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Personale

20.01.2008

Wir waren noch nie so erfolgreich wie jetzt

Interview mit der "NZZ am Sonntag" vom 20. Januar 2008 von Felix F. Müller, Luzi Bernet und Francesco Benini NZZ am Sonntag: Im Albisgüetli sind Sie wieder zu Ihren Leuten und in Ihre angestammte Rolle zurückgekehrt. Sie machten einen gelösteren Eindruck als am Tag Ihrer Abwahl. Christoph Blocher: Der Eindruck täuscht nicht. Die Niederträchtigkeit, der Hass und der Neid bei meiner Abwahl hat mich und viele Leute bewegt. Wer da nicht verbittert war, ist entweder ein Mensch ohne Gesinnung oder ein Mensch ohne Gefühl. Mittlerweile ist die Erleichterung natürlich gross. Jetzt habe ich ein neues Amt und eine neue Aufgabe. Heute kann ich sagen, was ich denke. Als Bundesrat musste ich Dinge vertreten, die ich nicht gutgeheissen habe - häufiger, als Sie meinen. Warum soll Eveline Widmer-Schlumpf eigentlich nicht geeignet sein als SVP-Bundesrätin? Immerhin wurde ihr Name bei früherer Gelegenheit von Ueli Maurer ins Spiel gebracht. Ich weiss nicht, ob das zutrifft. Frau Widmer-Schlumpf weicht in den meisten Punkten von der SVP-Linie ab. Denken Sie an die Aussen-, Steuer- und Energiepolitik. Sie ist nicht die Vertreterin der SVP im Bundesrat. Sie haben früher auch mitgemacht, als es darum ging, missliebige Kandidaten der anderen Parteien zu verhindern. Das stimmt. Aber wir haben nie jemanden abgewählt, der seine Sache gut gemacht hat. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Das hätte keine Partei mit sich machen lassen. Die CVP hätte es sich nie gefallen lassen, wenn man beispielsweise Bundesrat Furgler abgewählt hätte, um ihn mit irgendeinem CVP-Regierungsrat zu ersetzen. Im Dezember haben Sie gesagt, Sie hatten nichts dagegen, wenn ein Teil der SVP-Fraktion sich mit den beiden SVP-Bundesräten träfe. Sehen Sie das immer noch so? Es steht doch jedem frei, einen Bundesrat zu treffen. Wenn aber eine separate Fraktion gebildet würde, müsste man handeln. Ein Ausschluss von Kantonalparteien wäre unumgänglich. Aber dazu wird es nie kommen. Weder in Bern noch in Graubünden haben die SVP-Vertreter mit einem Wischiwaschi-Kurs gewonnen. Niemand hat sich dort im Vorfeld der Wahlen gegen den Kurs der SVP gewehrt. Und den zweiten SVP-Sitz im Bundesrat haben wir nur dank konsequenter Politik gewonnen. Der neue Bundesrat hat soeben eine Mehrwertsteuervorlage beschlossen, die von der Wirtschaft weitgehend gutgeheissen wird. Sind Sie für die Vorlage? Zunächst handelt es sich dabei um eine Steuererhöhung - wenn auch eine verkappte. Das kommt für uns nicht in Frage. Am wichtigsten ist nicht der Einheitssatz. Das Hauptproblem für die Wirtschaft sind die Bürokratie und Schikanen bei der Anwendung der Mehrwertsteuer. Darüber sind die Unternehmer erzürnt. Bundesrat Merz will angeblich auch dagegen vorgehen, mit gleichzeitig einer zweiten Vorlage. Wir meinen: Jetzt machen wir zuerst das Nötigste - die Vereinfachung - und kümmern uns dann um die Frage des Satzes. Eine Steuererhöhung kommt aber nicht in Frage. Ob es einen oder zwei Steuersätze gibt, ist weniger wichtig. Das ist ein Anliegen von Finanz-Theoretikern. Aber die Wirtschaft hat das Vorgehen begrüsst... Beide Vorlagen sind nicht grundsätzlich falsch. Aber sie bringen eine Steuererhöhung. Und man läuft damit Gefahr, dass am Schluss nichts realisiert wird. Teilen Sie die Einschätzung, dass