Die Wahrung der Privatsphäre muss unantastbar bleiben
Interview mit der SonntagsZeitung vom 7. Februar 2010
Herr Blocher, der Bundesrat spricht vom automatischen Informationsaustausch. Ist dieser noch zu verhindern?
Absolut. Es kommt überhaupt nicht in Frage, diesen einzuführen und damit das Bankgeheimnis aufzugeben. Aber der Bundesrat muss jetzt endlich eine Finanzplatzstrategie auf den Tisch legen und durchsetzen. Bisher hat der Bundesrat das leider nicht geschafft: Er gibt jedem „Drücklein“ aus aus dem Ausland nach.
Wie müsste sie aussehen?
Erstens: Klar feststellen, dass der Sinn des Bankkundengeheimnisses, die Wahrung der Privatsphäre ist. Sie muss unantastbar bleiben. Banken müssen weiterhin dafür bestraft werden, wenn sie Informationen über Ihre Kunden unrechtmässig herausgeben. Zweitens muss im Inland die Unterscheidung zwischen Betrug und Hinterziehung bleiben. Wir dürfen nicht jeden Bürger kriminalisieren, der auf seiner Steuererklärung etwas vergisst. Drittens müssen wir aber auch klar machen, dass wir mit dem Bankgeheimnis nicht Steuerbetrüger und -hinterzieher schützen wollen und eine entsprechende Lösung anbieten.
Und wie soll diese aussehen?
Die Banken sollten von ihren ausländischen Kunden eine Bestätigung einfordern, dass sie ihr Geld korrekt versteuert haben. Andernfalls müssen die Banken auf das Geld verzichten. Das nimmt die Banken aus der Schusslinie. Wenn Geld nicht versteuert wird, liegt das dann allein in der Verantwortung des Kunden.
Es gibt grosse Altlasten von unversteuerten Geldern in der Schweiz. Wie soll man mit diesen umgehen?
Wie gross diese sind, weiss ich nicht. Aber man könnte vorsehen, dass diese beispielsweise innert fünf Jahren legalisiert werden müssen. Danach müssten die Bankkunden auch für altes Geld eine Erklärung abgeben, dass es versteuert ist.
Bei einem solchen Vorgehen droht die Gefahr, dass viele unversteuerte Gelder aus der Schweiz abgezogen werden.
Das glaube ich nicht. Es kommt darauf an, wie man es macht. In Frage kämen Amnestien und reduzierte Nachbesteuerungssätze. Wichtig ist, dass man nun reinen Tisch macht. Die Banken können und müssen ohne Schwarzgeld leben. Der Finanzplatz Schweiz muss sich mit Qualität und Sicherheit profilieren und einfach besser sein als andere.
Ihr Vorschlag entspricht dem, was Liechtenstein nach dem Fall LGT gemacht hat.
Ich kenne das Liechtensteiner Modell nicht genau, aber mein Vorschlag geht in diese Richtung.
Und Sie fordern das gleiche wie die SP.
Nein, die SP will den automatischen Informationsaustausch. Sie will das Bankkundengeheimnis aufheben und verdächtigt damit jeden Bürger, ein Krimineller zu sein. Und sie will die Unterscheidung von Steuerbetrug und -hinterziehung sogar im Inland aufheben – das ist gegen den Bürger.
Banken und Bundesrat wollen eine Abgeltungssteuer, mit der das Geld anonym für andere Staaten besteuert würde.
Sachlich wäre das möglicherweise eine Lösung. Die Schweiz wollte die jetzige Zinssteuer ja eigentlich viel umfassender als die heutige. Aber die EU wollte nicht so weit gehen. Die EU-Staaten trauen einander offensichtlich nicht und sind nicht sicher, dass die Steuern korrekt eingezogen würden. Es ist also unrealistisch jetzt auf die Abgeltungssteuer zu setzen, weil sie in der EU kaum Chance hat.
Ihr neuer Vorschlag überrascht. Bisher wollte die SVP nur hart bleiben.
Das ist keinerlei Abkehr vom bisherigen Kurs der SVP, es ist allenfalls eine Detaillierung: Die Verhandlungen über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland müssen sistiert werden und die Schweiz darf den Deutschen keine Gelder aus dem Zinsbesteuerungsabkommen überweisen – und zwar so lange bis Deutschland die Namen der Datendiebe und eine Erklärung abgibt, dass es künftig auf die Verwendung gestohlener Daten verzichtet. Unabhängig davon muss der Bundesrat Strafanzeigen machen: erstens gegen die Datendiebe, event. gegen Unbekannt, zweitens gegen jene Behörden, welche die Daten in Deutschland und Frankreich gekauft haben, und drittens gegen die Banken, aus welchen die Daten stammen. Letztere habe doch eindeutig ihre Sorgfaltspflicht verletzt.
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