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09.05.2010

Die «Bonisteuer» ist nichts anderes als eine neue Unternehmenssteuer

Interview in der Sonntagszeitung vom 9. Mai 2010 Glauben Sie, dass die SP am Ende den Staatsvertrag ablehnen wird? Nein, die SP wird zustimmen. Sie wird sicher nicht die Auslieferung von 4500 Bankkundendossiers verhindern, wo sie doch allen Steuerbehörden automatisch sämtliche Bankkundendaten ausliefern will. Sie würde sich mit einem Nein ja völlig unglaubwürdig machen. Deshalb dürfen sich Bundesrat und die anderen Parteien nicht von der SP erpressen lassen. Warum sind Sie gegen die SP-Forderungen? Die “Bonisteuer” ist nichts anderes als eine neue  Unternehmenssteuer. Das zahlen die Aktionäre,  darunter viele Pensionskassen. Wenn die Boni nicht mehr im Aufwand, sondern im Gewinn anfallen, führt das zudem zu Scheingewinnen.  Die Boni trifft das gar nicht. Was ist die Alternative? Boni sollen auf ein Sperrkonto und erst nach Jahren ausbezahlt werden, wenn es denn keine Verluste gab. Die SP fordert auch Massnahmen gegen die Risiken systemrelevanter Banken. Da könnten sie doch mitmachen. Das ist unsere Forderung und geht jetzt in Richtung der von uns seit der Wirtschaftskrise vom 2008 geforderten Holdingstruktur, unabhängig von der SP. Die SVP lehnt den Vertrag strikte ab, obwohl Wirtschaftsverbände und Verwaltung vor grossem Schaden warnen. Sehen sie keine Gefahr? Die Szenarien sind zumindest massiv übertrieben. Natürlich haben wir ein Problem: Der Vertrag wurde vom Bundesrat rechtswidrig abgeschlossen, ohne den Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung. Da wird es nicht schön, wenn die USA die harte Linie fahren sollten. Die Frage ist aber, ob man solche Rechtswidrigkeiten begehen darf, nur weil die Wirtschaft droht. Welche Auswirkungen hat ein Nein zum Staatsvertrag ihrer Meinung nach? Es kann sein, dass die USA wieder gewisse Prozesse gegen Banken aufnehmen würden. Das schliesse ich nicht ganz aus. Es ist aber bei Erpressungen immer so, dass mit Ängsten gespielt wird. Dann müsste man halt mit den Amerikanern zusammensitzen. Ist die Schweiz durch mögliche Staatsbankrotte in Europa bedroht? Eindeutig. Durch die gegenseitigen Kredite könnten andere Staaten selbst in den Bankrott gerissen werden. Dies würde den Euro weiter schwächen. Das würde  der Schweizer Wirtschaft enorm schaden. Es zeigt aber vor allem, dass das Grossmachtprojekt EU ein intellektuelles Fehlkonstrukt ist. Aus politischen Gründen, wurden Staaten in die Währungsunion aufgenommen, die aus wirtschaftlichen Gründen nie hätten aufgenommen werden dürfen. Alle, die noch in die EU wollen, müssen spätestens jetzt einsehen, dass die Schweiz nie Mitglied werden darf. Ist denn der Versuch Griechenland mit Krediten zu retten, falsch? Ich halte es auf jeden Fall für gefährlich. Man hätte Griechenland besser aus dem Euro-Raum entlassen. Mit einer eigenen Währung hätte das Land wieder vorne anfangen können, ohne dass viele andere Staaten, in den Strudel gerissen werden. Soll die Schweiz bei der Sanierung helfen? Die Schweiz selbst und unsere Banken  sollten sehr zurückhaltend sein. Und sollte der IWF von uns Geld zur Sanierung bankrotter Staaten verlangen, muss der Bundesrat das ablehnen.

