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Mandat de Conseiller Fédérale
22.12.2004
22.12.2004
«Ich spüre eine gewisse Freude»
Am Anfang seiner Amtszeit tönte es noch anders. Heute ist Christoph Blocher gerne Bundesrat. «Ich merke, dass ich etwas bewegen kann.» Das Verhältnis zu den anderen Bundesräten bezeichnet er als «kollegial». 22.12.2004, Berner Zeitung (Raphael Prinz und Karin Burkhalter) Herr Bundesrat, zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten sagten Sie: «Ich bin der Meinung, man sollte es wagen.» Dies ist die Aussage eines Magistraten. Haben Sie den Rollentausch vom Oppositionellen zum Bundesrat vollzogen? Es macht einen Unterschied, ob Sie sich mit Feuer und Flamme in eine Sache hineinstürzen oder ob Sie es wagen. Dieses Dossier ist und bleibt zwiespältig. Es bringt Vorteile, aber man muss auch über die Gefahren reden. Ich habe mich im Übrigen nie gegen die Personenfreizügigkeit aufgelehnt, bezeichnete sie aber auch nie als Ei des Kolumbus. Was meine Rolle als Oppositioneller anbelangt: Ich legte sie bereits bei Amtsantritt im Januar ab. Ich gebe zu, einfach war das nicht. Wie wichtig ist es für Sie, der Öffentlichkeit den anderen Blocher zu zeigen? Wir spielen auf den Dokfilm «Die Blochers» an. Ich habe mich immer so gezeigt, wie ich bin. Der Film stellt angeblich meine unbekannten Seiten dar. Darüber bin ich etwas erstaunt. Das war mir nicht bewusst. Natürlich haftet mir nach wie vor das Image des Oppositionellen an. Aber jetzt habe ich eine andere Aufgabe und gebe naturgemäss ein anderes Bild von mir ab. Das Bedürfnis, mich in Home Stories zur Schau zu stellen, habe ich aber wirklich nicht. Wie waren die Reaktionen auf den Film? Die, die mich gut finden, wurden in ihrer Haltung bestärkt und jene, die gegen mich sind, ebenfalls. Bei den «Neutralen» waren die Reaktionen durchmischt. Meine Waffe ist und war die Transparenz. Sobald diese fehlte, gab es immer Gerüchte und Hinterhältigkeiten. Über meine Familie kann man nach diesem Film nicht mehr irgend etwas erzählen. Ich glaube aber auch, das Volk hat Anrecht zu wissen, wer ich bin. Ihre Frau hatte einen prominenten Auftritt. Daran störten sich einige. Meine Frau hat in der Partei immer eine aktive Rolle gespielt - wenn auch im Hintergrund. Dank des Films weiss man jetzt, dass auch meine Frau - wie jede Frau - einen grossen Einfluss auf den Mann hat - einen grösseren als umgekehrt. Bevor ich als Unternehmer einen leitenden Mitarbeiter einstellte, wollte ich immer zuerst dessen Frau bei einem gemeinsamen Essen kennen lernen. War etwas suspekt, habe ich auch schon den Mann nicht eingestellt. Hab ich es trotzdem gemacht, ging es meistens nicht gut. Im Film sagen Sie über ihr erstes Bundesratsjahr: «Es läuft nach Drehbuch». Wie meinten Sie das? Über eine Strategie sollte man nicht reden. Aber ich gebe Ihnen ein Beispiel: Mir waren die moralinen Kommentare des Bundesrates nach Abstimmungen schon als Nationalrat ein Dorn im Auge. Und ich wusste, dass ich irgendwann einmal darauf reagieren musste. Entschieden, mich jeglichen Kommentars zu enthalten, habe ich mich ganz spontan, auf dem Weg nach Bern. An diesem besagten Sonntag gab es eine heilsame Erschütterung. Sie können sicher sein, Bundesräte werden das Volk nach einer Abstimmung nicht mehr massregeln. Mit meinem Drehbuch will ich solche verkrusteten Strukturen aufbrechen. Sie haben Spass an Ihrem Anderssein. Ja, doch. Die Welt lebt von Individualisten. Wenn alle gleich sein wollten, bräuchte es einen ja gar nicht mehr. Sie zeichnen ein harmonischeres Bild des Bundesrates als Aussenstehende. Die Landesregierung sei blockiert, heisst es. Sie hingegen reden von einer guten Streitkultur. Wer hat Recht? Ich merke, dass sich sehr viele Leute über den Bundesrat äussern, die gar nicht wissen wie es im Bundesrat zu und her geht. Meine Gegner werden auch in den nächsten Jahren behaupten, mit meiner Wahl in den Bundesrat sei alles schlechter geworden. Da, wo