Testi

Economia

21.01.2000

I sette segreti dell’UDC

Discorso del Albisgüetli del 21 gennaio 2000

01.12.1999

«Ich denke nicht an einen Verkauf»

Interview mit "Finanz und Wirtschaft" vom 1. Dezember 1999 lnterview: Peter Schuppli Herr Blocher, falls Sie am 15.Dezember in den Bundesrat gewählt werden, hätten Sie einiges neu zu regeln. So müssten Sie aus allen Verwaltungsräten ausscheiden und die operative Leitung der EMS-CHEMIE neu besetzen. Hingegen sei es möglich, sagten Sie kürzlich am Radio, dass Sie über die Emesta AG Mehrheitsaktionär der EMS-CHEMIE Gruppe bleiben würden. Als Eigentümer könnten Sie aber jederzeit Einfluss auf die Konzernleitung nehmen. Wo bliebe Ihre Unabhängigkeit? Wäre das nicht ein permanenter Interessenkonflikt? Blocher: In der "Samstag-Rundschau" sagte ich, dass es für Bundesräte klare Regelungen gibt: Er darf für keinen anderen bezahlten Posten tätig sein. Das hiesse für mich: Rückzug aus allen Verwaltungsräten und Exekutivfunktionen. Aber: Ich bin doch kein Unternehmer, der wartet, bis er unter Umständen in den Bundesrat gewählt wird, um zu überlegen was passiert, wenn er morgen nicht mehr zur Verfügung steht. Es gibt wahrscheinlichere Fälle, dass ich morgen nicht mehr da bin als derjenige, dass ich zum Bundesrat gewählt werde! Wie hoch stufen Sie denn Ihre Chancen ein, dass Sie gewählt werden: 10%, 50%, über 50%? Blocher: Weniger als 1%! Ich habe von der Partei den Auftrag, Bundesrat zu werden. Dieser Auftrag wird sich aber nicht erfüllen lassen, weil die bürgerlichen Parteien wollen, dass die SP im Bundesrat vertreten bleibt. Also werde ich draussen bleiben und mehr Opposition machen müssen. Bereitet Ihnen diese absehbare Niederlage keine Mühe? Blocher: Ich bin ein Spezialfall: Aus Niederlagen bin ich stets gestärkt hervorgegangen. Sie erwähnten im Radiointerview auch, es sei, was die Ems-Gruppe betrifft, alles geregelt... Blocher: ...natürlich. Das hat aber mit der Bundesratswahl direkt nichts zu tun. Ich muss mir doch überlegen, wie es mit der EMS-Gruppe im Todesfall weitergeht. Solche Überlegungen und Lösungen gehören doch zum Pflichtenheft eines jeden Unternehmers. Sie hätten aber keine Mühe über die Emesta AG Mehrheitsaktionär der EMS-Gruppe zu bleiben, falls Sie zum Bundesrat gewählt würden? Blocher: Ich bin Eigentümer einer privaten Holding, der Emesta AG. Ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb ein Bundesrat keine Holdinggesellschaft besitzen darf. Jeder Bundesrat besitzt schliesslich ein Vermögen, das ihn gedanklich und finanziell beschäftigt. Ich denke auch nicht daran, die EMS-CHEMIE Gruppe zu verkaufen. Es ist ab er schwer vorstellbar, dass Sie als Eigentümer die EMS-Gruppe ihrem Schicksal überlassen könnten... Blocher: Es ist klar, dass meine Familienangehörigen in der Emesta Einsitz nehmen müssten... ....die sind zurzeit noch nicht in der Familienholding? Blocher: Nein, noch nicht. Aber wir sind gerade in einer Übergangssituation. Würde ich in den Bundesrat gewählt, müsste meine Familie sofort die Funktionen in der Familienholding übernehmen, die ich ausübe. Was in der EMS-CHEMIE Gruppe geschähe, darüber möchte ich mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äussern. Es nähme seinen Lauf, so wie das für den Fall meines plötzlichen Ablebens vorgesehen ist. EMS-CHEMIE würde mehrheitlich in