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18.12.2011

Zu den Bundesratswahlen

Interview mit dem Sonntags-Blick vom 18. Dezember 2011 mit Herr P. Hossli Wer den Verlierer nach der Niederlage trifft, erwartet eine gebrochene Figur. Dazu Einsicht, vielleicht Demut – und den Willen, eigene Fehler einzugestehen. Eine Erwartung, die sich im dritten Stock des Bundeshauses rasch zerschlägt. Höchst agil und selbstsicher begrüsst SVP-Nationalrat Christoph Blocher Reporter und Fotograf, lädt zum Espresso aus dem Plastikbecher ins helle Sitzungszimmer der SVP. An den Wänden hängen alte Wahlplakate, im Regal stehen Bierdosen. Blocher, seit Oktober 71, strotzt vor Energie, wirkt überdreht, aufgekratzt, grinst mehr als sonst. Ein Abgang, wie ihn Parteigänger verlangen, wie ihn alt Bundesrat Adolf Ogi im «Tages-Anzeiger» fordert, lässt ihn kalt. «Meinen Gegner würde es gefallen, wenn ich ginge. Nichts Neues unter der Sonne.» Blocher ist der Verlierer, der sich zum Sieger redet. Nichts ändern daran die Verluste. Verfehlt hat die SVP das Ziel, bei den Wahlen 30 Prozent zu holen. «Es ist bedauerlich, wenn man ein zu hoch gestecktes Ziel nicht erreicht, aber keine Katastrophe.» Er gesteht: «Wir hätten das Ziel nicht bekannt geben sollen.» – «Die SVP hat 20 Jahre nur gewonnen, aber jetzt 2,3 Prozente verloren, weil mit der GLP und der BDP zwei neue Parteien entstanden sind.» Der Sturm aufs Stöckli scheiterte. «Das war weder unsere Wortschöpfung noch unser Ziel», sagt er. Spricht mit den Händen, wie stets, wirkt gelangweilt, wenn eine Frage ihn langweilt, blüht auf, wenn eine andere provoziert. Statt über Verantwortung für eigene Verluste zu reden, rechnet er den anderen die Verluste vor. «Ueber unsere Verluste reden wir intern und analysieren. Uebrigens keine einzige Bundesratspartei hat ihr Ziel erreicht. Wenn neue Parteien kommen, verlieren die traditionellen Parteien. Die FDP und die CVP sind auf dem historischen Tiefstand. Die SP auf dem zweitschlechtesten Ergebnis und die SVP auf dem Drittbesten.» Die missglückte Bundesratswahlen? War «eine Heuchelei». Schuld am Debakel sind andere. «Es kam wie erwartet, die Mitte-Links-Mehrheit will die grösste Partei - die SVP - nicht im Bundesrat.» – «Wir hätten den Kaiser von China bringen können, die anderen hätten uns den zweiten Sitz nicht gegeben.» Blocher triumphiert beim Scheitern. Sieht sich als einer, der Übles entlarvt. «Bis anhin haben uns die Gegner vorgeworfen, wir hätten keine konkordanten Figuren. Jetzt haben wir Kandidaten von den Gegnern geradezu auswählen lassen. Gewählt haben sie diese trotzdem nicht. Das entwürdigende Spiel wurde offen gelegt. Das führt zur Politikverdrossenheit.» Nicht sein Spiel war unwürdig, sondern das der anderen. Warum hat er Mühe, Fehler zuzugeben? «Fehleranalysen machen wir dauernd, aber nicht für die Journalisten.» Verstrichen ist eine kurze Woche, sind zwei kurze Monate, in denen Blocher den Nimbus des Unschlagbaren verloren hat. Er winkt ab. «Dieser Nimbus ist mir neu, ich habe ihn nie gehabt. Haben ihn andere, ist es wichtig, dass dieser Nimbus verloren geht. Ein Nimbus ist nie gut.» Er redet die Revolte der Jungen bei der SVP klein. «Es geht vor allem um die Kommunikation.» Zur Kritik von anderen Ständeräten: «Wenn ich sie jeweils persönlich frage, sagen sie mir stets, so hätten sie das nicht gesagt.» Am Zwist um den künftigen Kurs findet er gefallen. «Bravo, endlich streitet die SVP wieder. Es ging bei der SVP zwanzig Jahre nur aufwärts, viele haben sich zurückgelehnt und sind im Schlafwagen nach Bern gefahren. Das ist jetzt fertig, dieser Rückschlag ist heilsam.» Nächste Woche spricht sich die Fraktion aus. Fliegen