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27.08.1998
23.08.1998
Die vierte Erpressung wird folgen
Christoph Blocher über Globallösung und Diktaturen Interview mit der SonntagsZeitung vom 23. August 1998 Christoph Blocher bleibt hart: An der Globallösung, so der SVP- Politiker, sollten sich keine "seriösen" Firmen beteiligen. Interview: Niklaus Ramseyer Herr Blocher, die Nationalbank leistet keinen Beitrag an die Globallösung, welche die Schweizer Grossbanken mit Sammelklägern aus den USA ausgehandelt haben. Was sagen Sie dazu? Christoph Blocher: Das war der einzig mögliche und richtige Entscheid. Es war schon ein Fehler, dass die Nationalbank 100 Millionen in den Holocaust-Fonds einzahlte. Die Nationalbank hat mit dem Washingtoner Abkommen von 1946 alle ihre Fehler und Unsorgfältigkeiten während des Zweiten Weltkriegs abgegolten. Firmen wie Novartis hingegen wollen sich an der Globallösung beteiligen. Blocher: Auch das finde ich falsch. An diesem Deal sollte sich keine seriöse Firma beteiligen. Und wenn eine Firma von der Notlage der Juden in Hitler-Deutschland profitiert oder Zwangsarbeiter ausgebeutet hatte? Blocher: Auch dann kann eine Firma sich nicht einfach mit einem Beitrag an die Globallösung freikaufen. In einem Rechtsstaat muss festgestellt werden, wem ein solches Unternehmen Unrecht getan hat und dann müssen diese Opfer entschädigt werden - im Rahmen des Rechts. Ihr Konzern macht in den USA rund 150 Millionen Jahresumsatz. Hätten Sie im Boykottfall darauf verzichten können? Blocher: Natürlich wäre dies auch für uns sehr schmerzhaft. Aber wenn es gegen meine Firma erpresserische Sammelklagen gäbe, würde ich mir einen Rückzug aus dem Produktionsstandort USA überlegen - ich bin darauf vorbereitet. Machen Sie denn bei juristischen Streitigkeiten nie eine Kosten-Nutz-Rechnung und sind zu einem Vergleich bereit? Blocher: Einen Vergleich zu machen ist nichts Ehrenrühriges. Auf erpresserische Forderungen eingehen darf man hingegen nie. In jedem Land der Welt - ausser in den USA - würde die Art und Weise, wie dieser Deal von den amerikanischen Kreisen erzwungen wurde, als Erpressung bezeichnet. Die Schweizer Grossbanken haben Fehler gemacht und müssen darum jetzt bezahlen. Blocher: Ich bin auch der Meinung, dass vollumfänglich wieder gutmachen muss, wer Unrecht begangen hat. Genau darum geht es doch bei der Globallösung, die den Sammelklägern zugute kommt. Blocher: Eben nicht. Ich habe nämlich die unterschiedlichsten Begründungen gehört für diese Milliardenzahlung. Herr Gut von der CS-Bank sagte etwa, es sei ein Geschenk. Firmen haben jedoch keine Geschenke zu verteilen, das ist in dieser Grössenordnung auch gar nicht erlaubt. Dann habe ich gehört, das sei eben der Preis, um sich den Zugang zum US-Markt zu sichern. Dass unter zivilisierten Ländern gegenseitig ein Zutrittspreis zum Markt entrichtet werden müsste, wäre mir allerdings sehr neu. Also überhaupt kein Grund für diese Globallösung? Blocher: Moment. Eine dritte Begründung hat mir halbwegs eingeleuchtet. Sie heisst: Die Banken haben Unrecht getan jetzt müssen sie Genugtuung leisten. Genugtuung leistet man in einem Rechtsstaat nur jenen, denen Unrecht geschehen ist und nicht einem zufälligen Erpresser, der herausgefunden hat, dass man Fehler gemacht hat und mit