Familienbesitz bleiben? Blocher: Ja, natürlich. Ein Verkauf der Emesta oder der Beteiligung an EMS-CHEMIE kommt also nicht in Frage? Blocher: Ich denke nicht daran. Warum haben Sie dann seinerzeit überhaupt das Opting-out in die Statuten aufgenommen, wenn Sie ja nicht an einen Verkauf denken? Blocher: Die Opting-out-Klausel haben wir auf Grund der seinerzeit mit EMS-CHEMIE gesammelten Erfahrungen in die Statuten aufgenommen. Das Unternehmen geriet 1983 ins Trudeln. Wenn damals das gleiche Aktienrecht wie heute gegolten und EMS-CHEMIE keine Opting-out-Klausel gehabt hätte, wäre diese Gesellschaft heute am Boden. Ich hätte damals nicht die Möglichkeit gehabt, sämtliche Aktien zu kaufen. Und ein anderer hätte diese Gruppe in diesem Zustand nicht übernommen. Damit will ich sagen: Es gibt durchaus Notsituationen, in denen ein Opting-out gut sein kann. Es könnte beispielsweise auch der Fall eintreten, in dem ich einen Teil meiner Aktien verkaufen muss. Und wie steht es mit der Gleichbehandlung der Aktionäre, für die Sie sich stets ausgesprochen haben? Blocher: Opting-out heisst nicht, dass ich die Aktionäre nicht gleich behandeln darf. Es heisst umgekehrt aber auch nicht, dass man die Publikumsaktionäre unter allen Umständen gleich behandeln muss. Ich will im Handeln frei bleiben. Massgebend ist für mich die Notwendigkeit vom Unternehmen her und die Wahrung der Aktionärsinteressen. Es war für die anderen Aktionäre kein Nachteil, dass ich seinerzeit "nur" die Mehrheit und nicht das ganze Aktienkapital erworben habe. Unter welchen Umständen würden Sie nur in einen Verkauf von 100% der Aktien einwilligen? Blocher: Gesetzt den Fall, EMS-CHEMIE würde an einen Konkurrenten gehen, würde ich darauf beharren, dass dieser ein Kaufangebot an sämtliche Aktionäre richtet. Denn in einem solchen Fall könnte es für die Publikumsaktionäre nachteilig werden wenn ein Käufer nur einen Teil der Aktien übernähme. Aber nochmals: Mein Wille ist, eine gesamtunternehmerische Lösung zu finden, falls EMS-CHEMIE jemals in eine solche Situation geraten würde, unter der Voraussetzung der Gleichbehandlung aller Aktionäre. Nur wenn aus unternehmerischen Interessen eine Ungleichbehandlung der Aktionäre sich als opportun erweist, ist die Opting-out-Klausel gut. Macht sich die Konjunkturbelebung in Europa verstärkt auch im Geschäftsgang der EMS-CHEMIE Gruppe bemerkbar? Blocher: In den ersten acht Monaten waren wir hinter den Budgetwerten zurück. Wir werden aber dank der Geschäftsbelebung in den letzten Monaten und trotz der Umstrukturierung innerhalb der Gruppe das Betriebsergebnis des Vorjahres wieder erreichen. Es gibt keine Gewinnwarnung, aber das Resultat wird auch nicht signifikant besser als erwartet ausfallen. Es ist bekannt, dass wir im Bereich polymere Werkstoffe einige alte Produkte aus dem Sortiment eliminiert und in erheblichem Umfang in neue Produkte investiert haben. Im laufenden und im nächsten Jahr wird die EMS-CHEMIE Gruppe auf operativer Ebene keine grossen Sprünge schaffen. Im Finanzbereich sind die Mittel gebunden in den Beteiligungen an Algroup und Lonza. Da werden wir bekannt geben, wie hoch die stillen Reserven etwa sind. Wird die EMS-Chemie Holding an beiden Konzernen beteiligt bleiben? Blocher: Diese Frage muss offen bleiben. Wir haben noch keinen endgültigen Entscheid getroffen.