26.04.2010

Der Euro ist ein politisches, kein ökonomisches Produkt

Referat von alt Bundesrat Dr. Christoph Blocher gehalten am 18. int. Europa Forum im KKL Luzern vom 26. April 2010 zum Tagungsthema «Staatliche Unabhängigkeit in einer Welt der Abhängigkeiten» Staatspolitische Schlussfolgerungen für die Schweiz Meine sehr verehrten Damen und Herren Ich beginne mit der lobenden Erwähnung, dass der Begriff "Souveränität" heute wieder eine grössere Bedeutung hat als damals, als ich in den 90er Jahren – kurz nach seiner Gründung – in diesem Europa Forum sprach. Damals war eigentlich der Tenor: "Souveränität" ist etwas Veraltetes! In der Zukunft gibt es nur noch multinationale Organisationen und keine souveränen Staaten mehr! Souveränitätsbeschränkung statt Souveränität? Obwohl heute die ersten Referenten – namentlich Herr Staatssekretär Mauro Dell'Ambrogio und Herr Professor Rudolph Stichweh – die Souveränität ausserordentlich relativieren, so sprechen sie doch immer über die Souveränität. Und das freut mich. Doch fällt auf, dass man in politischen und professoralen Kreisen vor allem deshalb von Souveränität spricht, damit man über deren Beschränkung sprechen kann. Interessant ist, dass das bundesrätliche Vorwort in Ihrem Prospekt nicht mit der Feststellung beginnt, die Souveränität sei ausserordentlich bedeutungsvoll, sondern als Punkt 1 erklärt: "Die Souveränität eines Staates ist nicht gänzlich schrankenlos" – wie wenn jemand je etwas anderes behauptet hätte! Es ist doch jedermann klar: Kein Staat – auch der unsrige nicht – ist auf dem Mond! Unser Staat ist 700 Jahre alt – und die Souveränität war zu allen Zeiten von aussen bekämpft. Wer das Gegenteil sagt, kennt die Geschichte nicht. Souveränität - die Grundsäule des Staates Wir haben sogar Schlachten führen müssen (als man sich Kriege noch leisten konnte). Wir haben zwei Weltkriege durchgemacht. Schon bei der Gründung des Schweizerischen Bundesstaates spielte die Souveränität und ihre Bedrohung die Hauptrolle. 1848 haben die europäischen Staaten der Schweiz gedroht, als sie eine souveräne, freiheitliche Verfassung schufen. Sie haben sogar von "Geisteskranken" gesprochen, die das allgemeine Wahlrecht einführten. Und die Schweiz hat es trotzdem getan, also nicht lange gefackelt und gesagt, "die Schweiz sei eben nicht ganz schrankenlos" und darum könne man nie ganz alles allein durchführen; also müsse man die Souveränität relativieren. Im Gegenteil: Man sprach von Geburtsstunde der modernen Eidgenossenschaft. Wir machen es! Wir machen es trotzdem! Und sie haben's gemacht! Die europäischen Staaten um die Schweiz herum erklärten: "Diese Verfassung wird nicht lange leben." Wir haben sie im Wesentlichen heute noch! Die umliegenden Staaten haben alle ihre Verfassungen, die doch der "allgemeinen Auffassung" entsprachen, verloren. Ihre damaligen Regimes überlebten nicht. Sie sind auf schreckliche Art zugrunde gegangen. Änderung der Auffassungen Es war interessant zu hören, was die heutige Luzernische Regierungsrätin in der Einführung gesagt hat: "Also, wenn man einem Politiker heute sagt, er nehme es mit der Souveränität nicht ernst, so ist es das Schlimmste, was man ihm sagen kann." Das ist ein willkommener Wechsel der gesellschaftlichen Auffassung. Also müssen die, welche die Souveränität der Schweiz eigentlich nicht wollen, aber sich nicht getrauen, es zu sagen, einen Ausweg finden. Und diesen Ausweg findet man in einem Trick. Man spricht dann von einer "zeitgemässen Souveränität". Mit "zeitgemäss" meint man eine sehr beschränkte Souveränität. Das ist eine akademische Schlaumeierei. Seien Sie doch ehrlich und sagen Sie: "Die Souveränität ist ein". Die Frage ist: Können oder wollen wir souverän sein? Und dann müssen Sie zugeben: Das sind Einschränkungen! Wenn Sie aber nicht ehrlich sind, greifen Sie zu den schönen Formulierungen: "Wir grenzen die Souveränität ein, damit wir souverän bleiben". Vor 20 Jahren hörten wir: Wir gehen in den EWR (Europäischen Wirtschaftsraum), damit wir nicht der EU beitreten müssen – und solche Dinge. Das sind alles Kunstgriffe, die natürlich in der "praktischen" Bevölkerung zu Recht nicht verfangen. Es geht jetzt nicht um theoretische Modelle, sondern um ganz handfeste Dinge: Die Wahrung der Souveränität steht auch in der heutigen Bundesverfassung an erster Stelle als Staatszweck. Es hat keinen Sinn, einen Staat zu bilden, wenn man die Souveränität nicht will. Wozu auch? Souverän heisst unabhängig sein, autonom sein. Das aber heisst: Auf dem Staatsgebiet bestimmen die Bürgerinnen und Bürger direkt oder indirekt selbst. Selbstbestimmungsrecht der