Boykotten droht. Ihre Kritik an den Banken erstaunt immer wieder. Könnte es sein, dass Sie einfach immer noch verärgert sind wegen Ihres Streites mit der damaligen SBG, die Sie aus dem Verwaltungsrat geworfen hat? Blocher: (lacht) Wo denken Sie denn hin. Ich bin nicht gegen Banken, aber gegen Erpressungen. Seit Herbst 1996 weise ich auf die Gefahren der Erpressung hin. Vor dem nächsten Holocaust-Fonds warnte ich, weil ich sah, die nächste Erpressung wird folgen. Es war die Solidaritätsstiftung. Da verliess ich den Nationalratssaal und sagte, der Bundesrat habe den Kopf verloren. Und jetzt ist dieser Deal von New York die dritte Erpressung. Die vierte wird folgen. Soll die Bergier-Kommission weiterarbeiten? Blocher: Ja. Aber sie soll sich auf das Problem der nachrichtenlosen Vermögen beschränken. Diese Kommission ist jedoch problematisch, weil nur diktatorische Staaten ihre Geschichte von Staates wegen aufarbeiten lassen. In freiheitlichen Staaten sollte das dem freien Schaffen der Historiker überlassen bleiben. Auch wenn diese Historiker die Archive Ihrer EMS-CHEMIE durchforschen möchten? Blocher: (lacht) Sie sind in unseren Archiven ja schon lange drin. Unsere Firma wurde 1939 gegründet und hatte damals noch eine staatliche Beteiligung. Solche historische Forschung ist interessant und wichtig. Wie beurteilen Sie das Verhalten des Bundesrates in Zusammenhang mit der Globallösung? Blocher: Er hat sich im letzten Jahr sehr standhaft verhalten. Da muss ich ihn rühmen.
20.08.1998
Es ist grundfalsch, Solidarität erzwingen zu wollen
Vortrag und Diskussion zum Thema: "Die Schweiz im 21. Jahrhundert" Interview mit den "Uster Nachrichten" vom 20. August 1998 "Die Schweiz im 21. Jahrhundert" heisst der Titel des Referates, das Nationalrat Christoph Blocher am 25. August in Greifensee halten wird. Der prominente Zürcher SVP-Politiker spricht im Rahmen einer von der evangelischen Kirchgemeinde Greifensee organisierten Vortragsreihe zum Thema "Jahrtausendwende". Im Hinblick auf diesen Anlass baten wir Christoph Blocher zum Interview. Interview: A. Streiff Herr Blocher, Sie wurden eingeladen, in diesem Rahmen über den "Weg der Schweiz" zu sprechen… Was sind Ihre Prognosen für unser Land nach der Jahrtausendwende? Christoph Blocher: Ich bin nicht der Meinung, dass die Schweiz jetzt für das ganze kommende Jahrhundert ihre Funktion und ihren Weg festlegen müsse. Man stelle sich das einmal vor: Wenn einer im Jahr 1898 eine Rede über das 20. Jahrhundert gehalten hätte - seine Vorhersagen zur technischen und gesellschaftlichen Entwicklung wären wohl ziemlich verkehrt herausgekommen! Was er aber mit Sicherheit hätte sagen können, ist das, worüber ich auch sprechen werde: über die starken tragenden Säulen unseres Landes, über das, was längerfristig gleich bleibt. Was wäre das? Blocher: Es ist unsere freiheitliche Rechts- und Wirtschaftsordnung. Unsere weltoffene Haltung: Eine Freundschaft mit allen Ländern; eine Partnerschaft, ohne uns in Bündnisse einzubinden; ohne unsere Entscheidungsfreiheit aus der Hand zu geben! Ein wichtiger Pfeiler ist also die Wahrung unserer Selbständigkeit und Unabhängigkeit; und damit die dauernde bewaffnete Neutralität, die immerhin bewirkt hat, dass die Schweiz seit 200 Jahren im eigenen Land, keinen Krieg mehr gehabt hat! Man