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03.09.2011
19.08.2011
Die FDP hat bei Wahlen immer von der SVP profitiert
Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 19. August 2011 mit Thomas Ribi und Réne Zeller Herr Blocher, warum wollen Sie Ständerat werden? Weil die Anliegen, die ich vertrete, im Ständerat zu wenig vertreten werden. Wichtige Themen wie die Unabhängigkeit der Schweiz, der Föderalismus, das Sparen in den öffentlichen Haushalten, die Kriminalitätsbekämpfung fanden früher im Ständerat vehemente Fürsprecher, heute leider nicht mehr. Sie werden bald 71-jährig. Sind Sie nicht zu alt, um nochmals ins Bundeshaus zurückzukehren? Es gibt tatsächlich Politiker, die mit 71 zu alt sind, aber es gibt auch solche, die es mit 40 schon sind. An Temperament fehlt es mir nicht. Und dank meiner langjährigen wirtschaftlichen und politischen Erfahrung bringe ich sehr viel ein. Wie lange möchten Sie im Ständerat bleiben: 4 Jahre? 8 Jahre? Oder länger? Solange es mich braucht und ich in der Lage bin! Sicher 4 Jahre bis zur allfälligen Wiederwahl. Mein Vorteil ist, dass ich keine lange Einführungszeit zur Einarbeitung brauche. In der SVP wird gewünscht, dass Sie Fraktionschef werden. Ist das Ihr Plan? Nein, das ist nicht mein Plan. Wir wissen, dass Caspar Baader aufhören möchte, aber ich hoffe, dass er bis zum Frühjahr bleibt. Dann schauen wir weiter. Erwägen Sie, ein weiteres Mal für den Bundesrat zu kandidieren? Nein. Erstens wird mich dieses Parlament nicht in den Bundesrat wählen. Zweitens wird die SVP, wenn sie einen zweiten Sitz bekommt, wohl mit einem Welschen antreten. Und drittens - und das ist entscheidend - glaube ich, dass ich in den nächsten vier Jahren vor allem im Parlament gefragt bin. Die Hauptentscheidungen - ich denke an Europa, Masseneinwanderung und die zweite Säule - werden wohl an der Urne gefällt, auch da bin ich nötig. Übernehmen Sie das Parteipräsidium? Faktisch sind Sie ja der Chef der SVP. Nein, wir haben einen hervorragenden Parteipräsidenten. Ich sehe keinen Grund ein so gutes Pferd zu wechseln! Sie haben den Ständerat als links und wirtschaftsfeindlich kritisiert. Jetzt wollen Sie ihn parteipolitisch vereinnahmen. Die SVP hat - als wählerstärkste Partei - nur 7 Ständeräte. Immer wieder haben wir es erlebt, dass wir im Nationalrat mit FDP und CVP wegweisende Lösungen durchgebracht haben, etwa in der Verbrechensbekämpfung. Weil das Stimmresultat öffentlich ist, konnte sich - vor allem die CVP - so als bürgerlich präsentieren. Im Ständerat ist die Stimmabgabe nicht transparent, so konnte vor allem die CVP diese Lösungen - gleichsam in der Dunkelkammer - beerdigen. Darum werden die Missstände in der Kriminalität, dem Asylmissbrauch und der Europaintegration nicht gestoppt. Diese parteitaktischen Klüngeleien müssen aufhören. Sie verfolgen parteipolitische Ziele. Das widerspricht dem Charakter des Ständerats als «chambre de réflexion». «Chambre de réflexion» – das war einmal. Dieses Attribut wird wohl deshalb so oft bemüht, weil es vornehm klingt. Ob Ständeräte mehr reflektieren als Nationalräte, bezweifle ich. Und Parteipolitik gibt es auch im Stöckli, nur wird sie dort besser kaschiert. Sie würden im Ständerat nicht primär opponieren, sondern Lösungen suchen? Natürlich. Die Kraft der Argumente ist entscheidend. Im Ständerat sogar noch mehr als im Nationalrat, weil es ein kleineres Gremium ist. Aber Kritik an Vorlagen der Verwaltung ist auch im Ständerat wichtig. Früher war dies - vor allem in der Finanz und Steuerpolitik - im Ständerat üblich. Heute ist diese positive Kraft weitgehend versiegt. Für Sie ist es