ich herkomme, gibt es wesentlich härtere Auseinandersetzungen als im Bundesrat. Dort geht es geradezu harmonisch zu. Ich halte Auseinandersetzungen für wichtig und meine, wir haben heute noch zu wenige. Ich stelle aber mit Freude fest, dass wir mehr diskutieren und das Kollegium dies gar nicht so schlimm findet. Wird der Bundesrat auf diese Weise das Land vorwärts bringen können? Ich glaube daran. Das Wichtigste überhaupt ist, dass der Bundesrat keine Fehlentscheide fällt. Und das hat er in diesem Jahr nicht. Wie erklären Sie sich, das sinkende Vertrauen in den Bundesrat seit Ihrer Wahl? Ich weiss nicht, was diese Umfragen wert sind. Ich höre aus der Bevölkerung eher das Gegenteil. Man merke, so heisst es, dass etwas gehe im Bundesrat. Vertrauen schenkt man einer Person, die sich voll und ganz für das Volk einsetzt, die sagt, was sie denkt und macht, was sie verspricht. Es ist für das Vertrauen nicht so wichtig, ob man Leuten eine Freude macht oder nicht. Nach anfänglicher Unzufriedenheit sehen sie in der Regel einen unpopulären Entscheid ein. Das habe ich als Unternehmer erlebt. Darum muss man etwas vorsichtig sein mit der momentanen Volksgunst. Kritiker sagen, Bundesrat Blocher hat nichts erreicht, er habe vor allem von Ruth Metzlers Vorarbeit profitiert? Sollen sie doch so urteilen. Ein Erfolg ist ein Erfolg - wem er zuzuschreiben ist - ist nebensächlich. Ich freue mich zum Beispiel über die ersten Erfolge in der Asylpolitik. Interessanterweise schreiben meine Gegner genau diese Erfolge meiner Vorgängerin zu, nachdem sie mich anfänglich wegen meiner zu restriktiven Asylpolitik kritisiert hatten. Die Hauptsache ist, dass ein Anfangserfolg da ist. Ich weiss, was wir in meinem Departement richtig gemacht und was wir noch zu tun haben. Das reicht. Etwas, dass Sie beschäftigen wird, ist die Zunahme von papierlosen Flüchtlingen. Wie gehen Sie dieses Problem an? Ich habe eine Vielzahl von Ideen. Es geht mir darum, dass diejenigen die Papiere haben, bevorzugt behandelt werden und beispielsweise früher zu arbeiten beginnen können als die Papierlosen. Ich habe nach drei Monaten im Amt gemerkt, dass bei der jetzigen Handhabung dumm ist, wer mit Papieren einreist. Das geht natürlich nicht. Von den echten Flüchtlingen reisen 80 Prozent mit Papieren an, bei den andern ist es gerade umgekehrt. Wie erklären Sie sich das? Die richtigen Flüchtlinge haben keinen Grund, etwas vorzuspielen oder die Papiere verschwinden zu lassen. Sie sind an Leib und Leben bedroht und wollen wirklich aufgenommen werden. Auch die Verwahrungsinitiative wird Sie im nächsten Jahr beschäftigen. Die Kritiken auf Ihren Umsetzungsvorschlag sind vernichtend. Wie soll es hier weitergehen? Nun, ich weiss gar nicht, woher Sie diese Informationen haben. Wir haben die Vernehmlassungsbilanz noch nicht veröffentlicht. Der Kanton Zürich beispielsweise beurteilt unseren Vorschlag positiv. Es ist aber sicher eine schwierige Frage, eine Gratwanderung. Insbesondere die Ärzte können die vorgeschlagene Lösung nicht mitragen. Das weiss ich schon. Die Ärzte wollen halt die Verantwortung für die Gutachten nicht tragen. Doch das werden sie früher oder später tun müssen. Ihre Bilanz über die Tätigkeit der Bundesverwaltung ist vernichtend. Sie arbeite ineffizient und deshalb müsse gespart werden. Wo liegt eigentlich die Schmerzgrenze beim Sparen in der Verwaltung? Solange die Verwaltung weniger kostet aber die gleiche Leistung bringt, tut das den Bürgern ja nicht weh. Natürlich schmerzt es die Angestellten, die man nicht mehr benötigt. Doch ich finde nicht, dass der Staat Leute beschäftigen muss, die er nicht braucht. Wie weit wollen Sie gehen? Eine Schmerzgrenze kann man nicht absolut festsetzen. Wenn man Leistungen reduzieren muss, kommt bald die politische Frage: Wie viele Aufgaben muss der Staat übernehmen. Wollen wir die Aufgaben um 10 oder 20 Prozent reduzieren? Ich möchte klare Ziele definieren und sagen: Wie war es eigentlich 