Fetzen, findet Blocher das gut. «Wissen Sie, der Streit sollte Normalzustand sein. Er führt zu Lösungen.» Das gilt im Rat, im Beruf – und den eigen vier Wänden. «Meine Frau ist meine stärkste Kritikerin», sagt Blocher über Gattin Silvia. «Das sind die Frauen ja immer. Wir heiraten sie, weil wir ihre Kritik brauchen.» – fügt er lachend bei. «Wir haben keine harmonische Ehe. Bei einer harmonischen Ehe sind die Leute zu faul, um sich auseinanderzusetzen.» Seine Frau sei «unglücklich», dass er weiter politisiere. «Sie leidet mit, wenn es ungerecht zugeht, aber sie sieht die Notwendigkeit, dass ich es mache.» Was treibt ihn denn noch an? «Warum ich es mache? Das weiss ich nicht.» Sicher ist – er fühlt sich berufen. «Politisch treibt mich seit Jahren dasselbe an: Die Schweiz hat institutionell eine sehr gute Ordnung, darum muss sie verteidigt werden. Aber – wie das Churchill über die Demokratie gesagt hat – es ist die am wenigsten schlechte. Jetzt will man sie zerstören, – dem will ich helfen, einen Riegel zu schieben.» – «Was wäre denn die Alternative? Zu Hause sitzen? Kaffee trinken? Lesen? Ich täte dies mit Freude. Aber ich hätte das Gefühl, ein schlechter Mensch zu sein, ein "trauriger Chaib," dass ich mich dem unapetitlichen Politikbetrieb entziehe und die andern die Arbeit machen lasse.» Statt dessen trimmt er die Partei auf Widerstand. «Das ist anspruchsvoll, daran muss sich die Partei zuerst gewöhnen.» Das ist neu. «Bei den Bundesratswahlen hat z. Bsp. der SVP-Kandidat gegen einen SP-Kandidaten verloren – und gleichwohl sind einige unserer Leute aufgestanden und haben dem Gegner applaudiert. Aus Gewohnheit!» Einer war Bruno Zuppiger, der bei der Wahl von Alain Berset aufstand und applaudierte. Ein Moment von persönlicher Demut eines Nationalrats, der sehr schnell sehr tief abstürzte. «Demut? Dass ein Sozialist die Wahlen gewinnt!» Nein, Gutmenschen mag Blocher nicht. Es sei das Gegenteil von gut. Grösse gegenüber dem Sieger gehört in der Schweiz zum guten Ton. Für Blocher höchstens beim Sport oder im Spiel. «Der Applaus zeigt, dass die Bundesratwahlen ein Spiel sind.» Ein Spiel, bei dem das Parlament SVP-Mann Ueli Maurer wieder gewählt hatte. Wie lange ist Maurer noch Bundesrat? «Sicher noch vier Jahre.» Warum betreibt die SVP nicht echte Opposition und zieht Maurer zurück? Darüber befinde die Partei Ende Januar. Geht es nach Blocher, soll Maurer im Bundesrat bleiben. «Er legt die Fehlentwicklungen innerhalb der Regierung offen. Die SVP kontrolliert die Regierung von aussen.» Endlich werde es möglich, die Arbeit der Bundesräte zu kritisieren, ohne Rücksicht auf den Filz. «Das konnten wir als Regierungspartei kaum tun», sagt Blocher – und greift an. «Bundesrätin Widmer-Schlumpf und Frau Sommaruga haben die Unordnung im Asylwesen herbeigeführt. Das ist offen zu legen.» «Didier Burkhalter hat bei der Sanierung der IV bereits nachgelassen – da hält die SVP den Finger drauf.» «Frau Leuthard muss endlich zeigen, wie nach dem Atomausstieg eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten ist.» Freut er sich auf die Opposition? «Der Aufgabe sehe ich mit Demut entgegen, ich frage mich, ob wir alle dem gewachsen sind.» Nicht nur wegen den Bundesratswahlen hagelte es letzte Woche Kritik. Es ging um seine Tochter Rahel, die unverkannt hinter der «Basler Zeitung» stand, um seine Garantie für allfällige Verluste beim Basler Konzern. Um die Vielfalt der Medien gehe es ihm, sagt Blocher. "Um die Meinungsvielfalt." Warum hat er bei der «Basler Zeitung» nicht die Wahrheit gesagt? «Ich habe bei der BaZ nichts Unwahres gesagt. Aber nicht alles offengelegt» "Was soll denn hier so schlimm sein?"v Verschleiert deutet er einen Wechsel an der Spitze der SVP an. „Niemand in der Parteileitung hängt an seinem Posten.