besonders schwierig, überparteiliche Allianzen zu schmieden, weil Sie die SVP vertreten wie niemand sonst. Ich wirke gestaltend in der SVP mit, und ich teile natürlich die Positionen der Partei. Vorallem weil sie im Interesse der Schweiz sind. Diese sind auch im Ständerat zu vertreten. Werden sie unter den Tisch gewischt, muss sie das Volk an der Urne durchsetzen. Noch nie sind so viele Volksinitiativen gegen den Willen von Verwaltung, Bundesrat und Parlament an der Urne durchgekommen, wie in den vergangenen Jahren. Diese Kluft zwischen Bürgern und Classe politique sollte zu denken geben! Welche Fragen sind für den Kanton Zürich zurzeit zentral? Zürich ist der einwohnerstärkste Kanton, erwirtschaftet einen Fünftel des Bruttoinlandproduktes und steuert rund einen Viertel an den gesamtschweizerischen Steuerertrag bei. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung. Der Kanton Zürich muss nicht auftrumpfen, aber er verfügt über ein Erfahrungs- und Wissenspotenzial, das andere Kantone so nicht einbringen können. Das tut Zürich zu wenig. Wenn ein Kanton schon so viel bezahlt, dann muss er auch die Forderung nach einem schlanken Staat und tiefen Steuern und Abgaben vertreten – für ihn ist es entscheidender als für andere. Hört man in Bern überhaupt auf Zürich? Sicher. Aber wer vornehm zurücksteht, muss sich nicht beklagen. Etwa was die Verkehrsinfrastrukturen betrifft. Fahren Sie einmal auf einer Autobahn Richtung Jura. Sie vereinsamen fast auf der Autobahn! Im Kanton Zürich aber reichen die Strassen nicht einmal, um das alltägliche Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Das muss der Kanton Zürich geltend machen und für seine Anliegen kämpfen. Für welche? Ausser den Strassen auch für den Flughafen. Es ist nicht in Ordnung, dass uns die deutsche Regierung ein Anflugregime aufzwingt, das eine kleine Zahl von Deutschen schützt, aber die Grossagglomeration Zürich zusätzlich belastet. Wenn die Schweiz jetzt einen Vertrag über die Abgeltungssteuer schliesst und Milliarden nach Deutschland schickt, dann muss der Kanton Zürich verlangen, dass man diese beiden Geschäfte miteinander verknüpft. Das ist ein typisches Standesanliegen. Aufgabe insbesondere der Regierung und der Zürcher Ständeräte. Als Wirtschaftsstandort ist Zürich besonders auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Sie stellen die Personenfreizügigkeit in Frage. Wo bleiben da die Interessen Zürichs? Die sind mehr als gewahrt. Natürlich brauchen wir ausländische Arbeitskräfte. Die Frage ist aber, zu welchen Bedingungen. Bei der Einwanderungsinitiative geht es nicht nur um die Personenfreizügigkeit. Es geht um viel mehr. Um was konkret? Wir haben ein Chaos z.Bsp. auch in der Asylpolitik. Die Schweiz muss die Ausländerpolitik, die Kontrolle bei der Einwanderung und die Asylpolitik selbst bestimmen können. In ein paar Jahren könnten in der Schweiz Zustände herrschen wie heute in England. Weil die Schweiz unfähig ist, die Probleme zu lösen – etwa das Problem mit den Afrikanern. Das ist ein Pulverfass. Oder denken Sie an die Sans-Papiers. Das ist auch ein Teil der Masseneinwanderung, die die SVP stoppen will. Zur Personenfreizügigkeit: In den letzten vier Jahren sind netto 330'000 eingewandert und die erhitzte Konjunktur hat die Probleme etwas verdeckt. Aber was geschieht, wenn jetzt eine wirtschaftliche Baisse kommt? Wir müssen auf dem Arbeitsmarkt den Vorrang des Schweizers wieder etablieren, wie das bis 2003 galt. Heute gilt der Vorrang des Europäers. Wenn wir nichts ändern, gibt das Zündstoff. Vor allem im Kanton Zürich. Die Wirtschaftsverbände kritisieren, Ihre Einwanderungs-Initiative