kann fürs kommende Jahrhundert voraussagen, dass es der Schweiz am besten geht, wenn sie auf ihren starken traditionellen Staatssäulen aufbaut. In früheren Interviews haben Sie von den guten Beziehungen zu den USA gesprochen, als Hinweis darauf, es gebe ausser der EU noch andere Partner… Heute sind die "traditionell guten Beziehungen" zu den USA auf einem Tiefpunkt angelangt… Blocher: …man darf die jetzige Situation nicht überbewerten. Diese Spannungen sind eine kurzfristige Sache, die das nächste Jahrhundert nicht berühren. Von einer generellen Änderung in der Beziehung zwischen uns und der USA kann jedenfalls keine Rede sein. Im Moment macht es aber den Eindruck, als ob da doch etwas kaputt gegangen wäre in der Beziehung USA-CH! Blocher: Wir pflegen seit dem Bestehen der USA ein freundschaftliches Verhältnis zu unserer "Schwesterrepublik". Und die Vereinigten Staaten sind nach wie vor ein westliches, freiheitliches Land, das uns in der Denkweise relativ nahe steht; obwohl heute der Rechtsstaat in den USA in vielen Sachen in Frage gestellt ist; und obwohl die jetzige Regierung und einzelne Teilstaaten stark unter dem Einfluss jener Kreise stehen, die uns mit Geldforderungen erpressen… Diese "Kreise" haben soeben 1,25 Mia $ bekommen… Ist das nun das Ende des üblen Holocaust-Streites? Blocher: Ich fürchte Nein! Eher ist es der Anfang weiterer Forderungen. Die Welt sieht jetzt, dass wir erpressbar sind, also werden bald Andere kommen und es auch versuchen. Lesen Sie doch die ausländischen Kommentare, dort ist die Rede von "einer ersten Teilzahlung": Die grosse Rechnung werde die Schweiz erst noch präsentiert bekommen… und die Zahlung von 1,8 Mia Franken interpretiert man gerne als "Schuldeingeständnis". Aber das hätte es ja gerade nicht sein sollen! Blocher: Man muss sich einmal vor Augen halten, wie der Milliarden-Deal zwischen den Grossbanken und den Anwälten der Sammelkläger auf die Öffentlichkeit wirkt: Wenn jemand ohne faires Gerichtsverfahren, vor Abschluss der Untersuchungen bereit ist, ein so hohes "Bussgeld" zu zahlen, dann heisst es doch sofort: "Der muss wohl Dreck am Stecken haben, sonst würde er nicht freiwillig soviel herausrücken…" Und niemand kann uns davor schützen, dass später wieder welche kommen und sagen, die Summe von 1,8 Mia $ sei willkürlich festgesetzt gewesen, in Wirklichkeit sei die Schuld viel grösser… Mit dem Nachgeben hat man das falsche Signal gesetzt und keinen einzigen Freund kaufen können! Im Gegenteil: Damit ist ein Präzedenzfall geschaffen worden und all jene, die als nächste mit Sammelklagen bedroht werden, dürften kaum dankbar dafür sein, dass sich unsere Grossbanken auf diesen "Ablasshandel" eingelassen haben. Blocher: Die Banken standen unter starkem Druck! Wer in den USA Business machen will, ist eben erpressbar… Ob schuldig oder nicht, der angedrohte Prozess und die Folgen des Boykotts kommen ihn teurer zu stehen als eine Lösegeldzahlung. Welche andere Wahl hätten denn die Banken, als nachzugeben? Im Umgang mit Erpressern gibt es einen eisernen Grundsatz: Man muss konsequent "NEIN" sagen. Nur so kann man sich vor weiteren Forderungen schützen. Wenn man diesen Kampf durchstehen will, muss die Wirtschaft bereit sein, auch die Nachteile auf sich zu nehmen, die eine aufrechte Haltung mit sich