“ «Wir sind um jeden froh, der nachkommt und es besser macht.» – «Wir mussten Toni Brunner - der beste Parteipräsident - ja fast ins Amt prügeln.» Bleibt Brunner? «Ich gehe davon aus und hoffe es.» Wut und Verletzung leiten Blocher, heisst es seit Jahren. «Er ist immer noch verletzt wegen seiner Abwahl aus dem Bundesrat», sagte Ogi dem Westschweizer Magazin «L’illustré». Doch Blocher weist dies lachend zurück! Das Gefühl bleibt bestehen, Rachegelüste hätten ihn zu Fehlern verleitet. «Wer hat dieses Gefühl?», fragt Blocher. «Ich.» – «Das ist ein schlechtes Gefühl, lassen Sie sich von Ihrem Intellekt leiten und nicht von Gefühlen in die Irre führen.» «Ich habe weder Rache noch Wut, meine Gedanken und Gefühle sind an einem ganz anderen Ort.» «Wir kritisieren Frau Widmer-Schlumpf für die unverantwortliche Arbeit im Asylwesen, nicht aus Rache, sondern weil dies uns wieder bald 20'000 Zuwanderer bringt. Der überwiegende Teil sind Arbeitssuchende und Kriminelle. Nicht Flüchtlinge! Dafür sind Frau Widmer-Schlumpf und jetzt Frau Sommaruga verantwortlich. Dasselbe gilt für die schlechten Verhandlungen mit den USA. - All das haben wir zu wenig kritisiert, weil wir in die Regierung eingebunden waren. Jetzt müssen wir dies tun.» Zuletzt bedauert er das Ende der Zauberformel. «Sie war ein Garant für schwierige Zeiten.» Er hält inne. «Die kommen jetzt. Wann endlich rüstet sich die Schweiz? »

18.12.2011

Oui, nous ferons notre autocritique, mais pas sous le regard des autres

Interview, Le Matin Dimanche, 18 décembre 2011, Stéphanie Germanier Monsieur Blocher, vous avez l’air déprimé sur les photos que l’on voit partout dans la presse depuis mercredi. C’est le cas ? Forcément, sur les centaines de photos qui ont été prises, on n’utilise que celles où je ne souris pas. Mais peut-être avez-vous d’autres questions plus substantielles ? Personne n’a compris votre stratégie le 14 décembre et on se demande même s’il y en avait une… Notre stratégie était claire, nous voulions obtenir le deuxième siège auquel nous avons droit, ce n'était pas un siège du PLR. Or les autres partis, dont ce dernier, qui disaient soutenir ce projet ont brisé la concordance. A ce moment, nous étions libres d’agir. Les autres partis n’ont pas voulu des candidats de l'UDC, que pourtant tout le monde trouvait acceptables, donc on n’a pas voulu de nous. Franchement, si vous aviez vraiment voulu ce deuxième siège, vous l’auriez eu. Il suffisait de répondre à l’ultimatum du PS qui vous demandait d’attaquer le siège PLR pour avoir son soutien… Si nous avions réussi avec ce pacte, nous aurions gagné grâce à une injustice, sans respecter la concordance, ce que nous ne souhaitions pas. Vous ne vous remettez donc pas en question, vous et la direction du parti, malgré vos erreurs de jugement mercredi et dans l’affaire Zuppiger ? Peut-être on a fait quelques erreurs et il faudra en discuter dans le groupe mardi prochain. Nous ferons notre autocritique, pas sous le regard des journalistes. Et l'assemblée du 28 janvier discutera la nouvelle situation pour l'UDC. Est-ce que la direction du parti ne devrait pas démissionner après cet échec ? Si les délégués le souhaite, ils ont la possibilité de l’exiger! Nos membres décideront au moi de mai, date à laquelle nous reconduirons ou non les instances du parti. Peut-être faudra-t-il revoir la forme de cette présidence avec six vice-présidents. Quant à Toni Brunner: Il est le meilleur président de parti, même si certains journalistes le méprisent car il n’est pas universitaire. Mais je peux vous assurer qu’il a une intelligence, une