der jetzige Bundesrat unter dem Druck der rechten Opposition einen starken bürgerlichen und wirtschaftsnahen Kurs fahren wird? Das ist nicht auszuschliessen. Ich habe es im Albisgütli gesagt: Wir waren noch nie so erfolgreich wie in den letzten fünf Wochen. Die CVP hat einen Gegenvorschlag zu unserer Prämiensenkungs-Initiative gutgeheissen, der 90 Prozent der wesentlichen Forderungen der SVP-Volksinitiative übernimmt. Und der Bundesrat hat überraschend zugestimmt, dass die Ermittlungsbehörden künftig Einblick haben in Polizeiakten. Die FDP wendet sich nun erfreulicherweise gegen eine Prämienerhöhung bei der Arbeitslosenversicherung. Das sind neue Töne. Sie zeigen, dass die Mitte-Parteien unter dem Druck ihrer Basis stehen und der SVP nachgeben. Werden Sie weiter nach rechts rücken? Nein. Opposition heisst nicht, gegen alles zu sein. Wenn die anderen machen, was richtig ist, dann werden wir applaudieren. Aber Ihre Partei muss doch wachsen. Warum auch? Zentral ist, dass sich das Land in die richtige Richtung bewegt. Tun es die anderen, dann braucht es die SVP vielleicht nicht mehr. Dann könnte ich ans Meer liegen - obwohl es dort ausserordentlich langweilig ist. Wir haben nur ein Ziel: bessere Zustände im Land. Sie haben bis jetzt noch nicht viel Neues präsentiert. Ihre Haltung zur Personenfreizügigkeit haben Sie schon im letzten Mai in einem Mitbericht an den Bundesrat formuliert. Dazu äussere ich mich nicht. Wir müssen keine neuen Programme und Ziele präsentieren. Nur das Vorgehen. Da bringt die Albisgütli-Rede Neues. Worin besteht es? In der Verknüpfung der Personenfreizügigkeit mit dem Steuerstreit. Die EU hat einen harten Angriff auf unsere Souveränität in Steuerfragen lanciert. Der Bundesrat will zwar nicht verhandeln. Die EU wartet ab, bis die Ausdehnung der Freizügigkeit mit Bulgarien und Rumänien unter Dach und Fach ist - ein Abkommen, das nur für die EU wichtig ist. Aber es ist Teil der Bilateralen I. Sie stellen auf diese Weise die anderen Abkommen in Frage. Die Schweiz ist frei, das Abkommen über die Freizügigkeit auszudehnen oder nicht. Das hat der Bundesrat immer betont. Für die Schweizer Wirtschaft ist es nicht von grosser Bedeutung. Ausländische Arbeitskräfte bekommen wir zur Genüge auch ohne Personenfreizügigkeit. Wenn Sie gegen die Personenfreizügigkeit sind, dann fällt das bilaterale Kartenhaus zusammen. Nein. Glauben Sie, dass die EU die Abkommen wirklich kündigt? Das Verkehrsabkommen zum Beispiel bringt der EU wichtige Vorteile. Sie wird es im Eigeninteresse nicht kündigen wollen. Glauben Sie, die EU akzeptiert, dass die Schweiz zwei EU-Staaten anders behandelt als alle andern? Ich frage zurück: Finden Sie es richtig, dass die EU uns unter Druck setzt, unsere Steuergesetze zu ändern? Das haben wir nicht behauptet. Wir akzeptieren nicht den Eingriff in die Steuerhoheit. Und die EU akzeptiert nicht den Ausschluss von zwei Staaten aus der Personenfreizügigkeit. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Was verlangen Sie von der EU konkret? Eine Erklärung, dass sie die schweizerische Steuerhoheit anerkennt und ihre Forderungen zurückzieht. Vielleicht gibt es ja eine sinnvolle interne Steuerreform, die die EU beruhigt. Also selbständig nachgeben! Ausserdem würde die EU sofort mit neuen Forderungen kommen. Der EU passt es nicht, dass wir tiefere Steuern haben. Sie haben angekündigt, dass sich die SVP der Schule annimmt. Konkrete Forderungen sind bisher aber ausgeblieben, auch an der Albisgütli-Tagung diese Woche. Wir werden damit kommen. Die SVP hat die Schulreformen im Sinne der 68er Generation nie gutgeheissen. Es ging stets in Richtung Leistungsabbau, Selbstverwirklichung, Kuschelecken, Noten abschaffen. Nicht nur die Sozialisten haben diese Dinge vorangetrieben, sondern zum Teil auch die Bürgerlichen. Jetzt müssen wir das grundsätzlich anschauen. Die Eltern von Schulkindern haben die Nase voll, und zunehmend auch die Lehrer. Die Qualität der Schulbildung hat abgenommen in der Schweiz. Die Lösung haben wir noch nicht. Wir setzen eine Arbeitsgruppe ein mit Lehrern und Eltern. Die 68er sind in den Schulen schon seit einiger Zeit auf dem Rückzug. Es werden verbindliche Leistungsstandards festgelegt an den Schweizer Schulen. Leistung, Sorgfalt, Genauigkeit, Sprachbeherrschung - selbst Bildungsdirektoren wie Ernst Buschor haben hier von "Sekundär-Eigenschaften" gesprochen. Ich habe Reglemente neusten Datums gesehen. Was ich fand, atmet diesen Geist: Die Kinder bestimmen selber, wann sie nicht mehr lernen wollen. Deshalb schicken immer mehr Eltern im Kanton Zürich ihre Kinder an Privatschulen. Das ist kein Zustand. Wenn an den Schweizer Schulen eine Misere herrscht, wieso schneiden die Schweizer Jugendlichen im Pisa-Test hervorragend ab in Mathematik? Als ehemaliger Unternehmer sage ich Ihnen: Das Wichtigste ist, Angestellte zu finden, die fehlerlos schreiben können. Selbst Ingenieure können das nicht mehr. Da wird doch niemand behaupten, die Schulbildung in unserem Land sei gut genug. Von Lehrbetrieben weiss ich, dass sie aus gewissen Kantonen keine Lehrlinge - wegen ungenügender Schulen - aufnehmen können. Sie lehnen eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer für den Schuldenabbau bei der Invalidenversicherung ab. Wie wollen Sie den Schuldenberg der IV abtragen? Bevor nicht die laufenden Defizite beseitigt sind, darf man der IV kein Geld geben. Das Problem der IV ist, dass sie pro Jahr 1,5 Milliarden Franken Defizite erzeugt. Natürlich ist es viel mühsamer, den Missbrauch bei der Invalidenversicherung zu bekämpfen, als das Problem mit Geld zuzudecken. Es braucht jetzt die sechste IV-Revision, mit der wir verhindern, dass die IV laufend neue Schulden macht. Sie haben erklärt, dass Sie ein Unternehmen kaufen wollen. Haben Sie das schon getan? Nein. Ich lege den Schwerpunkt jetzt auf die Politik. Wenn es eine Gelegenheit gibt, können wir sehen. Wann bringen Sie den "Dreck" an die Öffentlichkeit, von dem Sie nach Ihrer Abwahl gesprochen haben? Ich werde aufzeigen, was in der Bundesanwaltschaft und der Oberaufsicht passiert. Hier geschieht und geschah Unglaubliches. Ein Beispiel sind die Ereignisse vom 5. September 2007. Ich habe den Bundesrat darüber informiert, dass ich mich diesbezüglich nicht an das Amtsgeheimnis gebunden fühle, und der Bundesrat hat keinen Einspruch eingelegt. Zudem muss aufgezeigt werden, wie in der Schweiz der Rechtsstaat ausgehebelt wird. Es gibt Gesetze, die in Einzelfällen angewendet werden und in anderen nicht. Es kommt vor, dass das Parlament Gesetze fordert, die es längst gibt - nur wendet man sie selektiv an. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig. Wollen Sie wieder in den Bundesrat? Das wollte ich nie. Es war damals notwendig. Ob sich erneut eine solche Situation ergibt, werden wir sehen.

