den EU-Beitritt nun wieder auferstehen lassen wollen? Der bürokratische Brüsseler Zentralismus bedeutet nichts anderes als eine Rückkehr Europas zu feudalistischen politischen Zuständen, nämlich die Verminderung der Zahl der Entscheidungsträger und die Einschränkung des Mitspracherechtes des Volkes. 1848 Die Schweiz hat sich 1848 aus eigener Kraft eine neue, liberale und freiheitliche Gestalt gegeben: Unser Land hatte damals endlich den Mut, einen Sonderfall zu schaffen. Im Gegensatz zu den Verfassungen von Helvetik (1798), der Mediation (1803) und der Restauration (1814) entstand die Bundesverfassung von 1848 ohne Einmischung fremder Mächte, allein aus dem Willen der Mehrheit des Schweizer Volkes. Nachdem die Schweiz rund 50 Jahre lang ausländischem Druck und ausländischen Interessen nachgegeben hatte, fand sie 1848 den Mut in voller Eigenständigkeit und Souveränität das ihr richtig Scheinende zu tun. Das übrige Europa betrachtete diese Entwicklung auch damals mit Skepsis, Misstrauen und sogar ausgesprochenem Widerwillen. Unser Land aber hatte 1848 mehr als genug von den Zumutungen, den Einmischungen und den Erpressungsversuchen fremder Regierungen. Die Schweiz blieb als demokratische Republik in Europa noch bis ins 20. Jahrhundert ein europäischer Sonderfall. Was den Föderalismus, die direkte Demokratie, die Neutralität und die Gemeindeautonomie betrifft, so ist sie bis zum heutigen Tag ein Sonderfall geblieben! Sogar weltweit! Meine Damen und Herren: Wer heute die nationale staatliche Souveränität aufgeben will, verrät die Idee des Bundesstaates von 1848! Die Schweiz wurde nach 1848 eines der friedlichsten Länder der Welt. Wer sich Neutralität und Nichteinmischung auferlegt und mit aller Welt Handel treiben will, ist nicht versucht, Kriege zu entfesseln. Der Bundesstaat hat 1848 den Kantonen den Abschluss von Militärbündnissen und wenig später den Kriegsdienst von Schweizern im Ausland verboten. Wer heute unsere Soldaten ins Ausland schicken will - ohne daran zu denken, dass sie dabei auch ihr Leben verlieren können und dass man dabei in die Parteilichkeit internationaler Mächte miteinbezogen wird - verrät die Idee des Bundesstaates von 1848. Der Auftrag der AUNS In einer Zeit in der Missachtung der Unabhängigkeit und der Neutralität geradezu zur Mode geworden ist, trägt die AUNS eine grosse Verantwortung. Vor gut zehn Jahren hat sie sich aufgemacht, um sich der Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität anzunehmen. Damals begann sich die Orientierungslosigkeit in unserem Lande abzuzeichnen. Die AUNS hat heute einen wichtigen Auftrag zu erfüllen. Die AUNS muss für diese höchsten Staatsgüter kämpfen. Sie hat dabei leider auch gegen die Obrigkeit anzutreten, die gemäss der Verfassung Unabhängigkeit, Selbständigkeit und Sicherheit unseres Landes zu schützen hätte. Die AUNS - wer denn sonst - hat diesen Kampf an vorderster Front zu führen. Ich weiss, was Sie denken, und ich verstehe Sie: Viele Menschen in diesem Land verzweifeln ob der Übermacht von Regierung, Parlament, Presse, Medien und Verbandsbürokratie, die diesen falschen Kurs beschreiten. Angesichts der Horden, die leichtsinnig einem modischen Trend nacheifern, greift ein Gefühl der Ohnmacht und der Machtlosigkeit um sich. Aber wenn ich auf die letzten zehn Jahre zurückblicke, so kann ich auch auf zunehmende Stärken auf unserer Seite hinweisen: 1. Unsere Lagebeurteilungen und die darauf gestützten Konzepte haben sich als richtig herausgestellt. Deshalb mussten wir weder die Konzepte noch unsere Aktionen jedes Jahr auswechseln. Die gründliche Lagebeurteilung, das nächtelange Ringen Ende 1991 und anfangs 1992 vor dem Kampf gegen den EWR hat sich gelohnt, weil wir dadurch sowohl die EU selbst als auch die Entwicklung in unserem Land richtig beurteilten. Der Entscheid, dass - die Freiheit - d.h. das Recht, im Lande selbst zu bestimmen und frei wählen zu können -, - die direkte Demokratie - d.h. auch bei Sachabstimmungen als Bürger entscheiden zu können - - und die Wohlfahrt in einem unabhängigen, neutralen und weltoffenen Kleinstaat Schweiz am besten aufgehoben sind, hat Bestand. Daran gibt es nichts zu rütteln! 2. Das Schweizervolk und die Stände haben sich trotz der Übermacht, die das Gegenteil wollte - mehrmals - für Unabhängigkeit und Neutralität entschieden. Das hat die Schweiz 5 Jahre lang vor grössten Missgriffen der Politik bewahrt. 3. Unsere Stärke aber liegt vor allem im Engagement unserer Mitglieder: Das haben wir unseren Gegner voraus, welche zwar über materielle Mittel verfügen, aber ohne Herz, Geist und Seele mit nichtssagenden Worthülsen wie "Öffnung, Globalisierung, Solidarität" kämpfen. Wer Strömungen nachäfft, braucht weder zu denken, noch sich zu engagieren, noch zu kämpfen. Nur wer denken kann, wer kritisch ist, kann all dem widerstehen. Selbstverständlich werden Leute, die nicht mit dem Strom schwimmen, verunglimpft und ausgegrenzt. Aber gerade dadurch werden wir widerstandsfähig, unabhängig und stark. Denken Sie daran: Nur wer gegen den Strom schwimmt, gelangt schliesslich zur Quelle! 4. Unsere Ausgangslage ist heute wesentlich besser als 1992, weil wir besser organisiert sind: - Die AUNS zählt heute bereits über 30'000 Mitglieder. Zum EWR-Kampf mussten wir noch mit 7'200 antreten. Allein seit dem letzten Jahr hat sich unser Nettobestand um über 23 %, d.h. um über 5'700 Mitglieder erhöht. - Unser Abstimmungskampffonds beträgt heute Fr. 3,1 Mio. Damit lässt sich etwas erreichen. Aber das allein genügt nicht: Das Engagement all unserer Mitgliedern in jeder Gemeinde, im Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, ist von allergrösster Bedeutung. - Die Geschäftsstelle wurde zwischenzeitlich personell und administrativ verstärkt: - Seit dem 1. April ist Herr Nationalrat Hans Fehr als vollamtlicher Geschäftsführer tätig, nachdem Herr Gartenmann das Amt mit grossem Ausharrungsvermögen in einem 50 % Pensum ausgezeichnet versehen hat . Herr Gartenmann nimmt in einem Halbtagespensum die Stellvertretung von