Testi

Personale

19.06.2009

Christoph Blocher veut enseigner l’éthique économique

15.05.2009

Klage, die am 15. Mai 2009 an das Bundesgericht eingereicht wurde

10.05.2009

«Ich überlege mir, mich für den Lehrstuhl für Wirtschaftsethik zu bewerben»

Interview im "Sonntag" vom 10. Mai 2009 Von Othmar von Matt und Christof Moser Christoph Blocher über seinen Triumph in Sachen UBS-Aufspaltung, über Konjunkturpakete und seinen Rückzug aus der Politik Der SVP-Vizepräsident will die  Wirtschaftsethik neu definieren und wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe mit seinem Shareholder-Denken die Bankenkrise mitverursacht. Herr Blocher, sagen Sie uns: Wie lange wird die Rezession dauern? Christoph Blocher: Wir stehen in der Schweiz erst am Anfang. Die Banken und Versicherungen dürften wohl das Schlimmste überstanden haben. In der Industrie kommt der Tiefpunkt nicht vor Herbst. Und die Bauwirtschaft ist noch kaum betroffen. Wie hart wird es die Schweiz treffen? Firmen, die für die Autoindustrie zuliefern, haben Umsatzeinbrüche von bis zu 40 Prozent. Wir laufen also auf eine sehr schwere Rezession zu, was eine Folge der verrückten Hochkonjunktur ist. Jetzt ist Überleben angesagt. Für die Schweiz kommt erschwerend hinzu, dass viele Ausländer bei Arbeitslosigkeit wegen der Personenfreizügigkeit das Land nicht verlassen. 2007 und 2008 kamen etwa 120000 Ausländer zu uns, vor allem Deutsche und Portugiesen. In der Krise belasten sie den Arbeitsmarkt und die Sozialwerke massiv. Die SVP warnte davor – leider vergeblich. Wann geht es wieder aufwärts? Frühestens 2010. Die Schweiz dürfte die Rezession aber etwas besser überstehen als das Ausland, weil Schweizer Unternehmen verhältnismässig solide finanziert sind. Schweizer bilden in guten Zeiten Reserven. Das ist unsere Mentalität. Jetzt kommt es darauf an, dass der Staat keine Dummheiten macht. Und: Macht er keine Dummheiten? Der Staat sollte die Bürger und nicht sich selbst stärken. Die Schweiz hat zwei Konjunkturpakete geschnürt, und das ist zwar dumm, aber sie waren einigermassen massvoll. Ein drittes Paket würde jetzt aber in die Verschuldung führen, und das verlängert die Krise und schwächt die guten Unternehmen. Wir sehen das in der Autoindustrie. Was da abgeht, ist verrückt. Was ist verrückt? Die Staaten werden von den Autokonzernen erpresst. Es wird gedroht, man schliesse Standorte, wenn nicht Staatsmilliarden fliessen. Und die Staaten machen mit. Dabei glaube ich nicht, dass die Firmen all diese Drohungen wahr machen würden. Und wenn doch? Auf der Welt werden 20 Prozent zu viel Autos produziert. Wie wollen Sie diese Überkapazitäten wegbringen, ohne Produktionen zu schliessen? Die Staaten verhindern dies, indem sie subventionieren. Wer bezahlt die Schulden aus der Bankenkrise? Die Vermögenden, die Steuerzahler und die Entlassenen. Barack Obama soll in den ersten 100 Tagen mehr Schulden gemacht haben als die vier Präsidenten vor ihm zusammen. Und wer wird für diese Schuldenberge bezahlen? Werden sie durch Inflation oder Geldentwertung verkleinert, trifft es die Kleinen, die Rentner, die Besitzer von Sparbüchlein. Darum gilt für die Schweiz: Hände weg von der Schuldenwirtschaft. Wer ist schuld an dieser Krise? Alle haben die Hochkonjunktur genossen. Begonnen hat die Krise wie immer in den USA: Präsident Bill Clinton setzte einen Traum um. Er sagte, jeder Amerikaner solle ein eigenes Haus haben. Es gab dafür billige Kredite, Grundstückpreise stiegen – und alle waren glücklich. Alles hing an hohen Liegenschaftspreisen, bis der Zusammenbruch kam. Sie kritisierten den Ruf nach Staatshilfe seitens der Autokonzerne. Aber wer bettelte zuerst? Die Banken! Bei der Bankenkrise mussten die Staaten einspringen, damit der Geldkreislauf funktioniert. Das ist Aufgabe des Staates. Wenn Banken so gross sind, dass sie im Konkursfall alles