bringt. Doch diese Haltung zahlt sich mittelfristig aus: man darf die ganze Rechnung nicht nur kurzfristig ansehen. Einfach nichts zahlen und hoffen, die Sache erledige sich von selbst… ist das nicht ein zu einfaches Rezept? Blocher: Das gilt nur im Umgang mit Erpressern. Aber dort wo es berechtigte Forderungen gibt, muss für die Betroffen eine gerechte Lösung gefunden werden… und für diese Arbeit ist es wirklich höchste Zeit! Hatten Sie damit gerechnet, dass unsere Grossbanken umkippen? Blocher: Eine Überraschung war es nicht. Schon bei den Zahlungen an den Holocaust-Spezialfonds haben die Banken gezeigt, wie erpressbar sie sind. Sie haben als Unternehmer schon damals sofort erklärt, dass Sie nichts bezahlen werden… Blocher: …nicht an den Holocaust-Fonds, denn das ist ein erpresster Fonds und wenn man bei der Erpressung einmal "Ja" sagt, dann wird es nie aufhören. Und was ist mit der Solidaritätsstiftung? Blocher: Die ist "gestorben". Bundesrat und Parlament wissen das. Die Stiftung hätten sie ja noch dieses Jahr schaffen müssen - sie wurde zum 150-Jahr-Jubiläum angekündigt. Dieses Projekt würde nie durch die Volksabstimmung kommen! Warum nicht? Blocher: Erstens ist es grundfalsch, Solidarität erzwingen zu wollen. Es ist nicht Sache der Regierung, die Bürger dazu zu verpflichten, ein Teil des Volksvermögens in eine Solidaritätsstiftung einzuzahlen. Das ist diese moderne Art von Solidarität unter den Politikern: "solidarisch sein - indem man Geld das andern gehört - verschenken tut…" Und zweitens würden wir bei Bestehen dieser Stiftung jedes Jahr um 300 Mio. Franken erpresst - jedes Jahr! Aber das Ausland erwartet von uns, dass wir diese Stiftung machen… Wie stünden wir da, wenn dieses Werk nicht zustande kommt! Blocher: Es war - gelinde gesagt - ziemlich ungeschickt, dass diese Stiftungsidee vom Bundespräsidenten als Höhepunkt seiner Rede "zur Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg" der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Damit hat er im Ausland entsprechende Erwartungen geweckt. Das Resultat ist, dass man die vom Bundesrat angekündigte Stiftung als "Sühneleistung" für angeblich begangene Schandtaten interpretiert, und dass man im Ausland kaum weiss, dass bei uns weder Bundesrat noch das Parlament sondern das Stimmvolk über eine solche Stiftung zu entscheiden hat. Aber ein "NEIN" des Stimmvolkes hätte eine grosse positive Wirkung für die ganze Welt! In der ganzen Holocaust-Auseinandersetzung hat der Bundesrat ziemlich kläglich versagt. Sie fordern die Volkswahl des Bundesrates - was soll damit besser werden? Blocher: Bundesrat u n d Parlament haben die Nerven verloren. Das Versagen der Regierung wird von ausländischen Beobachtern entsprechend interpretiert: Man nimmt an, dass die Schweizer Regierung Dreck am Stecken habe. Beim Bundespräsidenten, der zuständig wäre, unseren Standpunkt gegenüber der Welt zu vertreten, weiss man, dass er die Geschichte nicht gekannt hat. Das geht an die Adresse von Bundesrat Cotti... Blocher:…auch an andere Politiker! Man hat reagiert, als wenn etwas Neues aufgedeckt worden wäre und sich noch entschuldigt… Ich bin ja kein Historiker - kenne aber die Geschichte des zweiten Weltkrieges relativ gut, weil sie mich schon immer interessiert hat - und ich habe in all den sogenannten "Enthüllungen", bis jetzt noch nichts gelesen, was noch nicht bekannt gewesen wäre. Es gibt Details, die nun hervorgehoben werden, aber etwas von Belang ist nicht zum Vorschein gekommen. Neu ist eigentlich nur, dass man jetzt die Dinge die damals geschahen, aus der heutigen Sicht - aus dem gemütlichen Lehnstuhl heraus - beurteilt. Man kann das tun, um sich Gedanken darüber zu machen, wie man selber in einer solch kritischen Situation handeln würde, aber man kann aus dieser Art von "Geschichtsbetrachtung" ganz sicher keine Vorwürfe und Forderungen an die damals aktive Generation ableiten! Nochmals die Frage: Was soll ändern, wenn der Bundesrat nicht mehr vom Parlament sondern vom Volk gewählt wird? Blocher: Die Bundesratswahlen sind degeneriert. Das ganze Verfahren ist heute ein abgekartetes Spiel zwischen den Bundesräten, den Spitzen der Bundesratsparteien, den verschiedenen Lobbys im Parlament, den Chefbeamten und gewissen starken Personen aus der Medienlandschaft, die auch noch mitmischeln. Das zwingt die Bundesräte, sich in einer gewissen Klasse zu bewähren - ob sie sich auch in der anderen Klasse bewähren, ist ohne Konsequenzen. Auf die Bevölkerung brauchen sie keine Rücksicht zu nehmen… Und das würde mit einer Volkswahl geändert: Dann sind die Bundesräte daran interessiert, so zu regieren, dass sie das Volk nicht vor den Kopf stossen. A propos vor den Kopf stossen: Ist der EU-Beitritt respektive der EWR-Plus ein Thema für den nächsten Wahlkampf? Blocher: Da werden die meisten Politiker sich hüten, vor den Wahlen klar Stellung zu nehmen. Das war schon das letze Mal so: Vor den Wahlen sagt jeder, das sei in der nächsten Legislaturperiode kein Thema - so auch die CVP - aber wenn die Wahlen überstanden sind, dann kann man leicht eine Kursänderung um 180° vornehmen. Der SVP wird nachgesagt, sie sei eine NEIN-Sager-Partei. Gibt es irgendwo irgendetwas, wozu sie "JA" sagt? Blocher: Nein-Sagen ist nicht negativ: Wenn Sie eine Fehlentwicklung verhindern, öffnen sie den Weg zum Fortschritt. Das "NEIN" zur EU ist nichts anderes als das "JA" zur Selbständigkeit und zu einer prosperierenden Schweiz. Es ist ja immer eine relative Frage, ob die Antwort "JA" oder "NEIN" sein soll: Man könnte die Frage anders formulieren und dann sieht man, zu was unsere Partei "JA" sagt. Ich möchte ein Beispiel, wo ein konstruktiver Beitrag geleistet wird... Blocher: Nehmen Sie unsere Finanzpolitik. Man kann es negativ formulieren: Die SVP sagt "NEIN" zu mehr Steuern - oder positiv: Wir sind "FÜR" ein Land mit weniger Steuern, Abgaben und Gebühren, damit dem einzelnen mehr verbleibt! Das ist ausserordentlich positiv und konstruktiv und nicht rückwärtsgewandt - aber eben, im entscheidenden Moment müssen Sie "NEIN" sagen zur Steuererhöhung. Oder nehmen Sie die Asylinitiative: Da haben wir ein ganz klares Programm vorgeschlagen - da haben die anderen Parteien "NEIN" gesagt… Weil diese damals den beschwichtigenden Worten von Bundesrat Koller geglaubt hatten! Heute weiss man es besser. Dennoch: die SVP politisiert rechts aussen. Besteht nicht Gefahr, dass damit rechtsextreme Tendenzen gefördert werden? Blocher: Den Vorwurf kann man uns nicht machen. Schauen Sie das Asylproblem an: Die Taktik die Bern anwendet ist gefährlich: Wenn man dort meint, es sei besser, dem