Hans Fehr wahr. - Im vergangenen Jahr wurde unsere EDV-Anlage durch die Installation neuer Hard- und Software massiv verstärkt. - Die AUNS hat letztes Jahr eine eigene Internetseite aufgeschaltet, mit der den einseitigen Presseberichten entgegengewirkt werden kann. Durch diese Massnahmen wurde die Schlagkraft der AUNS wesentlich erhöht, was für die bevorstehende Auseinandersetzung notwendig ist. Wir haben schwierige Abstimmungskämpfe vor uns, welche für die Erhaltung der Unabhängigkeit und Neutralität von grosser Bedeutung sind. Wir haben uns für mögliche Urnengänge bereitzuhalten: - für eine EU-Abstimmung - für eine zweite EWR-Abstimmung - für eine allfällige Abstimmung im Zusammenhang mit einem unbefriedigenden Ergebnis in den bilateralen Verhandlungen - für eine neue UNO-Abstimmung - für eine Verfassungs- bzw. Gesetzesänderungen, welche bewaffnete Truppen im Ausland vorsehen Lichtblick Meine Damen und Herren, in vielem hat sich die Ausgangslage für uns verbessert. Erfreulich ist, dass in der Wirtschaft fast niemand mehr für einen EU-Beitritt plädiert. Offen verkünden heute Leute der Wirtschaft, welche noch 1992 und danach einen EU-Beitritt als wirtschaftlich notwendig erachteten, dass ein EU-Beitritt nicht in Frage komme. Sie geben öffentlich zu, dass die hohen Summen von 5 - 7 Mia. jährlich untragbar und ein EU-Beitritt mit unseren Volksrechten nicht in Einklang gebracht werden kann. In Wirklichkeit hat die Wirtschaft die Standortvorteile der unabhängigen, neutralen, weltoffenen Schweiz ausserhalb der EU erkannt. Die Wirtschaft wird sich kaum mehr für einen EU-Beitritt einsetzen. Und das meine Damen und Herren ist von Bedeutung: Dank der EWR-Abstimmung, dank dem unermüdlichen Einstehen für die Unabhängigkeit, haben immer mehr Vertreter der Wirtschaft erkannt, dass der EU-Beitritt eine schlechte Lösung ist und bleibt. Die Zeit hat für uns gearbeitet. Schlusswort Meine Damen und Herren: Wer die EU-Diskussionen, wer die willfährige Haltung unserer Regierung gegenüber den Erpressungen amerikanischer Kreise, wer das leichtfertige Vorgehen in Sachen Solidaritätsstiftung, wer die vielen Zeichen, die ins Ausland geschickt werden, um eine Schuldanerkennung zu suggerieren, wer die Konzeptionslosigkeit und Orientierungslosigkeit, die bei den bilateralen Verhandlungen zum Ausdruck kommt, verfolgt, der merkt, dass die bereits im Vorjahr gemachte Bemerkung leider auch dieses Jahr Gültigkeit hat: Noch nie in diesem Jahrhundert sind Unabhängigkeit, Neutralität und Selbstbestimmung der Schweiz stärker bedroht worden als in diesen Jahren - und zwar von innen, von Seiten der Regierung und des Parlamentes. Dagegen, meine Damen und Herren, haben wir anzutreten. Wir, die AUNS, haben diesen Kampf mit vielen Gleichgesinnten dieses Landes zu führen. Schon beim EWR-Abstimmungskampf standen wir wie ein David dem Goliath gegenüber. Aber es ist eine biblische Tatsache, dass hin und wieder auch David gegen Goliath gewinnen kann. Wir haben die gute Sache, die Argumente auf unserer Seite. Dies macht mich zuversichtlich!

09.05.1998

13a Assemblea generale ordinaria dell’ ASNI

Punto della situazione del 9 maggio 1998 Cari membri, Signore e signori, Vi do il più cordiale benvenuto alla 13a Assemblea generale ordinaria dell'Azione per una Svizzera neutrale e indipendente (ASNI). Mentre in occasione della nostra prima Assemblea generale i 100 posti a sedere della sala del Bürgerhaus erano sufficienti, quest'anno dobbiamo constatare che anche questa grande sale è da considerarsi ormai piccola. Vi prego di scusare lo scarso posto a disposizione. Quando a governare sono la mancanza di concetto e la contraddizione La salvaguardia dell'indipendenza del nostro Paese dei confronti dell'estero, uno dei principali compiti dello Stato che la Costituzione federale conferisce alle autorità federali e al Parlamento, si contraddistingue oggi per la mancanza di concetto e per il disorientamento e, quindi, anche per la sua incertezza. Come spiegare altrimenti quanto segue? Votando no al SEE, 5 anni fa il popolo si è espresso chiaramente a favore dell'indipendenza e della neutralità del Paese. Sia per il Consiglio federale sia per il Parlamento il mandato era chiaro: dare seguito alla volontà popolare. Il Consiglio federale ha deciso di dare il via a negoziati bilaterali con l'Unione europea per tutelare gli interessi e l'indipendenza del Paese. Ma nel corso dei negoziati il Consiglio federale dichiara che l'obiettivo finale è l'adesione all'UE e non più l'indipendenza del Paese. Ovvio, quindi, che l'Unione europea ne deduca che in occasione dei negoziati bilaterali la Svizzera sia disposta ad accettare tutto ciò che dovrebbe riprendere in caso di adesione all'UE o al SEE - in particolare la libera circolazione delle persone e la politica dei trasporti dell'UE. Non sorprende affatto, quindi, che i negoziati bilaterali si trovino in una posizione di stallo. Il ministro degli esteri e oggi presidente della Confederazione tiene instancabilmente una conferenza dietro l'altro sull'adesione all'UE diffondendo segnali sbagliati. I negoziati bilaterali sono diventati difficili soprattutto a causa della mancanza di concetto del Consiglio federale. Com'è possibile svolgere negoziati bilaterali quando, in fin dei conti, si vuole il contrario? La mancanza di un concetto ben preciso ha delle conseguenze negative. Anche il capo della delegazione svizzera addetta ai negoziati, il cui compito è quello di condurre i negoziati, annuncia da un po' di tempo sulla stampa che in fin dei conti la Svizzera dovrebbe aderire all'UE. Ciò lascia intendere ai lettori e alla delegazione comunitaria che i negoziati bilaterali non sono affatto necessari. Non si possono perseguire contemporaneamente due concetti di per sé contraddittori. Prima delle elezioni del 1995 il Partito democristiano (PDC) aveva dichiarato che prima del 2000 l'adesione all'UE non sarebbe stata affatto un tema. Dopo circa due anni - nel marzo del 1998 - il PDC si dichiara invece disposto ad aderire all'UE. La