01.11.1999

Führung in einer globalisierten Wirtschaft

Christoph Blocher vor dem Efficiency Club Zürich, November 1999 Sich nicht verzetteln, sondern auf seine Stärken konzentrieren - mit diesem Bekenntnis zum alten Erfolgsrezept "Schuster bleib bei Deinen Leisten" umriss Christoph Blocher vor dem Efficiency Club Zürich seine Unternehmensstrategie. Der Abendvortrag vermochte über 300 Personen anzulocken, die sich die Begegnung mit dem erfolgreichen Unternehmer und populären Politiker nicht entgehen lassen wollten. Die zum Schlagwort geronnene Globalisierung wird von Managern oft falsch verstanden. Die durchlässigeren Landesgrenzen bedeuten nicht a priori, dass eine Firma nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie in möglichst vielen Weltregionen vertreten ist. "Im Gegenteil ist ein riskantes Überseeengagement vielen zum Verhängnis geworden", betonte Christoph Blocher in seinem Vortrag. "Viel wichtiger ist die klare Ausrichtung auf besondere, hochqualitative Produkte und Dienstleistungen, auf etwas, das andere nicht können, und was nicht so leicht zu ersetzen ist. Ein Unternehmen kann also durchaus auch in der eigenen Region erfolgreich arbeiten und dort eine genügend grosse Nachfrage finden, ohne in den USA oder Asien aufzutreten." Christoph Blocher sprach sich für eine ständige und unvoreingenommene Lagebeurteilung der eigenen unternehmerischen Stärken und Schwächen aus. "Anders und besser sein als die andern: Das ist die dauernde Führungsdevise!" Statt sich jedoch mit quälenden Fragen über mögliche Nachteile der eigenen Produkte-Palette abzugeben, würden sich die Manager besser auf den weiteren Ausbau ihrer Produktevorteile konzentrieren. Gerade die Globalisierung und der dadurch angefachte Wettbewerbsdruck zwängen die Firmen, sich auf die eigene Stärke und die Kernkompetenzen zu konzentrieren. "Fokussierung ist heute das Schlagwort anstelle der früher propagierten Diversifizierung, die nichts anderes als Verzetteln bedeutet. Als ehemaliger Landwirt weiss ich, wovon ich rede", umschrieb Christoph Blocher unter langanhaltendem Applaus sein Erfolgrezept. Vorgängig des Vortrages vor den Mitgliedern des Efficiency Club Zürich umriss Vorstandsmitglied Dr. Roland Ermini das Profil Dr. Christoph Blochers: "Seinen schnörkellosen Argumenten haben die meisten politischen Kontrahenten wenig entgegenzusetzen." Mit Skepsis beurteilte Blocher u.a. die Nivellierungs-tendenzen innerhalb der europäischen Ausbildungsgesetzgebung. "Nivellierung bedeutet für hochindustrialisierte Länder wie die Schweiz immer eine Anpassung nach unten, und das brauchen wir nicht. Denn wenn wir unsere anerkannte Spitzenposition im Bildungssektor aufgeben, verlieren wir unseren Wettbewerbsvorteil auf den Weltmärkten." Gerade die ETH sei rund um den Globus als renommierte Kader-Schmiede anerkannt, die den Ruf der Schweiz als Hochpräzisionsland untermaure und so zu einem positiven Image beitrage. Diese besondere Stellung müsse unbedingt beibehalten werden, schloss Christoph Blocher sein vielbeachtetes Referat, dann sei auch unsere momentan intakte Position innerhalb der globalisierten Wirtschaft ungefährdet. Der Efficiency Club Zürich führt regelmässig Vorträge mit Spitzenvertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik durch. Auskunft über das breitgefächerte Club-Programm und die Bedingungen für eine Mitgliedschaft erteilt gerne das Sekretariat (Efficiency Club Zürich , Postfach 3152, 8049 Zürich, Telefon 01 341 43 91).

10.10.1999

«Ich bin überzeugt, dass dieses Paket vom Volk abgelehnt würde»