1990? Alles was wir dort nicht gemacht haben, war ja auch etwas. Denn soweit ich mich erinnere, war es in der Schweiz in diesem Jahr nicht schlechter als heute. Um effizient zu sein, erwarten Sie von Ihren Angestellten den gleichen Einsatz, den Sie an den Tag legen? Nein, dass kann ich nicht verlangen. Aber innerhalb der normalen Arbeitszeit müssen Sie volle Leistung bringen. Das grössere Problem ist jedoch, dass die Leute ihre Aufgabe erfüllen, doch Sie nützen teilweise nichts. Dies, weil unter demselben Dach viele Leute ähnliche Dinge tun und nicht aufeinander abgestimmt sind. Können Sie ein Beispiel nennen? Die Personalabteilung. Beim Bund gibt es auf verschiedenen Stufen Personalabteilungen, die dasselbe tun. Hier muss man entflechten und Doppelspurigkeiten abbauen. In meinem Unternehmen mit 3000 Angestellten kam ich mit 22 Personalleuten aus. Hier sind es alleine in meinem Departement vier Mal so viele. Möchten Sie gerne als Bundesrat, der die Strukturen reformiert in die Geschichte eingehen? Weniger als Strukturreformer, aber als einer, der die Verwaltung verbessert. Als einer, der mit weniger Mitteln mehr erreicht, dass würde mir schon gefallen! Denn in der Bundesverwaltung leiden auch die Angestellten teilweise unter den Leerläufen. Die Bundesverwaltung ist das eine, der Bundesrat als Gremium das andere. Sie sprechen davon, dass Sie gut integriert sind. Wie erklären Sie sich das? Bei meinem Amtsantritt hatte ich den «worst case» vor Augen: der gefürchtete Blocher ist nun Bundesrat, also isolieren wir ihn. Ich fürchtete, dass alle meine Anträge abgelehnt und gar nicht diskutiert werden. Das ist nicht eingetreten. Es brauchte eine gewisse Anlaufzeit doch man kann zusammenarbeiten. Und dies, obwohl ich mich stark auch mit den Geschäften der anderen Departemente befasse. Ist das Verhältnis fast schon kollegial? Ja, und das ist für mich eine positive Überraschung. Obwohl ich weiss, dass einige der Kollegen meine Präsenz im Bundesrat auch heute noch nicht als angenehm empfinden. Wie ist die Zusammenarbeit mit Ihrer eigenen Partei, in der Sie vor Ihrer Wahl eine dominante Rolle gespielt haben? Nach wie vor sehr gut. Die Partei hat meinen Rollenwechsel zum Regierungsvertreter akzeptiert. Und Sie spüren ja weiterhin, dass sich die Auffassungen in groben Zügen decken. Sie haben einige Arbeitsbesuche im Ausland hinter sich. Gefällt Ihnen die diplomatische Welt mit ihren protokollarischen Gepflogenheiten? Diese Besuche gehören zu meiner Aufgabe. Sie sind weniger steif und formell, als ich gedacht habe. Bringen Sie etwas? Es ist wichtig, dass man sich kennt, weil man viel miteinander zu tun hat. Aber kritisch bin ich gegenüber grossen Kongressen. Gab es einen Minister, zu dem Sie einen speziell guten Draht gefunden haben? Ja, zum Österreichischen Innenminister Ernst Strasser, oder auch zum italienischen Kollegen Giuseppe Pisanu. Nach anfänglicher Skepsis und Reserviertheit wurde ich aber von allen gut aufgenommen. Wenn Sie so sprechen ergibt sich der Eindruck, ihr Amt mache Ihnen Spass? Ich muss sagen, es war zu Beginn sehr hart, sich in die Dossiers einzuarbeiten. Gerade in einem Departement, zu welchem ich als Mann der Wirtschaft keine direkte Beziehung habe. Doch heute spüre ich eine gewisse Freude und merke auch, dass ich etwas bewegen kann. Dann stellt sich die Frage nach einem baldigen Rücktritt von Bundesrat Blocher gar nicht. Nein, die Frage stellt sich zurzeit in der Tat nicht. Wenn alles gut geht, möchte ich bis 2026 bleiben. Bleiben wir mal im Jahr 2005. Was haben Sie für Vorsätze? Ich möchte versuchen, etwas weniger zu arbeiten als 2004. Ich hatte viele 20 Stunden-Tage und arbeitete auch am Sonntag oft. Das möchte ich nicht mehr. Einen Tag in der Woche sollte man sich freihalten. Der zweite Vorsatz ist, dass ich öfters aus dem Büro komme. Ich möchte wieder vermehrt mit Leuten sprechen, die an der Front arbeiten. In Gefängnissen, an der Grenze oder in Asylzentren.