stampa commenta tale decisione come segue: "In questo modo il PDC va incontro al suo consigliere federale Cotti". Ciò significa in pratica che va incontro allo stesso consigliere federale che dovrebbe però fare il contrario, ovvero condurre i negoziati bilaterali affinché il nostro Paese non debba aderire al SEE e all'UE. Quante sono le persone che il PDC intende servire contemporaneamente? Il Partito socialista riesce però a fare ancora di meglio: esso intende aderire subito all'UE, un'istituzione che come sappiamo non ha posto per la democrazia diretta. Contemporaneamente promette ai propri elettori - come se fossero tutti imbecilli - che intende estendere la democrazia diretta. Nel 1995, nel luogo di vacanza di Interlaken, il partito radicale-democratico aveva espresso parere favorevole per un'adesione all'UE. Il 17 aprile 1998 ha poi annunciato che entro fine anno il Consiglio federale deve chiarire "la compatibilità UE delle norme svizzere" e le "ripercussioni di un'adesione all'UE sulla democrazia diretta". Prima si decide, poi, tre anni dopo, si mettono a disposizione le basi necessarie per questa decisione! Un "club di imperterriti", di cui fanno purtroppo parte alcuni membri dell'UDC, dichiara ora che occorre aderire al SEE poiché non si riesce a trovare una soluzione bilaterale riguardo ai dossier della politica dei trasporti e della libera circolazione dei trasporti. Giusto: se fossimo nel SEE, non avremmo più bisogno di negoziati, farebbe testo la legge dell'UE, ovvero la libera circolazione delle persone e la politica dei trasporti dell'UE. Come si arriva a sottoscrivere un trattato coloniale? Signore e signori, al momento a tenere banco sono la mancanza di concetto, la contraddizione e le armi a doppio taglio. Qual è il mandato? Se si dovesse mettere al centro dell'attenzione il mandato, tutto sarebbe molto semplice. Ma qual è il mandato? La Costituzione federale e il popolo svizzero hanno conferito ripetutamente (SEE, caschi blu, ONU) il mandato di tutelare l'indipendenza e la neutralità. Signore e signori, i nostri politici hanno prestato giuramento al riguardo. Il Governo ha solo due possibilità: accettare questa decisione concretizzandola senza discutere oppure - se non è intenzionato a farlo - dimettersi. Alla decadenza dell'attuale situazione contribuisce anche un Parlamento che elegge ovviamente solo consiglieri federali che non sono intenzionati a soddisfare tale mandato. Le conseguenze di una mancata osservazione del mandato Se non si prende sul serio l'indipendenza, vi saranno conseguenze negative ben oltre l'UE. Non c'è da stupirsi, quindi, che il nostro Paese si opponga in modo così fiacco e indeterminato contro le richieste sfrontate, illegittime e ricattatorie di alcuni ambienti americani. Per poter dar prova di fermezza e di superiorità, per poter tutelare gli interessi della Svizzera, occorre stare dalla parte della Svizzera e dei suoi valori. Se non lo si fa, non si è in grado di soddisfare efficacemente il proprio compito. Se non si prende più sul serio la neutralità, ci si lascia coinvolgere in tutto; se non si rispetta la democrazia diretta e la volontà popolare, bisogna scusarsi nei confronti dell'estero per le decisioni prese dal popolo. Poiché la democrazia diretta e la neutralità sono in contrasto con l'integrazione della Svizzera nell'Unione europea, si inizia a ridimensionarle. Se si ha dubbi sulla sovranità del Paese, non si dispone più delle premesse e della forza necessaria per difendere gli interessi del Paese. Laddove questi valori non vengono più rispettati, dove non si possiede più la forza di rappresentarli e di sostenerli, un Paese diventa facilmente ricattabile. Debolezza anche nella difesa del Paese Purtroppo la mancanza di concezione non riguarda solo singoli settori, ma è visibile dappertutto. In fatto di politica di sicurezza anche il Dipartimento della difesa ha adottato un corso pericoloso che lo impossibilita a difendere i nostri massimi valori, ovvero la libertà, l'indipendenza e la democrazia diretta, contro l'uso della forza da fuori. Anche nel Dipartimento della difesa si dà sempre più la preferenza a presuntuose azioni internazionali piuttosto che all'adempimento del proprio mandato. La Svizzera nell'anno dell'anniversario Signore e signori, quest'anno festeggiamo un triplice anniversario: 1648: ovvero 350 anni di staccamento della Svizzera dall'impero germanico e, quindi, 350 anni di sovranità e indipendenza formale della Svizzera 1798: 200 anni di Elvezia e, quindi, libertà e uguaglianza per tutti i cittadini 1848: 150 anni di Stato federale 1648: pace di Vestfalia 350 anni fa, con l'annuncio della pace di Vestfalia, il sindaco di Basilea Johann Rudolf Wettstein ha coronato la propria missione diplomatica riuscendo nel suo intento di far riconoscere all'Europa la sovranità della Svizzera dopo lunghe trattative bilaterali e numerosi colloqui individuali. Per le principali località della Confederazione tale sovranità era valida sin dai tempi delle guerre contro i Germanici del 1499. Nel 1648 tutto il mondo poteva quindi leggere le seguenti parole: "Ormai l'impero e il mondo intero hanno preso conoscenza del fatto che la Confederazione è libera e che dipende solo da Dio e da se stessa." Signore e signori, è forse un caso se il Consiglio federale e il Parlamento non vogliono festeggiare il 1648? Perché la Berna ufficiale non vuole festeggiare i 350 anni dallo staccamento dall'impero germanico, 350 anni di sovranità e 350 anni senza imperatore? Si teme forse di attirare l'attenzione del popolo svizzero o addirittura degli Stati esteri sulla sovranità della Svizzera? Si teme forse che gli Stati esteri se la possano prendere con noi? Consiglio federale e Parlamento si vergognano forse della sovranità della Svizzera? Forse dovremmo essere contenti che la Svizzera ufficiale taccia in merito a questa ricorrenza. Altrimenti dovremmo assistere che 350 anni dopo il raggiungimento dell'indipendenza della Svizzera il nostro Stato rivolga le proprie scuse ufficiali all'estero per questo "atto ignobile". Non dubito del fatto che esistano persone che considerano il raggiungimento dell'indipendenza come un atto di scarsa solidarietà. Si troverebbero senza dubbio ambienti che, sotto la pressione internazionale, chiederebbero soldi alla Svizzera per aver conseguito tale sovranità e si troverebbero anche politici svizzeri che prometterebbero a tali ambienti il patrimonio nazionale proveniente da ogni genere di fondi e di fondazioni. 