Testi

 

09.07.2012

Verschärftes Aktienrecht statt «Abzocker-Initiative»

Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung vom 9. Juli 2012 Bei jedem klassischen Unternehmen gilt: Der Unternehmer (Eigentümer) hat die Entschädigungen seiner Mitarbeiter zu genehmigen. Leider gilt dies bei den grössten börsenkotierten Unternehmen nicht. Das führt dazu, dass sich leitende Manager mit sehr hohen, z.T. exorbitanten Entschädigungen und Boni sogar bei Misserfolg selbst bedienen. Abhilfe ist dringend notwendig Dieser Misstand ist dringend zu beseitigen. Das Aktienrecht müsste dafür sorgen, dass die Kontrolle des Managements durch die Aktionäre gewährleistet werden kann, denn der Staat hat das Privateigentum zu schützen. Es ist Thomas Minders Verdienst, dass er mit seiner Volksinitiative enormen Druck auf die abgeschlossene Gesetzgebung machte. Seine Stossrichtung stimmt. Das neue Aktienrecht nimmt denn auch die Forderung seiner Volksinitiative weitgehend auf. Doch leider kann das Gesetz nicht in Kraft treten. Ausgerechnet seine nicht zurückgezogene "Abzockerinitiative" steht dem entgegen. Das Aktienrecht als Gegenvorschlag Das neue Aktienrecht ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Minderinitiative. Als Gesetz untersteht es nicht dem obligatorischen Referendum. Es gilt auch nur, wenn entweder die Volksinitiative zurückgezogen oder abgelehnt wird. Hätte Minder die Volksinitiative zurückgezogen, könnte es unverzüglich in Kraft gesetzt werden. Würde die Volksinitiative angenommen, träte es überhaupt nie in Kraft. Was bringt denn dieser Gegenvorschlag? 1. Wie die Initiative sieht das neue Aktienrecht vor, dass jährlich die Generalversammlung über die Gesamtsumme sämtlicher Vergütungen des Verwaltungsrates und über sämtliche Vergütungen der Geschäftsleitung abstimmt. Entgegen der Minderinitiative präzisiert das neue Aktienrecht nicht nur dass "abgestimmt wird", sondern es sagt, dass der Gesamtbetrag für den Verwaltungsrat verbindlich genehmigt werden muss, ebenso der durch den von der Generalversammlung jährlich zu genehmigende Vergütungsbericht mit dem auf jedes Verwaltungsratsmitglied entfallenden Betrag unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitgliedes (neu: OR Art. 731 g, Abs. 2 Ziff 1). 2. Für die Geschäftsleitung ist nicht nur der Gesamtbetrag, sondern auch der höchste auf ein Mitglied entfallende Betrag (neu: OR Art. 731 g Abs. II, Ziff 2) zu genehmigen. Die Statuten können vorsehen, ob dies verbindlich oder konsultativ geschehen soll. Die konsultative Regelung gilt heute z.B. in England und hat sich als wirksam erwiesen. Die Verbindlichkeit hat den Nachteil, dass bei Ablehnung die gesamte Geschäftsleitung ohne Entschädigung dasteht, während die konsultative Regelung bei Ablehnung eine Anpassung ermöglicht. Die Volksinitiative Minder lässt diese Fragen offen. Sie verlangt nur, dass abgestimmt wird. 3. Die Volksinitiative verbietet Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen an Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Das verbietet auch der neue indirekte Gegenvorschlag (neu: OR Art. 731 l Abs.1 Ziff. 1 und 2). Hingegen kann es gerechtfertigte Ausnahmen geben. Wer kennt nicht die Fälle, wo man mit einer Abgangsentschädigung für einen loszuwerdenen Manager billiger davon kommt? Aber über solche Ausnahmen hat neu die Generalversammlung zu beschliessen (neu OR Art. 731 lit.c Abs. 2) und zwar verbindlich. 4. Das neue Gesetz sieht vor, dass vielerlei Einzelheiten (Erfolgs- und Beteiligungspläne, Anzahl VR-Mandate, Rentenregelungen, allfällige Kredite etc.) nicht - wie in der Volksinitiative vorgesehen - in den Statuten sondern im Vergütungsbericht verankert werden. Der Vergütungsbericht muss aber jedes Jahr durch die Generalversammlung genehmigt werden. Das ist sinnvoll. Denn Dinge, die sich laufend ändern, sollten nicht statutarisch festgehalten, aber auch durch die Aktionäre beschlossen werden. 5. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass Verwaltungsräte jedes Jahr einzeln gewählt, bzw. wieder gewählt werden müssen. Dies insbesondere, weil es nicht angeht, dass sich Verwaltungsräte für drei Jahre wählen lassen, aber sich dann jedes Jahr ohne Einfluss der Eigentümer selbst bedienen. Da nun nach dem neuen Aktienrecht sämtliche Bezüge, Boni, Entschädigungen jährlich von der Generalversammlung beschlossen werden müssen, fällt der Hauptgrund der einjährigen Amtsdauer weg. Aber die einjährige Amtsdauer wird im neuen Aktienrecht für börsenkotierte Firmen zum gesetzlichen Normalfall erklärt. Einzelne Regelungen der Volksinitiative von untergeordneter Bedeutung hat das Gesetz leider nicht aufgenommen. Doch das neue Aktienrecht erfüllt 80 Prozent der Forderungen der Volksinitiative. Der Hauptvorteil aber ist: Es könnte sofort in Kraft treten, und damit könnten die Misstände überrissener Boni und Entschädigungen unverzüglich behoben werden. Unter dem Druck von E-mails Bestimmt sieht dies der Initiant auch. Aber er beruft sich auf "viele Leute aus dem Volk." Er erhalte "viele E-mails." Doch es ist zu bedenken: Wenn die Volksinitiative angenommen werden sollte, dann fällt der brauchbare Gesetzesvorschlag dahin. Das Ganze beginnt wieder von vorne. Bis eine gesetzliche Regelung da ist, dürfte dies noch Jahre dauern. Und ob ein neues Gesetz dann der Initiative näher kommt, als der jetzige Gegenvorschlag, wage ich zu bezweifeln. Absurderweise werden sich die "Abzocker", die Herr Minder bekämpfen will, über die allfällige Annahme seiner "Abzockerinitiative" am meisten freuen.