capacité communicative, un instinct et un dévouement politiques hors du commun. Caspar Baader démissionne de son poste de chef de groupe à la fin du mois, seriez-vous tenté de reprendre son poste ? Non pas du tout, je siège au Conseil national et j’espère continuer à le faire pour ces quatre prochaines années, si la santé me le permets. Vous êtes en forme en ce moment ? C’est bien là le souci de mes adversaires. Oui, je me porte très bien. Qu’est-ce qui va se passer à présent pour l’UDC ? Vous partez dans l’opposition ? Ce sera à notre base de définir cela. Le mot opposition lui fait peur pour l’instant, car il implique un changement de politique, l’abandon d’un système de concordance pour faire place à un système de coalition. Je pense que cela prendra du temps. Mais pour l’heure il faudra en tout cas renforcer notre action face à ce gouvernement et ce parlement dans lesquels la gauche prétend endosser les responsabilités. Nous serons là pour contrôler et critiquer le travail du gouvernement! C’est-à-dire… Les problèmes sont à notre porte. On ne va plus pouvoir faire croire qu’il n’y a pas des problèmes avec les assurances sociales, avec l’asile, avec la libre-circulation - et avec - l’Union européenne. Ueli Maurer devrait-il quitter le gouvernement ? Personnellement je ne le crois pas, mais le parti décidera. Ueli Maurer a fait un très bon travail au sein du Département de la défense, il a corrigé la mauvaise direction qui avait été prise ces dernières années. Ce ne serait pas très conséquent qu’il abandonne cela, même si la concordance est brisée et qu’on nous refuse nos droits. Si l’UDC est si détestée, c’est parce qu’elle a raison et perce qu'elle contrôle les autres partis. Elle dit avoir raison, mais pour la première fois elle perd. Comment allez-vous corriger cette nouvelle image ? Il n’y pas d’image à corriger, mais plutôt nos erreurs. Nous en avons fait et nous avons perdu, mais cela était inévitable après avoir gagné pendant vingt ans. Nous allons discuter, débattre, dire ce que nous avons tous sur le cœur et je m’en réjouis. Il n’y a rien de plus ennuyeux et néfaste que l’harmonie, dans un parti comme dans un couple. Le débat et la confrontation sont indispensables. Et débat il y a aura, puisqu’une frange de votre parti commence à se plaindre du triple B (Blocher, Brunner, Baader). Vous commencez à lasser vos troupes ? A l’UDC, nous sommes libres de nos opinions. Tant mieux si une nouvelle génération pense pouvoir faire mieux. Nous sommes ouverts à toute bonne proposition et solution. J’aime débattre avec les gens, pour autant qu’ils aient des arguments, et qui ils fassent mieux. N’est-ce pas finalement parce que vous financez votre parti, qu’on n’ose pas vous remettre en question vous et votre omnipotence? Je n’ai jamais donné un seul franc au parti directement. Mais il est vrai que j’aide à financier des campagnes de votation. Pourtant, ma force ne vient pas de mon argent, mais de mes convictions et d’arguments solides. Les libéraux radicaux estiment qu’en attaquant le siège de Johann Schneider-Ammann, vous avez brisé le lien de confiance qui unissait les deux partis. Que va-t-il se passer à présent ? Vous savez, notre histoire d’amour avec le PLR était déjà terminée bien avant mercredi. À Saint Gall, les membres du PLR ont soutenu contre nous Paul Rechsteiner, un communiste. Ils ont fait cause commune avec le socialiste Hans Stöckli à Berne. Dans certains cantons, le PLR est devenu une secte et ne sait plus qui il représente. Nous aurions pu gagner ensemble, mais les libéraux-radicaux ont choisi une autre voie. Le PLR est maintenant partie intégrante du gouvernement de centre-gauche, pas nous.