20.01.2008

Wir politisieren jetzt noch konsequenter gegen den Bundesrat!

Der selbst ernannte Oppositionsführer Christoph Blocher über seinen Kampf gegen den Bundesrat, die Bilateralen und die Rückkehr in die Regierung. Interview mit dem "SonntagsBlick" vom 20. Januar 2008 von Marc Walder. Marcel Odermatt und Christof Moser SonntagsBlick: Herr Blocher, Sie haben im Albisgüetli die Oppositionspolitik der SVP erklärt. Was soll neu sein an der künftigen Rolle Ihrer Partei? Christoph Blocher: Die SVP muss sich nicht neu erfinden. Unser Programm stimmt. Wir kämpfen, damit die Schweiz nicht von der EU bevormundet wird. Das haben wir unseren Wählern versprochen und dieses Versprechen halten wir. Gegen die EU kämpfen - das war immer Ihr Programm. Wie wollen Sie in der Opposition zulegen, wenn sich gar nichts ändert? Der Unterschied ist, dass wir jetzt nicht mehr in der Regierung sind. Die anderen Parteien haben uns rausgeworfen, wir haben die Opposition nicht gesucht. Aber sie macht uns unabhängig. Wir müssen auf niemanden mehr Rücksicht nehmen. Das ist neu. Daran ist doch nichts neu. Sie haben nie Rücksicht genommen. Auch als Bundesrat nicht. Da täuschen Sie sich! Wäre ich noch Bundesrat, hätte ich im Albisgüetli nicht so frei reden können. Auch als wir mit Bundesrat Schmid noch nicht vollwertig in der Regierung vertreten waren, haben wir uns oft verbiegen müssen, um ihn nicht direkt anzugreifen. Das ist nicht mehr nötig. Schmid wurde der Charakter auch schon abgesprochen, als er noch Ihr SVP-Bundesrat war. Wie wollen Sie das noch steigern? Er war für uns immer ein halber Bundesrat. Weil er gegen den Willen der Fraktion gewählt wurde. Jetzt ist er gar kein SVP-Vertreter mehr. Als Oppositionspartei politisieren wir jetzt noch konsequenter für das Volk und gegen den Bundesrat. Sie drohen damit, das Referendum gegen die Erweiterung der Personenfreizügigkeit zu ergreifen. Sie schaden der Wirtschaft, um Ihrer Partei zu nützen? Wir ergreifen das Referendum, sofern die EU die Attacken auf unser Steuersystem nicht einstellt. Warum sollten wir damit der Wirtschaft schaden? Das Personenfreizügigkeitsabkommen ist im Interesse der EU, nicht der Schweiz. Gute Arbeitskräfte aus dem Ausland kann die Schweiz auch ohne erweiterte Freizügigkeit ins Land holen. Bei der letzten Abstimmung über die Personenfreizügigkeit sagten Sie: Wir sollten es wagen! Erstens war ich zu diesem Zeitpunkt im Bundesrat und hatte die Meinung der Regierung zu vertreten. Und zweitens ist die Situation jetzt anders: Die EU drangsaliert uns in der Steuerfrage. Deshalb sagen wir: Es gibt kein Abkommen, solange die EU die Schweizer Steuerhoheit nicht akzeptiert. Die Steuerpolitik der Schweiz ist nicht verhandelbar. Das sagt der Bundesrat - auch ohne Blocher. Gerade darum muss das Ganze ein für allemal vom Tisch. Als Toni Brunner kürzlich mit dem Referendum gegen die Personenfreizügigkeit drohte, sagte Peter Spuhler: Hirn einschalten! Es gibt Fragen, die in einer Partei umstritten sind. Andere Parteien sind sich in jeder Frage uneinig, bei uns haben wir nur wenige Streitpunkte. Das ist kein Problem. Vor Ihrer Zeit als Bundesrat waren Sie globalisierter Manager, Sie können nicht ernsthaft gegen freien Personenverkehr sein. Ich habe das erste Abkommen bekämpft. Bei der letzten Erweiterung mussten wir es wagen. Und für das anstehende Abkommen bin ich nur unter bestimmten Bedingung. Diese Abkommen geben den Schweizern keinen Vorrang mehr, wenn sie im eigenen Land Arbeit suchen. Die nächste Rezession wird