schade dem Wirtschaftsstandort. Manager und kurzsichtige Unternehmer haben eben ganz andere Interessen. Es ist ihnen doch gleichgültig, wie viele Arbeitslose und soziale Spannungen wir am Ende haben. Für sie ist entscheidend, ob es ein bisschen einfacher ist, neue Leute auszulesen und einzustellen. Dabei übersehen sie, dass jetzt gleichzeitig eine Stärke der Schweiz - der freie Arbeitsmarkt - durch Regulierung verschwindet! Ihre Kandidatur spaltet die Bürgerlichen. Die FDP unterstützt Sie nicht. Können Sie das nachvollziehen? Es ist verständlich, dass jede Partei den eigenen Kandidaten unterstützt aber wenn es eine zweite Linie auf dem Wahlzettel hat, dann sollte eine Partei schauen, wer von den anderen Kandidaten das kleinere Uebel ist. Sofern die FDP noch eine bürgerliche Partei ist, sollte ihr der SVP-Kandidat näher stehen als SP, Grüne und viel ähnliches. Wir fragen umgekehrt, gegen wen sich Ihre Kandidatur richtet. Gegen Ständerätin Diener? Gegen Ständerat Gutzwiller? Oder gegen beide? Meine Kandidatur ist für eine klare, bürgerliche Linie: Liberal, weniger Steuern, Abgaben, Gebühren, für einen schlanken Staat und Freiraum der Bürger. Da sollte uns die FDP näher stehen. Um das herauszufinden muss man nicht lange studieren, sondern Parteiprogramme lesen, Worte und Taten vergleichen. Sie könnten sich vorstellen, im Ständerat mit Felix Gutzwiller zu kooperieren? Müsste ich doch. Klar, in Fragen der Unabhängigkeit der Schweiz war er nicht gerade ein Leader. Auch bei Fragen von niedrigeren Steuern und Abgaben war er kein Vorreiter, aber in Fragen, die Zürich betreffen, habe ich mit ihm sicher mehr Gemeinsamkeiten als mit allen anderen Kandidaten. Hatten Sie mit Felix Gutzwiller vor der Lancierung Ihrer Kandidatur Kontakt? Felix Gutzwiller war sicher nicht das Hindernis, das den gemeinsamen Wahlkampf von FDP und SVP versperrt hat. Die Freisinnigen haben bei Wahlen immer auch von uns profitiert, weil die SVP-Wähler eben die politischeren Leute sind! Wir sind uns bewusst, dass man zusammenspannen muss, wenn es um zwei Sitze geht, auch wenn die Positionen nicht identisch sind. Aber es gilt das kleinere Uebel zu ermöglichen. Es geht um das übergreifend Politische. Was heisst das für den Wahlkampf? Ich vertrete meine Meinung und wenn sie Felix Gutzwiller widersprechen sollte, versuche ich ihn zu überzeugen. Es gibt in meinem überparteilichen Komitee FDP-Mitglieder wie es auch SVP-Mitglieder im Komitee pro Gutzwiller gibt. Was ist denn daran so besonders? Sie haben 2007 mit der Abwahl aus dem Bundesrat eine schmerzliche Erfahrung gemacht. Sind Sie noch immer verbittert? Natürlich. Die Abwahl aus einem Amt, das man ernst nimmt, darf doch kein Freudenfest sein. Ist diese Verbitterung die Triebfeder für Ihre Ständeratskandidatur? Nein das nicht. Verbittert bin ich, weil ich gesehen habe, was ich als Bundesrat noch hätte für die Schweiz bewirken können. Gerade in der Ausländer- und spezifisch der Asylpolitik. Aber alles hat auch Vorteile: Ausserhalb des Bundesrates hatte ich in den letzten Jahren mehr Einfluss in übergeordneten Fragen, weil ich nicht mehr im Regierungskorsett eingebunden war. Die SVP hat in den letzten vier Jahren kompromisslos agiert. Sind Sie willens, künftig wieder vermehrt Hand zu bieten für bürgerliche Kompromisse? Falls die SVP als grösste Partei mit zwei guten Vertretern in der Regierung ist, selbstverständlich. Es wird wohl einfacher, wenn CVP und FDP bei den nationalen Wahlen erneut Verluste erleiden. Weil dann beide ihre Situation bereinigen und wieder zu einer bürgerlichen Politik zurückfinden werden, um nicht unterzugehen.