mitreissen, kommt man um Staatshilfen nicht herum. UBS und CS sind für die Schweizer Volkswirtschaft zu gross. Das darf nicht sein, das ist gefährlich. Sie predigten doch selber den Shareholder-Value, trieben mit Martin Ebner Banken wie den Bankverein und die SBG dazu, immer grösser zu werden. Ich predigte nie Grösse. Aber den Shareholder-Value sehr wohl. Der Shareholder-Value wurde in letzter Zeit vernachlässigt. Was die Banken angeht: Vielleicht sind die Grossbanken aus Sicht der Banker zu klein. Aber für uns, die Volkswirtschaft, sind sie zu gross. Darum muss der Staat handeln und sie zwingen, sich zu verkleinern. Auch Finanzmarktaufsicht und Nationalbank wollen die UBS jetzt aufspalten. Ist das ein Triumph für Sie? Ich stelle mit Befriedigung fest, dass man das Problem erkannt hat: Die beiden Banken sind ein zu grosses Risiko. Die Finma, die Nationalbank und Avenir Suisse sehen das jetzt. Das ist mindestens ein Anfang. Was für grundsätzliche Lehren müssen aus dieser Krise gezogen werden? Ist Gier das Problem? Menschen neigen dazu, in guten Zeiten über ihre Verhältnisse zu leben. Goethe sagte: Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe guter Tage. Nicht nur Banker hatten das Gefühl, es gehe immer nur aufwärts. Ich sah junge Leute, die sich mit 33 Jahren ein Haus gebaut haben für 10 Millionen – nur weil die Börsenkurse stiegen. Es braucht leider schlechte Zeiten, um solche Übertreibungen zu korrigieren. Stehen wir vor einer Zeitenwende? Das ist Wunschdenken. In der Planwirtschaft gibt es zwar kein Rauf und Runter, dafür geht es nur abwärts. Die Sowjetunion ging Konkurs und China musste sich in die Marktwirtschaft retten. Die Marktwirtschaft ist das einzige System, das funktioniert, und es würde noch besser funktionieren, wenn in der Hochkonjunktur alle bescheiden bleiben würden. Also müssen wir Bescheidenheit lernen. Aber wie? Moralisieren bringt nichts. Gute Unternehmer wissen, dass nach jedem Aufschwung ein Abschwung kommt. Bäume wachsen nicht in den Himmel. In der Rezession muss man Bescheidenheit aber nicht mehr anmahnen. Sie kommt von selbst. Aber braucht es grundsätzlich mehr Ethik in der Wirtschaft? Ethik ist das griechische Wort für Moral. Und weil Moral ein wenig anrüchig geworden ist, spricht man von Ethik. Für mich ist klar, dass der Mensch eine Moral haben muss. Aber eine Wissenschaft ist es nicht. Trotzdem scheint Wirtschaftsethik als Wissenschaft gerade in Mode zu sein, selbst an der Wirtschaftshochschule St. Gallen. Dank der Tatsache, dass ein Lehrer dieser Schule, ein Herr Thielemann, in Deutschland gegen die Schweiz ausgesprochen hat, wissen wir jetzt, was für Zeugs in einer solchen Fakultät gelehrt wird. Sie halten nichts davon? Nein. Thielemann sagte, Steuerhinterziehung sei in der Schweiz kein Unrecht. Er sollte wissen: Steuerhinterziehung ist in der Schweiz strafbar. Thielemann behauptet, wir hätten kein Unrechtsbewusstsein. Da sagt uns also einer, was recht und unrecht ist. Das ist gefährlich. Aber das ist bei Moralisten so. Als Politiker und Unternehmer darf ich sagen, meine Ethik steht über der Ethik dieses Professors, selbst wenn meine Ethik auch keine Wissenschaft ist. Ich überlege mir deshalb, mich für den Lehrstuhl für Wirtschaftsethik in St. Gallen zu bewerben. Ernsthaft? Ja. Ich ordne derzeit meine Schriften, will mein Dossier einreichen und zeigen, was ich lehren würde. Was würden Sie denn lehren? Wie man ethisch führt, zum Beispiel. Auch das, was im Blocher-Prinzip steht. Oder was die ethische Bedeutung der Gewinn-Erzielung ist, die Bedeutung des Shareholder-Value. Was die ethischen Vor- und Nachteile der Planwirtschaft sind, des Kapitalismus. Und was die Gefahren sind. Ich finde diesen Lehrstuhl zwar unnötig, aber er besteht nun einmal. Und wenn es sein muss, kann ich auch das Bankgeheimnis moralisch verteidigen, das ist kein Problem. Also, Herr