Testi

 

06.10.2005

Realitätsverweigerung ist keine Politik

Referat von Bundesrat Christoph Blocher am Sigriswil-Forum 06.10.2005, Sigriswil Sigriswil (BE), 06.10.2005. Bundesrat Christoph Blocher sprach am Sigriswil-Forum über die Finanzpolitik des Bundes, die schweizerische Aussenpolitik, die Frage nach den Schwächen eines überdimensionierten Sozialstaates sowie die SVP und deren Position im politischen Spektrum. Auf Anfragen aus dem Publikum hat Bundesrat Blocher auch zum Thema Rechtsextremismus Stellung genommen. Es gilt das gesprochene Wort Meine Damen und Herren, Die Hauptprobleme eigentlich aller westeuropäischer Staaten sind bekannt: 1. Die Staaten leben über ihre Verhältnisse. Seit Jahren vermögen die dauernd gestiegenen Abgaben der Bürger an den Staat die Ausgaben nicht mehr zu decken. 2. Die unmässig gestiegenen Staatsausgaben rissen in den meisten europäischen Staaten die Steuern in die Höhe und dehnten die lähmende Bürokratie aus. Beides vermindert die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und führt zu schleppendem Wachstum und damit zu mehr Arbeitslosigkeit und weniger Wohlfahrt. So weit die Analyse. Leider bildet die Schweiz bei diesen Hauptproblemen keine Ausnahme. Und es ist zu fragen: Ist die Schweiz den sich daraus ergebenden Herausforderungen gewachsen? Erlauben Sie, dass ich die Frage anders stelle: Hat die Schweiz diese Herausforderungen überhaupt in ihrer Tragweite erkannt? Diese Frage zu stellen ist wichtig, denn nur eine ungeschminkte Analyse der Wirklichkeit kann zu brauchbaren Lösungen führen. Schon alleine die richtige Fragestellung und die schonungslose Benennung der Probleme ergeben oft mehr als die halbe Lösung. Und ich stelle fest, dass zurzeit den wichtigsten Fragen meistens ausgewichen wird und ein wenig ausgeprägtes Problembewusstsein besteht, obwohl viele überzeugt sind, sie wüssten bestens Bescheid. Was aber noch schlimmer ist: Die Probleme werden nicht nur nicht erkannt, sie werden sogar geleugnet, oder es wird einfach das Gegenteil behauptet. Gewisse Kreise in der Politik haben ihren Realitätssinn völlig verloren. Und das wirkt sich dramatisch und verheerend aus auf die nötigen Aufgaben, die wir eigentlich zu bewältigen hätten. Zur Verdeutlichung des Problems werde ich auf vier Bereiche eingehen: Die Finanzpolitik des Bundes. Die Aussenpolitik. Die Frage nach den Schwächen eines überdimensionierten Sozialstaates und zuletzt komme ich noch auf die SVP und ihre Position im politischen Spektrum zu sprechen. 1. Märchen: Der momentan absolut beliebteste Politikersatz (von links) heisst: In unserem Land herrsche «Sparwut» bzw. «Sparhysterie». Wer die Zahlen betrachtet - und Zahlen sind unbestechlich - erkennt eine ganz andere Realität: Die finanzpolitische Lage des Landes ist desolat. Trotz aller Reden über das Sparen steigen die Staatsausgaben munter weiter. Hier ein paar konkrete Zahlen: In den nächsten vier Jahren nehmen die Ausgaben trotz aller Sparprogramme (Entlastungsprogramm 03, Entlastungsprogramm 04, Aufgabenverzichtsplanungen etc.) in der ordentlichen Rechnung des Bundes um 14,5 Prozent zu. Das sind durchschnittlich 3,4 Prozent im Jahr, was mehr ist als das Wirtschaftswachstum und die Teuerung! Mit andern Worten, wir leben deutlich über unseren Verhältnissen. Im Übrigen sind darin grosse Beträge nicht enthalten, die man über die Vermögensrechnung abbucht. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die geplanten Ausgaben 2009 sind beinahe doppelt so hoch wie 1990. Die Schulden werden 2006 132,6 Milliarden betragen. Das ist ein Anstieg von über 25 Milliarden im Zeitraum von 2001 bis 2006. Wer hier von «Sparwut» spricht, hat den Realitätsbezug vollkommen verloren! Und dieser Anstieg geschieht trotz Schuldenbremse: 84,7 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben am 2. Dezember 2001 für einen ausgeglichenen Haushalt votiert. Dieser Verfassungsauftrag wird laufend missachtet, ausgetrickst und gebrochen. Was wir tun müssen, ist das Ruder drehen, solange wir noch souverän mit eigener Kraft über den Kurs bestimmen können. Mit tiefen Kosten eine höhere Leistung zu erbringen, ist eine anspruchsvolle Führungsaufgabe. Dies ist nichts für Leute, die nach Beliebtheit trachten. Am schwersten ist die Aufgabe an der Spitze. Schwache Führungskräfte lösen jede Aufgabe einfach mit mehr Geld. Und im Bund heisst dies mit Geld, das der Wirtschaft und den Bürgern entzogen wird. Führen heisst, im Interesse anderer Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen! Tut das der oberste Chef nicht, so führt dies im Unternehmen zum Ruin. Wer als Eltern in der Kindererziehung nicht die Kraft aufbringt, auch Verzicht zu verlangen, erweist seinen Kindern einen schlechten Dienst. Was wir wollen: Die Schweiz muss auf einem gesunden finanziellen Fundament stehen. Dazu braucht es eine blühende, konkurrenzfähige Volkswirtschaft. Diese ist erwiesenermassen nur möglich, wenn die Bürger und Unternehmen wieder freier über ihr Geld verfügen können. Eine solche Entlastung kann nur durch niedrigere Steuern und Abgaben für die Bürger und über weniger Ausgaben der öffentlichen Hand erreicht werden. Durch diesen Verzicht entstehen mehr private Investitionen, mehr Arbeitsplätze, mehr Wachstum, mehr Konsum und damit mehr Wohlstand für alle. Dazu braucht es Realitätssinn. Und dazu braucht es Rückgrat: Denn Veränderungen sind oft auch Zumutungen. Aber nur über diesen Weg gelangen wir insgesamt wieder auf einen Wachstumspfad. Wo könnte der Bund seinen Beitrag leisten? Zum Beispiel bei der Reorganisation der Verwaltung. Die Departemente haben voranzugehen. Zu viele Doppelspurigkeiten prägen die Verwaltung. Im EJPD sind sämtliche zentralen Dienste auf ihre Aufgaben und ihre Notwendigkeit überprüft worden. Die Reorganisation der zentralen Dienste mit Kostensenkungen von 22% wird Ende Jahr abgeschlossen sein. Ohne Leistungsabbau - weder für den Bürger noch sonst jemanden. Ich erinnere daran, dass als oberstes Legislaturziel 2003/2007 die Sanierung der Bundesfinanzen beschlossen wurde. Vom Gesamtbundesrat! Erst in diesem Sommer - also schon fast in der Mitte der laufenden Legislatur - wurde das Finanzdepartement beauftragt, die Staatsausgaben zu überdenken, um diese bis zu 20 Prozent zu reduzieren. Wir sollten nicht erst die Fehler in Deutschland wiederholen und dann einen mühseligen Umkehrprozess einleiten. Dazu gehört aber auch, dass wir den Realitäten schonungslos in die Augen sehen. Wer angesichts von beinahe 250 Milliarden Franken Gesamtschulden der öffentlichen Haushalte und angesichts der massiv steigenden Staatsausgaben von «Sparwut» schwafelt, sollte politisch zur Verantwortung gezogen werden. 