1798 200 anni fa le truppe francesi hanno sferrato un colpo mortale contro il nostro Paese caratterizzato allora da una politica opaca, noiosa e ammuffita. Il colpo mortale è stato sferrato contro la vecchia Confederazione in cui una piccola cerchia di aristocratici regnava sui sudditi. Era spaventoso come i regnanti del 1798 fossero vanitosi, estranei alla realtà, presuntuosi e ottusi; essi si sentivano molto superiori alla massa rappresentata dal popolo. Signore e signori, tali individui dovevano essere sostituiti. Ma come potrete constatare, nessun periodo ci rende immuni da tali politici. Essi esistono anche nei nostri giorni. Altrimenti come sarebbe possibile, ad esempio, che il consigliere nazionale ginevrino Peter Tschopp, vicepresidente di un partito governativo del nostro Paese, possa scrivere in una "lettera aperta" che considera pericoloso per il nostro Stato il fatto che io abbia distribuito a tutte le economie domestiche del Paese il mio opuscolo "La Svizzera e l'Europa - 5 anni dopo il no al SEE"? Tschopp ha annunciato in questa lettera che mediante un'interpellanza avrebbe garantito, per le questioni politiche, il "monopolio dell'informazione" del Consiglio federale e che avrebbe impedito attraverso una nuova legge tali iniziative prese da "semplici persone private". Il professor Tschopp non si è forse ancora reso conto che il monopolio dell'informazione dello Stato è stato soppresso nel 1798 e che la libertà d'espressione è ancorata nella Costituzione sin dal 1848! Come potete constatare, questi signori stanno per resuscitare, esattamente come nel periodo che ha preceduto il 1798, con l'unica differenza che oggi non portano la parrucche incipriate. È forse un caso che sono proprio queste persone che vogliono far resuscitare il feudalesimo, ovvero il dominio di una minoranza sulla grande massa, attraverso un'adesione all'UE? Il centralismo burocratico di Bruxelles non significa null'altro che un ritorno dell'Europa a una situazione di politica feudale, ovvero con pochi che prendono le decisioni limitando il diritto di discussione dei cittadini. 1848 Nel 1848 la Svizzera si è dotata con le proprie forze di una nuova forma liberale e democratica: il nostro Paese aveva finalmente trovato il coraggio di creare un caso a parte. Contrariamente alle costituzioni dell'Elvezia (1798), della Mediazione (1803) e della Restaurazione (1814), la Costituzione federale del 1848 è stata creata senza l'ingerenza di potenze straniere, partendo unicamente dalla volontà della maggioranza dei cittadini svizzeri. Dopo aver ceduto per 50 anni alla pressione e agli interessi degli stranieri, nel 1848 ha trovato il coraggio di fare in tutta autonomia e sovranità ciò che le sembrava giusto. Gli altri Paesi europei hanno osservato quest'evoluzione con scetticismo, diffidenza e anche con una pronunciata avversione. Ma nel 1848 il nostro Paese ne aveva abbastanza delle ingerenze e dei tentativi di ricatto dei Governi esteri. Nella sua qualità di repubblica democratica la Svizzera è rimasta in Europa un caso unico fino al XX secolo. Per quanto riguarda il federalismo, la democrazia diretta, la neutralità e l'autonomia dei comuni, essi sono rimasti casi particolari fino ai nostri giorni! E questo addirittura a livello mondiale. Signore e signori, chi vuole rinunciare alla sovranità nazionale, tradisce l'idea dello Stato federale del 1848! Dopo il 1848 la Svizzera è diventata uno dei Paesi più pacifici del mondo. Chi opta per la neutralità e per la non ingerenza e che desidera commerciare con i Paesi di tutto il mondo non è nemmeno tentato di scatenare guerre. Nel 1848 lo Stato federale ha vietato ai Cantoni la stipulazione di alleanze militari e, di lì a poco, ha vietato ai cittadini svizzeri di prestare servizio militare per altri Paesi. Chi intende oggigiorno inviare soldati all'estero senza pensare che possano perdervi la loro vita e senza realizzare che in tal modo si parteggia per qualche potenza estera, tradisce l'idea dello Stato federale del 1848. Il mandato dell'ASNI In un'epoca in cui disprezzare l'indipendenza e la neutralità sta andando di moda, l'ASNI è chiamata a una grande responsabilità. Oltre dieci anni fa si è fissata come obiettivo la salvaguardia dell'indipendenza e della sovranità del nostro Paese. All'epoca stava cominciando a manifestarsi il disorientamento della Svizzera. L'ASNI deve portare a termine un mandato importante. L'ASNI deve battersi per il bene supremo dello Stato. Per far questo deve purtroppo lottare contro le autorità che, in base alla Costituzione, dovrebbero difendere l'indipendenza, l'autonomia e la sicurezza del nostro Paese. È l'ASNI - chi altrimenti? - che deve condurre questa lotta al fronte. So bene quel che pensate e vi capisco: sono numerose le persone che si disperano per lo schiacciante predominio del Governo, del Parlamento, della stampa, dei media e della burocrazia delle associazioni che seguono tutti la via sbagliata. Di fronte a queste orde che emulano superficialmente una tendenza alla moda, un sentimento d'impotenza e di rassegnazione si impadronisce di vasti strati della popolazione. Ma se passo in rassegna gli ultimi dieci anni, constato pure una crescente forza da parte nostra: 1. Le nostre valutazioni della situazione e i relativi concetti si sono rivelati fondati. Ecco perché non abbiamo avuto bisogno di riprendere di anno in anno i nostri concetti e le nostre azioni. La valutazione approfondita della situazione, le numerose lotte nelle notti a cavallo fra il 1991 e il 1992 prima del combattimento contro il SEE sono valse la pena, poiché ci hanno permesso di valutare correttamente sia l'UE sia l'evoluzione nel nostro Paese. La decisione secondo cui la libertà, ovvero il diritto all'autodeterminazione e di votare nel proprio Paese, - la democrazia diretta, ovvero il principio di consultare i cittadini anche per votazioni su questioni materiali - e il benessere sono meglio protetti in un piccolo Stato indipendente, neutrale e aperto al mondo come lo è la Svizzera, si dimostra perfettamente fondata. Non è il caso di rimetterla in discussione! 