20.12.2004
Ein Jahr im Bundesrat
Bundesrat Christoph Blocher zieht Bilanz 20.12.2004 Es gilt das gesprochene Wort I Begrüssung Meine Damen und Herren Ich habe in den vergangenen zwölf Monaten sehr viele Verantwortliche, die an der Front in den Bereichen Migration, Sicherheit, Justiz und Verwaltung arbeiten, getroffen und ihren Anliegen zugehört. Ich kann Ihnen versichern, dass sich mein Eindruck in Bezug auf die Missstände im Land bestätigt und vertieft hat. Die zahlreichen Reaktionen, die Hilferufe und Forderungen der Bevölkerung, der Kantone, der Gemeinden, sowie der Strafvollzugs- und Sozialbehörden wegen der illegalen Einwanderung, der Kriminalität, der Schuldenwirtschaft, der steigenden Defizite, sowie des geringen Wirtschaftswachstums und der Unterwanderung der Selbstverantwortung sind allesamt begründet. II Erwartungen Ich bin in den Bundesrat gegangen um folgende Hauptziele zu erreichen: - die Selbstbestimmung unseres Landes zu bewahren (und damit die Voraussetzung für einen Staat mit Handlungsfreiheit zu sichern) - einen schlanken Staat zu schaffen (und damit den Wohlstand und die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes zu sichern) - den politischen Mentalitätswechsel voranzutreiben Es war dabei mein stets offen deklarierter Anspruch, endlich die Probleme beim Namen zu nennen, um damit die Basis für gute Lösungen zu legen. 1. Die Wahl des 10. Dezembers 2003 und ihre Bedeutung In den letzten Jahrzehnten wurden stets jene Parlamentarier in den Bundesrat gewählt, die nach jahrelanger Vorarbeit Mehrheitspolitik betrieben und nicht all zu pointierte Standpunkte vertraten. Nun aber wählte die Bundesversammlung einen SVP-Vertreter in die Regierung, der als oppositioneller Unruhestifter galt. Das spricht für die ausserordentliche Situation, in der sich die politische Schweiz befand und befindet. Die Zauberformel wurde - allerdings nur vom bürgerlichen Lager - wieder hergestellt: Eine Konkordanzregierung kann nur sinnvoll funktionieren, wenn die Parteien gemäss ihrer Stärke und mit ihren profiliertesten Köpfen vertreten sind. Der neugewählte Bundesrat sucht nicht mehr von vornherein die Harmonie oder den Kompromiss. Im Gremium wird um Lösungen gerungen. Dies aus der Ueberzeugung heraus, dass eine Auseinandersetzung mit klaren Positionen zu besseren Entscheiden führt. Dazu gehört auch, dass politische Verkrustungen mit Tabuverstössen aufgebrochen werden müssen. Der Konsens steht am Schluss einer Entscheidungsfindung. Zuvor muss in möglichst freier Auseinandersetzung nach den besten Lösungen gerungen werden. Politiker sollten sich nicht als eine besondere "Klasse" sehen, weil sie sich sonst vom Volk, dem Souverän, entfremden. Diese Entfremdungstendenzen werden oft mit der wachsenden Globalisierung entschuldigt- was eine teure Ausrede ist. Globalisierung bedeutet: Global denken und lokal handeln. Das heisst in grossen Linien denken, die grossen Linien sehen, damit man im Kleinen richtig handeln kann. Dies gilt insbesondere für einen Kleinstaat. Leider wird das Gegenteil praktiziert. Es wird "klein" gedacht und zu wenig um gute Lösungen gerungen. Dafür ist man "gross" im globalen Handeln, was aber oft in nutzlosem, aber kostspieligem Aktivismus endet. Die Brauchbarkeit von Politik kann jedoch nur im Kleinen gemessen werden - wenn es etwa um den Nutzen eines neuen Lohnausweises geht. 2. Was nicht sein darf, ist nicht - oder was ist, darf nicht sein! Mein Hauptvorwurf vor der Wahl lautete: Die Probleme des Landes werden nicht gesehen oder falsch eingeschätzt. Am meisten sorgt sich die Bevölkerung zurzeit um die Arbeitslosigkeit. Doch deren Ursachen, der Ist-Zustand, die Zukunftsentwicklung und die Lösungsmöglichkeiten werden nicht ergründet. Was aber hindert die Wirtschaft daran zu florieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen? Das Grundproblem liegt in der Verregulierung aller politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Bereiche. Wer sich nur ein wenig bei den Praktikern umhört und nur etwas genauer hinschaut, weiss sofort, welche Faktoren zum Erfolg führen: Der Aufschwung findet dort statt, wo die Unternehmen steuergünstig produzieren können; wo gut ausgebildete Leute zu realistischen Löhnen zur Verfügung stehen; wo Baubewilligungen und andere offizielle Dokumente rasch auf dem Tisch liegen; wo die Verwaltung der Privatwirtschaft dient und nicht umgekehrt; wo die Unternehmen also in einem entkrampften Umfeld tätig sein können und nicht in einer alles erstickenden Regulierung. Diese Probleme werden nicht in ihrer ganzen Ernsthaftigkeit erkannt. Weshalb werden das wahre Ausmass der Staatsverschuldung und die zunehmende Regulierung der Wirtschaft nicht wirklich wahrgenommen? Weil es an Realitätssinn mangelt. Weil die herrschende political correctness die Wirklichkeit leugnet