2. Märchen: «Die Schweiz betreibt eine Abschottungspolitik.» Seit Jahren wird gebetsmühlenartig wiederholt, die Schweiz schotte sich gegenüber dem Ausland ab. Ein äusserst beliebter Satz im politischen Hickhack. Der allerdings ähnlich realitätsbezogen ist, wie wenn man behaupten würde, die Schweiz bestünde nur aus Bergen, Schoggi, Heidis und Alphörner. Die schweizerische Aussenpolitik bleibt ein parteienübergreifender Zankapfel, der die Innenpolitik auf schädliche Weise beeinflusst. Zur Kampfrhetorik gehört, die Schweiz sei abgeschottet. Das können nur Leute sagen, die das Ausland oder die Schweiz oder beides nicht kennen. Unser Land war schon immer wirtschaftlich und kulturell mit der ganzen Welt verbunden. Die Schweiz ist im Vergleich zu anderen Staaten ausserordentlich weltoffen! Die EU ist für uns ein guter und wichtiger Partner. Aber nicht der einzige. Wir haben uns viel zu lange nur auf den europäischen Raum fokussiert. Die dynamischsten Märkte befinden sich zurzeit in Ostasien und den USA. Wir tun gut daran, unsere Politik auch auf diese Regionen auszurichten. Die schweizerische Aussenpolitik (besonders die Europa-Politik) ist völlig emotionalisiert. Hier bedarf es ein paar grundsätzlicher Richtigstellungen: Wenn eine Partei die Vorzüge der Schweiz betont und diese zu erhalten trachtet (sei es die direkte Demokratie, die Steuerhoheit oder auch nur das Bankgeheimnis oder ganz grundsätzlich ihre Unabhängigkeit), dann ist das nicht «nationalistisch». Sondern ein absolut natürlicher Patriotismus. Wenn eine Partei die Aussenpolitik in erster Linie als «Interessenpolitik» definiert, so ist dies nichts Verwerfliches sondern ein selbstverständlicher Vorgang. Jedes vernünftige (und notabene erfolgreiche) Land hält es so. Auch die EU vertritt ihre Interessen. Sie erwartet von der Schweiz gar nichts anderes, als dass auch sie ihre Interessen wahrnimmt. Es ist deshalb richtig, dass die SVP als konsequente Vertreterin der Interessenpolitik auftritt. Wenn eine Partei darum schlecht ausgehandelte Verträge kritisiert, ist sie deswegen noch lange nicht «europafeindlich». Ich habe schon in meiner Zeit als Nationalrat auf die schwachen Ergebnisse der Bilateralen I hingewiesen. Was die Verkehrsdossiers betrifft, ist uns allen klar, dass der Transitpreis, die 40-Tonnen-Limite oder der gekündigte Staatsvertrag für den Flughafen Kloten nichts ist, worüber wir uns wirklich freuen könnten. Die SVP soll weiterhin ohne falsche Rücksichten den Finger auf offene Wunden legen. Im Weiteren bildet auch heute noch die integrale Neutralität die beste Überlebensstrategie eines Kleinstaates. Mögen uns die Gegner auch «ein überholtes Geschichtsbild» vorwerfen. Neutralität schützt uns vor Kriegsbegeisterung und voreiliger Parteinahme. Sie bietet uns auch einen zeitgemässen Schutz im Zeitalter des Terrorismus. Das heisst nicht, dass die Neutralität uns totale Sicherheit garantiert. Aber sie ist ein wichtiger Faktor, den wir nicht leichtfertig aufgeben sollten. Darum bin ich stolz auf die SVP als Neutralitätspartei. Wenn seit 1990 brutto 1,3 Millionen Menschen in die Schweiz gekommen sind, ist es ebenso absurd von «Abschottung» zu sprechen. Wenn nun meine Partei meint, das Land komme langsam an die Grenzen ihrer Integrationsfähigkeit und Integrationsbereitschaft, dann hat das auch nichts mit «Ausländerfeindlichkeit» oder «Abschottungspolitik» zu tun, sondern mit einer echten Sorge um die Stabilität der Gesellschaft. Mit den abgeschlossenen bilateralen Verträgen sind mittlerweile alle wichtigen Dossiers mit der Europäischen Union geklärt. Natürlich sucht die Verwaltung geradezu mit Feldstecher und Lupe nach weiteren Verhandlungsgegenständen. Ich bin aber der Meinung, das führt zu nichts ausser einer weiteren Schwächung unserer Position. Wir sollten unsere Eigenständigkeit betonen und deshalb plädiere ich für einen raschen Rückzug des Gesuches. Warum? Die Schweiz muss auf ihre eigenen Stärken setzen. Wie jedes Unternehmen auch. Unsere Wirtschaft funktioniert dort am besten, wo sie als hochqualitativer Anbieter auftreten kann. Dieser Grundsatz sollte uns auch politisch leiten. Wir müssen aufhören mit diesem kopflosen autonomen Nachvollzug und der sich daraus ergebenden Verschlechterung unseres Wirtschafts- und Lebensraumes. Das heisst, wir müssen auch gegenüber der EU wettbewerbsfähig sein. Nachlaufen, nachäffen, nachmachen war noch nie ein Erfolg versprechender Weg. Wir wollen eine eigene Gesetzgebung, die besser ist für unseren Kleinstaat. Dazu brauchen wir einen souveränen und handlungsfähigen Staat. 3. Märchen: «Es gibt keinen Missbrauch. Weder im Asylwesen, noch bei der Invalidenversicherung oder der Fürsorge.» Ein Sozialstaat, der von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wird, muss eng definiert sein. Es darf nicht sein, dass immer weniger Bürger arbeiten, Sozialabgaben leisten, Steuern zahlen und das Gefühl bekommen, sie seien in der Gesellschaft die Dummen. Heute fliesst fast jeder dritte in der Schweiz erwirtschaftete Franken in den Sozial- und Versorgungsstaat. Wegen diesem unrealistischen, weit über der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegenden Ausbau ist heute der Wohlfahrtsstaat als Gesamtkonstrukt in Frage gestellt: Dies zeigt sich in der miserablen Finanzsituation von Bund und vieler Kantone. Die etatistische Grundstimmung - vor allem der 80-er und 90-er Jahre, die übrigens auch nichtlinke Parteien erfasste - hat der Schweiz einen perfektionierten Dienstleistungsstaat beschert, der den Bürgern eine Totalversorgung zum Nulltarif vortäuscht - dabei finanziert er sich über dauernd höhere Zwangsabgaben und Milliardenschulden. Jahr für Jahr. Schauen wir uns die grössten Baustellen des Sozialstaates etwas genauer an: Allein die Gesundheitskosten betragen über 50 Milliarden Franken im Jahr. Die Invalidenversicherung wird dieses Jahr etwa 12 Milliarden Franken verschlingen. In den Städten nimmt die Zahl der Fürsorgeabhängigen im zweistelligen Prozentbereich zu. Unser Sozialstaat kommt an seine Grenzen. Und wir müssen uns fragen, wie sozial dieser Sozialstaat überhaupt noch ist. Dass knapp 20jährige bereits Fürsorgegelder kassieren, halte ich für völlig verfehlt. Wer sich in so jungen Jahren schon an den Versorgungsstaat gewöhnt, wird letztlich über Jahrzehnte der Allgemeinheit zur Last fallen. Man muss diesen Umstand so drastisch formulieren. Es ist nicht nur immer der Blick auf ein vielleicht betrübliches Einzelschicksal zu lenken. Auch die grosse, arbeitende Mehrheit hat ein Recht, dass man sie vor dieser wachsenden Anspruchsmentalität beschützt. Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen den Rest der Bevölkerung für ihre gescheiterten Lebensentwürfe in die finanzielle Pflicht nehmen. Wenn wir grundsätzlich die untersten zehn Prozente der Bevölkerung für «arm» erklären, wird es immer Arme geben. Es werden hier von Interessengruppen mit fragwürdigen Standards Bedürftige geschaffen. Es werden Ansprüche legitimiert, die letztlich das gesellschaftliche Gefüge unterhöhlen. Der Sozialstaat soll jenen unter die Arme greifen, die es wirklich nötig haben. In der IV zeigt sich die Fragwürdigkeit unseres Systems am Deutlichsten. Die SVP hat den explosionsartigen Anstieg von IV-Rentnern erstmals thematisiert - und grossen Protest geerntet. Macht nichts. Das zeigte nur, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Die Zahl der IV-Rentner hat seit den 90er Jahren drastisch zugenommen. Übrigens gerade auch von Staatsangestellten, die ja weiss Gott nicht dem rauen Wind der Privatwirtschaft ausgesetzt waren. Heute beziehen über 280'000 Personen eine Leistung der IV (1990: 164'000). Der grösste Zuwachs verzeichnete jener Bereich mit unklaren Krankheitsbildern - sei es bei psychischen Erkrankungen oder diffusen Schmerzbildern. Wenn natürlich jeder Schmerz, jede persönliche Unpässlichkeit plötzlich als Einstieg für eine Rente herangezogen werden kann, dann muss man sich nicht über diesen Anstieg wundern. Wo aber beginnt der Missbrauch? Die interessanteste Definition dazu lieferte die ehemalige Chefin der IV, Beatrice Breitenmoser, die im Fernsehen öffentlich erklärte: «Es ist kein Missbrauch, wenn jemand das System geschickt für sich ausnutzt.« Ja, was denn? Was ist denn ein Missbrauch? Wer den Missbrauch umdeutet, wird selber zum Komplizen des Missbrauchs. Was wir brauchen zur Sanierung der IV sind nicht neue Milliarden, sondern eine neue Definition dessen, wer invalid ist und wer nicht. Dazu gehört auch eine rückwirkende Überprüfung bereits gesprochener Renten. Ich muss Ihnen nicht sagen, welche Partei diese Punkte verfolgt. Im Gesundheitswesen kämpft die SVP mit ihrer Prämiensenkungsinitiative für ein bezahlbares Gesundheitssystem. Auch hier sind unangenehme Fragen zu stellen: Was gehört in eine Grundversicherung und was eben nicht? Wo hört die medizinische Grundversorgung auf und wo beginnt die Wellness-Medizin, die uns allen zwar gut tut, deren Kosten aber nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen. Die WHO, eine für die Gesundheit zuständige Behörde der Vereinten Nationen, definiert die Gesundheit keineswegs nur als «Absenz von Krankheit und Gebrechlichkeit», wie sie selber schreibt, sondern als «Zustand völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens». Das ist eine absurde Definition. Kennen Sie jemanden, der sich vollkommen körperlich, geistig und sozial wohl fühlt? Spüren Sie nicht ein leichtes Ziehen im dritten Halswirbel? Bringt Ihnen Ihre Mitwelt die Anerkennung entgegen, die Sie tatsächlich verdienten? Nein? Dann sind Sie also ein WHO-Kranker - wie die restliche Menschheit auch. Wer Gesundheit so definiert, treibt die Kosten in solche Höhen, bis letztlich das ganze System kollabiert. Wollen wir das? Als Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements bin ich direkt für die Asyl- und Ausländergesetzgebung zuständig. Oft werde ich gefragt: «Wohin geht die Ausländer- und Asylpolitik?» Die Antwort ist einfach: Sie geht dorthin, wo die Politik will. Wir müssen darum anders fragen: «Wie wollen wir die Ausländer- und Asylpolitik gestalten?» Die grosse Mehrzahl der Personen, die in der Schweiz um Asyl nachsuchen, sind keine Flüchtlinge. Rechnet man die Zahl der vorläufig aufgenommenen Personen zu jener der anerkannten Flüchtlinge hinzu, so macht diese zusammen doch nur rund 24 Prozent aller Asylentscheide aus. Somit werden über 75 Prozent aller Asylgesuche unbegründet oder gar missbräuchlich gestellt, was in Zukunft nicht mehr möglich sein darf! Unser Hauptziel im vergangenen Jahr war, die Zahl der Gesuchsteller ohne asylrelevante Gründe zu senken. Hier haben wir Anfangserfolge verzeichnet: So ist die Zahl der Asylgesuche seit dem vergangenen Jahr kontinuierlich gesunken und der Trend hält an. Im laufenden Jahr haben bis Ende August 6'375 Personen in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt. Im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode bedeutet dies einen Rückgang um 39.7 Prozent. Erstmals in der Asylgeschichte ist die Schweiz erfolgreicher als ihre europäischen Nachbarn: Im europäischen Mittel betrug der Rückgang in der gleichen Periode lediglich 17 Prozent. Das lässt darauf schliessen, dass die ergriffenen Massnahmen, insbesondere die stark verkürzten Verfahren und der Sozialhilfestopp für Personen mit einem Nichteintretensentscheid (NEE), Wirkung zeigen. Wo müssen wir noch verstärkt ansetzen? Das bedeutendste Problem besteht nach wie vor im Vollzug. Zahlreiche abgewiesene Asylsuchende (wie im Übrigen auch andere illegal anwesende Personen) verlassen das Land nicht. Die Gründe hierfür sind Ihnen bekannt: Die meisten Asylsuchenden legen ihre Identität nicht offen und weisen keine Ausweispapiere vor. Kann aber dem Herkunftsland die Identität nicht belegt werden, ist dieses Land auch nicht verpflichtet, einen abgewiesenen Asylsuchenden wieder zurückzunehmen. Trotzdem erhalten die Abgewiesenen, welche verpflichtet wären Heim zu gehen, nicht etwa nur Überlebenshilfe, sondern Sozialhilfe. Die Ausdehnung des Sozialhilfestopps auf alle rechtskräftig negativen Asylentscheide ist deshalb unerlässlich. Denn die Botschaft an diese Leute muss klar sein: Sie sind ebenso wie Personen mit einem NEE (Nichteintretensentscheid) dazu verpflichtet, unser Land wieder zu verlassen. Es darf nicht sein, dass sie besser behandelt werden als alle anderen illegal Anwesenden. Missbrauch darf nicht geduldet werden. Wenn aber Missbrauch gefördert, verteidigt und sogar institutionell begünstigt wird, dann ist die Politik gefordert. Und es ist unsere Partei, die seit Jahren auf diesem Gebiet mit wachsendem Erfolg Druck gemacht hat. Wenn man bedenkt, über wie viele Jahre im Asylwesen der Missbrauch tabuisiert oder schlichtweg geleugnet wurde! Durch die Realitätsverweigerung! 