Professor Blocher: Machen Sie mal! Die Schweiz stellte bisher den Bürger und nicht den Staat in den Mittelpunkt. Deutschland hat aus der Geschichte eine andere Moral: Der Staat kommt vor den Bürgern. Der Schutz der Privatsphäre, der Schutz des Privateigentums führt in der Schweiz zum Bankkundengeheimnis. Ethisch ist es bedeutsam, dass es in der Schweiz Amts- und Rechtshilfe gegenüber dem Ausland nur für Verbrechen gibt, die sowohl hier in der Schweiz als auch in einem ausländischen Staat ein Verbrechen sind. In der Schweiz ist Steuerhinterziehung ein Vergehen und strafbar, aber kein Verbrechen. Deshalb gibt es dafür keine Rechtshilfe. Wenn in Polen Schwangerschaftsabbruch ein Verbrechen ist und bei uns nicht, dann dürfen wir Polen dafür nicht Rechtshilfe gewähren. Das Recht, nicht nur die Ethik, spricht hier dagegen. Auch wenn das Abtreibungsverbot in Polen sehr wohl auch ethisch begründet ist. Sobald eine Schweizer Bank im Ausland gezielt Leute zur Steuerhinterziehung animiert, nützt Ihre Argumentation nichts, Herr Blocher. Anstiftung zur Steuerhinterziehung ist strafbar. Und was kriminell ist, muss verfolgt werden. Weil es unrecht ist, nicht, weil es gegen die Moral verstösst. Der Bundesrat steht wegen seines Einknickens gegenüber den USA in Sachen Bankgeheimnis in der Kritik. Braucht es Rücktritte? Rücken dann Bessere nach? Es spricht wenig dafür. Es ist wie in der Wirtschaft: Wenn die Führung versagt, will man die Organisation ändern. Eine Regierungsreform bringt aber nichts. Das Problem ist: Die Politik in Bern verteidigt die Interessen der Schweiz nicht mehr. Es fehlt eine Strategie zur Verteidigung der Schweiz. Das ist ein politisches Problem. Ohne Strategie nützen auch zehn neue Bundesräte nichts. Wie kann das politische Problem denn sonst gelöst werden? Es müssen Politiker gewählt werden, die die Schweiz verteidigen. Die SVP muss zulegen, sonst ändert sich nichts. Die SVP sitzt wieder im Bundesrat, konnte aber an der jetzigen Situation auch nichts ändern. Wir erhalten den Druck aufrecht auf den Bundesrat und das Parlament. Das ist unsere Aufgabe. Kürzlich nahm ich an einer «Arena»-Sendung teil und war schockiert, wie konzeptlos die ehemalige Wirtschaftspartei FDP am Pult stand. Bei Ihnen persönlich hat man das Gefühl, Sie seien eher auf dem Rückzug aus der Politik. Täuscht das? Es läuft alles wie geplant. Nach meiner Abwahl galt es, die Parteilinie zu halten. Die SVP hat diese schwierige Situation gut gemeistert. Die Partei hat die kantonalen Wahlen gewonnen und musste sich zugleich neu aufstellen. Heute ist die Partei gefestigt. Ich muss nicht überall dabei sein. Sie sollten Wahlkampfmanager für 2011 werden. Ist das vom Tisch? Das ist keine Option, jetzt geben wir die Partei in jüngere Hände. Ich werde mithelfen, aber führen werde ich den Wahlkampf nicht. Sie lassen los? Was ich loslassen kann, lasse ich los. Und wo es mich braucht, helfe ich mit. Kaufen Sie ein Unternehmen? Ich habe verschiedene kleine stille Beteiligungen, die ich nicht an die grosse Glocke hänge. Und seit drei Monaten gibt es Diskussionen darum, ob ich eine grössere Firma retten soll. In der Industrie? Ja. Ich will aber nicht nur Kapital geben. Meine Stärke ist die Führung. Es geht um Sanierungen, um Turnaround. Aber wir werden sehen. Wäre die Zeit nicht ideal, um Startups zu fördern? Da bin ich teilweise beteiligt. Ich will aber keine Namen nennen, sonst wird alles sofort auf mich fokussiert, und das ist nicht gut für diese Firmen. Sie bezogen die Bundesratsrente 2008 nicht. Weil Sie über 440000 Franken verdient haben? Nein. Ich hatte 2008 kein Arbeitseinkommen. Aber ich habe freiwillig verzichtet. Ich fühle mich so freier. Verzichten Sie 2009 ebenfalls? Wahrscheinlich schon. Aber bleiben wir bescheiden. Vielleicht nage ich ja am Hungertuch, dann brauche ich meine staatliche Rente. (lacht)