Staaten Es war das grosse Schlagwort nach dem Zweiten Weltkrieg: "Selbstbestimmungsrecht der Staaten". Heute habe ich bei den Diskussionen in der Schweiz das Gefühl, das gelte nur noch für afrikanische Staaten (weil sie von der "Kolonie" befreit werden mussten). Souveränität ist das höchste Gut des Staates. Da gibt es nichts zu wollen. Nun komme ich zur Frage: Wo ist man denn souverän – wenn überhaupt? Stets in einem begrenzten Gebiet. Und was ist die Voraussetzung zur Wahrung der Souveränität? Das ist die Staatsgewalt – die Macht des Staates, das Recht durchzusetzen. Und das verpflichtet die Politiker zur Verantwortung. Verantwortung Es ist interessant: Im ersten Teil des heutigen Symposiums (ich muss ja über die "Schlussfolgerungen" reden) ist das Wort "Verantwortung" nie gefallen. Aber Verantwortung ist das Entscheidende: Wer trägt die Verantwortung? Es ist das Belastende, darum wird es ausgeklammert. Darum haben die internationalen Organisationen für Politiker eine so grosse Anziehungskraft – weil dort niemand die Verantwortung trägt. "Alle sind für alles verantwortlich!" heisst es da. Und das tönt schön! Aber das heisst immer gleichzeitig: "Niemand ist für etwas verantwortlich". Verantwortung ist ein Führungsbegriff – man mag das meiner Tätigkeit als Unternehmer ankreiden – und zwar ist es der zentrale Begriff der Führung – auch für eine staatliche Regierung. Aber den multinationalen Organisationen fehlt erstens die Macht, das durchzusetzen, was sie sollten, und zweitens: Die Verantwortung ist nicht vorhanden. Sie ist nicht greifbar. Darum ist es für einen Politiker – für einen Bundesrat – viel schöner, wenn wir in der EU sind, weil man dort zwar dabei ist, aber die Verantwortung nicht tragen muss. In der Schweiz ist es viel schwieriger, die Verantwortung für die Schweiz zu tragen. Geht ein Bundesrat in einen Kanton, muss er aufpassen, dass er von einem kantonalen Regierungsrat nicht über den Tisch gezogen wird. Er muss immer aufpassen, was er macht, denn er ist ja der Bevölkerung Rechenschaft schuldig. Er muss aufpassen, weil er wieder direkt oder indirekt gewählt wird. All das muss er beispielsweise  in der EU nicht auf sich nehmen. Das alles fehlt in diesen grossen Organisationen Es war schön, heute, die Darstellung des britischen Redners zu hören (es ist kein Zufall, dass er ein Brite ist; die Briten sehen ja immer alles aus höherer Warte). Sobald es schlecht ging, haben in der EU alle Staaten munter die internationalen Interessen wahrgenommen, und wenn es ums Geld geht, sehen sie sich nur noch selbst. Das ist die Realität! Beklagen müssen wir es nicht, aber die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. Nein, es gibt in Sachen Souveränität nicht Neues zu definieren. Aber es gilt zu fragen: Wo müssen wir allenfalls Souveränität abtreten. Souveränität abtreten Viele Dinge gibt es, bei denen wir das tun können. Wenn zum Beispiel in ganz Europa die Nationalstrassen gleich angeschrieben werden und wir vor der Wahl stehen, ob wir es anders machen sollen oder nicht, haben wir zwar die Möglichkeit, es anders zu machen. Vielleicht ist es aber zweckmässig, es gleich zu machen wie die anderen. Wir haben viele solche Dinge getan, und das stört mich nicht. Aber wenn es jemanden stört und die Bevölkerungsmehrheit das Gegenteil will, dass wir die Nationalstrassen anders anschreiben, dann bin ich der Meinung, wir sollen es tun, auch wenn ich finde, es sei nicht gerade intelligent. Die Wahrung des Rechts, das wir unserem Land gegeben haben und das in unserem Land die Bevölkerung, "der Souverän". gesetzt hat, muss, kann und darf gelten. Darum sprechen wir in der Schweiz bei der Gesamtheit der Stimmbürger vom Souverän. Ich weiss: Damit sind wir natürlich ein Sonderfall. Aber dieser hat uns auch stark gemacht. Also ist es kein Nachteil, ein Sonderfall zu sein. Wettbewerb statt gleich lange Spiesse Wenn ich von Wirtschaftsleuten höre, wir sollten dafür sorgen, dass wir "gleich lange Spiesse" haben wie die EU, dann muss ich sagen. Das ist doch kein staatliches Ziel. Wir müssen längere Spiesse haben als die andern. Das ist das Ziel eines Staates. So entsteht der Wettbewerb. Und den haben wir in vielen Dingen. "Gleich zu sein wie die andern" ist kein Ziel. Der Kleinstaat Schweiz mit seiner unmöglichen topografischen Lage, weitab vom Meer, ohne Bodenschätze, muss besser sein, anders sein – das macht den Sonderfall aus. Ich schaue auch die EU nicht nur vom schweizerischen Standpunkt aus an. Ich schaue kritisch auf den Geist – auf die Konstruktion dieser EU. Und merke: Ein EU-Beitritt wäre für die Schweiz ein enormer Wohlstands- und