4. Märchen: «Die Wahrheit liegt in der Mitte.» Wenn wir heute vor einem missbrauchsanfälligen Sozialstaat stehen, wenn wir heute die Schuldenpolitik betrachten und das ungebremste Wachsen der Ausgaben, muss man sich fragen, wer für diese Politik verantwortlich ist. Links will mehr ausgeben. Links baut den Staat aus. Links will mehr Staat in der Politik, in der Gesellschaft, in der Familie, in der Wirtschaft. Links schafft sich so eine bezahlte Wählerschaft, nämlich all jene, die vom Staat abhängig sind. Rechts, also die SVP, will auch etwas vom Staat. Doch die Partei vertraut dem Menschen und achtet die Bürger. Darum wollen wir vor allem eines, dass dieser Staat uns so weit in Ruhe lässt, wie es nur irgendwie möglich ist. Nur das wollen wir vom Staat. Der Einzelne muss Freiraum bekommen, damit er auch Eigenverantwortung wahrnehmen kann (und gelegentlich wahrnehmen muss). Die Bürger und Unternehmen sollen über ihr Geld selber verfügen können, denn die staatliche Bevormundung führt in den Ruin. Das hat uns die DDR gezeigt und ansatzweise auch das vereinigte Deutschland. Die Linke verfügt bekanntlich über keine Mehrheit in den Parlamenten. Wie aber konnte sie in den letzten 10, 15 Jahren ihre Anliegen derart erfolgreich umsetzen? Sie bekam die Unterstützung aus der so genannten «lösungsorientierten Mitte». Der Satz «die Wahrheit liegt in der Mitte» kommt also ziemlich genau aus der Mitte. Und damit ist schon der erste Gegenbeweis geliefert: Die Wahrheit liegt eben nicht in der Mitte. Wenn die Wahrheit wirklich in der Mitte läge, dann wäre die Wahrheit erstaunlich beweglich. Denn wenn jemand links der Mitte zieht, rutscht die Mitte nach links. Wenn der rechte Pol stärker ist, nach rechts. Ist die Wahrheit denn eine opportunistische Windfahne? Wohl kaum. Wer abstimmen geht, muss sich auch entscheiden. Ja oder Nein. Wer Jein stimmt, verliert seine Stimme. Natürlich muss man bei Vorlagen abwägen, Vor- und Nachteile in Betracht ziehen. Aber am Ende wird niemandem die klare Entscheidung erspart: Ja oder Nein. Die SVP gilt als schlimme «Nein-Sager»-Partei. Über diesen Vorwurf kann ich nur staunen. Ich bin in eine Zeit geboren, wo es nichts Verächtlicheres gab als einen rückgratlosen Ja-Sager. Diese Haltung ist die einfachste, die bequemste, die charakterloseste. Was man der SVP vorwerfen könnte, wäre also höchstens, dass wir ein paar Mal zu wenig Nein gesagt haben. Oder hätte die SVP freudig Ja sagen sollen zur Schuldenwirtschaft? Sollte die SVP Ja sagen zum Krankenversicherungsgesetz, das wir 1994 als einzige Fraktion abgelehnt haben? Sollte die SVP die Auswüchse im Sozialsystem, bei der IV, bei der Fürsorge abnicken? Soll die SVP ein «lösungsorientiertes Ja» rufen zu neuen Steuern und damit zu neuen Milliarden, mit denen man die Probleme schön finanzieren möchte, statt sie zu lösen? Warum ist die SVP auf Oppositionskurs gegangen? Aus Vergnügen? Um sich zu profilieren? Nein. Weil sich die Schweiz auf einem falschen Weg befindet. Von 1848 bis 1990, also in 142 Jahren, wurden vom Bund 38,5 Milliarden Franken Schulden angehäuft. In den folgenden 15 Jahren kamen über 90 Milliarden hinzu. Entlockt Ihnen diese Tatsache ein zustimmendes «Jawohl! So ist es richtig. Machen wir weiter so»? Je mehr sich die staatliche Abhängigkeit ausbreitet, desto schwieriger wird es, eine Mehrheit zu finden, die diesen Irrsinn politisch noch zu stoppen gewillt ist. Immer mehr Menschen erliegen den Versuchungen des Wohlfahrtsstaates. Bis weit in die gehobenen Berufsschichten, bis weit in die Chefetagen von Politik und Wirtschaft hinein. Sind wir schon so weit, dass die Menschen lieber schauen, wie sie sich vom Staat beziehungsweise der Allgemeinheit aushalten lassen können, statt in Eigenverantwortung für sich und die Nächsten das Leben zu verbessern und selber für Güter und Dienstleistungen zu sorgen? Es ist ausserordentlich gefährlich, wenn Erfolg und Leistung durch höhere Steuern und Abgaben bestraft, dafür Misserfolg und Faulheit durch Sozialleistungen belohnt werden. In diesem unheilvollen Prozess befinden wir uns. Es gab nur eine Partei, die sich konsequent dagegen wehrte - und dabei viel auf sich nahm: Die SVP. Diese Arbeit ist nötig und bedeutsam. In den vergangenen Jahren hatte die SVP die wichtige Aufgabe, in den bedeutenden Fragen als Opposition Nein zu sagen. Jetzt sind wir verstärkt in der Regierung vertreten. Darum sind wir auch aufgefordert, unsere Positionen in der Regierung selbst einzubringen. Aber von einer Mitte-Rechts-Politik sind wir noch weit entfernt. Das zeigen die genannten Beispiele aus der Finanz-, Aussen- und Sozialpolitik. Darum gilt auch für eine profilierte Regierungspartei wie die SVP weiterhin: Kurs halten!

02.10.2005

Was die Kirche macht, ist heuchlerischer Moralismus

Christoph Blocher (64) erklärt im SonntagsBlick-lnterview, warum er wegen des scharfen Asylgesetzes kein schlechtes Gewissen hat, was seine Mutter besser als die Kirche machte und weshalb der Bundesrat der EU einen Brief schreiben soll. 02.10.2005, SonntagsBlick (Christian Dorer und Patrik Müller) Herr Bundesrat, wie viele Menschen leben in Afrika? Viele hundert Millionen. 900 Millionen. Halb Afrika komme in die Schweiz, wenn wir unser Gesetz nicht verschärfen, sagten Sie im Nationalrat. Das sagte ich nicht. Sondern: Wenn jeder, dem es in seinem Land schlechter geht, bei uns als Flüchtling aufgenommen wird, dann haben Sie morgen halb Afrika bei uns. Sie übertreiben doch gewaltig! Die Zahl der Asylgesuche ist so tief wie seit 1987 nicht mehr. Erfreulich ist: Wir nehmen nicht weniger tatsächlich Verfolgte auf, aber es werden Missstände reduziert — nicht zuletzt dank Sozialhilfeentzug, schnelleren Verfahren und konsequentem Vollzug der Wegweisungen. Doch die Probleme sind leider nach wie vor gross. Ihr Vater war Pfarrer. Könnten Sie ihm die Asyl-Verschärfungen mit gutem Gewissen erklären? Ja. In der Schweiz ist jeder Flüchtling willkommen, der wirklich verfolgt wird. Aber Missbräuche sind zu verhindern. Ein schlechtes Gewissen hätte ich, wenn ich meine Verantwortung nicht wahrnehmen würde. Auch ein echter Flüchtling wird neu zurückgeschickt, wenn er keine ldentitätspapiere besitzt. Nein. Das sicher nicht. Leute ohne Papiere, die tatsächlich verfolgt sind, werden auch künftig aufgenommen. Man muss aber verlangen, dass einer, der keine Papiere vorweist, sagt, wie er heisst, woher er kommt, warum er geflohen ist und weshalb er keine Papiere hat. Ist dies zu viel verlangt? Ist es nicht schäbig, dass ausgerechnet die reiche Schweiz neu eines der strengsten Gesetze hat? Das neue Gesetz ist nicht strenger als Gesetze in anderen Staaten, zum Beispiel in Deutschland oder Österreich. Schäbig wäre, wenn wir keine echten Flüchtlinge aufnähmen. Wir hätten Platz für mehr echte Flüchtlinge, wenn wir all diejenigen abhalten, die unrechtmässig kommen. Können Sie garantieren, dass niemand in den Tod geschickt wird? Ich kann garantieren. dass dieses Risiko mit dem neuen Gesetz nicht grösser wird. Natürlich kann man Fehler bei der Bearbeitung eines Gesuchs in ganz wenigen Einzelfällen nie vollständig ausschliessen. Wie scharf Ihr Gesetz ist, zeigt die massive Kritik der katholischen Bischöfe und des reformierten Kirchenbundes. Es ist gut, wenn diese kirchlichen Kreise den Armen helfen. Nur: Für eine menschenwürdige Asylpolitik tragen sie keine Verantwortung. Zwingli sagte: «Christ sein heisst nicht christlich schwätzen ...» Es ist einfach, christlich zu reden, ohne selber Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung bedeutet: Für die echten Flüchtlinge zu sorgen und die illegal Anwesenden in ihr Heimatland zurückzuschicken. Das ist keine schöne Aufgabe. Haben denn nur Sie Recht und die Kirchen irren sich? Im persönlichen Gespräch sagen mir auch diese Kreise: Wir sehen ja ein, dass die Nichtverfolgten weggewiesen werden. Vor der Fernsehkamera behaupten sie jedoch, sie müssten Asylsuchende aufnehmen, da die sonst auf der Strasse verhungern würden. Seit einem Jahr bitten wir diese Leute, uns doch die Kantone, die Gemeinden und diese Fälle zu nennen, damit wir einschreiten können. Wir erhielten von den Kirchen keine einzige Antwort. Weil es diese Fälle konkret nicht gibt. Das ist heuchlerischer Moralismus und nicht Hilfe am Nächsten! Es ist die Pflicht der Kirchen, sich für die Schwächsten einzusetzen. Ich freue mich, wenn sie es tun und hoffe, sie nehmen es ernst. Aber ich habe gemerkt, vielfach geht es ihnen gar nicht darum! Oft wollen sie nur sagen. schaut, die Verantwortlichen geben den armen Menschen nichts zu essen. Aber wir aus der Kirche, wir haben eine weisse Weste. Verantwortung tragen sie keine. Ist das nicht heuchlerisch? Meine Mutter hat ihr Leben lang Bettler an der Tür versorgt. Vielleicht war es nicht immer klug und vielleicht oft allzu barmherzig. Aber nie hätte sie gesagt: Ich muss denen zu essen geben, weil böse andere Menschen ihnen nicht helfen. Kennen Sie als Bundesrat eigentlich Asylsuchende persönlich? Einzelne schon. Es kommt vor, dass mir abgewiesene Bewerber schreiben. Einzelne habe ich schon eingeladen, Ich erklärte ihnen, warum sie nicht bleiben dürfen. Es sind oft arme Kerle. Aber ich musste es ihnen zumuten, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren. Hie und da gehe ich an die Basis zu meinen Mitarbeitenden. So stellte ich mich zum Beispiel im Empfangszentrum Kreuzlingen — mit einem grossen Schlapphut — bis zur ersten Kontrolle unerkannt in die Reihe der anstehenden Asylbewerber. Anderswo platze ich bei Befragungen rein. Ich spreche mit den Leuten. Was planen Sie im Asylbereich als Nächstes? Wir müssen die zu grossen Strukturen reduzieren, ohne die Leistung abzubauen. Jeder Flüchtling kostet Bund und Kantone heute insgesamt eine Million Franken im Durchschnitt. Das ist Unsinn. Wir erarbeiten ein Programm, um jährlich Kosten von 200 Millionen Franken einzusparen. Andererseits sind die aufgenommenen Flüchtlinge besser zu integrieren. Für die Kinder gehört dazu nicht zuletzt die Schule — für die Erwerbsfähigen die Arbeit. Die Flüchtlinge sollen arbeiten? Ja. Gegenwärtig tun das bloss etwa 23 Prozent der erwerbsfähigen Flüchtlinge, die arbeiten könnten und müssten, weil sie ja für immer aufgenommen sind. Alle anderen leben von der Sozialhilfe und sind entsprechend schlecht integriert. Und dies trotz viel Gerede und vielen Theorien über Integration, trotz teuren Programmen. Das muss sich ändern. Mir schwebt so etwas wie eine «Flüchtlingsschulung» vor, die den Einstieg ins normale Arbeitsleben ermöglicht. Sie wollen eine «Flüchtlings- Lehre» einführen? Wie sieht die aus? Das Konzept wird zurzeit erarbeitet. Ich könnte mir vorstellen, dass diese sogenannte Flüchtlings-Lehre zwischen wenigen Monaten und maximal einem Jahr dauert. Sie soll den Einstieg in einen den Fähigkeiten der Flüchtlinge angepassten Beruf ermöglichen. Haben die Flüchtlinge einmal einen Job und sind sie tüchtig, werden sie aufsteigen. Das habe ich in meinem damaligen Unternehmen zum Beispiel mit Tamilen selber erlebt. Wie soll das funktionieren? Nehmen Sie einen Flüchtling aus der Ukraine. Er hat dort vielleicht auf dem Bau gearbeitet. Wir müssen ihm — zumindest rudimentär — unsere Sprache beibringen, ebenso Kenntnisse für die Arbeit, vielleicht auch nur die eines Hilfsarbeiters. Er wird bei guter Arbeit rasch gefragt sein. Oder nehmen wir den Literaturprofessor aus Südamerika. Er könnte dort arbeiten, wo man ihn braucht: Vielleicht als Übersetzer. Braucht es ihn dort nicht, müsste man ihn umschulen. Zum Beispiel fürs Gastgewerbe oder andere Tätigkeiten, je nach Fähigkeit. Soll die Wirtschaft diese Ausbildung anbieten? Nein, der Staat. Aber in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Das kommt günstiger, als wenn jemand jahrelang von der Sozialhilfe lebt, obwohl er arbeiten könnte. Reden wir über Europa. Ihre Kollegen Schmid, Deiss und Calmy-Rey feierten am Sonntag das Ja zur Personenfreizügigkeit mit Champagner. Sie fehlten. Warum? Feiern käme mir nicht in den Sinn. Das Schweizer Volk hat einen schwierigen Entscheid getroffen. Da gibt es nichts zu triumphieren. Mein erster Gedanke war: «Hoffentlich kommt es gut raus. Hoffentlich können wir das richtig Umsetzen.» Viele Ihrer SVP-Freunde ärgerten sich über Ihren Einsatz für ein Ja — manche sagen gar, der sei entscheidend gewesen für die klare Zustimmung des Volkes. Möglich. Offenbar waren meine Ausführungen glaubwürdig. Mir wurde übel, als ich die Schönfärberei gewisser Befürworter hörte. Ich habe meine Überlegungen preisgegeben, auch Nachteile aufgezeigt. Für mich war die Annahme ein kleineres Risiko als die Ablehnung. Wie weiter? Soll die Schweiz das EU-Beitrittsgesuch zurückziehen? Das verlange ich, seit es eingereicht ist. Aber viel wichtiger ist: Wir sollten der EU endlich offen mitteilen, dass wir nicht Mitglied werden, sondern in gutem Verhältnis mit der EU als selbständiges Land leben möchten. Der Bundesrat soll einen Brief nach Brüssel schicken? Zum Beispiel. Wie auch immer — wir sollten der EU einfach klar und deutlich mitteilen, dass wir keine institutionelle Bindung wollen. Danach besteht auch für die EU Klarheit. Das ist Ihre Meinung— doch der Bundesrat ist in der EU-Frage gespalten. Alle Spatzen pfeifen es von den Dächern: Drei wollen in die EU, drei sind gegen einen Beitritt und einer schwankt. Sie meinen Pascal Couchepin. Ich nenne keine Namen. Der Bundesrat will erst mal in einem Bericht aufzeigen, was die Vor- und was die Nachteile sind. Ja, ein Bericht mehr. Was darin stehen wird, wissen schon alle. Je nachdem, wer ihn schreibt, werden die Nachteile etwas mehr unterdrückt und die Vorteile in glänzenderem Licht geschildert. Letztlich ist es eine politische Frage. Werden Sie eine EU-Abstimmung erleben, solange Sie im Amt sind? Sicher keinen Beitritt, da ich bekanntlich schon im Jahre 2026 zurücktrete! (lacht) Am 11. Oktober werden Sie 65. Was machen Sie mit Ihrer AHV-Rente? Ich habe der AHV-Stelle schon mitgeteilt, dass ich jetzt keine Rente beziehe. Und zur Beruhigung aller: Ich habe sicher ein Vielfaches dessen einbezahlt, was ich je beziehen könnte.