15.06.2012

Die parlamentarische Immunität als Farce

Pressekonferenz der SVP Schweiz, Christoph Blocher, 15.06.2012 I. Das Gesuch der Staatsanwaltschaft Am 27. März 2012 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich das "Gesuch um Entscheid über parlamentarische Immunität" mit folgenden Anträgen: 1.1. Es sei festzustellen, dass vorliegend keine Immunität gegeben ist. 1.2. Eventualiter sei die Ermächtigung zur Weiterführung der Strafuntersuchung gegen Herrn Nationalrat Dr. Christoph Blocher zu erteilen. 2. Diese Gesuchsanträge haben einen von der Staatsanwaltschaft sehr bewusst gewählten, klar formulierten Wortlaut. Die Staatsanwaltschaft verlangt von den beiden parlamentarischen Kommissionen des National- und Ständerats die Feststellung, dass bei mir für alle den 3. und 27. Dezember 2011 betreffenden Handlungen keine Immunität gegeben sei oder – falls Immunität bestehen sollte –, dass diese aufgehoben werde. Etwas anderes beantragt die Staatsanwaltschaft nicht. II. Hausdurchsuchung ohne erforderliche Bewilligung 3. Art. 18 Abs. 2 ParlG schreibt vor, dass die Strafverfolgungsorgane vorgängig die Ermächtigung der Ratspräsidien einholen müssen, wenn sie gegen ein Ratsmitglied Massnahmen zur Beweissicherung durchführen wollen. Darauf können sie nur dann verzichten, wenn ein Fall offensichtlich und unbestritten fehlender Immunität vorliegt. Ein solcher liegt hier nicht vor. Das beweisen die differierenden Beschlüsse der beiden Kommissionen. 4. Die Staatsanwaltschaft begründete die Rechtmässigkeit des Hausdurchsuchungsbefehls damit, dass ich mich am 3. und am 27. Dezember 2011 rechtswidrig verhalten hätte. Mein Verhalten vom 3. Dezember bzw. dasjenige vom 27. Dezember 2011 allein hätten der Staatsanwaltschaft offenbar nicht ausgereicht, um bei mir Hausdurchsuchungen durchzuführen. Deshalb braucht sie eine vollständige, beide relevanten Daten abdeckende Ermächtigung, um ihr Verhalten nachträglich zu legitimieren. 5. Die Staatsanwaltschaft braucht eine vollständige Gutheissung ihres Gesuchs gemäss den von ihr gestellten Anträgen. III. Parlamentskommissionen missachten das Gesetz 6. Für die Gutheissung des Gesuchs der Staatsanwaltschaft müssen beide parlamentarischen Kommissionen die gestellten Anträge übereinstimmend gutheissen, d.h. entweder übereinstimmend Nichteintreten beschliessen und damit i.S. des Gesuchsantrags 1 feststellen, dass keine Immunität besteht. Oder sie müssen übereinstimmend feststellen, dass Immunität besteht, diese aber vollumfänglich aufgehoben wird. Kommen keine solchen übereinstimmenden Beschlüsse zustande, ist das Gesuch abgelehnt. IV. IK-N hebt Immunität nicht auf 7. Die IK-N hat am 25. April 2012 beschlossen, auf das Gesuch nicht einzutreten, soweit es sich auf die Handlungen vor meiner Vereidigung am 5.Dezember 2011 bezieht. Soweit sich das Gesuch auf Handlungen bezieht, welche nach dem 5. Dezember erfolgten, trat die IK-N darauf ein, entschied aber, meine Immunität nicht aufzuheben. Damit wurde das Gesuch abgelehnt, denn keiner der gestellten