zeigen, ob das grössere negative Folgen hat. Ergreifen Sie auch das Referendum gegen die bestehende Personenfreizügigkeit? Das ist noch nicht entschieden. Sie schliessen es nicht aus? Das ist eine offene Frage, die wir zu gegebener Zeit klären. Ist eine Rückkehr zur Ems-Chemie für Sie ein Thema? Nein. Der Führungswechsel ist vollzogen. Ich gebe zu, dass ich Angst hatte um die Zukunft der Firma, als ich in den Bundesrat gewählt wurde. Ich habe immer gesagt: Wären die Arbeitsplätze meiner 3000 Mitarbeiter im Gefahr geraten, wäre ich aus dem Bundesrat zurückgetreten. Aber meine Tochter und der Sohn haben ihre Arbeit gut gemacht. Die Firmen gehören ihnen. Ihre Mitarbeiter wären Ihnen wichtiger gewesen als das Land? Wir hätten eher einen guten SVP-Vertreter für den Bundesrat gefunden als einen, der die Firma hätte retten können. Zuerst muss man im eigenen Bereich Ordnung haben. Wären Sie auch aus dem Bundesrat zurückgetreten, wenn die SVP die Wahlen verloren hätte? Mir wäre nichts anderes übrig geblieben. Die Partei sagte: Blocher stärken, SVP wählen. Hätten wir verloren, hätte ich nicht im Bundesrat bleiben können. Ich sagte aber schon damals: Auch wenn wir gewinnen, ist mein Sitz gefährdet, weil die Gegner die SVP dafür strafen werden. Und so war es ja auch. Ich bin abgewählt. Ihre Gegner hofften, dass Sie nach der Abwahl in den Hintergrund treten. Wie sehen Sie Ihre Rolle in der Opposition? Das Parlament hat mich aus dem Amt geworfen, nicht aus der Politik. Ich werde an vorderster Front für die Anliegen der SVP kämpfen. Planen Sie auch Auftritte in kantonalen SVP-Wahlkämpfen? Ich habe Termine, ja. Zum Beispiel in St.Gallen und Schwyz. Und wenn die SVP nicht zulegt? Ist es dann vorbei mit Blocher? Für den Erfolg in kantonalen Wahlen bin ich nicht verantwortlich. Glauben Sie, dass die SVP in den Wahlen 2011 weiter zulegt? Das weiss ich nicht. Jetzt würden wir zulegen. Was in vier Jahren sein wird, weiss niemand. Planen Sie die Rückkehr in den Bundesrat? Wenn die SVP zum Schluss kommt, dass ich wieder in den Bundesrat muss, werde ich mir das wieder überlegen. Warum - weil nur Blocher ein guter SVP-Bundesrat sein kann? Nein. Es gibt einige Leute in der Partei, die unsere Partei im Bundesrat gut vertreten könnten. Gehört auch Toni Brunner dazu? Wieso nicht? Sein Hauptnachteil ist, dass er nicht ehrgeizig ist. Bis wann soll die SVP wieder Bundesratspartei sein? Die SVP bleibt Oppositionspartei bis das Parlament einen Bundesrat wählt, der uns genehm ist. Das haben wir klar gesagt, und so wird es auch sein. Tritt die SVP bei jeder Vakanz in Regierung an? Oder erst, wenn Bundesrat Schmid geht? Warum sollten wir nicht gegen die SP antreten? Warum sollten wir und nicht die SP in der Opposition sein? Wenn es nach mir geht, werden wir bei jeder Vakanz antreten. Die SVP muss bestrebt sein, der Regierung anzugehören. Was müssten die SVP-Bundesräte Schmid und Widmer-Schlumpf tun, um von Ihnen wieder unterstützt zu werden? Sie können ihr politisches Wesen nicht ändern. Die Tür ist zu, und zwar ganz. Wissen Sie bereits, wie viel Geld Sie in die Kampagnen Ihrer Partei stecken werden? Das weiss ich nicht. Aber ich bin froh, wieder Geld für das Wohl des Landes einsetzten zu dürfen. Für die Kampagne gegen den EWR habe ich mehrere Millionen eingesetzt. Wird es jetzt wieder so viel sein? Wenn nötig, ja. Mir ist das Wohl der Schweiz etwas wert! Werden Sie auch den Abstimmungskampf gegen die Personenfreizügigkeit finanzieren? Sicher nicht allein. Aber mithelfen werde ich.