ein grosser Freiheitsverlust. Aber ich bin immer mehr davon überzeugt, was ich damals beim Kampf gegen den EWR-Beitritt der Schweiz schon sagte und deshalb so bitter angegriffen worden bin: dass die EU eine intellektuelle Fehlkonstruktion ist. Es tut mir leid, dass ich es sagen muss: Ich glaube nicht, dass die Sache funktioniert. Fehlkonstruktion Sie sehen es heute am Euro. Wir haben es vor seiner Einführung dargelegt. Eine gemeinsame Währung für so viele Staaten, die eine je völlig verschiedene und eigene Finanzpolitik betreiben, kann nicht funktionieren. Ökonomisch geht es nicht. Der Euro war ein politisches Produkt, kein ökonomisches. Es ist ganz gefährlich, Währungen aus politischen Gründen zu schaffen. Währungen die keinen ökonomischen Rückhalt haben. Das erleben Sie jetzt. Es ist ein grosser Fehler, dass zum Beispiel Griechenland den Euro eingeführt hat. Hätte es den Euro nicht, so hätte es eine eigene Währung, die nun fast oder ganz ihren Wert verloren hätte, und Griechenland und die, die diesem Land fälschlicherweise Geld gegeben haben, müssten selber bezahlen. Das wäre der normale Gang, die Folge der Verantwortung. Damit sind wir wieder bei der Verantwortung. Und wie steht es heute? Sie haben jetzt mit Griechenland ein Land, das sich selbst – bis zum Betrug – in Misskredit und in die Schuldenkrise gebracht hat. Schuld daran sind nicht die Spekulanten! Der Euro ist für einzelne Länder – das war schon in den letzten Jahren so – zu schwach und für andere zu stark, weil die Volkswirtschaften nicht übereinstimmen. Es ist ein grosses Glück, dass die Schweiz dank ihrer Souveränität eine eigene Währung hat. Darum hat sie die Finanzkrise besser meistern können als andere. Lob des Sonderfalls Sie hat sie aber auch besser meistern können, weil sie die direkte Demokratie kennt. Diese Geldverschwendung und solche Steuerhöhen wie in der EU sind in der Schweiz – dank der direkten Demokratie – nicht zu schaffen, weil wir einen Souverän haben, der solche Steuererhöhungen nicht zulässt. All die Theorien über Souveränitätsverlust und Auflagen in völkerrechtlichen Verträgen gehen schliesslich an die Substanz. Die hohe Beschäftigung in er Schweiz, die kleine Arbeitslosigkeit, das hat alles – und zwar wesentlich – mit ihrer Souveränität zu tun. Bei allen Schwierigkeiten, die wir mit dem Ausland haben, wird natürlich sofort die Frage gestellt: "Ja, wäre es nicht viel besser, wenn wir bei der EU wären?" Ich weiss nicht, warum man immer auf diese Idee kommt (natürlich weil man in die EU will). Wo hätten wir denn bis heute irgend einen Vorteil gehabt? Fall Libyen: Ein erhellendes Beispiel! Dort sitzt Gaddafi, der völlig menschenrechtswidrig Geiseln aus der Schweiz zurückhält. Wären wir nicht in "Schengen", hätten wir Libysche Visa sperren können, und zwar allein! Wir hätten niemanden fragen müssen. Vor dem Schengenbeitritt hiess es: "Geht zu Schengen. Da seid Ihr unter Freunden. Die helfen Euch!" Dann kam der Fall Libyen über die Schweiz: Wir mussten unser Anliegen aufgeben, weil unsere "Schengenfreunde" lieber zusammen mit Libyen gingen, als mit uns! Vor Tische las man es anders. Nachvollzug? Und wenn man sagt, wir seien nicht mehr "autonom"; in vielen Bereichen haben wir nachgezogen: Tatsächlich wird in Bern in vielen Geschäften nur noch "nachvollzogen". Aber nicht weil wir müssten. Nachvollziehen als Sucht. Ich bin zum Beispiel gegen den in einem Votum genannten Vertrag in der Stromwirtschaft. Denn ich glaube, dass es bessere Alternativen gibt. Ich bin dagegen, dass man noch Dienstleistungsverträge abschliesst, weil sie eine Souveränitätseinschränkung bringen, die vielleicht für die Branche im Moment gut sind. Aber auf die Länge sind sie für die Volkswirtschaft schlecht. Wir haben auch eine bessere Steuersituation, weil wir autonom sind. Es ist auch nicht wahr, dass wir alles übernehmen müssen. Wären wir in der EU, hätten wir 15% Mehrwertsteuer, jetzt haben wir 7,6%! Lassen Sie sich von Wörtern wie "Globalisierung" (und dergleichen) nicht zu sehr beeindrucken. Was in diesem Umfeld herumgeistert, ist nichts Neues. Auch wenn es „zeitgemäss“ ist. Aber dass ein Staat souverän sein muss und über seine Substanz verfügen soll, das ist – und jetzt rede ich als Unternehmer und Staatsbürger – auch für die Zukunft von grosser Bedeutung. Schlusswort Ich sage Ihnen: Die Schweiz ausserhalb der Europäischen Union, ausserhalb dieser multilateralen Strukturen, hat eine grosse Chance in der Zukunft, wenn wir es richtig machen. Unsere Devise heisst: Wir müssen nicht gross sein, sondern klein bleiben, wie wir es sind. Aber souverän, sonst gehen wir unter!