2. Nonostante lo schiacciante predominio di quanti volevano il contrario, i cittadini svizzeri e i Cantoni si sono ripetutamente pronunciati a favore dell'indipendenza e della neutralità. Ciò ha permesso di preservare la Svizzera da errori politici che avrebbero avuto gravi conseguenze. 3. Ma la nostra forza è soprattutto l'impegno dei nostri membri. Si tratta di un vantaggio che abbiamo nei confronti dei nostri avversari, che dispongono dei mezzi necessari, ma che si battono senza il cuore, lo spirito e l'anima, facendo ricorso a termini generici quali "apertura, globalizzazione e solidarietà". Chi nuota con la corrente non ha bisogno di riflettere né di impegnarsi o di lottare. Solo chi pensa e si dimostra critico può resistere a tutto questo. È ovvio, quindi, che chi nuota controcorrente viene escluso e coperto di insulti. Ma è proprio questo a renderci resistenti, indipendenti e forti. Non dimenticate che sono proprio le persone che vanno controcorrente che arrivano alla sorgente! 4. Oggi la nostra situazione di partenza è nettamente migliore rispetto al 1992, poiché siamo meglio organizzati: L'ASNI conta oggi oltre 30'000 membri. In occasione della lotta al SEE eravamo appena 7'200 persone. Dal solo anno scorso i nostri effettivi sono aumentati del 23%, ovvero di oltre 5'700 membri. Il nostro fondo di lotta destinato alle votazioni è attualmente dotato di 3,1 milioni di franchi. Ciò permetterà di realizzare senza dubbio qualcosa. Ma non è ancora sufficiente: l'importanza maggiore fa data va all'impegno di tutti i nostri membri in ogni comune, con i conoscenti, sul luogo di lavoro e con gli amici. Nel frattempo il personale e l'amministrazione del nostro segretariato centrale sono stati rafforzati: Dal 1° aprile il consigliere nazionale Hans Fehr ha assunto la direzione a tempo pieno succedendo al signor Gartenmann che aveva svolto perfettamente tale funzione dando prova di grande perseveranza nell'ambito di un impiego a metà tempo. Il signor Gartenmann continuerà a garantire a metà tempo la supplenza di Hans Fehr. L'anno scorso il nostro sistema informatico è stato potenziato considerevolmente attraverso l'installazione di nuovi computer e nuovi software. L'anno scorso l'ASNI ha creato anche un proprio sito sull'Internet che permette di contrastare le informazioni unilaterali diffuse dalla stampa. Tutte queste misure hanno rafforzato considerevolmente la forza di penetrazione dell'ASNI, aspetto questo di primaria importanza per affrontare le lotte che ci riserva il futuro. Dobbiamo prepararci a campagne elettorali difficili che sono di capitale importanza per la salvaguardia dell'indipendenza e della neutralità. Dobbiamo prepararci alle seguenti votazioni: a una votazione sull'UE, a una seconda votazione sul SEE, a un'eventuale votazione in caso di esito insoddisfacente dei negoziati bilaterali, a una nuova votazione sull'ONU, a una modifica della Costituzione e della legislazione che prevede truppe armate all'estero. Un bagliore all'orizzonte Signore e signori, la nostra situazione di partenza è migliorata considerevolmente. Fa enormemente piacere constatare come negli ambienti economici non vi sia praticamente più nessuno a favore di un'adesione all'UE. Le persone a capo dell'economia, che nel 1992 e anche dopo avevano considerato economicamente necessaria un'adesione all'UE, annunciano oggi molto apertamente che un'adesione all'UE non rientra in discussione. Essi ammettono pubblicamente che le somme ingenti che vanno da 5 a 7 miliardi di franchi all'anno non sono tollerabili e che un'adesione all'UE non è compatibile con i nostri diritti popolari. In realtà gli ambienti economici si sono resi conto dei vantaggi offerti da una Svizzera indipendente, neutrale, aperta al mondo e situata al di fuori dell'UE. Gli ambienti economici non si impegneranno dunque a favore di un'adesione all'UE. E questo, signore e signori, è un aspetto molto importante: grazie alla votazione sul SEE, grazie al nostro infaticabile impegno a favore dell'indipendenza, un numero crescente di rappresentanti dell'economia ha capito che un'adesione all'UE è una cattiva soluzione e che lo resterà tale. Il tempo ha lavorato a nostro favore. Conclusione Signore e signori, Chi osserva da vicino le discussioni concernenti l'UE l'attitudine sommessa del nostro Governo di fronte ai ricatti che giungono da ambienti americani la leggerezza di cui si dà prova per quanto concerne la Fondazione della solidarietà i numerosi segnali lanciati all'estero per suggerire che riconosciamo le nostre colpe la mancanza di un concetto e il disorientamento manifestati durante i negoziati bilaterali realizza ciò che ho già constatato l'anno scorso e che, purtroppo, vale anche per quest'anno: mai nel corso di questo secolo l'indipendenza, la neutralità e il diritto all'autodeterminazione della Svizzera sono stati minacciati come in questi anni, e questo dall'interno, dal Governo e dal Parlamento. E noi, signore e signori, dobbiamo opporci con fermezza a questa situazione. Noi, ovvero l'ASNI tutta intera, dobbiamo lottare insieme a quelli che condividono le nostre idee in seno al nostro Paese. Già in sede di campagna elettorale contro il SEE eravamo Davide che affronta Golia. Si tratta dunque di un fatto biblico che un Davide può ogni tanto vincere contro un Golia. Noi abbiamo dalla parte nostra la buona causa e gli argomenti. Ciò mi permette di guardare al futuro con ottimismo!