18.12.2003

«Er kann und wird das ins Amt einbringen»

Für Silvia Blocher ist die Wahl ihres Mannes in den Bundesrat eine Folge von politischer Konsequenz und Verantwortungsbewusstsein Artikel in der "Zürichsee Zeitung" vom 18. Dezember 2003

18.12.2003

Bern wird nur temporäres Heim

Artikel in der "Zürichseer Zeitung" vom 18. Dezember 2003 Herrliberg: Silvia und Christoph Blocher geben ein Bekenntnis zur Region ab Christoph Blocher hat sich in der Region stark engagiert. Er gründete die Mittwochgesellschaft Meilen, die Jugendmusikschule Pfannenstiel, er ist Gönner der Meilemer Jazztage, im Kulturkreis Herrliberg, im Bob-Club Zürichsee… Endet diese Verwurzelung mit der Wahl in den Bundesrat?Wer weiss noch, dass Christoph Blocher in Meilen Mitglied der Feuerwehr war, dass er dort im Gemeinderat sass? Solche Vergangenheit geht vergessen, wenn einer wie derHerrliberger zur Symbolfigur in Politik und Wirtschaft wächst. «Vom Gemeindeleben hat er sich schon seit längerem zurückgezogen», sagt Silvia Blocher. Die Belastung ihres Ehemanns sei zu gross dafür geworden. Ein Fest für die ganze Region Dennoch blieben die Wurzeln dort, wo alles begonnen hat. Und so soll es auch als Bundesrat bleiben, verrät sie. In Bern suche sie zwar eine Wohnung, doch «richtig zuhause sind wir ganz klar hier in Herrliberg». Ein «Tatbeweis» wird das Fest am Freitag in und um die Vogtei Herrliberg sein. Christoph Blocher will eine Feier mit möglichst wenig Kosten – aber ein Fest für die Bevölkerung aus der ganzen Region. (di)

14.12.2003

«Ich werde EMS abgeben»