Volk nicht offen zu sagen, wieviele Asylsuchende hereinkommen, wieviele untergetaucht sind, wieviele das Asylrecht missbrauchen, weil auf diese Weise die Entstehung von Fremdenhass verhindert wird, dann ist das ein Irrtum. Man kann das Aufkommen extremer Tendenzen nicht verhindern, indem man immer wieder beruhigt und sagt, man habe das Problem im Griff. Die Leute sehen doch was läuft, man kann sie nicht mit dem Zurückhalten von Informationen täuschen. Und wenn die Bevölkerung merkt, dass sie von oben nicht die Wahrheit bekommt und wenn die Leute dazu noch das Gefühl haben, sie kämen dauernd zu kurz, weil die Behörden die anderen vehätscheln, und wir mit Steuergeldern diese Verhätschelung noch bezahlen, dann beginnen die Leute sich ein Ventil zu suchen. Das wird dann extremistisch. Das ist die Theorie - aber in der Praxis sind wir noch nicht soweit! Blocher: Nehmen Sie zum Beispiel die Polizeiberichterstattung: Wenn in Zürich ein Drogenhändler aus Albanien verhaftet wurde, und die Zeitungen schreiben, "ein Mann" sei verhaftet worden - vielleicht steht noch sein Alter, aber die Herkunft wird verschwiegen, weil man auf diese Weise Rassismus vermeiden möchte… das führt doch nur dazu, dass sich jeder seine eigenen Gedanken macht: Bei jeder Polizeimeldung, in der nicht ausdrücklich steht, der Täter sei "ein Schweizer", muss man dann ja annehmen, es handle sich um einen Ausländer - vermutlich einen aus Ex-Jugoslawien und womöglich gar einer, der unser Asyl missbraucht… Was wäre denn zu tun? Blocher: Dem Rassismus - eigentlich jedem Extremismus - kann man nur mit offener Information entgegenwirken. Man muss die Probleme beim Namen nennen. Ich bin der Meinung, nur Transparenz verhindert diese gefährlichen Entwicklungen. Aber die Transparenz muss dann auch dazu führen, dass etwas getan wird, um das Problem zu lösen. Den Kopf in den Sand stecken, das Problem herunterspielen und denjenigen der wagt, davon zu sprechen, als "Extremisten" abstempeln… das war bisher die Methode, mit der die linken Parteien in der Asylfrage Politik machten. Ich hoffe, das ändere jetzt!
14.08.1998
Es wird bestimmt neue Forderungen geben
Interview mit der Berner Zeitung vom 14. August 1998 Für Christoph Blocher ist klar: die Milliardenzahlung der Banken ist für ihn ein Zeichen der Schwäche. Das jetzige Nachgeben wecke nur neue finanzielle Gelüste der jüdischen Organisationen. Interview: Jürg Abbühl Herr Blocher... Christoph Blocher: …Was die Banken gemacht haben, ist schlecht: Schon beim Holocaust-Fond haben sie sich erpressen lassen. Und wer einer Erpressung nachgibt, muss mit weiteren Erpressungen rechnen. Das ist jetzt die zweite. Sie sind recht erzürnt, dass Sie uns nicht einmal die Frage stellen lassen. Blocher: Ist doch wahr. Das ist die Ausgangslage! Obwohl Sie direkt aus den Ferien zurückkommen, sind Sie nicht entspannt. Blocher: Ich habe mit meinem Sohn und zwei Bergführern den Mönch und die Jungfrau bestiegen. Das war wunderschön. Die Nachricht von den Banken leider weniger. Es wird bestimmt neue Forderungen geben. Ich warne die Nationalbank und die Eidgenossenschaft, auch nur einen Finger breit nachzugeben. Eigentlich sollten sie zufrieden sein. Sie gehen als Sieger hervor. Blocher: Ich verstehe Sie nicht, warum? Die Milliardenzahlung der Banken dürfte