30.07.2011
Das ist intellektueller Terrorismus
Interview im «Der Sonntag» vom 30. Juli 2011 mit Patrik Müller und Othmar von Matt Herr Blocher, mit der „Initiative gegen die Masseneinwanderung“ legen Sie sich mit der Wirtschaft an. Die SVP gefährde den Standort Schweiz, sagt economiesuisse. Warum wollen Sie keine Wirtschaftspartei mehr sein? Christoph Blocher: Wir sind und bleiben die Wirtschaftspartei - aber nicht immer eine Wirtschafts-Verbandspartei. Ich muss mich nicht zum erstenmal grundsätzlich im Interesse der Wirtschaft mit den Verbänden anlegen. So unter anderem bei der Abstimmung über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Hätte die Schweiz damals auf die Verbände gehört, wäre sie heute mit Sicherheit Mitglied der EU zum Schaden der Wirtschaft! Ist die Personenfreizügigkeit für Sie ein ähnlicher Kampf wie der EWR 1992? Es gibt Parallelen. Wieder will man die Schweizerische Unabhängigkeit - diesmal in der Ausländerpolitik - aufgeben. Auch das ist zentral! Die Folgen der Preisgabe sind zu negativ. Das muss man korrigieren. Niemand bestreitet, dass es bei der Einwanderung Probleme gibt. Aber alle Unternehmen sagen, die Freizügigkeit sei enorm wichtig. Sind das alles Verirrte und nur Sie allein haben recht? 1992 war ich – mit Otto Fischer zusammen – auch anfänglich allein. Damals plagten mich manchmal in der Nacht starke Zweifel, ob ich mit meinem EWR-Nein richtig liege. Heute habe ich keine Zweifel, dass die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung für die Schweiz das Erfolgreichere ist. Das ist ziemlich anmassend. Warum? Ich weiss: Eine unkontrollierte Einwanderung ist für die Manager einfacher. Aber zu kurzsichtig gedacht. Wir haben das Gesamtinteresse und das langfristige wirtschaftliche Interesse des Landes im Auge: Mit der Rezession, die absehbar ist, wird es zusätzliche grosse Belastungen für die Sozialwerke und soziale Spannungen geben. Die Schweiz soll wieder selber bestimmen können, wer unter welchen Voraussetzungen einreisen kann. Dabei soll der Vorrang der Schweizer gelten. Deswegen darf man doch nicht riskieren, die Bilateralen als Gesamtpaket zu gefährden. Wir verlangen die Anpassung der Verträge und nicht die Kündigung. Sollte die EU eine Anpassung aber grundsätzlich ablehnen, müsste man eine Kündigung wohl in Kauf nehmen, um sie neu auszuhandeln. Das wäre keine Katastrophe. Die Schweizer Geschichte zeigt: Druck auf unser Land ist eine Konstante. Die Frage ist nur, ob man die Kraft und den Willen hat, Widerstand zu leisten. Die Schweiz hat bewiesen, dass sie das erfolgreich kann. Sogar für die schlimmsten Fälle hat sie darum eine Armee. Eine militärische Aktion aus der EU gegen die Schweiz? Das ist grotesk. Dass ein EU-Land die Schweiz besetzt, ist sicher unwahrscheinlich, kann aber nie ausgeschlossen werden. Die Geschichte lehrt: Politiker werden schnell zu Dieben. Und Staaten, die Hunger haben, werden zu Raubrittern. Da muss man wachsam bleiben. Was, wenn die EU mit der Kündigung der Bilateralen Ernst macht? Holland, Deutschland und Italien würden mit Sicherheit gegen eine Kündigung intervenieren. Wegen des Nord-Süd-Verkehrsvertrags - des wichtigsten Vertrags, den die EU mit uns hat. Vertreter der Mitte-Parteien wollen die Einwanderungsprobleme angehen, ohne gleich die Bilateralen zu gefährden. Warum arbeiten Sie nicht mit denen zusammen? Es ist gut, wenn sie die Probleme endlich angehen. Im Parlament haben sie unsere Vorstösse alle abgelehnt - und das Problem verneint. Aber wenn sie mit einer noch besseren Lösung die Masseneinwanderung stoppen können, macht die SVP mit. Sie wären zu einem Rückzug der Initiative bereit? Falls das Problem anders und besser gelöst wird, ja. Bundesrat Schneider-Ammann machte einen ersten - erfolglosen - Versuch mit einer Neuverhandlung betreffend Ventilklauseln, das wäre letztlich nichts anderes als Kontingente. Der Bundesrat müsste mit Brüssel eine Ventilklausel verhandeln? Wir können hier nicht über Kompromisse fachsimpeln. Aber klar ist: Es geht der SVP darum, die Masseneinwanderung - legale und illegale - zu stoppen. Die Lösung des Problems steht im Vordergrund. Wäre das der Fall, müssten Sie nicht Stimmungsmache betreiben. Auf