und Realisten regelrecht kriminalisiert. Ein Beispiel aus meinem Departement: - Die Realitätsverweigerer behaupten, es gäbe nicht vor allem Missbrauch beim Asylverfahren, denn alle Asylsuchenden seien bei Nacht und Nebel als Verfolgte des Heimatstaates geflohen und könnten folglich gar keine Papiere vorweisen. - Es gibt deshalb auch - laut den selben Realitätsverweigern - keine Asylsuchenden, die ihre Papiere vor dem Grenzübertritt wegwerfen, weil diese wissen, dass sie so - unter dem Schutz des Asylverfahrens - ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz ergattern können. Die Realität sieht anders aus: Die grosse Mehrheit aller Asylsuchenden werden durch organisierte Schlepper, aber auch durch Verwandte oder Bekannte ins Land geschleust. Laut dem Bericht "Illegale Migration" verfügen nur 20 Prozent der Gesuchsteller über ordentliche Ausweispapiere. Darum muss es oberstes Ziel unserer Asylpolitik sein, dass künftig nicht mehr jene belohnt werden, die sich der Papiere entledigen, die durch organisierte Kriminalität und unter Verschleierung ihrer wahren Identität in die Schweiz gelangen. 3. Fehlende Transparenz - Politik im Halbdunkel Wo der Realitätssinn fehlt, bleiben Probleme in ihrer wahren Tiefe unerkannt. Man tappt im Halbdunkeln. Nur wenn klar und transparent wird, wer weshalb welcher Meinung ist, wird die Politik für das Volk wieder fassbar und glaubwürdig. Nur die richtige Fragestellung und die schonungslose Analyse führen weiter. Das offene Benennen von Problemen ist oft bereits die halbe Lösung. Daran krankt aber die Politik und die Verwaltung. Vor dem Eintritt in den Bundesrat habe ich dies gespürt. Heute sehe ich es. III Bilanz nach einem Jahr im Bundesrat Die erwartete Isolation im Bundesrat ist nicht eingetroffen. Es hat keine Ausgrenzung meiner Person durch das ganze Gremium stattgefunden. Die Anerkennung ist grösser als erwartet, obschon ich weder mit meiner Meinung noch in der Stossrichtung meiner Kritik zurückgesteckt habe. Der Bundesrat diskutiert. Längst nicht alle meine Anliegen werden abgeschmettert, wie dies zu Beginn erwartet worden war. 1. Die Lageanalyse der Verwaltung nach einem Jahr Die Befürchtungen haben sich bewahrheitet, dass die Verwaltung überdotiert ist und zu wenig realitätsbezogen handelt. - Dies zeigt sich vor allem im einseitigen Führungsverständnis: Viele glauben, Führung bedeute, möglichst viele Entscheidungen in möglichst wenig Zeitraum zu fällen. Dabei ist das Ringen um den Entscheid das bedeutsame in der Führung. Die Entscheidung selbst ist bloss der letzte, man möchte beinahe sagen, banale Akt des Führens. Die schonungslose Problembestimmung und die tabulose Suche nach möglichst originellen Lösungsansätzen ist keine Stärke der Verwaltung. Die Fähigkeit verschiedene Varianten aufzuzeigen, ist noch zu wenig ausgebildet und an manchen Orten geradezu verpönt - es herrscht Variantenarmut statt eine lebendige Sammlung von Ideen. Wer nach Varianten etwa zum Wirtschaftswachstum oder Kostensenkungen fragt, löst leider sofort Abwehrreflexe aus und gilt als konsensgefährdender Störfaktor. - Bürgerinnen und Bürger werden zu wenig Ernst genommen. Dies zeigt sich schon im Kleinen: Die Verwaltung ist nicht erreichbar, es wird nicht zurückgerufen oder zu spät. Man regt sich eher über Bürger, die Briefe schreiben, auf, als dass man sich deren Probleme annimmt. - Es besteht die Gefahr einer Abhängigkeit von der herrschenden Mehrheitsmeinung. Allzu rasch wird nach einer Sprachregelung gerufen, wo es nichts zu regeln gibt, wo man einfach sagen müsste, wie es ist. Zu oft bestimmen die Medien in der Politik und Verwaltung das Agendasetting. - Das Kostenbewusstsein ist nicht vorhanden. Es wird nicht gefragt: Was kostet was? Wo gibt es kostengünstigere, aber dennoch gute Lösungen? Im Gegenteil: Gegen Ende Jahr muss Geld ausgegeben werden, weil es im Budget so vorgesehen ist. Entsprechend desolat zeigt sich auch der Zustand des öffentlichen Rechnungswesens. Erfreulich ist, dass der Bund wenigstens ein neues Rechnungsmodell beschlossen hat. 2. Zentrale politische Anliegen Als zentrale politische Anliegen sind zu nennen: - Wahrung der Souveränität und Schaffung von Handlungsspielraum - Gesunder Haushalt und Wirtschaftswachstum - Innere und äussere Sicherheit - Eine interessensbezogene Ausländerpolitik 2.1 Wahrung der Souveränität und Schaffung von Handlungsspielraum Es ist ein Erfolg, dass der Bundesrat den EU-Beitritt nicht mehr als strategisches Ziel bezeichnet. Gleichwohl arbeiten Regierung, Verwaltung und Parlament weiterhin auf eine EU-Mitgliedschaft hin - obschon das Stimmvolk die Beitrittsinitiative (2001) mit 77 Prozent abgelehnt hat. Hier hat sich nicht viel bewegt. 