Testi
Indipendenza
06.12.2002
Interview in «swissinfo» from 6 december 2002
Ten years ago, Christoph Blocher, a prominent member of the Swiss People’s Party, fought a tough campaign to convince the Swiss to reject membership of the European Economic Area (EEA).
Blocher told swissinfo that he still believes Switzerland’s decision to stay out of the EEA single market was the right one.
of Felix Münger
Rejection of EEA membership led Switzerland to negotiate a series of
bilateral accords with the European Union governing a wide range of
issues such as trade and the free movement of people.
The first seven bilateral agreements came into force on June 1 and a
second set of accords are now being negotiated.
These include the Schengen agreement which calls for the scrapping
of border controls between Switzerland and the EU and provides
common policies for fighting crime.
Do you still believe that your standpoint on the EEA back
in 1992 was appropriate?
Christoph Blocher: I certainly do. Had the Swiss voted to join the
EEA, we would now be a member of the European Union (EU). And
with the exception of the Swiss cabinet, no one wants to join the EU.
Even the business community has realised that membership would
have serious disadvantages.
Back in 1992, you became known as the champion of the
“no” to EEA membership campaign. How important was the vote for
you personally?
Christoph Blocher: Yes, I did become well known during the campaign
but that was not my goal. I simply understood the importance of the
issue – direct democracy, our laws and the welfare of our country
was at stake. That motivated me to doggedly fight for what I
believed, which I did. In hindsight, I probably couldn’t do it a second
time; it was very exhausting, both physically and emotionally.
Opponents say that rejection of the EEA has resulted in
the decline of Switzerland’s economy.
Christoph Blocher: The economy has certainly worsened since 1992.
Ten years ago we had less debt and lower taxes - conditions that
would enable the economy to flourish. But our current situation has
nothing to do with Switzerland’s decision to reject EEA membership.
It’s more the result of poor political decisions, with Switzerland trying
to adapt to the EU while at the same time driving up taxes.
What do you believe could help the Swiss economy
achieve higher growth?
Christoph Blocher: Government spending has to fall, there can be no
new tax increases and additional debt is out of the question. In fact,
taxes should decrease. No other country has raised taxes as much as
Switzerland. Apart from that I am convinced that we would improve
our chances if we all stood behind Switzerland. We need to stop
bowing down to other countries – no other country does that.
Deep down inside, Switzerland is afraid of change. Major
changes, such as breaking cartels, are currently impossible ...
Christoph Blocher: If the Swiss People’s Party gains more support in the next elections, then the tables will turn. If that happens, other political parties will have to follow a more right-of-centre political path.
How should the relationship between Switzerland and the
EU continue? The second round of bilateral agreements has started
but they have yet to get off the ground.
Christoph Blocher: I don’t believe these negotiations should continue.
The cabinet is only cooperating because they want Switzerland to
join the EU. The new agreements will probably lead Switzerland to join
the EU’s Schengen agreement and possibly lift banking secrecy. We
don’t need to be a part Schengen and lifting banking secrecy is out of
the question.
29.11.2002
Conférence de presse du 29 novembre, Palais fédéral Berne
Analyse de la situation et perspectives
de CN Christoph Blocher, Président de l'ASIN, Herrliberg
ewr_fr_short.pdf
29.11.2002
Comunicato stampa di 29 novembre 2002, Berna
di CN Christoph Blocher, il presidente l'ASNI, Herrliberg
ewr_it.pdf
29.11.2002
Eine Standortbestimmung mit Ausblick
Pressekonferenz vom 29. November 2002, Bundeshaus Bern
von NR Christoph Blocher, Präsident der AUNS, Herrliberg
021129ewr_standortbestimmung.pdf
29.11.2002
Schweizer Unternehmer gehen trotz schleppendem Wirtschaftswachstum auf Distanz zu Europa. Damit werden wichtige Reformen versäumt: Die Schweiz gerät immer mehr ins Hintertreffen.
Interview mit "Cash" vom 29. November 2002
von Annetta Bundi, Jürg Wegelin
Der 6. Dezember 1992 markiert nicht nur für die Schweiz, sondern auch im Leben von Christoph Blocher einen Wendepunkt. Sein erbitterter Kampf gegen den EWR wurde vom Volk zwar knapp unterstützt, doch das gedemütigte Establishment reagierte betupft: Wenige Monate nach der denkwürdigen Abstimmung musste der Zürcher Volkstribun seinen Sessel im Verwaltungsrat der damaligen Bankgesellschaft räumen.