den SVP-Inseraten sieht man dunkle Gestalten, welche die Schweiz betreten. Sie bringen diese Sujets ausgerechnet nach dem Massenmord an den Jungsozialisten in Oslo. Das Inserat bringt die Sache auf den Punkt: Es zeigt eindrücklich die Masseneinwanderung in die Schweiz. Nach Oslo wirkt es geschmacklos. Das entsetzliche Attentat in Oslo wird jetzt instrumentalisiert. Ich hätte nicht gedacht, dass das so plump geschieht. Das ist ja intellektueller Terrorismus. Die ausländerfeindlichen SVP-Kampagnen vergiften das Klima und schüren Hass. Das kann der Nährboden sein für Gewalt. Massenmord ist ein Verbrechen - unabhängig des Motivs. Aber in welchem politischen Klima gedeihen solche Extemisten? Dort, wo Probleme verniedlicht oder unter den Tisch gewischt werden, wie etwa bei der Migration oder dem Islam. Das bildet Nährboden für die für Terroristen bezeichnenden Ohnmachts- und Wahn-sinnstaten. In der Schweiz haben wir einen unbedeutenden Rechtsextremismus. Dies verdankt die Schweiz sowohl der SVP, die die Probleme benennt, als auch der direkten Demokratie, welche die Politiker zwingt, darüber zu reden. Demokratie und Offenheit entziehen den Nährboden für Extremismus. Wollen Sie damit sagen, Norwegen habe Probleme verniedlicht? Norwegenkenner bestätigen dies, obwohl Norwegen mit 12% Ausländer viel weniger Ausländer hat, als die Schweiz, ist die Stimmung gereizt. Sie behaupten: Dank der SVP konnte in der Schweiz rechtsaussen nie etwas Gefährliches entstehen? Man kann dies natürlich nie ausschliessen. Aber zumindest entsteht so kein vergiftetes Klima! Extremistischen Gruppierungen wird der Nährboden entzogen. Darum: Rechts von der SVP darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Wäre die SVP eine 10-Prozent-Partei bernischer Prägung geblieben, gäbe es dann heute eine rechtsextreme Partei? Ehemals bernischer Prägung! Das ist sicher nicht auszuschliessen. Manche halten die SVP selbst für rechtsextrem. Im deutschen Magazin „Spiegel“ wird sie in einem Atemzug mit Le Pen in Frankreich und Geert Wilders in Holland genannt. Diese Medien holen ihre unqualifizierten Einschätzungen natürlich bei Journalisten in der Schweiz, denen die SVP nicht passt. Wie stellen Sie sicher, dass es in der SVP keine rechtsextremen Mitglieder gibt? Extremisten gibt es in allen Parteien. Wenn man eine klare Parteilinie verfolgt wie die SVP, treten gefährliche Extremisten gar nicht bei. Ich bin aber dagegen, dass man jede extreme Meinung aus einer Partei ausschliesst. Bei leitenden Funktionen und Ämtern muss man streng sein. Aber bei normalen Mitgliedern bin ich gegen Gesin-nungschnüffelei. Ausschlüsse, weil jemand nicht der political corectness entspricht, führt nur dazu, dass sich diese Leute radikalisieren und gefährlich extremistisch werden. Was halten Sie davon, dass die SVP-Politiker Ulrich Schlüer und Oskar Freysinger sich international vernetzen und eine anti-islamische Allianz schmieden – etwa mit Geert Wilders? Unsere Nationalräte können Kontakte pflegen mit wem sie wollen. Aber ich sagte Oskar Freysinger, er solle aufpassen, denn die Gefahr besteht, dass man sich mit fragwürdigen Spinnern einlässt. Ich würde Vorsicht walten lassen. Der Attentäter von Oslo, Anders Breivik, nennt die SVP in seinem Manifest eine „gute Partei“. Das muss Ihnen zu denken geben. Er bezeichnet auch Emanuel Kant, die Freimaurer, die Zionisten, alle Islamkritiker, die wahre katholische Kirche, und alle nicht linken Parteien als gut. Er ist ein Wirrkopf und vor allem ein Mörder und Verbrecher! Aber warum wurde Breivik zum Terroristen? Wir wissen es (noch) nicht genau. Terroristen sind Machtlose, denen herrschende Zustände zu Recht oder Unrecht nicht passen, die ihre eigene Meinung auch mit kriminellen Taten durchzusetzen versuchen. Derjenige, mit dem niemand spricht und der nicht ernstgenommen wird und über kriminelle Energie verfügt, ist gefährlich. Seien dies Terroristen, die in das World Trade-Center in New York flogen, oder der Terrorist in Oslo. Attentäter aber sind nie auszuschliessen - auch nicht in der Schweiz. Es grenzt an ein Wunder, dass unser Land verschont blieb. Ein Wunder? Einmal erlebte ich eine gefährliche Stimmung in der Schweiz: Nach dem