2.2 Innere und äussere Sicherheit Eine direkte Gefährdung der Schweiz durch terroristische Anschläge besteht derzeit kaum. Aber die Schweiz steht in Gefahr als Vorbereitungs- und Ruheraum für den internationalen Terror benutzt zu werden. Das Neutralitätsprinzip ist der beste Schutz vor dem globalen Terror. Die Zusammenarbeit mit den europäischen Polizeistellen wurde ausgebaut. Die Prävention von Gewalt wird verstärkt (Terrorismus, Sportveranstaltungen). Viel zu hoch ist nach wie vor die Ausländerkriminalität. Die Zuwanderung muss sich darum verstärkt nach den Faktoren Herkunft und Anzahl richten - nur so kann eine erfolgreiche Integration stattfinden. Die Revision des Ausländer- und des Asylgesetzes gehen in die richtige Richtung. 2.3 Gesunder Haushalt Das erklärte Ziel des neu gewählten Bundesrates bestand darin, einen starken Einfluss auszuüben auf die Entwicklung der Ausgaben, Kosten und Steuern. Konkret heisst das: Sanierung der öffentlichen Haushalte, Senkung von Kosten und Steuern, Schuldenabbau, Reduktion der Staatstätigkeit auf ihre Kernaufgaben. Mit dem Ziel, dass die Wirtschaft wieder besser gedeihen kann und sich Erfolg und Eigenverantwortung lohnen. Die Reduktion der Kosten, der Steuern und Abgaben, kurz - alles, was dem Wirtschaftswachstum und der Konkurrenzfähigkeit der Schweiz dient, habe ich mit aller Kraft vorangetrieben. Der Bundesrat hat das Ziel der besseren Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit in die Legislaturplanung 2005 aufgenommen. - Leider noch nicht erfolgreich war das Wirken auf die Finanzen des Bundes. Wir leben nach wie vor weit über unsere Verhältnisse und betreiben eine Schuldenwirtschaft. - Die Ausgaben wurden nur mässig erfolgreich gesenkt. - Das Kostenbewusstsein ist leicht gestiegen. Gute Erfolge haben wir auch im eigenen Departement auszuweisen. Das EJPD soll hier vorangehen, insbesondere was den Stellenetat, die Kosten und den Finanzplan betrifft. - Die wirtschaftspolitischen Erfolge sind eher gering. Immerhin hat der Bundesrat keine gravierenden Fehlentscheidungen und schwerwiegende Interventionen neu beschlossen. 2.4 Konsequente Asylpolitik Es freut mich, dass heute offen über Asylmissstände gesprochen und diskutiert werden kann. Es wurde anerkannt, dass das Asylrecht in grossem Stil missbraucht wird und rasch geändert werden muss. Diese Einschätzung teilt der Gesamtbundesrat und er hat deshalb einen Teil der notwendigen Verschärfungen beschlossen. (Vgl. Kapitel V "Bilanz im EJPD") 3. Positive Entkrampfung Erfreulich ist zudem die enorm veränderte politische Mentalität. Die Verhältnisse haben sich positiv entkrampft. - Ein Beispiel dafür ist das Funktionieren der Regierung. Es wird untereinander anders kommuniziert. Das macht die Politik offener und transparenter für die Bürgerinnen und Bürger. So können Entscheidungen besser nachvollzogen werden. - Es wird direkter über Probleme gesprochen. Begriffe wie "Scheininvalide" werden über die Parteigrenzen hinweg und in der Öffentlichkeit verwendet, um ein Problem zu beschreiben, das tatsächlich existiert. - Andersdenkende können weniger ausgegrenzt werden, auch im Bundesrat nicht. - Die Wirklichkeit ist stärker als die Verdrängungsversuche seitens der Mainstream-Presse und der political correctness. IV Bilanz im Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) 1. Erste Schritte zu einem schlanken Staat Ich bin mit dem festen Willen angetreten innerhalb der Verwaltung ein aktives Kostenbewusstsein durchzusetzen, auch in den kleinen Bereichen. An Stelle einer hochtrabenden Staatsleitungsreform, die den Verwaltungsapparat noch weiter aufgebläht, ist eine umfassende Reform der Verwaltung beschlossen worden. Es muss für die Bürgerinnen und Bürger sichergestellt sein, dass jeder Steuerfranken sinnvoll eingesetzt wird. Dafür müssen die oft verschlungenen Wege der Entscheidfindung vereinfacht und die Führung der Verwaltung verbessert werden. (Vgl. Beilage 3.1 Staatsleitungsreform) 2. Justiz- und Polizeidepartement - Erfolge bei Finanzen und Personal Das Budget 2004 des EJPD betrug 1,493 Milliarden Franken. Das EJPD wird um etwa 60 Millionen Franken besser abschliessen. Die Ausgaben 2005 werden trotz Lohnerhöhungen und zusätzlichen gesetzlichen Anforderungen erneut gesenkt werden können. Der Personalbestand des EJPD wurde reduziert. Per 30 November 2004 sind gegenüber 31. Dezember 2003 110 Stellen weniger zu verzeichnen. Allerdings kamen im selben Zeitraum 59 neue Stellen für das Projekt "EffVor" dazu (vor dem 1.1.2004 beschlossen). 