17.12.2011

Wer Erfolg haben will, muss einstecken können

Interview mit Luzi Bernet über Alfred Escher und zwei Zeitgenossen erschienen in der NZZ vom 17.12.2011 Link zum Artikel

16.12.2011

Über die Bundesratswahlen und die Basler Zeitung

Interview mit den Schaffhauser Nachrichten vom 16. Dezember 2011 mit Norbert Neininger Herr Blocher, nun ging gestern gar nichts nach Wunsch: Die SVP hat nach wie vor nur einen Sitz. Christoph Blocher: Ja. Vor allem aber wurde jetzt Klarheit geschaffen. Es ist nun offensichtlich, die andern Parteien wollen der SVP - der wählerstärksten Partei - keinen zweiten Sitz zugestehen. Das kann man zwar tun. Aber indem man von Konkordanz schwafelt und verkündet, man wolle der SVP zwei Sitze zugestehen, zeigt erneut das unappetitliche heuchlerische Spiel bei Bundesratswahlen. Hatten Sie denn einen anderen Ausgang erwartet? Blocher: Nein, es hat sich in den letzten Tagen abgezeichnet, dass es so kommen wird, wie es kam. Die ersten Kommentatoren werfen Ihnen vor, Ihre Strategie habe versagt. Gibt es Anlass zur Selbstkritik? Blocher: Bis auf eine Kleinigkeit, hat sich Herr C. Baader nichts vorzuwerfen. Und das war was? Blocher: Konsequenterweise hätten wir entweder nur gegen die SP oder dann gegen beide SP- und FDP-Sitze antreten müssen. Doch das Resultat wäre unverändert gewesen. Sehr glücklich war der Kandidatenwechsel von Zuppiger zu Walter aber nicht ... Blocher: Das ist ein sehr bedauerlicher Unglücksfall. Die SVP hat schnell und konsequent gehandelt, als wir feststellen mussten, dass Herr Zuppiger nicht mehr als Kandidat in Frage kommt und seine Kandidatur zurückzog. Waren Sie da zu vertrauensselig? Blocher: Vielleicht. Hätten wir den wahren Sachverhalt gewusst, wäre Herr Zuppiger nie vorgeschlagen worden. Doch das ist erledigt. Aber es ging ja gar nicht darum: Es spielte – wie man jetzt sieht – gar keine Rolle, mit wem wir angetreten sind. Wir haben ja Leute nominiert, die von unseren Gegnern geradezu ausgewählt worden waren. Sowohl Herr Zuppiger wie Herr Walter wollten unsere Gegner stets im Bundesrat. War denn die Nomination von Herrn Zuppiger keine Panne? Blocher: Natürlich ist das eine Panne. Darum ist er unverzüglich zurückgetreten, nachdem wir den wahren Sachverhalt erfahren haben. Die SP, die CVP und auch die Grünliberalen haben erklärt, der Kandidatenwechsel hätte sie geradezu gezwungen, den ursprünglichen Plan zu ändern. Blocher: Das sind Ausreden. Man wollte die SVP nicht im Bundesrat. Darum hat man weder Jean-François Rime noch Hansjörg Walter gewählt, nur darum. Einen konkordanteren Kandidaten als Herrn Walter gibt es ja nun wirklich nicht. Wenn man den nicht wählt, wählt man keinen. Was sind jetzt die Konsequenzen? Wird die SVP auch Herrn Maurer dazu veranlassen, den Bundesrat zu verlassen? Blocher: Herr Maurer hat heute gesagt, dass diese Wahl und die Zusammensetzung des Bundesrates schlecht für das Land seien. Und auch schlecht für ihn, der weiter einsam in der Regierung sitzt. Und trotzdem: Ueli Maurer wird bleiben, wenn die Partei dies nicht anders verlangt! Noch einmal: Geht die SVP in die Opposition? Blocher: Wir müssen nicht mehr gehen wir sind es. Man hat uns nicht die volle Regierungsverantwortung übertragen. Welche Konsequenzen wir daraus ziehen, entscheiden wir am Parteitag am 28. Januar 2012. Aber eines ist klar, jetzt sind wir verpflichtet, die Regierung zu kontrollieren, zu kritisieren, Missstände aufzudecken und auch aufzuzeigen, was man wie besser machen könnte. Wir haben den Auftrag zur konstruktiven Regierungskontrolle. Möglich wäre auch, dass Herr Maurer den Bundesrat verlässt? Blocher: Herr Maurer ist ein ausgezeichneter Bundesrat. Ich glaube nicht, dass dies nötig sein wird. Auch das entscheiden wir am 28. Januar 2012. Es wird klar, dass Sie persönlich den Weg in die Totalopposition bevorzugen. Blocher: Nein. Aber was heisst das? Wir sind ja nach wie vor in den Gemeinden und Kantonen eingebunden. Eine Totalopposition