24.09.2005

Von Treue und Tapferkeit

Jubiläumsgrusswort von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Feier «500 Jahre Päpstliche Schweizer Garde» vom Samstag, 24. September 2005 in Luzern 24.09.2005, Luzern Luzern, 24.09.2005. Jubiläumsgrusswort von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Feier «500 Jahre Päpstliche Schweizer Garde» vom Samstag, 24. September 2005 in Luzern. Es gilt das gesprochene Wort Sehr geehrter Hochwürden Abt Martin Werlen Sehr geehrte Damen und Herren National- und Ständeräte Sehr geehrte Damen und Herren Regierungsräte Sehr geehrter Herr Stadtrat Sehr geehrter Herr Korpskommandant Kekeis Seher geehrte aktive und ehemalige Gardisten Sehr geehrtes Organisationskomitee mit Ihrem Präsidenten Korpskommandant Beat Fischer Sehr geehrte Damen und Herren Es gibt Beschlüsse, die verhallen und verpuffen sofort. Teils zu Unrecht - meistens zu Recht. Namentlich in schnelllebigen Zeiten werden hochtrabende Beschlüsse gefasst, die schnell wieder verschwinden. Sie haben keinen Bestand. Und dann gibt es das Seltene, das ganz und gar Aussergewöhnliche, das ein halbes Jahrtausend und länger besteht. Das weisse Kreuz im roten Feld gehört dazu, welches die Eidgenossen in der Schlacht bei Laupen im 15. Jahrhundert auf ihren Wämsern trugen. Die 500jährige Päpstliche Schweizergarde gehört auch dazu. Die Tatsache, dass etwas 500 Jahre gedauert hat, beweist: es hat sich bewährt, sonst wäre es längstens verschwunden. Gründungsjahr 1505 1505 steht Rom in einer kulturellen Hochblüte. Papst Julius II. ruft Michelangelo in den Vatikan; Grünewald beendet sein mächtiges Gemälde «Die Kreuzigung». Raffael die «Madonna im Grünen». Das 16. Jahrhundert wird eingeläutet. Es sollte das Jahrhundert der Erschütterungen werden! Das Jahrhundert der Reformation. Martin Luther gelobt 1505 - im Gründungsjahr der Schweizergarde - seinen Klostereintritt und wird Augustiner Mönch. Und die Schweiz ? Niccolò Machiavelli kommt 1513, also in den Anfängen der Garde, in seinem Buch «il Principe» auch auf die Schweizer zu sprechen: «Stettono Roma e Sparta molti secoli armate e libere. E Svizzeri sono armatissimi e liberissimi.» So wie Rom und Sparta viele Jahrhunderte bewaffnet und frei gewesen seien, so seien die Schweizer die allerbewaffnetsten und die allerfreisten! Rom und Sparta sind schon lange untergegangen. Die Schweiz hat überlebt. Was würde ein Macchiavelli der Gegenwart über die heutige Schweiz sagen? Würde er sie noch rühmen als die «allerbewaffneste»? Die allerfreiste? Wissen wir Schweizerinnen und Schweizer eigentlich noch, was uns die Freiheit bedeuten könnte ? Die Garde Seit nunmehr 500 Jahren erfüllen Sie - liebe Gardisten - also Ihren Dienst. Das Wort kommt von dienen. Schon diese Herkunft allein zeigt die Tiefe und Würde Ihrer Aufgabe. Dienen heisst nämlich den Auftrag über das Persönliche stellen. Dienen heisst, etwas anderes oder jemanden anderen über die eigene Befindlichkeit, den Auftrag über das eigene Interesse stellen. Als Soldat, der ich ja auch einmal war, habe ich gelernt, dass es meine Aufgabe ist, Land und Volk zu verteidigen. Im schlimmsten Fall unter Einsatz und Preisgabe des eigenen Lebens. Wir wissen alle, dass es keinen grösseren Treuebeweis gibt, als sein Leben in der Erfüllung eines Auftrages herzugeben. Was Treue heissen kann, demonstrierte die Schweizer Garde am 6. Mai 1527 - nur 23 Jahre nach ihrer Gründung: 20'000 deutsche und spanische Landsknechte verwüsteten Rom. 147 von 180 Gardisten fielen im Kampf, unter ihnen auch ihr Kommandant Kaspar Röist. Doch der Papst konnte sich in die Engelsburg retten und überlebte. Oberst Kaspar Röist war übrigens Zürcher, also Angehöriger eines Kantons, in dem Zwingli gerade seine reformatorischen Vorstellungen durchsetzte. Ein auf den ersten Blick völlig widersinniger Vorgang: Reformierte Soldaten opfern sich für den katholischen Papst. Doch es gibt eine schlichte und ergreifende Erklärung für dieses Handeln: Die Gardisten taten es aus Treue zum gegebenen Wort. Treue muss allen Versuchungen widerstehen können. Treue sprengt konfessionelle und andere Grenzen. Genau in solchen Momenten zeigt sie nämlich ihre wahre Grösse. Aus Treue haben Kaspar Röist und seine Männer ihr Leben hingegeben. An den Treueschwur einer anderen Epoche und einem anderen Dienst erinnert uns hier in Luzern auch das Löwendenkmal Die Geschichte lehrt uns: Die Treue zum gegebenen Wort ist ein Pfeiler unserer Eidgenossenschaft. «Eid – Genossenschaft» Wir Schweizer sind beisammen, weil wir Schweizer beisammen sein wollen und weil wir uns darauf das Wort, den Eid gegeben haben. Das ist ja der Inhalt des Ausdrucks «Eid - Genossenschaft» und darum ist die Päpstliche Schweizergarde ihrem Wesen nach eine vollkommen eidgenössische Institution. Und darum ist es sinnvoll und schön, dass Sie den Namen Schweizer - Garde behalten haben. Sie stehen für grossartige menschliche Fähigkeiten. Es hat mich darum besonders berührt, dass Sie mich - damals in Rom - als protestantischen Pfarrerssohn zu diesem Jubiläum geladen haben. Sie haben gespürt, dass uns Vieles verbindet. Nicht nur die Liebe zur Tradition. Das auch. Die «unkatholische Schweiz» hat mindestens zwei gute Gründe, der Schweizer Garde mit Wohlwollen und Achtung zu begegnen: Es ist das gemeinsame Bekenntnis zu den christlichen Grundwerten und es ist der gemeinsame Willen für eine höhere Sache einzustehen. Ich habe grossen Respekt vor Ihrer Geschichte, Ihrer Aufgabe und Ihrem ganz persönlichen Einsatz. Die 500-Jahrfeier der päpstlichen Schweizer Garde ist der Ausdruck von 500 Jahren Dienen, Treue und Auftragserfüllung. Das sei auch die Devise für uns alle in Familie, Beruf und Politik! Deshalb schliesse ich mit dem Wunsch: Möge Gott die Päpstliche Schweizergarde weiterhin schützen und ihr die Kraft schenken, den Schutz des Papstes auch in der Zukunft zu gewähren. Ihr seit 500 Jahren verbindliches Dienen bleibe weiterhin Vorbild für uns alle!

15.09.2005

Wir müssen mit der EU kompetitiv sein, nicht kompatibel

Christoph Blocher sagt ja zur Personenfreizügigkeit – und will danach gleich ein Moratorium für den EU-Beitritt der Schweiz. Er sagt auch kompromisslos ja zu sich selber: Je mehr er im Bundesrat bewirke, desto braver könne seine SVP auftreten. 15.09.2005, Weltwoche (Urs Paul Engeler und Markus Somm) Herr Bundesrat, Sie haben wiederholt gesagt, man soll die Personenfreizügigkeit wagen. Warum, wenn es so riskant ist? Es gibt Risiken, wenn wir zustimmen, und es gibt Risiken, wenn wir sie ablehnen. Am Schluss gilt es abzuwägen. Ich bin zum Ergebnis gekommen, man sollte es wagen. Welche Risiken bestehen? Wenn wir die Erweiterung der Personenfreizügigkeit ablehnen, müssen wir damit rechnen, dass es mit der EU zu Unstimmigkeiten kommt! Die Schweiz hat der Personenfreizügigkeit mit der alten EU zugestimmt, so ist es aus Sicht der EU nur logisch, dass auch die Erweiterung akzeptiert wird. Die EU will nicht, dass einzelne Mitglieder schlechter behandelt werden als andere. Ein Nein würde zudem die neuen Länder im Osten vor den Kopf stossen. Ich will aber nicht dramatisieren. Und wenn wir die Personenfreizügigkeit annehmen? Dann besteht ab 2011 das Risiko, dass wir eine grössere Zuwanderung erleben. Das könnte in der Schweiz, die ja bereits heute einen der höchsten Ausländeranteile Europas hat, zu Problemen führen. Für die nächsten Jahre haben wir jedoch Sicherungen eingebaut, wie etwa die Quoten für die Zulassung zum Arbeitsmarkt. Sollte es der Wirtschaft - in der Schweiz, aber auch in Osteuropa - gut gehen, sind wir in der Lage, diese Einwanderung zu verkraften. Ist diese Haltung nicht schizophren? Der Bundesrat versucht uns immer mit dem Hinweis zu beruhigen, es kämen sicher nicht so viele Leute aus dem Osten. Aber man gewährt die Personenfreizügigkeit doch gerade mit dem Ziel, dass mehr Leute kommen. Nur dann macht es wirtschaftlich Sinn: Das senkt die Löhne und vergrössert das Angebot an Arbeitskräften. Wir brauchen Arbeitskräfte in der Schweiz, deshalb haben wir ja über 20 Prozent Ausländer, die wir im Zuge der kontrollierten Einwanderung bewilligt haben. Und natürlich ist es für die Unternehmen gut, wenn sie aus einer grösseren Zahl von Arbeitskräften auswählen können. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft erhöht, aber anderseits führt es dazu, dass das Lohnniveau sinkt und sich die Arbeitslosigkeit tendenziell erhöht. Wir werden uns nach 2011 den europäischen Verhältnissen angleichen. Das müssen wir in Kauf nehmen. Man wird nun bei den Einwanderern von ausserhalb der EU sehr restriktiv sein müssen. Das sieht das neue Ausländergesetz vor. Für sie haben wir kaum mehr Bewilligungsmöglichkeiten. Für Leute aus Amerika und Japan etc. zum Beispiel können nur noch in speziellen Fällen – man spricht von Spezialisten – Arbeitsbewilligungen erteilt werden. Falls es ein Ja gibt, wer sind die Gewinner? Sie meinen welche Parteien? Das habe ich mir noch nie überlegt. Politisch zählen sich nach Abstimmungen meist alle zu den Gewinnern. Ob die Schweiz insgesamt zu den Gewinnern gehört, sehen wir nach 2011. Wie stimmen Sie persönlich? Ich habe schon gestimmt. Und es gilt das Stimmgeheimnis. Halten wir uns auch diesmal daran - aus grundsätzlichen Gründen! Wenn ich es jetzt verrate, muss ich es künftig immer sagen. Ist aus liberaler Sicht der Preis für die Personenfreizügigkeit nicht viel zu hoch? Die flankierenden Massnahmen führen zu einer Regulierung des schweizerischen Arbeitsmarktes, wie es sie noch nie gegeben hat. Der Preis ist hoch, das stimmt. Hätten wir die Personenfreizügigkeit mit den alten Staaten nicht, dann würde ich es vorziehen, beim alten System der kontrollierten Einwanderung zu bleiben – die ja eine Erfolgsgeschichte ist! Wie erwähnt, haben wir in der Schweiz einen der höchsten Ausländeranteile - wir sind also alles andere als abgeschottet - gleichzeitig sind bis heute relativ wenig Leute arbeitslos, und dabei ist es uns gelungen, den Arbeitsmarkt sehr flexibel zu halten. Aber das ist nun vorbei. Mit den Bilateralen I haben wir einer neuen Ordnung zugestimmt. Jetzt geht es darum, den logischen zweiten Schritt zu machen. Man hielt es politisch für nötig, den Arbeitsmarkt stärker zu regulieren, dafür kann die Wirtschaft aus einem grossen Reservoir an Arbeitskräften auswählen. Das bringt ja gar nichts, wenn wir gleichzeitig Mindestlöhne haben. Staatliche Mindestlöhne haben wir keine. Das wäre ein sehr grosser Nachteil für die Beschäftigung in der Schweiz. Die Arbeitslosigkeit würde stark steigen. Aber die flankierenden Massnahmen erleichtern es ganz wesentlich, Mindestlöhne einzuführen. Das ist eine Gefahr. Dagegen werde ich mich wehren. Letzte Woche warben Vertreter des Seco und der kantonalen Arbeitsämtern an einer Pressekonferenz ganz dezidiert für weit gehende flankierende Massnahmen, also auch Mindestlöhne. In der tripartiten Kommission haben die Gewerkschaften zusammen mit den Vertretern des Staates die Mehrheit. Es dürfte Ihnen schwer fallen, Mindestlöhne zu verhindern. Ich kann davor nur warnen. Ich hoffe in dieser Frage auf eine klare Stellungnahme der Wirtschaftsverbände und auf die Vernunft. Unser relativ flexibler Arbeitsmarkt ist einer der wichtigen Standortvorteile gegenüber andern europäischen Ländern, wie etwa Deutschland. Die geringe Arbeitslosigkeit verdanken wir nicht zuletzt auch dieser Flexibilität. Kann man diese Markteingriffe nach der Abstimmung wieder rückgängig machen? Das halte ich kaum für möglich. Sie können in Deutschland sehen, wie schwierig es ist, Regulierungen zurück zu nehmen, die negative Wirkungen haben. Sollte am 25. September ein Nein resultieren: Wie wahrscheinlich ist es, dass die EU die bilateralen Verträge I kündigt? Zur Zeit wirkt die EU nicht sehr handlungsfähig. Sie wird sicher reagieren. Die Union ist am ehesten handlungsfähig, wenn es gegen einen Dritten geht. Ich halte es aber für ausgeschlossen, dass sie die bilateralen Verträge I kündigt, weil jedes einzelne Land diesen Vertrag auflösen müsste. Da stehen so viele handfeste Interessen auf dem Spiel: Stellen Sie sich einmal Österreich vor! Stellen Sie sich die Situation am Brenner vor, wenn das Landverkehrsabkommen dahinfallen würde. Oder denken Sie an Italien: Das erste Personenfreizügigkeitsabkommen ist für dieses Land sehr wichtig. In der Schweiz leben 300 000 Italiener, die von den Abmachungen bei den Sozialversicherungen profitieren. Schon aus purem Eigennutz haben die EU-Staaten kein Interesse an einer Kündigung. Doch die möglichen Verstimmungen - auch wenn sie mehr im atmosphärischen liegen - muss man ernst nehmen. Wir haben immer wieder mit der EU als Partner zu tun. Also wäre es auch eine schlechte Idee, das EU-Beitrittsgesuch zurückzuziehen? Das würde das Klima in Brüssel bestimmt nicht aufheitern. Der Rückzug des Gesuches würde heissen, dass die Schweiz jetzt der EU nicht beitreten möchte. Das dürfte keine Unstimmigkeit, sondern Klarheit bringen. Auch keine Überraschung! Wichtiger als der technische Rückzug scheint mir, dass man sich über die allgemeine Marschrichtung klar wird: Will die Schweiz der EU beitreten oder nicht? Nach dem 25. September wird der Bundesrat eine Standortbestimmung vornehmen. Heute gibt sich niemand der Illusion hin, dass das Schweizervolk in den nächsten Jahren Ja zum EU-Beitritt sagen wird - auch die Befürworter wissen das. Warum erst nach dem 25. September? Was weiss man danach mehr? Die Diskussion ist bis dann mit dem Thema Freizügigkeitsabkommen besetzt. Wenn es ein Ja gibt, dann brauchen wir mit der EU gar nichts mehr zu verhandeln – auch wenn ein Teil der Verwaltung mit dem Feldstecher nach Dingen sucht, die man auch noch mit der EU aushandeln könnte. Die wesentlichen Dinge sind nach dem 25. September geregelt. Mehr ist auch nicht mehrheitsfähig. Wenn es ein Nein gibt wäre das erst recht ein Zeichen gegen den EU-Beitritt. Der grösste Teil der Wirtschaft ist heute dezidiert gegen einen EU-Beitritt. Auch Unternehmer, die damals noch vehement für den EWR – und später für den EU-Beitritt - waren, bitten mich heute: Schauen Sie in Bern, dass wir ja nie beitreten! Also soll der Bundesrat nach dem 25. September das Beitritts-Gesuch definitiv zurückziehen? Meine Meinung zum EU-Beitritt ist klar, hier laufe ich also nicht Gefahr, das Kollegialitätsprinzip zu verletzen. Es ist bekannt dass der Bundesrat in dieser Frage gespalten ist. Selbstverständlich bin ich dezidiert gegen einen Beitritt und für einen Rückzug des Gesuches. Aber vielleicht müsste man den Befürwortern eine Brücke bauen: Der Bundesrat könnte ein Moratorium beschliessen. Zum Beispiel: In den kommenden zehn Jahren treten wir der EU nicht bei und bleiben auf dem Weg der Selbstständigkeit. In dieser Zeit wäre Schluss mit dem kopflosen autonomen Nachvollzug und mit der Verschlechterung unseres Wirtschafts- und Lebensraumes. Wir müssen „EU-kompetitiv“ sein nicht „EU-kompatibel“. Das heisst, wir müssen auch gegenüber der EU wettbewerbsfähig sein. Wir