EWR-Nein, das der Bundesrat nicht anerkannte. Da spürte ich an Versammlungen: Ich könnte den Leuten eine Fackel in die Hand geben um das Bundeshaus anzuzünden. Da muss man Verantwortung zeigen und beruhigen. Ich bin ohnehin gegen Revolutionen. Revolutionen reissen nur herunter, sie bauen nichts auf. Teil Nationalbank für Wirtschaftsbund Wie dramatisch ist die Lage der Schweizer Exportwirtschaft wegen des starken Frankens? Es ist vor allem das Tempo der Aufwertung, das die Unternehmen trifft. Weil namentlich für die Exporteure das Kostenniveau Schweiz steigt. Aber solche Phasen gab es in der Geschichte immer wieder, und langfristig konnte dies überwunden werden und es hat die Wirtschaft sogar gestärkt. Aber auch Sie haben kein Rezept gegen die schnelle Aufwertung. Der Frankenkurs widerspiegelt das Vertrauen der Märkte in unser Land. Verschlechtert sich die Wirtschaftslage in der Schweiz, wird sich der Franken abschwächen. Die Unternehmen werden alles tun, um die Kosten zu senken, wo immer möglich: Rationalisieren, längere Arbeitszeiten bei gleichem Lohn, billiger einkaufen usw. Aber der Staat kann auch einen grossen Beitrag leisten, indem er die staatlichen Kosten für Unternehmen endlich senkt: Die Transportkosten auf Strassen und Bahn z.Bsp. sind viel zu teuer, die Stromtarife ebenfalls, und Unternehmen zahlen happige Abgaben und Gebühren. Auch die Bürokratie kostet. Hier sollte man entlasten. Von den Steuern nicht zu reden. Diese Forderungen hört man seit Jahren. Nötig wäre wieder einmal ein Revitalisierungsprogramm des Staates. Das verlangt die SVP. Das gab es zuletzt nach dem EWR-Nein. Der starke Franken hat das Kostenproblem verschärft. Weil man die Devisenmärkte nicht beeinflussen kann, muss der Staat die Unternehmen dort entlasten, wo er kann: Eben bei den staat-lichen Kosten. Das hilft doch nicht gegen die schleichende Desindustrialisierung. Doch, doch. Das sind bedeutende Rahmenbedingungen. Uebrigens: Wenn die EU-Schuldenkrise sich nicht massiv ausweitet, gehe ich von einem Euro-Kurs von 1.20 bis 1.30 aus. Hätte die Nationalbank nicht schon alles Pulver verschossen, könnte sie jetzt möglicherweise - vielleicht glaubwürdiger - intervenieren, sodass es nicht zu einer weiteren Aufwertung käme. Aber sicher ist auch das nicht. Jetzt sollte die Nationalbank Devisen kaufen? Wenn man zuunterst ist - bei 1.14 könnte man das überlegen - es wäre prüfenswert. Aber die Frage erübrigt sich, da die Nationalbank das Geld ja schon bei hohem Eurokurs verloren hat. Es darf doch nicht sein, dass das Direktorium in Eigenregie 200 Milliarden Devisen aufkaufen kann. Das muss unterbunden werden. Der Auftrag der National-bank ist die Geldversorgung und die Preisstabilität – hier soll sie unabhängig sein. Gemäss Verfassung muss sie auch eine Währungspolitik im Interesse des Landes betreiben. Aber sicher nicht, indem sie spekulativ und unüberlegt Devisen kauft. Die Nationalbank soll dort nicht mehr völlig unabhängig sein, wo es nicht um ihren Hauptauftrag geht. Zum Beispiel könnte man festlegen: Bei Devisenkäufen ab einer bestimmten Summe muss die Nationalbank eine Genehmigung einholen, von Bundesrat, Parlament oder einem neu zu schaffenden Organ. Wie das bis in die 70er-Jahre hinein der Fall war. Dazu reicht eine einfache Änderung des Nationalbankgesetzes. Die SNB soll, ganz nach Blocher-Prinzip, einen Antrag stellen müssen? Ja. Das hat den Vorteil, dass der Antragsteller eine Begründung liefern muss und die Sache dann geprüft und - vor allem - erörtert wird. Mit diesem System hätte das Schweizervolk sicher nicht so viele Milliarden verloren. Es braucht eine Aufsicht über das Nationalbank-Direktorium. Kein Staatspräsident, kein Nationalbankpräsident der Welt kann so frei schalten und walten wie Herr Hildebrand. Nicht einmal Obama könnte wohl einfach 200 Milliarden ausgeben! Sie forderten schon im Januar seinen Rücktritt. Das verpuffte. Ich war im Albisgüetli zurückhaltender und sagte: Ich würde an seiner Stelle zurücktreten. Inzwischen komme ich zum Schluss: Er ist untragbar. Der Bundesrat hat ihn gewählt – also soll er nun auch handeln. Hildebrand verhält sich wie ein Spekulant und ist damit auch nicht qualifiziert für diese Aufgabe.