18.04.2009

«Den See schaue ich lieber von weitem an

Interview im "Tages-Anzeiger" vom 18. April 2009 Von Lorenzo Petrò und Raphael Briner Die Zukunft der Schweiz ist das Thema Ihrer Rede von heute Abend. Wie sieht die Zukunft des Christoph Blocher aus? Das ist nicht so wichtig. Wichtig ist die Zukunft der Schweiz. Dazu möchten Sie bestimmt weiterhin etwas beitragen. Allerdings. Sich einsetzen für die Schweiz, ist dringend nötig! Ich bin in den leitenden Gremien der schweizerischen Partei tätig und dort für die Strategie verantwortlich. Auch wirtschaftlich bin ich wieder etwas tätig. Was macht Ihre Firma Robinvest in Männedorf eigentlich? Die Robinvest AG macht Beratungen, erbringt Dienstleistungen im Bereich Unternehmensführung und beteiligt sich an anderen Unternehmungen. Im Moment sind das stille Beteiligungen. Sollte es sich in Zukunft ergeben, irgendwo die Mehrheit zu übernehmen und die Firma zu führen, mache ich dies öffentlich. Robinvest heisst die Firma wegen Ro wie Rosenhorn und B wie Blocher. Unser Haus in Herrliberg habe ich «Zum Rosenhorn» getauft, weil man von dort aus bei schönem Wetter das Rosenhorn im Berner Oberland sieht. Es steht in meiner ursprünglichen Heimatgemeinde Schattenhalb. Sie sind 69 Jahre alt und könnten es etwas ruhiger angehen lassen. Warum geniessen sie nicht einfach das Leben im Rosenhorn? Ich geniesse das Leben. Arbeiten gehört auch dazu. Freue mich über etwas mehr Freizeit. Und seit ich nicht mehr Bundesrat bin, kann ich die Zeit freier gestalten und freier sagen, was ich denke. Die Situation der Schweiz analysieren und sich dafür einsetzen, ist sehr wichtig. Ich tue dies jetzt wieder als Bürger. In der direkten Demokratie besonders wichtig. Sie haben eine Intervention des Staates bei der UBS gefordert, mussten beim Referendum gegen die Personenfreizügigkeit den Jungen in der SVP nachgeben und haben indirekt Ueli Maurer im Bundesrat Platz gemacht. Sind sie altersmilde geworden? Ich verstehe die Frage nicht. Leider hat man mit 46 Milliarden öffentlichen Mitteln die UBS unterstützt. Dies weil UBS und CS für die schweizerische Volkswirtschaft zu bedeutungsvoll sind. Das darf nicht sein. Deshalb muss man sie endlich in unabhängige Institute aufteilen. Der Bund wird leider zum grössten Aktionär! Also sollte er als Aktionär seine Verantwortung wahrnehmen und mitbestimmen. Aber schnell wieder hinaus. Und auf Ihre erneute Wahl in den Bundesrat haben sie freiwillig verzichtet? Die SVP hatte Blocher vorgeschlagen, aber weil die anderen Parteien klar Nein gesagt haben, stellte sie mit Ueli Maurer eine Alternative, die auf der SVP-Linie liegt. Ohne diese Doppelkandidatur wäre Maurer nicht gewählt worden. Können Sie es sich endlich leisten zu sagen, was Sie wirklich denken. Vor allem, seit Sie nicht mehr Bundesrat sind? Bin jetzt viel freier. Aber auch nicht völlig frei. Über einzelne Bundesräte, mit denen ich zusammen in der Regierung gesessen bin, spreche ich nicht gerne. Aber die politischen Missstände, all die Aktionen, die letzlich gegen die Schweiz gerichtet sind, prangere ich an. Ob vom Bundesrat, Parlament oder