03.04.2010

SVP hat anspruch auf nächsten vakanten Bundesratssitz

Interview Basler Zeitung von Matthias Geering vom 3. April 2010 BaZ: Herr Blocher, was hat Sie bei den Parlamentswahlen im Kanton Bern mehr erstaunt, das starke Abschneiden der BDP oder die Verluste der FDP? Christoph Blocher: Weder das eine noch das andere. Überrascht hat mich aber das starke Resultat der SVP. Sie ist heute wieder fast so stark wie vor vier Jahren, obwohl sie im Laufe der Legislatur 17 Sitze der Fraktion an die BDP abgeben musste. Die SVP konnte in Bern ihr Potential ausschöpfen. Was ist mit der politischen Mitte passiert? Es ist das geschehen, was geschehen musste: Die BDP ist ein Projekt von Mitte-Links. Sie ist nach meinem Rauswurf aus dem Bundesrat gezimmert worden, um die SVP zu schwächen. Es kam so, wie es kommen musste; die BDP als Mitte-Links-Partei erhielt logischerweise die Stimmen derer, die sie unterstützten: Von den Mitteparteien, aber auch von den Linken und den Grünen. Die BDP – eine Mitte-Links-Partei? Die Behauptung ist gewagt... Die Partei hat kein erkennbares Programm, und der selbsternannte "Anstand" ist noch keine Leistung. Sie bewegt sich irgendwo zwischen FDP, CVP, EVP und Grün-Links. In Fragen wie dem Minarettverbot, der Ausländerpolitik oder auch dem EU-Beitritt ist sie weit weg von der SVP. Und darum sind ihre Wähler nicht die von der SVP. Inwieweit lässt das Berner Resultat Schlussfolgerungen für die kommenden kantonalen Wahlen zu? Im Juni wird im Kanton Graubünden gewählt, wo die SVP neu gegründet werden musste. Wo die BDP nicht mit ehemals treuen SVP-Vertretern antreten konnte, was bis jetzt im Kanton Aargau der Fall war, hatte sie wenig Erfolg. Im Aargau erreichte sie nach aufwendigem Wahlkampf 2,6 Prozent. Die wenigen Prozente, die sie holen kann, werden der FDP, der CVP und der SP gehen. Ausnahmen werden der Kanton Glarus und vor allem der Kanton Graubünden sein. Vor allem in Graubünden wird es die SVP in kantonalen Wahlen schwer haben, da die alte SVP einfach den Namen auf BDP wechselte. Die neue Bündner SVP musste bei Null anfangen. Zudem wird in Graubünden das Parlament ebenfalls im Majorzsystem gewählt, was es den anderen Parteien einfacher machen wird, eine Allianz gegen die SVP zu bilden. Aber auch die neue bündnerische SVP – gerade auch dank vieler junger Leute – ist stark eingestiegen. Welches Potential sehen Sie für die BDP auf nationaler Ebene? Ich gehe von vier, vielleicht fünf Prozent aus. Damit wäre die Abwahl von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2011 besiegelt? Das müssen Sie die SP, die Grünen und die CVP fragen. Diese haben sie portiert und gewählt. Alle Parteien sind angeblich für die Konkordanz. Das heisst, dass die Parteien die Bundesräte gemäss ihrem Wähleranteil stellen. Die BDP wird nach den Wahlen 2011 kaum die nötige Stärke erreichen. Aber wer weiss, vielleicht fusioniert die BDP mit der CVP oder der FDP. Das wäre immerhin denkbar. Spätestens seit der Wahl in Bern besteht der