29.07.2011
La voix du peuple n’est pas la voix de dieu
Interview du 29 juillet 2011; 24 heures, Nadine Haltiner Christoph Blocher est un homme vivant et bien vivant. Le Zurichois que les experts jugeaient politiquement mort, suite à son éviction du Conseil fédéral en 2007, revient sous les feux de la rampe en étant candidat au Conseil des Etats et au National en octobre prochain. Il a certes pris un petit coup de vieux et fait de grands yeux lorsqu’on lui parle de technologies modernes, mais l’esprit du combattant est toujours là. Ces cibles n’ont d’ailleurs pas changé depuis 1979: elles se nomment immigration massive et invasion européenne. A 70 ans, le vice-président de l’UDC mène sa dernière guerre pour l’indépendance de la Suisse. Et, pour la remporter, il est prêt à mourir sur scène. Interview. Monsieur Blocher, n’êtes-vous pas trop vieux pour siéger au Parlement ? Non, j’ai beaucoup d’expérience. C’est d’ailleurs pour cela que les jeunes UDC sont venus me chercher. Même si j’avoue que j’ai un peu moins d’énergie qu’eux. Ne craignez-vous pas de tomber malade, de devenir sénile? Peut-être que ma santé me lâchera un jour, mais ces 50 dernières années, je ne suis allé à l’hôpital qu’une fois. C’était quand je siégeais au Conseil fédéral pour une opération de l’intestin. Et personne n’en a jamais rien su! Peut-être que j’aurai moins de repartie avec l’âge, mais, pour l’heure, je suis en pleine forme et déborde d’énergie. Faites-vous campagne sur Facebook? Face… quoi? (Ndlr. Son porte-parole lui explique qu’il a dix profils ouverts à son nom, mais aucun compte officiel.) J’avoue que je ne suis pas un amateur de ces technologies. Je n’ai pas de télévision, ne vais jamais sur Internet et ne sais pas me servir d’un iPhone. Cela ne me manque pas et me permet de rester concentrer sur l’essentiel. L’essentiel pour vous se résume aux mêmes thèmes depuis trente ans… C’est qu’ils sont toujours d’actualités! Je milite pour que la Suisse reste autonome face à l’Europe et prenne ses propres décisions. Ces quatre prochaines années seront d’ailleurs cruciales car nos relations avec l’UE seront au centre des débats. C’est pour cela que je veux revenir au parlement. Contrairement à ce que disent mes détracteurs, je ne reviens pas pour me venger de mon éviction du Conseil fédéral, mais bien pour défendre mes idées. L’une d’elles est la limitation de l’immigration en Suisse. Votre parti vient de lancer une initiative pour renégocier la libre circulation avec l’Union européenne. En tant qu’ancien patron, y croyez-vous vraiment ou cherchez-vous un thème de campagne? C’est vrai que cette initiative permet de rappeler nos positions aux électeurs. Mais je crois sincèrement que l’immigration est trop importante en Suisse. Elle fait augmenter les loyers, surcharge nos transports, met sous pression les salaires. Il faut réintroduire des contrôles aux frontières. S’assurer que les emplois sont offerts aux Suisses d’abord. Faire en sorte que les immigrés viennent en Suisse seulement lorsqu’ils ont un contrat de travail. Et instaurer des contingents maximums par année. Combien la Suisse peut-elle accueillir d’étrangers? C’est délicat d’avancer des chiffres. Mais ce qui sûr c’est qu’en quatre ans, il y a eu 320 000 personnes supplémentaires! Aucun pays ne peut supporter un tel nombre et aucun pays du monde ne connaît une telle libre circulation. Vous parler de pression sur les salaires et pourtant votre parti a toujours refusé d’instaurer davantage de mesures d’accompagnement et de contrôles… Ces mesures sont des outils de régulation. Mais il est bête d’ouvrir les frontières s’il faut ensuite prendre sans arrêt des mesures supplémentaire pour les contrôles. En plus, c’est une perte de temps de devoir aller vérifier chaque cas de