Christoph Blocher zum Verzicht auf ein Referendum gegen die Bilateralen und zum Vorwurf, er sei ein "Hosenscheisser" Ungekürzte Fassung meines Interviews mit der Sonntagszeitung vom 10. Oktober 1999 Autor: Othmar von Matt Christoph Blocher, das Parlament hat Sie am Freitag bei Ihrer Erklärung ausgebuht. Christoph Blocher: Ja. Das ist eigenartig. Eigentlich hätten all diese vehementen Befürworter der bilateralen Verträge und der flankierenden Massnahmen doch klatschen müssen, wäre es ihnen ernst mit den Anliegen. Ihr Vertragswerk wird mit grosser Wahrscheinlichkeit Realität werden. Warum also diese orkanartig ausgebrochenen Buhrufe? Offensichtlich haben die Parlamentarier nach meiner Stellungnahme plötzlich begriffen, dass sie es nun sind, welche die Verantwortung für diese schlechten Verträge tragen müssen. Dem Volk kann man keine Schuld geben - und dem Blocher auch nicht. Sie sagen zwar Nein zu den bilateralen Verträgen, aber gleichzeitig Nein zu einem Referendum. Weshalb? Blocher: Die bilateralen Verträge zusammen mit den flankierenden Massnahmen bringen für die Schweiz neben unbedeutenden Vorteilen schwerwiegende Nachteile: Arbeitslosigkeit, Lohn-, Leistungs- und Qualitätsnivellierungen nach unten sind die Nachteile (des freien Personenverkehrs). Verhängnisvoll ist, dass der Staat neu Löhne und Normalarbeitsverträge in der Privatwirtschaft festlegen kann. Die Kollektivierung der Arbeitsverträge hat in der Vergangenheit ganze Vokswirtschaften ruiniert. Die Zahlungen von Sozialleistungen auch an Ausländer, die im Ausland wohnen, werden unsere Sozialwerke in die roten Zahlen bringen. All dies schwächt unsere Konkurrenzfähigkeit. Schlimm sind die Folgen auch im Strassenverkehr: Die 28-Tonnen-Limite fällt. Der schwere Transitverkehr fliesst ab 2005 durch unsere Strassen. Daneben bauen wir zwei Eisenbahntransversalen, die niemand benützen wird. Eine ungeheure finanzielle Last für die Schweiz. Sie sehen, diese bilateralen Verträge sind schlecht. Und weshalb unterstützen Sie dann nicht das Referendum? Blocher: Ich ergreife das Referendum nicht, weil selbst die Ablehnung durch das Volk nutzlos wäre. Neue Verhandlungen durch unseren Bundesrat würden keine besseren Ergebnisse bringen. Er ist dazu nicht fähig. Eine scheinheilige Haltung, wie Kritiker rundherum sagen. Parlamentarier bezeichneten Sie gar als "Hosenscheisser" und "Machiavellist", der besser Ski-Slalom-Trainer werden sollte. Blocher: Diese primitiven Äusserungen sprechen für die Hilflosigkeit dieser Parlamentarier. Nochmals: Wäre es ihnen ernst, müssten sie sich freuen. Mit Ihrem "Nein, aber" verraten Sie allerdings das Volk, auf das Sie sich immer berufen. Ehrlicher wäre es gewesen, das Referendum zu unterstützen. Blocher: Wichtige Vorlagen gehören vors Volk. Darum hat die SVP gleich zu Beginn der Debatte im Parlament den Antrag gestellt, das Paket obligatorisch dem Volk zu unterbreiten. Leider wurde dies abgelehnt. Dennoch: Mit Ihrer Einerseits-andererseits-Haltung sind Sie nun definitiv zum Mitglied der von Ihnen so verhassten "classe politique" geworden. Blocher: Ich gehöre weder vor noch nach dieser Abstimmung zu einer "classe politique". Ich lehne das Klassendenken ab. Auch die Politiker dürfen nicht eine "classe politique" bilden. Als kluger Stratege haben Sie natürlich berücksichtigt, dass Sie mit dem Referendum nur verlieren können. Blocher: Ich bin überzeugt, dass dieses Paket in einer ernsthaften Auseinandersetzung vom Volk abgelehnt würde. Aber entscheidend ist, dass damit die Verträge nicht besser würden. Der Bundesrat ist unfähig zu erfolgreichen Verhandlungen. Den Bundesrat als Schuldigen hinzustellen, ist einfach. Als Unternehmer wissen Sie, dass für erfolgreiche Abschlüsse Kompromisse nötig sind. Blocher: Die ganze Verhandlungsstrategie des Bundesrates war falsch. Obwohl er mit der EU Verträge aushandelte, damit die Schweiz nicht der EU beitreten muss, sagte er gleichzeitig: Wir wollen in die EU. Zweitens gab der Bundesrat seiner Verhandlungsdelegation keine klaren Zielsetzungen. Drittens setzte sich der Bundesrat unter Zeitdruck. Und der vierte Fehler: Die oberste Behörde hat plötzlich selbst verhandelt. Was zum Misserfolg geführt hat. Mit Ihrem "Nein, aber" erweisen Sie vor allem der Wirtschaft die Referenz. Sie will diese Verträge, weil sie nicht mehr in die EU will. Blocher: Es ist erfreulich, dass die Wirtschaft immer mehr von einem EU-Beitritt abrückt. Die Wirtschaftsverbände wollen hingegen die bilateralen Verträge. Nicht so sicher bin ich mir allerdings bei der Wirtschaft generell. Auch wenn Sie