3. Erste Erfolge in der Asylpolitik - Probleme bleiben Das Ziel die Zahl der Asylgesuche zu senken ist erreicht worden. Der Rückgang dauerte auch im Herbst an, einem Zeitraum mit sonst ansteigenden Gesuchszahlen. Im Oktober 2004 lag die Zahl unter 1'000, im November unter 900 Gesuchen (883 Gesuche) Seit April dieses Jahres hat die Schweiz die grösste Abnahme zu verzeichnen. Die Gründe für die erfreuliche rückläufige Gesuchsentwicklung in der Schweiz dürften die folgenden sein: - Kürzere Behandlungsfristen, da mehr Entscheide in den vier Empfangsstellen des Bundes gefällt werden und besser darauf geachtet wird. - Seit dem 1. April 2004 erhalten Personen, auf deren Asylgesuch nicht eingetreten wird, keine Sozialhilfe mehr. - Rückschaffungen werden konsequenter ausgeführt. Ein grosses Problem besteht jedoch weiterhin bei der Identitätsfeststellung. Rund 80 Prozent der Asylsuchenden haben auch dieses Jahr bei der Einreichung ihres Gesuchs keine Papiere vorgewiesen. Bei den anerkannten Flüchtlingen haben jedoch 80 Prozent Identitätspapiere. Zudem konnten etliche neue Rückführungsabkommen abgeschlossen werden. 4. Justizreform auf gutem Weg Einer Arbeitsgruppe unter Führung des EJPD gelang es die Probleme rund um das Bundesgerichtsgesetz zu lösen. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat seine Arbeit mit reduziertem Personalbestand aufgenommen, da die Auslastung noch unklar ist. Der Bau eines neuen Gerichtsgebäudes ist vorerst bis im Frühling 2005 sistiert. V Ziele 2005 Das wichtigste Ziel 2005 bleibt der politische Mentalitätswechsel: An erster Stelle steht die gründliche Analyse eines Problems, sonst ergibt sich keine gute Lösung. Dies bedingt einen ungeschminkten Blick auf die Realität und einen echten Variantenreichtum an Problemlösungsideen. Dieses Vorgehen hat nichts mit Links oder Rechts oder sonst einer Ideologie zu tun. Erst wenn das Problem für alle transparent und damit einsichtig ist, sind die Leute sensibilisiert und offen für neue Lösungen. Ein Höchstmass an Mitwirkung ist gegeben. - Verwaltung entsprechend dem Hauptziel schulen in Führung, Auftragserledigung und Entscheidfindung - Problembewusstsein und offenes Denken in der Verwaltung steigern. - Verstärktes Kostenbewusstsein in Politik und Verwaltung. - Bürgernähe statt Verwaltungsnähe. Die Verwaltung hat den Bürgern zu dienen und nicht umgekehrt. - Ausgaben bei Bund und Kantonen senken. Als Voraussetzung für niedrige Steuern, Abgaben und Prämien. Damit das Geld in der Wirtschaft und bei den Bürgern bleibt und nicht im Umverteilungsstaat versickert. - Bund: Keine Einnahmen und Ausgaben erhöhen! Aus der Überzeugung heraus, dass Wirtschaftswachstum nur möglich ist, wenn die Finanzen gesund sind. - Druck auf die Kosten verstärken. Im EJPD werden die Ressourcenbereiche (Information, Informatik, Personal, Finanzen, Logistik) unter die Lupe genommen. Ziel des Projektes ist die Konzentration auf die zwingend nötigen Aufgaben. - Das EJPD geht voran - Kostenreduktion auch im Kleinen! Die dem Departement zugehörigen Institute müssen eine Erhöhung der Eigenwirtschaftlichkeit erreichen. Das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) wird auf den Beitrag des Staates in der Höhe von 3 Millionen Franken verzichten müssen. - Asylpolitik Konsequente Umsetzung der verschärften Gesetzgebung. Der Sozialhilfestopp muss auf alle Asylsuchenden ausgedehnt werden, die kein Aufenthaltsrecht haben. Nächster Schritt: Der konsequente Vollzug von Asylentscheiden.
16.12.2004
Bern II Konferenz
Ansprache von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Bern II Konferenz, von Donnerstag, 16. Dezember 2004, in Bern 16.12.2004, Bern Es gilt das gesprochene Wort Begrüssung Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren Im Namen der Schweizer Regierung begrüsse ich Sie zu dieser zweiten internationalen Konferenz der Berner Initiative. Ich freue mich über Ihr grosses Interesse. Die Internationale Agenda für Migrationsmanagement (IAMM) Die Berner Initiative wurde im Juni 2001 gegründet. Sie ist seither weltweit auf grosses Interesse gestossen. Insbesondere in den letzten 6 Monaten, in deren Verlauf sie von zahlreichen Regierungen begutachtet werden konnte. Die Ansichten von Regierungsvertretern aller Weltregionen wurden in die "Internationale Agenda für Migrationsmanagement" (IAMM) aufgenommen, welche nun vorliegt. Ich hoffe, dass dieses repräsentative Dokument nun sowohl Ziel- als auch Herkunfts- oder Transitstaaten als Referenzsystem dienen wird. Bei der Agenda für Migrationsmanagement handelt es sich um ein unverbindliches Dokument, welches nicht in einem Verhandlungs- sondern in einem Konsultationsprozess erstellt wurde. Die Berner Initiative anerkennt explizit die Souveränität der Staaten im Bereich der Migrationskontrolle. Sie macht aber auch deutlich, wie wichtig eine verstärkte Zusammenarbeit zur Lösung der Migrationsprobleme ist. Migration als internationale Herausforderung Die internationale Migration stellt eine der bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit dar. Die Zahl der weltweiten Migranten wird in den nächsten Jahren kaum abnehmen: Einkommensunterschiede zwischen den Regionen, unterschiedliche