kann und soll es also gar nicht geben. Aber ich werde opponieren, wenn die Ausländer- und Asylpolitik aus dem Ruder läuft. Andere werden es auch tun. Ob die ganze Fraktion oder Partei dies auch tut, werden wir sehen. Was werfen Sie dem Bundesrat denn inhaltlich vor? Blocher: Dass er beispielsweise die Katastrophe im Asylwesen schönredet, statt diese aufzudecken. Frau Sommaruga, löst die Asylprobleme nicht, sondern verwaltet sie. 95 Prozent der Asylanten aus Afrika sind Kriminelle oder Wirtschaftsflüchtlinge. Italien nimmt sie gemäss Dublin-Vetrag praktisch kaum zurück. Sie sollten sofort die Südgrenze - entgegen Schengen - kontrollieren oder schliessen. Wenn es so weitergeht, gibt es unlösbare Probleme. Das muss verhindert werden. Weil wir nicht mehr in der vollen Regierungsverantwortung sind, können wir das besser tun, als wenn man mit der Regierung unter einer Decke steckt. Warum haben Sie eigentlich den FDP-Sitz attackiert, obwohl Sie das zuvor ausgeschlossen hatten? Blocher: Weil die Konkordanz gebrochen war: Zudem gab es ja auch mindestens ein halbes Dutzend FDP-Mitglieder, die sich nicht an die Abmachung gehalten haben. Wie damals bei meiner Abwahl sind sie mitverantwortlich. Am Montag hat die FDP auch gegenüber der SVP erklärt, dass sie im 7. Wahlgang gegen die SP nicht die SVP unterstützen werde. Themenwechsel, reden wir von der «Basler Zeitung» und dem Vorwurf, Sie hätten über Ihren Einfluss dort gelogen. Blocher: Das behaupten die Journalisten jener Verlage, die sich die «Basler Zeitung» einverleiben wollen. Aber die Aeusserung, meine Aussagen seien formell korrekt gewesen, aber inhaltlich gewagt, ist nicht ganz falsch. Warum haben Sie denn nicht klipp und klar gesagt, dass Sie die Macht in Basel hatten? Blocher: Weil das nicht so war, die Macht hatte der Mehrheitsaktionär Moritz Suter, solange er die Aktien besass. Aber - meine jüngste Tochter hat die Aktien kurzfristig übernommen, weil eine solche Option bestand. Sie tat dies, um sie an die Medien-Vielfalt-Holding von Herr Tettamanti zu verkaufen. Diese wird dafür sorgen, dass der Monopolisierung der Medienlandschaft Einhalt geboten wird. Es bleibt dabei: Sie haben den Eindruck genährt, dass Sie nichts mit der «Basler Zeitung» zu tun hätten. Blocher: Nicht ich, sondern meine Tochter Rahel war mit ihrem Geld involviert. Natürlich hat weder sie noch ich dies veröffentlicht, aber auch nicht bestritten. Meine Tochter ist nun nicht mehr dabei, aber ich werde den neuen Besitzern für Basel eine gewisse Garantie leisten, dass sie mit dem industriellen Teil keinen Verlust erleiden werden. Doch jetzt hat die BaZ mit Filippo Leutenegger einen tüchtigen Sanierer als Präsidenten. Entscheidend ist doch, dass die «Basler Zeitung» und später auch weitere nicht auch noch in die Hände der Grossverlage fallen. Das helfe ich zu verhindern. Wird sich denn diese Holding an weiteren Medienunternehmen beteiligen? Blocher: Das müssen Sie Herr Tettamanti fragen. Ich glaube schon. Sie will die Medienvielfalt. Wir haben ja bereits geradezu nordkoreanische Verhältnisse: Vor den Wahlen einheitlich durch Staatsfernsehen und Staatsradios die Asyl- und Freizügig-keitsprobleme beschönigen und erst nach den Wahlen die Realität zeigen! Es gibt nur wenige Ausnahmen; Zu denen gehören die «Basler Zeitung», die «Weltwoche» und auch die «Schaffhauser Nachrichten». Aber die «Schaffhauser Nachrichten» brauchen ja glücklicherweise niemanden, der ihnen hilft. Wird denn nun die «Basler Zeitung» zum SVP-Blatt? Blocher: Lesen Sie sie doch, dann sehen Sie, dass es eine offene Zeitung ist, die enorm an Qualität gewonnen hat. Und die auch linke Autoren publiziert, selbstverständlich. Sobald Sie sich bei Medien engagieren, gibt es massive Widerstände. Können Sie sich das erklären? Blocher: Erklären? Ich bin es gewohnt. Das ist halt einfach so, und dies hat mich auch – der Sache und den Mitarbeitern zuliebe – in Basel dazu veranlasst, mich offiziell aus dem Spiel zu nehmen.