05.05.1998

Abenteuerliche Sicherheitspolitik

Christoph Blocher erläutert seinen ablehnenden Standpunkt zum Bericht der Kommission Brunner Interview mit der Zürichsee Zeitung vom 5. Mai 1998 Die vom Bundesrat eingesetzte Studienkommission für Strategische Fragen hat am 26. Februar ihren Schlussbericht zur zukünftigen Sicherheitspolitik vorgelegt. Von den 40 Mitgliedern des Gremiums unter dem Vorsitz von Alt-Botschafter Edouard Brunner hat nur ein einziges, nämlich Nationalrat Christoph Blocher (SVP, Herrliberg), dem Bericht nicht zugestimmt. Seine Gegenargumente hat Blocher kürzlich in einer ausführlichen Studie veröffentlicht. Im folgenden Gespräch begründet er seinen ablehnenden Standpunkt. Interview: Sebastian Leicht Der Bericht Brunner ist Ihrer Ansicht nach überhaupt nicht zukunftsbezogen. Worin äussert sich das? Christoph Blocher: Der Bericht Brunner geht von der ersten Hälfte der neunziger Jahre aus. Nach dem Fall der Mauer herrschte viel Idealismus. Er hat es versäumt, die damaligen Machtkonstellationen genau zu untersuchen, und gelangt deshalb zu einem Konzept, das für den Moment vielleicht zwar richtig war, aber nicht für die nächsten 30 Jahre. Sie sagen nein zu einer "naiven" Sicherheitspolitik, zu "Wichtigtuerei" und "Grossmannssucht". Könnten Sie dafür Beispiele geben? Blocher: Zuerst ein Beispiel zur "Naivität". Als die Schweiz Mitglied von Partnerschaft für den Frieden wurde, sagte mir der EMD-(heute: VBS-)Vorsteher: "Ich kann doch nicht gegen eine Organisation sein, die für den Frieden eintritt." Das ist naiv. Denn jede militärische Konstellation spricht vom Frieden. Und Partnerschaft für den Frieden ist eine amerikanische Konstruktion mit den Ländern, die nicht in die Nato eintreten können oder wollen. Damit bezwecken die Amerikaner eine Einbindung dieser Staaten in ein Bündnis, das letztlich ihrer eigenen Interessenwahrung dient. Ich bin nicht gegen die Amerikaner, aber es ist naiv, wenn man sagt, die sind für den Frieden, nur weil im Namen der Begriff Frieden vorkommt. Und nun zur "Grossmannssucht". Die Schweiz ist ein Kleinstaat. Militärs haben immer den Drang zu grossen Konstruktionen. Und sie glauben dann, auf der ganzen Welt Einfluss nehmen zu können. Das ist Grossmannssucht eines Kleinstaats. Wir müssen uns bescheiden sagen, für das Stück Land, das wir haben, wollen wir selber sorgen. Und das ist schon sehr anspruchsvoll. Sie zitieren in Ihrer Studie den Amerikaner Donald Kagan mit den Worten: "Nur eines ist häufiger als die Ankündigung vom Ende des Krieges: der Krieg selbst." Zweifeln Sie an der Fähigkeit internationaler Organisationen wie etwa der Nato, den Frieden zu erhalten? Blocher: Dass nach dem Zweiten Weltkrieg der Frieden Bestand hatte, beruht in erster Linie auf dem "Gleichgewicht des Schreckens". Wenn der Osten drohte, musste der Westen ein Gegengewicht schaffen. Ich bin gewiss kein Gegner der Nato. Aber heute hat die Organisation eine andere Funktion. Sie ist ein Instrument, um weltweit die (amerikanischen) Interessen zu wahren, und sie steht voll und ganz unter amerikanischer Schirmherrschaft. Ich kritisiere die Nato nicht, aber es wäre falsch, wenn die Schweiz ihr beitreten würde. Der Frieden ist eben mehr als kein Krieg. Sie betonen zu Recht, dass sich die Geschichte nicht wiederhole. Hingegen befürchten Sie neue Varianten von kriegerischen Auseinandersetzungen. Womit muss in Zukunft in der Schweiz gerechnet werden? Blocher: Im Moment sehe ich keinen Staat, der die Freiheit und Unabhängigkeit der Schweiz mit Waffengewalt bedroht. Aber es gibt ganz neue Formen. Etwa die Globalisierung, die nicht nur die Durchlässigkeit der Grenzen für Waren und Güter ermöglicht, sondern auch den Informationsfluss fördert. Lokale Konflikte können zu grossen Konflikten werden. Ich erinnere etwa an die "Schurkenstaaten" - der Irak ist ein typisches Beispiel. Dann gibt es heute anspruchsvolle Formen der Kriegführung wie den Informationskrieg (elektronische Kriegführung, Ausfall der Computer etc.). Ich erwähne im weiteren bürgerkriegsähnliche Wirren, die vor allem durch Migration begünstigt werden. Auf diesen sogenannten primitiven Krieg sind wir relativ schlecht vorbereitet. Schliesslich wären die möglichen Massenvernichtungswaffen - biologische Waffen etwa - zu nennen. Deshalb muss eine neue Armee gegen diese Bedrohungen eingesetzt werden können. Das braucht auf der einen Seite eine relativ kleine, hoch technisierte Armee, was den Informationskrieg anbelangt, und es bedingt anderseits eine Milizarmee mit grossen Beständen für den akuten Fall. Und nicht vergessen werden darf der Schutz der Zivilbevölkerung. In der Nato geht es, wie Sie sagten, nicht mehr in erster Linie um die gemeinsame Verteidigung Europas, sondern um die Verteidigung gemeinsamer Interessen unter amerikanischer Führung. Diese "pax americana" ist Ihnen offensichtlich nicht ganz geheuer. Warum? Blocher: Man muss sehen, dass Amerika für die nächste Zeit die einzige Weltmacht ist, wenn sie auch nicht unangefochten bleiben wird. Aber es ist völlig klar: Amerika verteidigt seine ureigenen Interessen. Es ist das Recht und die Pflicht eines Staates, dies zu tun. Ein Kleinstaat muss jedoch darauf achten, dass er nicht von einer solchen Macht abhängig wird, obwohl wir etwa während des kalten Krieges den Amerikanern gewiss näher standen als den Russen. Sie sind davon überzeugt, dass die Welt wieder in den überwunden geglaubten Zustand der Kanonenbootdiplomatie zurückgefallen ist. Eine Einbindung in supranationale Organisationen wie Nato oder EU sei aber nicht zu empfehlen, weil man sonst in "fremde Händel" hineingezogen werde. Welche Folgerungen für unsere Sicherheitspolitik ziehen Sie daraus? Blocher: Ich habe eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Grossorganisationen. In der Regel ist die Fassade solcher Gebilde eindrücklicher als das, was sich dahinter verbirgt. Das gilt übrigens auch für die Wirtschaft. Natürlich kann es verteidigungs-politisch von Vorteil sein, einem Militärbündnis anzugehören, weil wir annehmen dürfen, dass uns die andern im Falle eines Angriffs helfen. Dafür wird aber die Gefahr, dass man in Auseinandersetzungen hineingezogen wird, grösser. Darum hat die Schweiz immer einen anderen Weg gewählt. Nämlich: Dafür sorgen, dass man nicht in Auseinandersetzungen hineingezogen wird, indem man nicht Partei