Parteien, da darf man keine Rücksicht nehmen. Der SVP fühlen Sie sich aber immer noch gleich verpflichtet wie früher? Ja. Das unerbittliche Eintreten für die Schweiz, das die SVP seit Jahren oft allein tut, ist nötiger denn je. Die SVP hat nie all das getan, was ich für richtig fand. Das ist auch nicht nötig. Aber im ganzen hält sie Kurs. Ich war immer gegen die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien. Als das Parlament die Sache mir der Personenfreizügigkeit allgemein verknüpfte, schien mir ein Referendum gegen die Scheinvorlage verfehlt. Die anderen Parteien sollten die Verantwortung dafür tragen und nicht das Volk. Die junge SVP ergriff aber das Referendum. In der Volksabstimmung habe ich mich folgerichtig für ein Nein zur Vorlage ausgesprochen. Haben Sie in der Finanzkrise Geld verloren? Nein. Ich bin unfreiwillig in einer glücklichen Lage. Mit meiner Bundesratswahl verlangte man, dass ich mich von meinem Unternehmen trenne. Auch wollte ich als Bundesrat keine Aktienbeteiligung. Mein Vermögen besteht aus Darlehen an meine Kinder, damit sie die Unternehmen kaufen konnten, oder aus Festgeld. So konnte ich am damaligen Börsenaufschwung leider nicht partizipieren aber konnte jetzt auch nichts verlieren. Haben Sie ihr Geld bei der UBS? Mit der UBS arbeiteten wir und unsere Firmen stets zusammen. Die UBS ist eine gute Bank. Sie hat in den USA sehr schlecht gewirtschaftet. Aber die UBS in der Schweiz macht ihre Arbeit gut. Möchten sie mit dem UBS-Verwaltungsratspräsidenten und alt Bundesrat Kaspar Villiger tauschen? Nein. Wissen Sie, dem UBS-Konzernchef Oswald Grübel ist es egal, wer unter ihm Verwaltungsratspräsident ist. Nicht mal Sie könnten etwas ausrichten? Wäre auch nicht nötig, denn Grübel ist eindeutig der starke Mann. Der Präsident muss aber nach aussen die Bank repräsentieren. Sind Sie nach Ihrer Berner Zeit wieder vermehrt im Bezirk anzutreffen? Beim Joggen wie früher? An Anlässen? Auf dem See? Auf den See gehe ich nie, ich schaue ihn lieber von weitem an. Da ich wieder dauernd in Herrliberg wohne, mache ich jeden Morgen früh meinen Morgenlauf in der Umgebung. Wie sieht der Tagesablauf eines Altbundesrates aus? Heute (Donnerstag) zum Beispiel bin ich um 5 Uhr aufgestanden, habe - im prächtig aufgehenden Tag - meinen Lauf genossen. Dann Frühstück mit Hayden-Musik. Um 7 bin ich nach St. Gallen gefahren und habe dort vor Studenten gesprochen und mit ihnen diskutiert. Solche Anlässe gibt es oft. Zurück in Männedorf habe ich mich auf meinen Arena-Auftritt vorbereitet. Jetzt ist der «Tages-Anzeiger» da. Nachher hab ich eine Sitzung mit Unternehmern, dann einen freien Abend mit geruhsamen Nachtessen. Oft besuche ich auch SVP-Parteiveranstaltungen, die Dorftheater in den Gemeinden am See, halte einen Vortrag wie zum Beispiel am Samstag in Meilen. Noch vor wenigen Jahren stellte der Bezirk Meilen drei SVP-Nationalräte, jetzt noch einen. SVP-Kantonalpräsident ist ein Stadtzürcher. Der Hinwiler Ueli Maurer hat Sie quasi als Bundesrat abgelöst. Sind die grossen Zeiten der Goldküsten-SVP vorbei? Es spielt keine Rolle, wo die Nationalräte wohnen. Die