Geburtenraten, Krisen, Konflikte, Umweltkatastrophen und kriegerische Auseinandersetzungen mit entsprechenden Flüchtlingsströmen können nicht ausgeschlossen werden. Dazu kommt, dass die Globalisierung, die leichteren Reisemöglichkeiten und billigen Transportmöglichkeiten die Migration begünstigen. Unkontrollierte "Migration" stellt die Herkunfts-, Transit- und Zielstaaten vor Herausforderungen: Fragen nach der Integration von Migranten in die Gesellschaften ihrer Zielstaaten, der Durchführung von Grenzkontrollen, Fragen der nationalen Sicherheit und Fragen nach der Rückübernahme von Personen durch ihre Heimatstaaten sowie der Schutz von Migranten vor krimineller Ausbeutung zählen dabei zu den Hauptproblemen. Demgegenüber kann eine gelenkte Migration auch Nutzbringend sein. Sie kann sowohl zum Wohlstand der Zielstaaten als auch der Herkunftsstaaten beitragen. In den Zielstaaten sind die Migranten als Arbeitskräfte willkommen und ein Teil des erarbeiteten Vermögens fliesst in die Herkunftsländer zurück. Die Situation in der Schweiz Diese Fragen beschäftigt auch die Schweiz. Erlauben Sie mir daher einen Blick auf unsere Situation: Die Schweiz weist eine der höchsten Ausländerquoten aus: 20 % der Gesamtbevölkerung sind Ausländer. Auch im Bereich der Asylgesuche lag die Schweiz in den OECD-Staaten an der Spitze. Ins Gewicht fällt auch die Arbeitsmigration: Jede vierte erwerbstätige Person in unserem Land ist Ausländerin oder Ausländer. Die Integration der Ausländerinnen und Ausländer in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft funktioniert im Allgemeinen gut. Trotzdem gibt es auch Probleme: Die Arbeitslosigkeit ist bei Ausländerinnen und Ausländern mehr als doppelt so hoch wie bei Einheimischen. Vielen ausländischen Jugendlichen bereitet der Übergang von der obligatorischen Schule zur Berufslehre grosse Mühe. In den Städten stellt die hohe Zahl von fremdsprachigen Kindern aus zahlreichen Kultur- und Sprachgebieten in vielen Schulklassen ein Problem dar. Negative Schlagzeilen über Gewalttätigkeiten unter Jugendlichen unterschiedlicher Nationalität und die hohe Ausländerkriminalität führen in weiten Kreisen der Bevölkerung zu Verunsicherung. Gesetzesrevisionen Auch wenn ein bedeutender Teil der heutigen Asylsuchenden nicht mehr dem Bild des klassischen Flüchtlings entspricht, wie es 1951 für die Flüchtlingskonvention entworfen wurde, gibt es auch heute noch Menschen, die an Leib und Leben gefährdet sind und unseren Schutz brauchen. Die Schweiz wird auch in Zukunft verfolgten Menschen Schutz gewähren. Aber Menschen welche ohne asylrelevante Gründe in die Schweiz kommen, müssen so schnell wie möglich in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Internationales Engagement In vielen Fällen werden Migranten von Schleppern ausgenützt. Um diesem Problem entgegenzutreten, unterstützt die Schweiz die Convention Plus Initiative des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge und hat zusammen mit Südafrika die Co-Leitung des Projekts "Irreguläre Zweitbewegungen von Flüchtlingen und Asylsuchenden" übernommen. Die Schweiz hat sich ferner aktiv für die Einsetzung der "Global Commission on International Migration" engagiert, welche im Dezember 2003 gegründet wurde. Eine der Hauptaufgaben der Kommission ist es, die Migrationsthematik nachhaltig in die globale politische Agenda einzubringen. Und schliesslich ist auch die Berner Initiative ein Teil des Schweizerischen Beitrages an die globale Migrationsdebate. Ziel der Konferenz Mit der heutigen Konferenz hat die Berner Initiative: "Steuerung der internationalen Migration durch Zusammenarbeit", zu welcher wir mehr als 100 Staaten eingeladen haben, einen entscheidenden Punkt erreicht. Ziel dieser zweitägigen Diskussionen ist es, die Agenda den teilnehmenden Regierungsvertretern zu überreichen und sie als Arbeitsinstrument für den Migrationsdialog auf nationaler, regionaler oder globaler Ebene zu empfehlen. Von Bedeutung wird aber auch die Debatte über die weitere Entwicklung des Prozesses der Berner Initiative sein, welche von zahlreichen Partnerstaaten gewünscht wurde. Hier stellen sich folgende Fragen: - Wie können und sollen die Resultate des Prozesses auf regionaler und globaler Ebene verwendet werden? - Welche Rolle kann und soll die Berner Initiative im Rahmen der UNO Debatte über die Herausforderungen der internationalen Migration einnehmen, welche für den Herbst 2006 vorgesehen ist? - Wie soll die vorliegende Agenda der "Global Commission on International Migration" als Ergänzung ihres Berichtes zuhanden des UNO Generalsekretärs Kofi Annan im Herbst 2005 zur Verfügung gestellt werden? Ich wünsche ihnen für Ihre Arbeit in den kommenden zwei Tagen viel Erfolg und danke Ihnen für die Unterstützung, welche Sie im Rahmen der Berner Initiative geleistet haben.
19.11.2004