Anträge wurde gutgeheissen. BO: Entscheid der IK-N vom 25.4.2012, Beilage 1 V. Die RK-S tritt nicht auf das Gesuch ein 8. Die RK-S entschied am 31. Mai 2012, sie trete auf das Gesuch nicht ein. BO: Entscheid RK-S vom 31.05.2012, Beilage 2 VI. Klare Gesetzesbestimmung und ein "Faktenblatt" 9. Art. 17a ParlG lautet wie folgt: Stimmen die Beschlüsse der beiden Kommissionen über das Eintreten auf das Gesuch oder über die Aufhebung der Immunität nicht überein, so findet eine Differenzbereinigung zwischen den Kommissionen statt. Die zweite Ablehnung durch eine Kommission ist endgültig. 10. Die Parlamentsdienste veröffentlichten im Internet ein Faktenblatt "Die Immunität der Mitglieder der obersten Bundesbehörden" (Stand 3. April 2012). Dieses Faktenblatt ist auch heute noch im Internet abrufbar. Dort ist auf Seite 2 Absatz 2 zu lesen: Die zwei Kommissionen beraten das Gesuch nacheinander. Handelt es sich um ein Gesuch auf Aufhebung der Immunität eines Ratsmitgliedes wird es von der Kommission zuerst beraten, dem das beschuldigte Ratsmitglied angehört (Art. 17a Abs. 1 ParlG). Bei abweichenden Beschlüssen der beiden Kommissionen ist die zweite Ablehnung (Nichteintreten oder Nichtaufhebung) durch eine Kommission endgültig (Art. 17a Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 VG). BO: Faktenblatt der Parlamentsdienste Stand 3. April 2012, Beilage 3 VII. Die IK-N hat am 7. Juni 2012 die Immunität zum zweiten Mal nicht aufgehoben 11. Sie entschied erneut, dass ich für die Zeit nach dem 5. Dezember 2012 der Immunität unterstehe und dass diese auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft hin nicht aufgehoben werde. BO: Entscheid IK-N vom 07.06.2012, Beilage 4 VIII. Das Ermächtigungsgesuch der Staatsanwaltschaft ist abgewiesen 12. Die beantragte Feststellung, dass keine Immunität gegeben sei, wurde damit zum zweiten Mal genauso abgelehnt wie die beantragte Ermächtigung, mein Verhalten vom 3. und 27. Dezember 2011 strafrechtlich weiter zu verfolgen. Das Gesuch der Staatsanwaltschaft vom 27. März 2012 ist demzufolge definitiv abgewiesen und das Ermächtigungsverfahren abgeschlossen. Eine Gutheissung des Gesuchs widerspricht aus Verfahrensgründen Gesetz und Verfassung. Dies ist festzustellen, ohne auf den materiellen Teil des Entscheids einzugehen. IX. Kompetenzüberschreitung durch die Kommission 13. Das Parlament hat die IK-N und die RK-S gestützt auf eine Kompetenzdelegation nach Art. 153 Abs. 3 BV ermächtigt, die Gesuche um Aufhebung der parlamentarischen Immunität im gesetzlich vorgegebenen Verfahren zu entscheiden (BBl 2010, S. 7361). Nach Art. 153 Abs. 3 BV können den parlamentarischen Kommissionen nur Befugnisse übertragen werden, die nicht rechtsetzender Natur sind. Die IK-N und die Rechtskommission des Ständerats haben sich deshalb an das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren zu halten und sie dürfen dieses nicht abändern. X. Entscheid ohne gesetzliche Grundlage 14. Das Gesetz regelt klar, wie bei der am 7. Juni 2012 vorliegenden Differenz zwischen den