10.12.2011

Konkordanz oder Opposition? Die SVP und die Landesregierung

Ansprache von a. Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Delegiertenversammlung vom 10. Dezember 2011 in der Kaserne von Chamblon (VD) Herr Präsident Herr Bundesrat chers amis de la Suisse romande cari amici della Svizzera italiana meine Damen und Herren In vier Tagen wird unsere Landesregierung neu gewählt. Die Frage lautet: Gilt die Konkordanz oder soll eine Koalition von Gleichgesinnten regieren? I. Die SVP und die Konkordanz In der Konkordanz regieren mehrere Parteien zusammen - sinnvollerweise die grössten. Nicht weil sie gleicher, sondern obwohl sie verschiedener Meinung sind. Sie haben nur etwas gemeinsam: Sie sind die Wählerstärksten. Für die Landesregierung hiess dies bisher: Die drei grössten Parteien sind mit je zwei Sitzen, und die kleinste Partei mit einem Sitz in der Regierung vertreten. Das galt zumindest solange, als die SVP die kleinste Partei war. Nachher waren der Ausreden viele, um die SVP ganz oder teilweise aus der Regierung auszuschliessen. Sie predigten Wasser und tranken Wein! II. Am 14. Dezember 2011 geht es um die Konkordanz Die Konkordanz garantiert eine gewisse Stabilität. Darum hat sich die SVP stets vorbehaltlos hinter die Konkordanz gestellt. Mit der „Zauberformel“ – 2:2:2:1 – sind etwa 75 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Bundesrat vertreten. Das ist anspruchsvoll: Jeder Bundesrat trägt die Grundsätze seiner Partei und ihrer Wähler ins Regierungsgremium. Hier treffen die verschiedenen Ansichten aufeinander. Und hier muss nun ein tragfähiger Kompromiss erstritten, erkämpft und erlitten werden. Was heisst das für die SVP? Erstens hat man den Gegner ernst zu nehmen, indem man sich mit ihm streitet. Es ist kein billiges Anbiedern. Die SVP setzt sich auch in der Regierung ein für Freiheit, für eine unabhängige Schweiz, für die Volksrechte, die dauernd bewaffnete Neutralität und die Sicherung der Wohlfahrt. Sie muss auch bereit sein, sogar mit einer SP notfalls einen Kompromiss einzugehen. Die Konkordanz verlangt, dass die SVP notabene mit einer SP regiert, die in ihrem neuesten Programm genau das Gegenteil von der SVP darstellt. Die SP strebt eine in die EU eingebundene Schweiz an, sie tritt ein für die Abschaffung der Landesverteidigung und für die Überwindung des Kapitalismus – d.h. für den real existierenden Sozialismus. Die SVP weiss, dass in der Geschichte Wirtschaftstotenstille, Hunger, Elend, Massenelend, Blutvergiessen und Millionen von Ermordeten, Verdrängten und Vertriebenen zur Diktatur geführt haben. Nein, wir regieren nicht mit der SP, weil uns dieses Programm begeistern könnte. Aber wir akzeptieren die SP, die mit 18,5 Prozent Wähleranteil die zweitgrösste Partei ist, und daher zwei Sitze zu gut hat. Allerdings kann diese Bereitschaft der SVP nur dann gelten, wenn auch die SP bereit ist, der SVP – der mit 26,6 Prozent grössten Partei – zwei Sitze zuzugestehen. In der Konkordanz müssen alle involvierten Parteien diese mittragen – und zwar nicht nur verbal. Darum, meine Damen und Herren, gilt: Am 14. Dezember 2011 geht es um die Konkordanz. Wird der SVP der zweite Sitz zugunsten der 5,4-Prozent-Partei BDP verweigert, ist die Konkordanz gebrochen. Dies hat unabsehbare