die Unterstützung für die Solidaritätsstiftung bröckeln lassen. Blocher: Die ist sowieso erledigt. Mir haben jetzt zahlreiche Leute angerufen und gratuliert, dass meine Voraussage vom März 1997, dass es nur ums Geld geht, treffend war. Es wäre mir lieber, ich hätte nicht Recht bekommen. Warum? Blocher: Lieber eine politische Niederlage als erpresst zu werden. Haben sich die Bankers erpressen lassen? Blocher: Es kann sein, dass in diesen Banken tatsächlich soviel Unrecht geschehen ist, dass sie nun so viel bezahlen müssen. Das weiss ich nicht. Wenn es aber nicht der Fall ist und die Banken nur nachgegegben haben, um allfällige Nachteile abzuwenden, ist das eine äusserst kurzsichtige Sache. Sind die Herren Cabiallavetta, Ospel, Gut und Mühlemann schlechte Manager? Blocher: Sie haben in dieser Sache gewiss nicht geschickt gehandelt. Zuerst verschliefen sie das Thema, dann krochen sie zu Kreuze, zahlten in den Fonds und jetzt wieder. Sie werden es nun auf dem amerikanischen Markt leichter haben. Die Banken stellen Nationalbank und Wirtschaft unter Zugzwang. Blocher: Weder Wirtschaft noch Nationalbank sind verpflichtet, auch nur einen Franken zu zahlen. Ich für mein Unternehmen kann sagen, dass wir wie damals beim Fonds auch diesmal selbstverständlich nichts zahlen. Ich hoffe, die andern Unternehmer handeln gleich. Haben Sie Konten bei der CS und der UBS? Blocher: Ja, die Ems Chemie arbeitet mit allen Banken zusammen. Ziehen Sie Ihr Geld zurück? Blocher: Nein, das nicht. Wenn wir immer die Zusammenarbeit von Banken und Firmen auflösen würden, die einen Fehler machen, würde das ins Uferlose führen. Die Banken haben sich nun von ihrer Vergangenheit losgekauft. Für den Bund kommt mit dem Flüchtlingsbericht der Bergier-Kommission die nächste Belastung. Blocher: Warum auch? Im Flüchtlingsbericht wird nichts zum Vorschein kommen, was wir nicht schon längst wissen. Alles, was bis jetzt veröffentlicht wurde, ist grundsätzlich nicht neu. Es kann ja gar nicht möglich sein, dass in den letzten 50 Jahren die Historiker nur Unsinn geschrieben haben. Aber es stimmt. Neue Geld-Forderungen werden bestimmt gestellt werden, sowohl im In- und Ausland. Ich hoffe aber sehr, dass nicht noch ein drittes Mal nachgegeben wird. Was soll der Bundesrat machen? Blocher: Er muss jegliche Forderungen im Keim ersticken und schon vorgängig zurückweisen - egal wie der Flüchtlingsbericht herauskommt. Immerhin: der Bundesrat hat im letzten halben Jahr konsequent alle Forderungen zurückgewiesen. Blocher: Ja, das stimmt. Er ist standhaft geblieben. Er hat dem Druck der Wirtschaft widerstanden. Die Landesregierung hat aber nur so gehandelt, weil sie das Volk fürchtet. Hätten wir die direkte Demokratie nicht, wäre der Bundesrat mit Bestimmtheit weich geworden. Die Banken zahlen. Ist ihre Schuld nun beglichen? Blocher: Es geht schon lange nicht mehr um die historische Wahrheit. Es geht allein noch ums Geld. Die drüben sind geldhungrig und geldgierig. Wen meinen Sie? Blocher: Den Jüdischen Weltkongress, nicht die Juden. Wenn die Herren Bronfman und Singer merken, dass es irgendwo neue Möglichkeiten gibt, Geld zu scheffeln, werden sie unser Land erneut attackieren, hemmungslos. Denen geht es nur ums Geld, das ist eindeutig. Und hier kann die Antwort nur heissen: Nein.
14.08.1998