ergreift. Das heisst Neutralität. Für diese Konzeption nämlich dass Stillesitzen (Neutralität) einen grösseren Schutz für einen Kleinstaat gewährt als ein Bündnis spricht zumindest die Erfahrung: Es gibt kein Land, das es fertig gebracht hat, 200 Jahre lang keinen Krieg zu haben, obwohl dieser Staat sich mitten in den blutigsten Auseinandersetzungen befand. Und ich glaube, gerade gegen mögliche moderne Kriege ist Neutralität von allergrösster Bedeutung. Die humanitäre Intervention ist Ihrer Ansicht nach ein Widerspruch in sich selbst. Sie zitieren in Ihrer Studie Günther Gillessen, der kurz und bündig sagt: "Wer schiesst, wird automatisch Partei." Was heisst das für die schweizerische Sicherheitspolitik? Blocher: In der amerikanischen strategischen Literatur wird heute sachlich festgehalten, entweder handle es sich um bewaffnete Intervention und damit Parteinahme oder um einen humanitären Einsatz, also Hilfe. Eine Verbindung von beidem ist unmöglich. Das weiss die Schweiz schon lange. Das Rote Kreuz basiert erstens auf der Nicht-Bewaffnung und zweitens auf der strengen Neutralität. Man leistet Hilfe ungeachtet der Herkunft des Hilfesuchenden. Und glaubwürdig sind Sie nur, wenn Sie unbewaffnet sind. Das heisst für mich, für derartige Einsätze im Ausland kommen nur zwei Organisationen in Frage, nämlich einerseits das Rote Kreuz und anderseits ein (ausgebautes) Katastrophenhilfekorps. Und wenn der Einsatz gefährdet erscheint, muss man sich entweder unter den Schutz von Interventionstruppen begeben oder sich zurückziehen. Nachzulesen, wie gesagt, in der aktuellen amerikanischen strategischen Literatur. Sie machen einen Unterschied zwischen der Neutralität, wie sie im Zweiten Weltkrieg und während der Zeit des kalten Krieges Sinn machte, und einer "Neutralität von morgen". Wie müsste denn Neutralität am Ende dieses Jahrhunderts gehandhabt werden, um als diplomatisches Mittel wirksam zu sein? Blocher: Was heisst denn eigentlich Neutralität? Neutralität bedeutet, sich draussen zu halten aus internationalen Konflikten. Im Zweiten Weltkrieg standen wir zwischen den beiden Kriegsparteien. Solche Machtblöcke existieren heute in dieser Form nicht mehr. Sich draussen halten aber gilt nach wie vor. Und das "dauernd neutral sein" ist von allergrösster Bedeutung. Sonst werden Sie nämlich zum Opportunisten und können die Neutralität nicht mehr als diplomatisches Mittel einsetzen. Wenn ein Staat nur dann neutral ist, wenn es ihm gerade nützt, dann ist er nicht mehr glaubwürdig. Eine dauernde Neutralität ist auch heute noch von Bedeutung. Ich nehme das Beispiel Irak. Wenn wir uns nicht in die Front gegen Sadam Hussein einreihen, heisst das doch nichts anderes, als dass es noch einen gibt, der ausserhalb steht und seine guten Dienste anbietet sowie humanitäre Hilfe leistet und dabei glaubwürdig ist. Und das ist ein modernes Verständnis von Neutralität, auch wenn die Mächtekonstellation heute eine andere ist. Der Grundsatz hingegen ist alt und bewährt. Es gab im Übrigen immer Zeiten, in denen führende Kreise in diesem Lande die Neutralität abgelehnt haben. Sie sind schneller bereit, die Neutralität abzuschaffen, als das Volk, weil dieses vor der jeweiligen internationalen Mächtekonstellation logischerweise mehr Angst hat als jene Kreise. Worin sehen Sie selbst den Sinn ihres Beitrags an die Diskussion über die schweizerische Sicherheitspolitik der Zukunft? Blocher: Selbstverständlich ist es nicht damit getan, zu sagen, dieses oder jenes Resultat kann ich nicht akzeptieren. Vielmehr muss ich sagen, welchen Schlussfolgerungen ich zustimmen kann. Meine Studie sagt ja zu einer Sicherheitspolitik, welche die Werte unseres Landes zu schützen vermag und glaubwürdig ist. Hingegen sagt sie nein zu einer abenteuerlichen Sicherheitspolitik. Wenn Sie auf der Linie der Kommissionsmehrheit liegen, brauchen Sie es nicht zu begründen. Wenn Sie aber einen gegenteiligen Standpunkt einnehmen, müssen Sie ihn sehr wohl erläutern. Im Übrigen ist es der Sache auch nicht förderlich, wenn sozusagen eine Einheitsmeinung vorherrscht. Denn die Demokratie lebt ja vom Austausch der Argumente, von der Diskussion verschiedener Sichtweisen. Und schliesslich: Wieviel Unheil ist im Laufe der Geschichte angerichtet worden, weil sehr viele Menschen einfach kritiklos einer Sache hinterher gerannt sind und zu wenige hingestanden sind und eine gegenteilige Meinung vertreten haben! Eine Meinung ist auch dann wertvoll, wenn sie nicht ganz richtig sein sollte.

23.04.1998

Die Gegenseite macht auf fragwürdige Weise mobil

Christoph Blocher sieht im Bericht der Kommission Brunner ein Dokument der "Kollaborationselite" Interview mit der "Weltwoche" vom 23. April 1998 Interview: Urs Paul Engeler Was würde die Schweiz nur ohne Ihre Gegendarstellungen machen, Herr Blocher? Vier Monate nach dem Grossversand der Broschüre über den Nutzen des EWR-Neins verbreiten Sie den Gegenrapport zum Bericht der Kommission Brunner. Christoph Blocher: Ich fühle mich verpflichtet, immer dann einzugreifen, wenn in der Politik Orientierungs- und Konzeptlosigkeit überhand nehmen. Was kostet Sie Ihr Leitfaden? Blocher: Diesmal geht es nicht um eine Schrift an alle Haushaltungen, sondern lediglich um 50 000. Kosten und Vertrieb laufen über die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns). Wer hat Ihr Papier tatsächlich verfasst? Blocher: Ich bin der Verfasser und trage die Verantwortung dafür. Zunächst hatte ich eineinhalb Jahre in dieser Kommission Brunner aktiv mitgearbeitet. Dann habe ich ein Team von acht Personen - Offiziere, Historiker, Soziologen, Ökonomen - gefunden, die Zeit und Kraft hatten, die Fragen der künftigen Strategie zu vertiefen und mit mir intensiv zu diskutieren. Wer steht hinter Ihnen? Blocher: Ich brauche keine Hintermänner. Was hat Ihre Privatgruppe den einundvierzig Mitgliedern der Kommission Brunner voraus, die den Bericht mittragen? Blocher: Das Brunner-Papier liegt auf der heute modischen Linie, die von den Worthülsen "Öffnung, Internationalisierung, Globalisierung" geprägt ist. Das war die gar nicht hinterfragte Ausgangslage der Debatten der Kommission, nicht ihr Ergebnis. Ebenso dient es natürlich den in Bern gepflegten politischen (nicht sicherheitspolitischen) Zielen wie EU- oder Uno-Beitritt, was dem Gros der Kommission ebenfalls sehr behagte. Mit künftiger Verteidigung des Landes jedoch hat der Bericht wenig zu tun. Sie sprechen nun von einer "Kollaborationselite". Das geht weiter als Ihre bisherige Verhöhnung der "classe politique". Blocher: Es geht beide Male ums gleiche: "Classe", wo keine sein dürfte. Es gibt eine führende Schicht, die eine ganz andere Interessenlage hat als das breite Volk: Sie orientiert sich am Grossräumigen, am Unbegrenzten, an Macht, vielen Kulissen und wenig Verantwortung. Diejenigen aber, die von diesen führenden Leuten abhängen, zielen im Gegenteil auf Begrenzung der Macht. Die Platte "Das Volk ist gut, die Politiker sind eigensüchtig" ist etwas gar alt. Blocher: Die Gefahr des Machtmissbrauchs liegt bei den Politikern. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel mit Symbolcharakter: Wer hat die Agenten des israelischen Geheimdienstes ertappt? Eine wachsame Hausfrau. Wer hat uns über den Fall informiert? Israelische Quellen. Unsere Behörden, die bis auf einen alle Täter haben laufen lassen, wollten den Fall vertuschen. Vor Jahren propagierten Sie den Beitritt der Schweiz zur amerikanischen Freihandelszone. Nun warnen Sie vor einer "pax americana". Warum diese Wende? Blocher: Das ist keine Wende. Ich schätze die USA weiterhin und trete auch für ein Freihandelsabkommen ein. Doch ich will mich - bei aller Sympathie für das liberale Land, das uns politisch nahesteht - unter keinen Umständen in die Eigeninteressen dieser Weltmacht einbinden lassen. Glauben Sie wirklich, was Sie schreiben? Zum Beispiel: "Es gibt einen einzigen Sonderfall gelungenen Friedens: den Sonderfall Schweiz"? Blocher: Ich kenne kein anderes Land, das 150 Jahre lang keinen Krieg führen musste - und das mitten in den blutigsten Auseinandersetzungen mit zwei Weltkriegen! Das ist Ihr Denkfehler: Kriege betreffen alle - auch die, die selbst nicht mit den Waffen fuchteln. Blocher: Die Neutralität wird derzeit nicht von aussen angegriffen, sondern von innen her in Frage gestellt. Sie hat sich als Mittel bewährt, einen Kleinstaat aus Auseinandersetzungen herauszuhalten. Nur auf Zeit. Jetzt läuft als späte Quittung für die Neutralität im Zweiten Weltkrieg der kleine Handelskrieg mit verschiedenen amerikanischen Organisationen. Blocher: Das ist ein Nebenschauplatz: Es geht nicht um Krieg zwischen Nationen, sondern es gibt ein Gezerre um Geld. Schuld an dieser Entwicklung sind ohnehin die Kreise im Innern, die mit Selbstbezichtigungen den Geldforderungen und Erpressungen den Weg geebnet haben. Man kann ja nur eine schwache Regierung erpressen. Und mit diesem schwach geführten Land wollen Sie den Alleingang wagen? Blocher: Noch gefährlicher wäre es, mit Regierungsschwäche an einem militärischen Pakt teilzunehmen! Von Zerfallserscheinungen geprägt ist allein die Führung des Landes, etwa wenn Bundesrat Flavio Cotti sogar Edgar Bronfman, dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, privat seine Aufwartung macht. Die Basis hingegen ist im Ganzen solide; und die Wirtschaft läuft gut. Nicht einmal mit den teuren F/A-18 ist der Luftraum der Schweiz vollständig zu schützen. Wieviel soll Ihre autonome Sicherheit kosten? Welches Konzept von Armee folgt daraus? Blocher: Noch nie konnte sich ein Land allein oder in einem Militärbündnis gegen alles, was nur erdenklich ist, verteidigen. Das wird auch in Zukunft so sein. Es reicht, wenn wir gegen die wahrscheinlichsten Gefahren geschützt sind. Das kann man in Eigenregie effektiver und billiger tun als in internationalen Verbänden. Neue Bedrohungen werden der Informationskrieg sein, der mit einer kleinen Gruppe von Spezialisten geführt werden muss, oder importierte Bürgerkriege - zum Beispiel zwischen rivalisierenden Ausländergruppen -, für die ortskundige und ausgebildete Milizsoldaten eingesetzt werden sollen. Im Ernst: Bürgersoldaten gegen Kurden und Türken, die sich in Schweizer Städten bekämpfen? Blocher: Ja, sie müssen nur geschult werden, auch im Gebrauch von nichttödlichen Waffen. Wie wollen Sie Ihre Sicherheitskonzeption umsetzen? Im Fall der Partnerschaft für den Frieden haben Sie nach anfänglicher Generalopposition klein beigegeben. Blocher: Ich bin unterlegen: Der Bundesrat hat in eigener Kompetenz entschieden. Für bewaffnete Interventionstruppen im Ausland oder einen Nato-Beitritt müssen die Behörden durch das Nadelöhr von Volksabstimmungen. Da werden sie mit Sicherheit scheitern wie schon mit der Blauhelm-Vorlage. Auch die Frage eines Uno-Beitrittes wurde ja bereits durchgespielt. Sie haben eine Volksinitiative zur konkreten Fixierung und Umschreibung der Neutralität in der Verfassung angekündigt. Ist das Projekt still gestorben? Blocher: Nicht angekündigt, aber genau geprüft. Das Problem ist die Handhabung eines solchen Artikels, solange wir keine Verfassungs-Gerichtsbarkeit kennen und solange der Bundesrat alles Mögliche als mit der Neutralität vereinbar erklären kann. Kommt dazu, dass eine solche Bestimmung im Kriegsfall die Handlungsfähigkeit einschränkt. Es ist doch so, dass Sie grosse Schwierigkeiten haben, die Neutralität positiv und konkret zu umschreiben. Es ist einfacher, sie taktisch von Fall zu Fall als defensives Instrument politisch-ökonomischer Schlaumeierei einzusetzen. Blocher: Neutralität ist Stillesitzen, konsequente Nichteinmischung in fremde Angelegenheiten. Das braucht Kraft und Klugheit. Wenn der Ausgang der Debatte so klar ist wie die Abstimmungen über Uno-Beitritt oder Blauhelme, so erstaunt Ihre Hektik. Blocher: Die Gegenseite macht auf fragwürdige Weise mobil. Bundesrat Adolf Ogi behauptet, der Bericht befinde sich in der Vernehmlassung, bevor er konkretisiert und umgesetzt werde. In Tat und Wahrheit wird er auf militärischen Kursen bereits als neue Doktrin doziert: Brigadier Peter Arbenz und ausländische Offiziere treten referierenderweise auf und werben für Nato-Annäherung, für EU-Beitritt und Interventionstruppen. Das ist eine unzulässige Verpolitisierung von Armeekursen. Es tritt deutlich zutage, dass in Tat und Wahrheit nicht die Kommission den Bericht verfasst hat, sondern das VBS selber. Indoktrinierung in Truppendiensten ist ein klarer Missbrauch der Kommandogewalt und wäre eigentlich strafrechtlich zu ahnden. Ich selber habe mich als Truppenkommandant seinerzeit geweigert, in Truppenkursen und vor Soldaten gegen die Initiative zur Abschaffung der Armee zu werben. Politik gehört nicht in die Armee!