und die Auns auf das Referendum verzichten, bieten sich Ihnen noch andere Möglichkeiten, es hinter den Kulissen zu unterstützen: über die "Schweizerzeit" zum Beispiel. Blocher: Die Auns ergreift das Referendum nicht, weil mit diesen Verträgen die Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz nicht beseitigt werden, im Gegensatz zum EWR und zu einem EU-Beitritt. Ob Ulrich Schlüer mit der "Schweizerzeit" das Referendum unterstützt, weiss ich nicht. Ich stehe aber nicht zur Verfügung. Auch nicht verdeckt? Blocher: Nein. Es gibt kein Wenn und Aber. Ich beteilige mich weder indirekt noch hinter den Kulissen. Sie geben auch kein Geld? Blocher: Nein. Ich stehe weder mit Geld noch mit meinem Namen zur Verfügung. Und wie verhalten Sie sich in einem allfälligen Abstimmungskampf? Blocher: Auch hier stehe ich nicht zur Verfügung. Es ist durchaus möglich, dass das Referendum gar nicht zustande kommt. Ich habe immer damit gerechnet, dass es wahrscheinlich gar kein Referendum geben wird, sofern die Auns und auch die wichtigen Wirtschaftsverbände darauf verzichten. Mit den bilateralen Verträgen scheint ein EU-Beitritt mittelfristig vom Tisch. Verlieren Sie damit Ihr grosses Thema? Blocher: (lacht) Das wäre ja wunderbar. Doch Bundesrat und Parlament wollen trotzdem in die EU. Der Kampf geht weiter. In den letzten zehn Jahren musste ich die Hälfte meiner politischen Arbeitskraft dafür einsetzen, dass die Schweiz nicht an die EU verkauft wird. Heute bin ich der Meinung, dass in der Schweiz mindestens innerhalb der nächsten zehn Jahre ein EU-Beitritt vor Volk und Ständen keine Chancen haben wird. Weder Bundesrat noch Parlament werden sich getrauen, hier vorzuprellen. Und die Wirtschaft will keinen Beitritt. Wo werden Sie in Zukunft Ihre Akzente setzen? Blocher: Entscheidend ist für mich, die Unabhängigkeit, Freiheit und Neutralität des Landes zu verteidigen. Denn diese Unabhängigkeit gibt den Schweizerinnen und Schweizern Handlungsfreiheit, um die Weichen innenpolitisch richtig zu stellen. Innenpolitisch steht für mich im Vordergrund, dass die exzessive Ausdehnung des Staates zurückgebunden werden muss. Das ist die zweite Stossrichtung. Ein kurzfristiges Thema, das jetzt endlich gelöst werden muss, ist die konsequente Unterbindung des Asylmissbrauchs. Sonst entsteht in unserem Land ein vergiftetes Klima. Wo wird man nochmals einen Blocher im heiligen Kampf erleben? Blocher: Ich weiss nicht, wo mir der Kampf aufgezwungen wird. Heute habe ich allerdings bedeutend mehr Einfluss als 1992 - im Jahr der EWR-Abstimmung. Sehr viel Unsinn wird inzwischen im Bundesrat und im Parlament nicht verfolgt, weil man den Kampf nicht aufnehmen will. Die SVP sagte in den letzten zwei Jahren, dass die Schweiz ihre Steuern senken müsse. Plötzlich haben das auch andere Parteien und sogar Herr Villiger realisiert. Fünfzig Prozent des Anliegens haben wir ohne Kampf erreicht (Die Sensibilisierung ist inzwischen vorhanden). Die SVP hat sich stark entwickelt. Welche Perspektiven sehen Sie für die Partei in den kommenden Jahren? Blocher: Sie muss dafür sorgen, dass sie in jenen Kantonen, in denen sie noch nicht vertreten ist, die Partei mit guten Leuten aufbaut. Das betrifft vor, allem die Westschweiz. Wir sind gebietsmässig noch schwach, und daran muss intern gearbeitet werden. Gleichzeitig müssen wir unser Parteiprogramm konsequent verwirklichen, weil die Schweiz in den letzten sieben Jahre die Staatsquote deutlicher als alle anderen europäischen Staaten erhöht hat. Hier müssen wir Gegensteuer geben. Das meiste tue ich ohnehin intuitiv. Und was sagt Ihnen Ihre Intuition? Blocher: (lacht lange) Die Intuition sagt nie etwas. Sie ist immer ruhig. Man entscheidet etwas, weiss nicht so recht weshalb, ist aber ganz sicher, dies tun zu müssen - und hat hinterher grosse Zweifel, weil man nachdenken, hinterherdenken muss. Intuitive Leute haben es nicht einfach. Was hat Ihnen Ihre Intuition zu den bilateralen Verträgen gesagt? Blocher: Ich habe intuitiv gespürt, dass ich diesen Verträgen nicht zustimmen darf, dass ein Referendum nichts bringt. Ich habe nachts stundenlang hin- und herüberlegt: Ist das ein Widerspruch? Ist dies Bequemlichkeit? Wo liegt es? Im Gespräch mit Freunden realisierte ich intellektuell den intuitiven Entscheid. Wo der springende Punkt liegt: Eine unfähige Regierung kann schlechte Verträge, die sie selbst gemacht hat, nicht korrigieren. Das müsste sie aber. Ich selbst bin machtlos, die Verträge liegen ausserhalb meines Einflussbereiches. Die Folgen muss leider die Schweiz tragen. Das ist schmerzhaft.