Eindruck, dass sich Ihr bisher verlässlichster Partner, die FDP, im freien Fall befindet... In den kantonalen Wahlen seit 2008 hat nicht nur die FDP massiv verloren sondern auch die CVP. Die wahren Verlierer sind aber die Sozialdemokraten: Seit 2008 ist in 13 Kantonen gewählt worden und die SP hat als einzige Partei ausnahmslos in allen Wahlgängen verloren. Kann die FDP ihren zweiten Sitz im Bundesrat retten, wenn sie ihren Bundesrat Hans-Rudolf Merz noch vor den möglicherweise verlustreichen Wahlen 2011 zum Rücktritt bewegt? Es gibt nur eine Partei, die heute einen ausgewiesenen Anspruch auf einen frei werdenden Sitz im Bundesrat hat, und das ist die SVP mit ihren 29 Prozent Wähleranteil. Bei der letzten Vakanz haben wir der FDP den Vortritt gelassen. Bei der nächsten Vakanz wird die SVP den Sitz beanspruchen. Mit Ihnen als Kandidat? Sie haben zuletzt die Frage nach einer Kandidatur nicht deutlich abschlägig beantwortet. Ich will nicht mehr in den Bundesrat. Meines Erachtens ist es besser, wenn die SVP ohne Blocher antritt. Die anderen Parteien reagieren ja wie hypnotisiert, wenn es um meine Person geht. Aber wir haben andere, starke Persönlichkeiten. Der richtige wäre SVP-Fraktionschef Caspar Baader, wenn er nur wollte! Wird Baader ihrer Meinung nach Bundesrat, wenn Merz zurücktritt? Für den Bundesrat wäre er der Beste: Intelligent, sehr sachkundig, stand- und charakterfest! Leider will er nicht, aber vielleicht muss er. Wie wird Ihrer Meinung nach die Sitzverteilung im Bundesrat nach den nächsten nationalen Wahlen aussehen? Falls das Bekenntnis zur Konkordanz weiterhin gilt, wird die SVP zwei Sitze haben. Falls die CVP stärker wird als die FDP, was möglich ist, werden die CVP zwei und die FDP einen Sitz haben. SP und Grüne zusammen haben gemäss ihren Anteilen (2007 noch 29 Prozent wie die SVP allein) zwei Sitze zugute. Daran dürfte sich kaum etwas ändern. Zurück zu den Berner Wahlen: Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Ihre SVP weniger Erfolg hat, wenn es um Wahlen in die Regierung geht. Sie verlangen die Volkswahl für den Bundesrat, schneidet sich die SVP nicht ins eigene Fleisch? In Bern war es ein vereinter Kampf aller Mitte-Links-Parteien gegen die SVP. Diese Taktik hat bei Majorzwahlen Erfolg. Wie Bern zeigt, rächt sich das für die Taktiererer dann bei den Parlamentswahlen. Je mehr die SVP aus den Exekutiven ausgeschlossen wird, desto stärker wird sie in den Legislativen werden. Wenn die Politiker die Schweizer Werte weiterhin nicht verteidigen, was bei Problemen mit der EU, Libyen, Bankkundengeheimnis und im Fall USA der Fall ist, dann wird die SVP im Herbst 2011die 30-Prozent-Schwelle deutlich überschreiten. Die Schweizer wollen keinen Anti-Schweiz-Kurs, darum legt die SVP zu.

27.02.2010

Pourquoi nos élites sont-elles acculées au pied du mur?

Conférence tenue le 27 février 2010 à l'invitation de l'UDC du canton de Zurich à l'hôtel Marriott, Zurich

03.02.2010

«Möchten Sie, dass ich zum Krieg aufrufe?»