Entscheiden der IK-N und der RK-S vorzugehen war. Für etwas anderes als den Verfahrensabschluss festzustellen, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Diese müsste erst geschaffen werden und dazu ist einzig und allein die Bundesversammlung zuständig. Den Kommissionen hingegen fehlt die Kompetenz, das Gesuch der Staatsanwaltschaft in Abänderung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften gutzuheissen. Ihr Entscheid ist verfassungswidrig. XI. Wo bleibt der Rechtsweg? 15. Gegen den materiellen Entscheid der Kommissionen, d.h. Nichteintreten bzw. Ablehnung gibt es keine Beschwerdemöglichkeit. Inhaltlich gibt es keine Beanstandungen gegen die Entscheide der IK-N vom 25. April und 7. Juni 2012 und den Entscheid der Rechtskommission des Ständerats vom 31. Mai 2012, vorzubringen. Hingegen rüge ich entschieden, dass sich die ständerätliche Kommission am 7. Juni 2012 in Missachtung von Art. 17a Abs. 2 ParlG nochmals mit dem Gesuch der Zürcher Staatsanwaltschaft befasste und zudem behauptet, ihr Nichteintretensentscheid gehe dem zweimaligen Ablehnungsentscheid der IK-N vor. Das widerspricht dem gesetzlich vorgeschriebenen Differenzbereinigungsverfahren. XII. Ausschaltung des Parlaments 16. Das Parlament hat, wenn es Kompetenzen an Kommissionen delegiert, von Verfassungswegen auch zu prüfen, ob die Kommissionen sich im Rahmen ihrer Kompetenzen bewegen. Tun sie dies, wie hier, nicht, so hat das Parlament dagegen einzuschreiten. XIII. Gesetzesauslegung als Politjustiz? 17. Das Gesetz bestimmt unmissverständlich, dass die zweite Ablehnung durch eine Kommission endgültig ist. Im Faktenblatt der Parlamentsdienste wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jeder Nichteintretensentscheid oder jede Nichtaufhebung eine Ablehnung sei. Wenn die RK-S und die IK-N etwas anderes geltend machen, so widerspricht dies dem Gesetz. Und die Immunitätsfrage verkommt zur Farce, zur Parteilichkeit und damit zur Politjustiz. Und wenn die Parlamentsdienste etwas anderes behaupten, so widersprechen sie sich selber. XIV. Welche Rechtsmittel? 18.Materiell sind die Entscheide der beiden Kommissionen nicht angefochten. Hingegen ist zu prüfen, ob die Verfahrensfrage allenfalls durch eine Beschwerde ins Parlament gebracht werden müsste. Bevor ein schriftlicher Entscheid vorliegt, kann diese Frage aber nicht entschieden werden. Inhaltsverzeichnis 1. Entscheid IK-N vom 25.04.2012 2. Entscheid RK-S vom 31.05.2012 3. Entscheid Faktenblatt der Parlamentsdienste 4. Entscheid IK-N vom 07.06.2012

15.06.2012

Senza di noi saremmo nell’UE

Intervista, La Regione, 15 giugno 2012, Edy Bernasconi

14.06.2012

DOK: Der erzwungene Rücktritt

Link zur Sendung mit Hintergründen zum Rücktritt von Philipp Hildebrand, Hansjürg Zumstein, 14.06.2012 «DOK: Der erzwungene Rücktritt»

13.06.2012

Entscheid zur Aufhebung der Immunität nicht rechtskonform

Anträge an die Immunitätskommission des Nationalrats vom 13. Juni 2012 von Herrn Christoph Blocher Entscheid_zur_Aufhebung_der_Immunitaet_nichts_rechtskonform.pdf