Zürcher SVP hat keine Sitze verloren, sondern hält immer noch zwölf. Als ich als Kantonalpräsident begann, da waren es nur vier. Mit über 1/3 Wählern im Industriekanton Zürich stösst aber die SVP an eine obere Grenze. Ueli Maurer hat sich letzte Woche in Meilen klar gegen eine weitere Zusammenarbeit SVP-FDP auf Kantonsebene ausgesprochen. Dennoch tritt die SVP Meilen an der Gewerbeausstellung MeilExpo mit den anderen Parteien zusammen auf. Ist das sinnvoll? Ich sehe keine Hindernisse für einen solchen Aufritt. Namentlich bei Wahlen sollten sich die FDP und SVP gegenseitig unterstützen. Uns ist die FDP lieber, als die SP, auch wenn wir politisch verschiedenes vertreten. Die FDP ist kein grundsätzlicher Gegner, aber eine Konkurrenz. Das soll so bleiben. Wie hat sich die Meilemer Orts-SVP verändert seit Ihren Zeiten? Ich sehe als Herrliberger da natürlich nicht mehr so hinein. Sie war stets eine starke Sektion und die erste, der ich beigetreten bin. Deshalb komme ich gerne an die Feier auf der Allmend. Meilen ist allgemein eine sehr lebendige Gemeinde. Es wird rege diskutiert, und es gibt Auseinandersetzungen wie diejenige über den Dorfkern. Das gilt auch innerhalb der Partei. Als ich an der ersten Parteiversammlung, an der ich teilnahm (1971), das Wort verlangt hatte, sagte ein alter Bauer: «De jung Schnurri söll d’Schnurre bhalte, me redt nöd scho a de erschte Versammlig.» Haben Sie sich für Ihre morgige Rede zur Zukunft der Schweiz wieder einen «Furz» ausgedacht, wie ihr Meilemer Parteikollege Walter Landis Ihre Aussagen der letzten Zeit bezeichnet hat? Herr Landis hat eine tragische Laufbahn. Er hat nur dank der Partei Karriere gemacht. Die Gemeinde und die Partei waren mit seiner Arbeit unzufrieden, darum musste er ausscheiden. Er schreibt ab und zu einen Leserbrief gegen die SVP und namentlich gegen Blocher. Er weiss, dass dies gerne abgedruckt wird. Gönnen wir ihm diese Freude. Sie sehen Landis nicht als Teil einer SVP-Dissidentenbewegung am See hin zur BDP? Von Bewegung kann man nicht sprechen. Wenn die SVP konsequent an ihrem Einsatz für die Schweiz festhält, ist die BDP keine Konkurrenz. Das hat man jüngst im Aargau, wo die BDP erstmals zu den Wahlen angetreten war, gesehen. Die BDP hat wenig gewonnen, die FDP, CVP und SP haben verloren und die SVP nochmals auf hohem Niveau zugelegt. Ist die SVP Meilen noch immer Ihre Partei, oder ist es jetzt die SVP Herrliberg? Ich wohne seit 10 Jahren in Herrliberg, also bin ich Mitglied der Ortssektion Herrliberg. Die SVP ist auch da im Aufwind. Obwohl eine kleine Gemeinde, hat sie im Jahr nach meiner Abwahl 45 und in diesem Jahr wieder 6 neue Spontanmitglieder erhalten. Die Zürcher SVP über 1'000 neue Mitglieder! Nehmen sie in der Ortspartei Einfluss? Wenig. Ich muss aufpassen: Ich habe zuviel Gewicht. Wird man älter, muss man dafür sorgen, dass es später auch ohne einen geht. Das gilt in Wirtschaft und Politik. Nicht wir sollen gelobt werden, sondern vielleicht lobt einmal das Werk den Meister! Deshalb habe ich auch das SVP-Präsidium weder in der schweizerischen Partei, noch im Kanton übernommen.