Interview mit der Aargauer Zeitung vom 3. Februar 2010 Interview mit Gieri Cavelty Christoph Blocher ist dezidiert gegen ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland. Schweizer Banken sind für ein kein Auslaufmodell, sie müssten aber anders organisiert werden. Die jüngsten Aussagen von UBS-Präsident Kaspar Villiger seien scheinheilig. AZ: Vor Wochenfrist hat sich der Bundesrat zum Abkommen mit den USA in Sachen UBS geäussert. Sie haben sich seitdem noch nicht öffentlich vernehmen lassen. Blocher: Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Vertrag für ungültig erklärt. Der Bundesrat gab bekannt, dass er mit den USA reden und neu verhandeln werde. Das ist gut so. Aber gleichzeitig schob er nach, dass dieser rechtsungültige Vertrag durch das Parlament genehmigt werden soll. Was gilt? Verhandelt er oder will er Unrecht im Parlament absegnen lassen? Mit dieser Äusserung hat der Bundesrat die Verhandlungen mit USA bereits erledigt. Was sollte die Regierung Ihrer Meinung nach unternehmen? Blocher: Es ist einfach: die Verwaltung hat zu den Amerikanern zu gehen und darzulegen: Das oberste Gericht hat den Vertrag für ungültig erklärt. Wir müssen anderes vereinbaren. Die USA sind für solche Argumentationen durchaus zugänglich, sie sind auch ein Rechtsstaat und erleben solche Fälle auch im eigenen Staat. Die Signale aus den USA tönen offenbar anders. Blocher: Ja natürlich. Das ist die erste Stellungnahme. Darum wird auch verhandelt. Aber nicht schon einknickend, bevor man begonnen hat! Dieser Fehler lässt sich wohl kaum wieder gutmachen, die Sache wird beim Parlament landen. Blocher: Der Wille zum Verhandeln ist in der Tat klein. Die Regierung wird aber hoffentlich wenigstens darauf hinweisen, dass dank dieses Vertragsabschlusses den amerikanischen Steuerpflichtigen einen gehörigen Schrecken eingejagt wurde und sich tausende Kunden gemeldet haben. Der Zweck ist ja für die USA schon erreicht. Nehmen sie die 285 Kundendossier, welche die Schweiz vor einem Jahr in einer Nacht- und Nebelaktion entgegen Recht und Gesetz an die USA übermittelt hat. Was ist damit? Blocher: Das ist skandalös. Die UBS behauptete danach, es seien Steuerbetrüger. Sie wollte die Verantwortung zur Herausgabe aber nicht tragen! Also, bat sie den Bundesrat, dies zu tun. Und dieser liess das Unrecht durch die Finanzmarktaufsicht geschehen. Wären es tatsächlich Steuerbetrüger gewesen, hätte die Bank die Daten ja problemlos selber herausrücken können. Aber das wollte sie nicht. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als nur scheinheilig, wenn UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger jetzt verkündet: Wir werden niemals Schweizer Recht brechen! Aber die Schweiz bitten, dies an Stelle der UBS zu tun. Nein, so nicht! Trotzdem: Für Sie wäre es doch eine Chance, wenn das Parlament über den Vertrag befinden könnte. Blocher: Die SVP wird nicht zustimmen können. Warum stellen Sie nicht Bedingungen: Die SVP sagt Ja zum Abkommen - unter der Bedingung, dass die Neustrukturierung der Grossbanken an die Hand genommen wird. Blocher: Dass das «Too big - to fail»-Problem gelöst wird, ist für unser Land überlebensnotwendig. So oder so. Tun wir es nicht, kann bei einer neuen Bankenkrise die Schweiz bankrott gehen, wie Island. Es muss beides passieren: Der rechtswidrige Vertrag darf nicht abgesegnet werden, und die Grossbanken UBS und CS brauchen eine Organisationsform, die es verunmöglicht, dass die ganze Volkswirtschaft von deren Existenz abhängig ist. Sie selber halten nach wie vor die Überführung der Grossbanken in eine Holdingstruktur für die beste Lösung? Blocher: Bis jetzt brachte niemand eine bessere. Amerika sucht einen anderen Weg: Obama möchte, dass das Vermögensverwaltungsgeschäft und das Investment-Banking getrennt werden. Und er will das Fremdkapital der Grossbanken besteuern. Das alles ist ernsthaft zu prüfen. Zur Holdingstruktur: Wahrscheinlich würde der Untergang einer Tochtergesellschaft - beispielsweise in den USA - auch die Holding mit in den Ruin reissen, nicht aber die unabhängige Schweizer Gesellschaft. Man könnte die gesunde Schweizer Gesellschaft, von der die Volkswirtschaft abhängig ist, notfalls auch verkaufen. Auf alle Fälle bräuchte der Staat nicht in Aktion zu treten. Die UBS schüttet fürs letzte Jahr angeblich 4 Milliarden Bonus aus. Ihr Kommentar? Blocher: Wir reden keiner Firma bei Löhnen und Boni drein. Doch UBS und CS verfügen ja