dumping salarial de manière isolée. Il faut une solution globale négociée avec Bruxelles. Mais votre solution ne plaît pas à EconomieSuisse qui craint que Bruxelles refuse la négociation et rejette l’accord sur la libre circulation et, du coup, tout le paquet des accords bilatéraux. C’est un risque à prendre. Mais je crois que cette menace restera une menace. Bruxelles a tout intérêt à négocier avec nous, puisque c’est l’UE qui profite le plus de l’accord sur la libre circulation des personnes. Et puis, soyons honnêtes: la Suisse s’en sortirait très bien sans les accords bilatéraux. Nous avons des liens très forts directement avec les pays européens. Il y a vingt ans, lors de la votation sur l’Espace économique européen, l’économie disait aussi que notre pays allait sombrer s’il n’entrait pas dans l’EEE. Or, aujourd’hui, elle reconnaît que notre pays s’en sort mieux ainsi. C’est vrai que les entreprises auront plus de peine à engager du personnel si notre initiative passe, mais l’économie globale du pays s’en sortirait mieux. Est-ce que le peuple a toujours raison? Non, la voix du peuple n'est pas la voix de dieux, comme il ne l'est non plus la voix du Gouvernement. Mais c'est important dans une démocratie d'accepter les results d'une votation. Vous dites être le parti du peuple. Pourtant vous ne respectez pas ses décisions. N’a-t-il pas toujours accepté les votations sur la libre circulation? Nous respectons toujours les décisions du peuple et nous ne tentons pas de revenir en arrière avec cette initiative. Nous souhaitons simplement adapter un système après en avoir fait l’expérience. Mais c'est le peuple, qui décidera de nouveau. Vous serez sans doute élu en octobre, sinon aux Etats, au moins au National. Combien de temps comptez-vous rester? Je m’en irai seulement quand j’aurai le sentiment que mes idées ont été écoutées… et adoptées. Encadré : "Le drame d’Oslo me choque." Que répondez-vous à ceux qui fustigent l’UDC, estimant qu’elle favorise un climat de haine lors de ses campagnes sur l’immigration et risque de pousser des individus à commettre le pire, comme à Oslo? Ce drame me choque et je suis dégoûté de voir qu’il existe des gens comme ça. Mais ce type est un fou qui se dit à la fois religieux, opposé à l’islam et cite Emmanuel Kant. De toute évidence, il se sentait isolé et non écouté. Malgré cette situation particulière, certains font des amalgames douteux en disant: «il est d’extrême droite, il est donc comme l’UDC.» Pour moi, c’est de l' instrumentalisation politique. Au lieu de remettre en cause l’UDC, ces partis devraient plutôt s’interroger sur le climat de secret qu’ils créent en évitant sciemment certains thèmes. Ce sont les tabous qui favorisent le terrorisme et l’extrémisme. L’UDC n’a donc nullement l’intention de changer… Non. L’UDC n’est pas le déclencheur de ces actes, mais permet au contraire de les éviter. Grâce à nous, la société peut débattre de tout. C’est l’avantage de notre démocratie directe qui oblige le monde politique à évoquer les thèmes les plus délicats. Cela évite les drames, comme celui d’Oslo. Mais n’avez-vous pas tout de même le sentiment d’être aller trop loin, notamment lors de la campagne sur les minarets, qui a d’ailleurs été reprise par des partis d’extrême droite en Europe? Non, je n’ai pas ce sentiment. Cette initiative a obligé l’establishment politique à parler de l’islam, de l’islamisme et de la signification des minarets. Dans les autres pays, ces thèmes n’ont pas été abordés et ceux qui ont tenté de le faire ont été taxés de racistes. Or, il n’y a qu’en décrivant ouvertement et clairement toutes les situations qu’on combat l’extrémisme. D’ailleurs, en Suisse, si nous avons si peu d’extrémisme de droite en Suisse, c’est grâce à l’UDC.
27.07.2011