28.03.2009

Die Abspaltung war notwendig

Interview im "Berner Oberländer" vom 28. März 2009 Von Peter Rothacher Alt Bundesrat Christoph Blocher fühlt sich von gewissen Zwängen befreit. Er politisiert und polarisiert ausserhalb der Regierung munter weiter. Wir haben ihn zur Rolle der SVP, deren Präsidenten und ihrem einen Bundesrat befragt. Am Donnerstagabend ist alt Bundesrat Christoph Blocher in Därstetten am Polit-Treff der SVP zur Gesprächsrunde mit Heinz Bercher angetreten. Vorgängig hat er dieser Zeitung ein Kurzinterview gewährt. Herr alt Bundesrat Blocher, ob Armee-Debakel, ob Finanzkrise – Sie werden immer wieder als «Retter in der Not» ins Gespräch gebracht. Wie finden Sie das? Christoph Blocher: Ich helfe wo ich kann. Da ich in Bern nicht mehr genehm war, gebe ich die Impulse nun von ausserhalb. Das kann ich jetzt wieder etwas freier tun. Sind Sie denn nach der Bundesrats- Abwahl überhaupt noch der «Alte»? Meine politische Motivation und die politische Zielrichtung sind die gleichen geblieben. In der Zeit als Bundesrat musste ich manchmal Sachen gegen meinen Willen vertreten – da wurde auch erwartet, dass ich für etwas eintrete, das ich persönlich für falsch empfand. Diesen Druck bin ich los und es eröffnen sich neue Möglichkeiten. Von Ueli Maurer als einzigem SVP-Bundesrat hört man erstaunlich wenig. Wie schätzen Sie ihn ein? Mit drei Monaten Amtszeit steht er am Anfang und muss den Problemen erst auf den Grund gehen. Was er macht ist im Ansatz gut. Ich habe mich in den ersten Monaten als Bundesrat ebenfalls zurückgehalten. Auch um den SVP-Präsidenten Toni Brunner ist es eher still geworden. Hat die SVP an Biss verloren? Wir haben die veralteten Strukturen in unserer Partei korrigiert. Der Präsident steht nicht mehr alleine im Zentrum. Die fünf Vizepräsidenten und der Fraktionschef positionieren sich zu ihren Themen ebenfalls in der Öffentlichkeit. Die SVP als stärkste Partei wird von allen anderen kritisiert: Entweder sie sei zu aggressiv oder halt umgekehrt, sie werde wohl langsam zahm. Wie intensiv sind sie als einer der Vizepräsidenten mit Maurer und Brunner in Kontakt? Telefonisch so oft als erforderlich. Daneben treffen wir uns in etwa wöchentlich. Sie haben die SVP zur wählerstärksten Partei gemacht. Fühlen Sie sich nun auch an ihrem Niedergang schuldig? Von Niedergang träumen nur unsere Gegner. Ebenso sagen dies all die nichtssagenden oder manipulierten Meinungsumfragen. Die SVP ist die wählerstärkste Partei und seit meiner Abwahl hat die SVP in neun von zehn kantonalen Wahlgängen – zum Teil erdrutschartig – gewonnen. Die Ausnahme ist Schaffhausen, weil dort die SVP-Mandatsträger den SVP-Kurs verlassen hatten. Die BDP holt – wie erwartet – Wähler bei den Mitteparteien und der SP, nicht bei der SVP, wenn diese ihrem Weg treu bleibt. Haben Sie die Abspaltung respektive Gründung der BDP zu verantworten? Sie war notwendig. Der Ausschluss Graubündens aus der Mutterpartei – war schmerzlich – erweist sich aber als grossen Vorteil: In der neuen bündner SVP herrscht ein offener, ehrlicher Politstil mit vielen Jungen. Sie macht wie zum Beispiel bei Harmos schon Referenden und hat in der Volksabstimmung gewonnen! Vorher hatten alte Familien-Clans – mit den üblichen Verfilzungen – das Sagen. Auch im Kanton Bern profitiert die BDP von einem gewissen Goodwill: Ihre Exponenten liessen sich ursprünglich von der SVP wählen und starten nun aus der Position der Bisherigen. Künftige Wahlen werden zeigen, ob dieses Spiel von der Basis honoriert wird. In den übrigen Kantonen ist die BDB für die SVP ohne Bedeutung, wenn die SVP weiterhin für die Schweiz politisiert. Vielleicht schwächt sie aber die SP und die Mitte. Bei welchem Thema muss die SVP besonders Gas geben? Wir sind die Partei, welche die Souveränität unseres Landes als einzige Bundesratspartei verteidigt. Der Bundesrat zeigt grosse Schwächen und knickt bei jeder Forderung aus dem Ausland ein – die Schwäche ist offensichtlich. Die SVP geht voran: Unsere zwei Grossbanken müssen ihre Geschäftsfelder entflechten. Die UBS Schweiz muss unabhängig von der UBS Amerika agieren. Es darf nicht sein, dass unsere Steuerzahler für Verluste in den USA aufkommen. Haben Sie selber in der Politik noch eine Mission zu erfüllen? Gemäss meinem Ressort in der Parteileitung der SVP bin ich verantwortlich für die Strategie. Dazu gehört, dass ich meine industrielle und politische Erfahrung und Kenntnisse gegenüber aktuellen Krisen einbringe.