Folgen. III. Wo steht die SVP? Die Entscheidung fällt in der Wahl um den zweiten Bundesratssitz. Eine Vertreterin einer 5,4-Prozent-Partei hat keinen Platz in der Konkordanz. Wird die SVP als stärkste Partei in ihrem Anspruch auf einen zweiten Sitz nicht berücksichtigt, ist DIE KONKORDANZ GEBROCHEN! Dann gelten dann sofort keine Regeln und Abmachungen mehr. 26,6 Prozent der Wähler haben SVP gewählt, mehr als ein Viertel. Die SVP ist mit dem drittbesten Resultat in ihrer 92-jährigen Geschichte aus den Wahlen hervorgegangen! Die Partei hat erstmals 1919 an den eidgenössischen Wahlen teilgenommen. Das Jahr 1919 war auch das erste Jahr der Proporzwahlen. 2011 hat die SP mit dem zweitschlechtesten Resultat in ihrer Geschichte abgeschlossen! Und die CVP und FDP liegen auf dem historischen Tiefpunkt! Meine Damen und Herren, wer ist hier die Verliererpartei? IV. Der Auftrag der SVP Die SVP hat vor den Wahlen dem Schweizervolk ein klares Programm und einen Vertrag mit dem Volk vorgelegt – 26,6 Prozent der Wähler haben sich dafür ausgesprochen und damit der SVP einen klaren Auftrag erteilt. Am Anfang der Bundesverfassung steht geschrieben: „Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes.“ Meine Damen und Herren: Freiheit Volksrechte Unabhängigkeit Sicherheit Genau dies ist das Parteiprogramm der SVP! Die Verwirklichung dieser Ziele ist für die Schweiz existenziell. Schauen Sie hinaus in die Welt! Die Schuldenpolitik ist das Resultat globalen Grössenwahns. Es ist eine Politik ohne die Grundsäulen Freiheit, Volksrechte, Unabhängigkeit, Sicherheit! Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg! Es drohen Unsicherheit und Wirtschaftniedergang mit Arbeitslosigkeit! Es gilt, diesen Gefahren entschlossen entgegenzuwirken. Es gilt, die bewährten Grundsäulen unseres Landes nicht zu verlassen. Bürger und Wirtschaft sind zu stärken. Ist es da sinnvoll, die grösste Partei aus der Regierung auszuschliessen? V. Tadel als grösstes Lob Es mag Leute unter Ihnen geben, die unter all den schadenfreudigen Meldungen und Falschmeldungen der Monopolmedien Fernsehen und Radio, sowie der Main-stream-Medien leiden. Doch, meine Damen und Herren, gönnen Sie doch unseren Gegnern die Schadenfreude, dass die SVP nach 20-jährigem Dauererfolg am 23. Oktober 2011 etwas zurückgefallen ist. Wer kann denn ein Lob erwarten von all denen, die sich schon lange von der Schweiz verabschiedet haben? Von all jenen, die uns Richtung EU treiben, die dem Druck aus der EU und den USA leichtfertig nachgeben, die die Schweizer Wirtschaft verregulieren und zu Tode verbürokratisieren, die die Stromversorgung unterbrechen, bevor sie neue Energiequellen haben, die die verheerenden Auswirkungen der Personenfreizügigkeit und von Schengen nicht sehen, die das Asylunwesen nicht beseitigen, sondern verwalten und pflegen, die ein Finanzgebaren an den Tag legen, das die Schweiz zum Schuldenstaat macht? Sollten wir von diesen Kreisen Lob erhalten? Nein, meine Damen und Herren: Der Tadel unserer Gegner ist gleichzeitig unser grösstes Lob! Deshalb können wir freudig und selbstbewusst in die Zukunft schreiten! Egal, ob die SVP in der Regierung als vollwertiger Partner vertreten ist oder ausserhalb der Regierung steht: Sie wird sich auf jeden Fall für die Schweiz einsetzen.