Solche Strafaktionen sind heute nicht mehr denkbar. Denn die Wirtschaft
ist inzwischen auf den Kurs von Blocher eingeschwenkt. Von einer
«nationalen Katastrophe», wie sie der verstorbene Spitzendiplomat und
langjährige ABB-Kopräsident David de Pury in der Schweiz nach dem
EWR-Nein geortet hatte, mag niemand mehr sprechen. Im Gegenteil: Eine
Verhärtung der Fronten wird achselzuckend in Kauf genommen, wie das
Gerangel ums Bankgeheimnis zeigt. «Blocher hat sich auf der ganzen Linie
durchgesetzt», urteilt Peter Bodenmann, der ehemalige SPPräsident und
spitzzüngige Walliser Hotelier. «Politik und Wirtschaft haben sich aus der
EU-Diskussion verabschiedet. »
Blochers Taktik ist aufgegangen. Zehn Jahre nach der EWR-Abstimmung
mag sich am Europa-Thema niemand mehr die Finger verbrennen. Sein
Triumph entpuppt sich allerdings als Pyrrhussieg: Die Exportwirtschaft zum
Beispiel zahlt den vom Volkstribun gerne ins Feld geführten Zinsvorteil
gegenüber der EU mit einem auf hohem Niveau fluktuierenden
Frankenkurs. Und tiefe Kapitalkosten nützen dem Investor wenig, wenn
die Baupreise, wie fast alle anderen Preise (siehe Box), höher sind als bei
der ausländischen Konkurrenz.
Gravierender, als Blocher vorgibt, ist auch das Wachstumsdefizit der
Schweiz: Dieses besteht zwar bereits seit Mitte der Siebzigerjahre, hat seit
der Ablehnung des EWR-Vertrages 1992 aber stark zugenommen (siehe
Grafik). Die Länder der EU hingegen profitieren von der Integration in den
Binnenmarkt und vom Schwung der damit ausgelösten Reformen.
Österreich hat die Schweiz inzwischen nicht nur im Skifahren, sondern auch
beim Wirtschaftswachstum abgehängt.
Die Schweiz ist aus eigener Kraft nicht zu Reformen fähig
Kein Wunder, macht nun das Wort vom «verlorenen Jahrzehnt» die Runde.
Avenir Suisse, der Think Thank der Wirtschaft, spricht im Unterschied zur
Schönfärberei ihrer Auftraggeber in den Chefetagen gar von einer doppelt
verpassten Chance: «Weder erntet man die vollen Früchte des grossen,
dynamischen Binnenmarktes, noch wurde der heimische Boden mit den
notwendigen Reformen für das zukünftige Wachstum bestellt.»
Die Schweiz ist nicht fähig, ihre verkrusteten Strukturen aus eigener Kraft
aufzubrechen. «Wenn wir dem EWR beigetreten wären, wären uns die
unfruchtbaren Diskussionen über die Liberalisierung des Post- und
Strommarktes erspart geblieben», ärgert sich Silvio Borner. Der Basler
Ökonom sagt der Schweiz schwierige Zeiten voraus. Die EU stelle unser
Land Schlag auf Schlag vor vollendete Tatsachen: «Im Anpassungsprozess
werden wir der EU auch in Zukunft dauernd hinterherhinken.» Damit ist der
von Blocher propagierte Alleingang schleichend Realität geworden. Denn
für einen EU-Beitritt fehlen der Schweiz derzeit die Kraft und der Wille.
Gleiches gilt für die neuen bilateralen Verhandlungen, die zwar als
Pflichtübung weitergeführt, aber kaum je abgeschlossen werden dürften.
Die EU drängt auf immer grosszügigere Zugeständnisse. So erwartet sie
von der Schweiz, dass diese ihren Acquis und damit das geltende und
künftige EU-Recht übernimmt. Dieses Angebot ist für die Schweiz nicht
akzeptabel, und deshalb haben die Durchhalteparolen von Politik und
Wirtschaft bloss noch symbolischen Charakter. «Es gibt keinen anderen
Weg als den Bilateralismus», versucht Economiesuisse-Chef Ueli Forster
der Wirtschaft Mut zu machen. Doch er weiss, dass deren Anliegen mit
dem ersten Paket weit gehend erfüllt sind und der bilaterale Weg
«mühsam und Zeit raubend» ist.
Beliebte Shopping-Ausflüge ins Ausland
Derweil arrangiert sich die Schweizer Bevölkerung mit ihren Nachbarländern
auf eine bestechend simple Art: Tausende von Konsumenten shoppen im
grenznahen Ausland oder benutzen das verlängerte Wochenende in Paris
für den Einkauf von Medikamenten oder Fleisch. Damit folgen sie Borners
Beispiel. Der Ökonom pfeift auf das Schweizer Buchkartell und beschafft
sich seine Bücher bei Amazon im Internet. «Für meine Online-Einkäufe
führe ich ein Bankkonto in Grossbritannien.»
Solche Rezepte mögen dem einzelnen Bürger helfen. Doch taugt der
Alleingang auch für die Schweiz als ein stark exportorientiertes Land
mitten im europäischen Binnenmarkt? Blocher gibt sich selbstbewusst und
beruft sich auf die Welthandelsorganisation: «Die EU muss sich an die
WTO-Regeln halten.» Mit Zöllen und dergleichen könne sie die Schweiz
deshalb nicht unter Druck setzen. «Als zweitwichtigster Kunde der EU
könnten wir notfalls auch Retorsionsmassnahmen ergreifen.» Da könnte
sich der machtbewusste Volkstribun indes gewaltig täuschen. «Die WTO
setzt auf grosse Wirtschaftsräume und nicht auf Einzelkämpfertum», ist
Europarechts-Experte Thomas Cottier überzeugt.