Blocher über den Schritt vom Unternehmer zum Bundesrat Interview mit der "SonntagsZeitung" vom 14. Dezember 2003 von Patrik Müller SonntagsZeitung: Herr Bundesrat, warum trauen Sie Ihrer erst 34-jährigen Tochter Magdalena Martullo-Blocher zu, dass sie die Ems-Chemie gut führt? Christoph Blocher: Ich konnte sie nun drei Jahre lang in leitender Funktion bei Ems beobachten. Seit 1. Januar ist sie für die strategische Planung alleinverantwortlich. Die Aufgaben erfüllte sie sehr gut. Sie verfügt über Initiative, Kreativität und Durchsetzungskraft. Auch ich war jung, als ich damals die Leitung übernahm, deshalb umgab ich mich mit älteren, erfahrenen Persönlichkeiten. So geschieht es auch jetzt, wo Dieter Klug das Verwaltungsratspräsidium übernimmt. Ihre Tochter ist schwanger. Was sagen Sie dazu, dass sie als Mutter diesen belastenden Job ausübt? Blocher: Ich freue mich auf ein weiteres Enkelkind. Meine Tochter muss sich entsprechend organisieren, und das hat sie bereits getan - sie hat ja schon eine Tochter. Dass sie nach der Geburt für einige Wochen aussetzen muss, ist kein Problem. Ich war mehr als tausend Tage im Militär und fehlte im Unternehmen. Das muss möglich sein. Sie haben ein konservatives Frauenbild. Ihre Tochter entspricht dem überhaupt nicht. Blocher: Ich habe kein konservatives Frauenbild - ich glaube, ein eher fortschrittliches. Ich frage nicht, ob Mann oder Frau. Ist Ihre Tochter wie Sie gegen eine Mutterschaftsversicherung? Blocher: Ich glaube schon. Sie dürfte kaum der Meinung sein, man dürfe jetzt eine weitere staatliche Versicherung einführen. Aber ich habe mit ihr nicht spezifisch über dieses Thema diskutiert. Sie leiten die Ems-Chemie seit über zwanzig Jahren. Werden Sie sich nicht weiterhin in Firmenbelange einmischen? Blocher: Nein. Natürlich bleibe ich dem Unternehmen gefühlsmässig verbunden, und wenn meine Tochter zu Besuch ist, werde ich sie fragen: Wie geht es dem Unternehmen? Aber die Verantwortung liegt nicht mehr bei mir. Ich werde dem Management nicht dreinreden. Mein Rückzug ist gut vorbereitet und erfolgt keineswegs schlagartig. Er wurde schon im Januar eingeleitet. Sie versprachen, nicht nur die Führung, sondern auch das Eigentum am Unternehmen abzugeben. Ihre Kinder müssten dann rund zwölf Millionen Franken Vermögenssteuern pro Jahr bezahlen. Blocher: Das ist ein Problem, für das wir derzeit nach Lösungen suchen. Bei einem Erbvorbezug müssten meine Kinder das Unternehmen aushöhlen, um die Vermögenssteuern zu zahlen. Aber so oder so: Ich werde das Eigentum abgeben. Die Kinder könnten nach London auswandern, dort gibt es keine Vermögenssteuer. Blocher: Jeder Anwalt, den man nach einer Lösung fragt, schlägt vor, dass meine Kinder in ein Land ziehen sollten, in dem es keine Vermögenssteuer gibt. Ziehen Sie diese Möglichkeit in Betracht? Blocher: Nein, und meine Kinder möchten gern in der Schweiz bleiben. Schliessen Sie aus, dass die Kinder ins Ausland ziehen? Blocher: Das kann ich nicht ausschliessen. Meine Kinder sind selbstständig und entscheiden selbst. Kann es sein, dass Sie noch mehrere Jahre Eigentümer der Ems bleiben? Blocher: Nein. In den nächsten Monaten werde ich eine Lösung treffen und das Eigentum abgeben. Welche Werte und Prinzipien, die Ihnen als Unternehmer wichtig sind, wollen Sie in den Bundesrat einbringen? Blocher: Ich kenne die Sorgen der Wirtschaft, des Werkplatzes Schweiz. In den letzten Jahren entwickelte sich die Regulierung in einem unglaublichen Mass. Ich denke an das gesamte Statistikwesen, das die Unternehmen belastet. Oder an die Abrechnung der Mehrwertsteuer. Oder an das Bauwesen, wo die Vorschriften immer komplizierter werden. Ich werde mich einsetzen für eine starke Entbürokratisierung, damit die Unternehmen wieder investieren und Arbeitsplätze schaffen. Weniger Bürokratie heisst automatisch auch weniger Beamte. Blocher: Baut man die Bürokratie ab, braucht es natürlich weniger Beamte. Wie viele Stellen wegfallen, kann ich nicht sagen. Das steht auch nicht im Zentrum. Das Ziel heisst weniger Belastungen für Unternehmen und Bürger. Wenn Sie die Steuern senken, werden die Defizite noch grösser. Blocher: Die Meinung, man beseitige Defizite durch Steuererhöhungen, ist falsch. Senkt man die Steuern, geben Firmen und Konsumenten mehr Geld aus und investieren. Wichtig ist auch, dass wir gute Unternehmen und Unternehmer in die Schweiz bringen. Das gibt Steuereinnahmen. Aber vorübergehend würden Sie ein höheres Defizit in Kauf nehmen? Blocher: Vorübergehend, ja. Wollen Sie die Schweiz wie ein Unternehmen führen? Blocher: Nein, die Schweiz ist kein Unternehmen. Aber die Führungsgrundsätze sind in einer Regierung dieselben wie überall, wo geführt wird: Wie analysiert man ein Problem sauber, wie kommt man zu Entscheidungen, was für gruppendynamische Prozesse spielen sich ab? Natürlich geht in der Politik alles viel langsamer und ist mühsamer, aber die Prinzipien sind dieselben.