faktisch über eine Staatsgarantie. Darum muss der Staat leider mitreden. Solange das «Too big -to fail» nicht gelöst ist, sollte der Staat - als Garant im konkreten Fall - verlangen, dass die gewinnabhängigen Boni auf ein Sperrkonto überwiesen und erst nach ein paar Jahren ausbezahlt werden, sofern kein Defizit vorliegt. Die Bonifrage fällt mit der Diskussion über die Abzocker-Initiative zusammen. Die SVP-Nationalräte in der Rechtskommission haben letzte Woche einen ziemlichen Schlenker gemacht. Ist die Partei nun für die Initiative oder für einen Gegenvorschlag? Blocher: Die SVP war und ist für einen indirekten Gegenvorschlag, darum soll das Aktienrecht entsprechend revidiert werden. Es geht insbesondere um Fragen der Aufsicht über den Verwaltungsrat und über die Geschäftsleitung. Zur Debatte steht im Augenblick allerdings ein direkter Gegenvorschlag, nicht ein indirekter. Blocher: Ein direkter Gegenvorschlag ist ein fauler Trick. Mit einem griffigen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesbasis - und man ist mit der Beratung schon im Zweitrat - wird die Problematik unmittelbar angegangen. Gibt es keinen brauchbaren Gegenvorschlag, ist die Abzocker-Initiative zu unterstützen. Themawechsel: Deutschland kauft die geklauten Bankdaten. Was ist zu tun? Blocher: Ich bin erstaunt und enttäuscht. Ich kenne Wolfgang Schäuble. Das entspricht nicht seinem Charakter! Da werden Staaten über Nacht zu Kriminellen. Jetzt beginnt man Diebstahl zu fördern. Man betreibt Hehlerei. Staaten mit leeren Kassen werden gefährlich. Das beweist die Geschichte! Was aber ist zu tun? Blocher: Der Bundesrat muss dies energisch zurückweisen. Die laufenden Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland sind zu sistieren. Mit einem Land, das Diebstahl begünstigt und Hehlerei betreibt, können wir keine solchen Abkommen abschliessen. Und weiter? Blocher: Der Bundesrat hat auch andere Verhandlungen zu sistieren oder abzubrechen. Was das im Detail alles ist, weiss der Bundesrat. Wir sind doch zwei zivilisierten Staaten mit engen Beziehungen. Tönt das alles in allem nicht eher ratlos? Blocher: Möchten Sie, dass ich zum Krieg aufrufe? Dem Finanzplatz Tessin steht das Wasser bis zum Hals, Frankreich und Deutschland machen Ärger. Ist nicht die gesamte bisherige Praxis der Schweizer Banken ein Auslaufmodell? Blocher: Keineswegs. Natürlich müssen die Banken alles tun, damit sie keine Steuerbetrugsgelder annehmen, aber das ist doch selbstverständlich. Wer kriminelle Gelder anlegen will, geht heute sicher nicht in die Schweiz. Aber um Steuerhinterziehung brauchen sich die Schweizer Banken nicht zu kümmern? Blocher: Steuerhinterziehung ist in der Schweiz ein Vergehen. Es ist aber in erster Linie Sache der betroffenen Kunden und ihrer Heimatländer, das zu unterlassen! Hand aufs Herz: Wenn Deutsche Kunden bei Schweizer Banken anlegen, passiert dies doch nicht selten mit der Absicht, Steuern zu hinterziehen. Blocher: Das glaube ich nicht. Es gibt doch viele Gründe, dies bei einer seriösen Schweizer Bank zu tun. Das zeigt sich etwa darin, wie wenig Geld jeweils bei Steueramnestien und Offenlegungsprogrammen im Ausland zum Vorschein kommt. Immerhin gegen 10 000 amerikanische UBS-Kunden haben sich beim US-Fiskus selber angezeigt. Blocher: Wie viel Steuerbetrüger darunter sind, weiss ich nicht. Wie auch immer: In den neuen Doppelbesteuerungsabkommen wird die Unterscheidung zwischen Betrug und Hinterziehung nicht mehr gemacht. Blocher: Für die Ausländer nicht mehr. Das ist bedauernswert. Die SVP wird diese Abkommen nicht genehmigen. Ergreift die Partei dagegen auch das Referendum? Blocher: Das ist noch nicht entschieden. Wir können ja nicht 12 Referenden machen. Vielleicht picken wir ein Abkommen heraus. Was ist eigentlich aus der Idee geworden, das Bankgeheimnis in der Verfassung festzuschreiben? Blocher: Die SVP hat im Parlament einen entsprechenden Vorstoss eingereicht und für den Fall des Scheiterns eine Volksinitiative angekündigt. Nun ist aber die Lega vorgeprescht und hat eine Initiative lanciert, und die Junge SVP ist auf den Zug aufgesprungen. Wenn man schon eine Initiative lanciert, müsste diese breiter angelegt sein. Es sollte dabei um den Schutz der Privatsphäre gehen. Dabei ist das Bankkundengeheimnis nur ein Gebiet. Auf alle Fälle kann die Lega bei der Unterschriftensammlung nicht auf die SVP zählen. Blocher: Wir bekämpfen sie nicht. Aber es ist jetzt eine Initiative der Lega.