08.10.1999

Wahlen 99 auf Tele 24

Schawinskis Gegenstück zur DRS-«Arena» Für Sie gelesen: Neue Zürcher Zeitung vom 8. Oktober 1999 Tele 24 löst seinen Anspruch als sprachregionales Informationsmedium vor den eidgenössischen Wahlen mit vier Live-Sendungen ein. Die Parteipräsidenten Franz Steinegger (FDP), Adalbert Durrer (CVP) und Ursula Koch (SP) sowie der Lenker der SVP, Christoph Blocher, sind je einen Abend bei Roger Schawinski zu Gast. Das Publikum, bestehend aus jeweils "100 kritischen Wählerinnen und Wählern", ist im Unterschied zur politischen "Arena" von Filippo Leutenegger in ein Restaurant ausgelagert und wird nur zwischen einzelnen Gesprächsblöcken zugeschaltet. Das erlaubt im Studio vertiefte Zwiegespräche, die nicht laufend durch eine applaudierende Zuschauerkulisse unterbrochen werden. Den - gelungenen - Einstand machte am Mittwoch der 90-Minuten-Talk mit Christoph Blocher. Roger Schawinski ist als Befrager um Klassen besser, wenn ihm jemand rhetorisch das Wasser reichen kann, als wenn er sich auf Kosten von unbeholfenen Heilern, Wahrsagerinnen oder Cervelat-Prominenten belustigt. Den Selfmademan Blocher und den Pionier der privaten elektronischen Medien verbindet neben der unternehmerischen Risikofreude auch die Kampfeslust gegen das (medien)politische Establishment, dem sie selber auch angehören. Aus diesem gegenseitigen Respekt entwickelte sich ein Gespräch, das auch weniger bekannte Facetten des Gebieters über die SVP und die Ems-Chemie aufdeckte. Blocher konnte glaubhaft darlegen, dass er mit Haider, den er nicht persönlich kennt, nur den Kampf gegen die Classe politique gemein hat. Anders als der österreichische Populist bleibe er seinen Auffassungen treu, sagte Blocher unter Anspielung etwa auf Haiders Slalomkurs in der EU-Frage. Nicht recht zusammenpassen wollten dagegen Blochers Loblied auf die wirtschaftlich prosperierende Schweiz und die pauschale Schelte für die Landesregierung. Persönlich hat Blocher Freude am Risiko in Wirtschaft und Politik, räumte aber auch ein, dass er sich mit seinen Entscheiden nicht immer leicht tut. Schlaflose Nächte in schwierigen Situationen gehören deshalb zum Alltag dieses Kantengängers. Dass selbst eine robuste Natur wie Blocher der Doppelbelastung als Unternehmer und Politiker sowie der Dauerpräsenz in den Medien Tribut zollt, zeigte die Bemerkung, nach der EWR-Abstimmung habe er einen Zusammenbruch erlitten. Aufschlussreich auch der Bildertest: Blocher, der nicht fernsieht, sah sich ausserstande, ein Dutzend Personen auf Grund einer Photo zu identifizieren. Das überraschte bei Starlets und Sportlern weniger als bei Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, wie dem französischen Ministerpräsidenten Jospin, dem amerikanischen Präsidentschafts-Kandidaten Bush oder dem Kritiker Reich-Ranicki und dem Regisseur Düggelin. Dieser Test relativierte auch Blochers Rundumschlag gegen die Expo 02, weil er deren künstlerischen Leiter Heller nicht einmal aus den Medien kennt, geschweige denn sich aus erster Hand über die Landesausstellung informiert hat.