wollen eine eigene Gesetzgebung, die besser ist für unseren Kleinstaat - unter Berücksichtigung zeitgleicher Entwicklungen in der EU, den USA und anderen Staaten. Und was ist mit dem Beitrittsgesuch? Das wäre dann nebensächlich. Obwohl: Auch für die EU wäre ein Rückzug des Gesuches klärend. Wichtig wäre auf jeden Fall, dass wir der EU unser Moratorium mitteilen. Dies kommt ja dann einem Rückzug gleich. Ein solcher Kompromiss wäre ein gangbarer Weg. Ändert ein Ja oder Nein am 25. September die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat? Ich kann nicht für die anderen Bundesräte sprechen. Ich glaube aber kaum. Deshalb wäre ein Moratorium ein Ausweg: Innenpolitisch liegen wir Bürgerlichen uns wegen dieser EU-Frage dauernd in den Haaren. Politisch ist dies eine schlechte Situation: Bei jedem aussenpolitischen Thema müssen die Schweizerinnen und Schweizer sich fragen, ob sie es mit einer verkappten Vorbereitung des EU-Beitritts zu tun haben oder nicht. Sie befürchten, dass die Schweiz am Schluss in der EU landet – ohne dass dies jemand wirklich gewollt hatte. So gleichsam über den Tisch gezogen. Wir sind doch längst auf dem bilateralen Weg. Faktisch haben wir ein Moratorium. Was soll der Bundesrat da noch beschliessen? Es schafft Klarheit. In der Führung ist das stets ein Vorteil. Eine klare Linie und eine Strategie gibt es derzeit nicht. Die Verwaltung lehnt sich stark an die EU an. Der Bundesrat hat zwar nach den letzten Wahlen das strategische Ziel aus dem Legislaturprogramm gestrichen. Das strategische Ziel der Unabhängigkeit der Schweiz hat er aber auch nicht festgeschrieben. Es wurde offen gehalten und man nahm sich vor, die EU-Frage noch einmal zu untersuchen, um am Ende der Legislatur einen Bericht vorzulegen, dessen Ergebnis man ja ebenfalls schon kennt. Seien wir ehrlich: Über den EU-Beitritt selbst haben die politisch Verantwortlichen nie ernsthaft diskutiert. CVP und FDP haben kaum darüber debattiert, sondern den Beitritt fast blind beschlossen, später aber wieder relativiert. Selbst die SP hat sich nicht wirklich damit auseinandergesetzt, weil sie sonst mit den Gewerkschaften und Arbeitern ein grösseres Problem bekäme. Nur die SVP hat den Streit sehr intensiv ausgetragen. Denken Sie an die interne Auseinandersetzung der 90-er Jahre. Heute wirkt die SVP ebenso gespalten, mehr noch: deroutiert. Die einen machen bei der Pro-Kampagne mit, die andern halten etwas schlapp dagegen. Was ist mit Ihrer Partei los? In der Frage der Personenfreizügigkeit ist sie nicht einheitlicher Meinung. Es ist ein Zeichen der Stärke, dass sie in Einzelfragen auch verschiedener Meinung sein kann. Das muss eine Partei durchstehen – solche Situationen gibt es immer. Natürlich darf es nicht zum Normalfall werden. Bei solchen Vorlagen wirkt die Partei dann etwas gelähmt – aber nur bis zum Abstimmungstag. Ich habe das neue Wirtschaftsprogramm der SVP gelesen, und ich kann nur sagen: hervorragend! Im Parlament wirkt die Fraktion kämpferisch, recht geschlossen und ist auf Kurs. Gleichzeitig stelle ich fest, dass die andern bürgerlichen Parteien da und dort der SVP entgegenkommen – was auch gescheit ist, wenn sie nicht erneut Wähler verlieren wollen. Die SVP hat jetzt gemäss ihrer Stärke zwei Bundesräte. Dadurch muss die Partei in der einen oder anderen Frage auch etwas weniger antreten. Denken Sie beispielsweise an die Asylpolitik. Sie verwedeln die Sache: Die Ausländerpolitik ist ein Kernthema der Partei. Jetzt kommt eine der grössten Zuwanderungsvorlagen der Schweizer Geschichte, und die SVP tritt gesittet und lieb auf. Ein Teil Ihrer Wähler muss sich verschaukelt vorkommen. Die SVP hat schon die Personenfreizügigkeit mit der alten EU nicht bekämpft. Damals war sie mehrheitlich dafür. Aus taktischen Gründen. Nun franst aber ihr rechter Rand aus: Die Schweizer Demokraten tauchen plötzlich aus der Versenkung auf. Möglich. Die SVP ist keine fremdenfeindliche Partei. Sie war immer für eine Ausländerpolitik, die sich am Arbeitsmarkt orientiert. Aber die SVP bekämpft entschieden die illegale Einwanderung und den Asylmissbrauch. Das sind heute die Brennpunkte in der Ausländerpolitik. Für diese Anliegen kämpfe ich jetzt im Bundesrat, deshalb muss sich die Partei hier nicht mehr so stark engagieren. Es ist anders: Die SVP hat den Kampf gegen die Wirtschaft gescheut. Diese will die erweiterte Personenfreizügigkeit um jeden Preis. Die SVP hätte ihren Ruf als Wirtschaftspartei aufs Spiel gesetzt. Die SVP ist Wirtschaftspartei. Die Wirtschaft ist schliesslich Lebensgrundlage des Volkes. Keine andere Partei ist wirtschaftsfreundlicher. Keine andere Fraktion hat beispielsweise so viele Unternehmer wie die SVP. Aber in der Fraktion - auch unter Unternehmern - werden Vor- und Nachteile der Personenfreizügigkeit wirtschaftlich verschieden eingeschätzt. Die SVP machte den Wirtschaftsverbänden - den Verbänden- Vorwürfe. Nicht, weil sie etwas gegen die Wirtschaft hätte, sondern im Gegenteil, weil sie die Verbände für zu bürokratisch hält und weil sie glaubt, sie handelten zu wenig zum Wohl der Wirtschaft. Es sind keine wirtschaftsfeindlichen Vorwürfe – ganz im Gegenteil. Die Wirtschaftsverbände werden von namhaften Unternehmern geführt. Im Vorstand sitzt das «Who is Who» von Corporate Switzerland. Die Verhältnisse sind komplizierter. Das habe ich als Unternehmer gut studieren können. Wer macht eigentlich die Wirtschaftspolitik? Viele der Unternehmer und Manager haben weder Zeit noch Interesse, sich wirklich damit zu befassen, so dass am Ende die Funktionäre die Politik machen. Die Unzufriedenheit vieler Wirtschaftsleute mit den eigenen Verbänden ist auch eine unbewusste Unzufriedenheit mit sich selbst. Trotzdem gibt es nach wie vor fast keine bekannten Unternehmer, die sich offen zur SVP bekennen. Für Manager von Grossunternehmern mag dies stimmen. Trotzdem wählen viele Wirtschaftsleute die SVP. Ich wohne ja am rechten Zürichseeufer, einer Hochburg von solchen Leuten. Dort ist die SVP mit Abstand die stärkste Partei geworden. Ohne die Wahl von Wirtschaftsleuten wohl unmöglich. Aber man hat die SVP in den vergangenen Jahren dermassen verunglimpft, dass es manchen Leuten nicht so leicht fiel, offen zu dieser Partei zu stehen. Also tut man es heimlich. Man zahlt etwas und stimmt für sie. Das zeigen die Zahlen. Nach aussen schweigt man lieber. Das dürfte sich ändern. Wenn der Pelli-Freisinn sich durchsetzt? Sie meinen eine Politik Richtung links? Dann ohnehin ja. Sollte die FDP aber auf die ordnungspolitische Linie zurückfinden, welche die SVP jetzt vertritt, dann wird die SVP wieder Wähler verlieren. Aber das wäre dann auch nicht tragisch. Wenn die FDP und CVP das gleiche täten wie die SVP, dann ist die Parteigrösse der SVP unerheblich. Hauptsache, man macht das Richtige. Wenn es andere tun, ist es auch recht. Ist das Ihr Ernst? Bisher schien es immer, Sie wollten für Ihre SVP die absolute Macht. Wohl jede Partei wäre froh, wenn sie eine absolute Mehrheit hätte. Doch jedermann weiss, dass in der Schweiz die Mehrheit für eine Partei allein unmöglich ist. Die Partei wäre gezwungen, so breit zu werden, dass sie gar kein Profil mehr hat. Franz Josef Strauss, der langjährige Ministerpräsident Bayerns, hat vor Jahren gesagt: In Deutschland haben wir nicht eine sozialdemokratische Partei, sondern zwei. Die eine ist lediglich etwas katholischer. Mit einem weichen Profil 51 Prozent zu gewinnen, bringt nichts. Mit einem zu breitem Spektrum kann eine Partei nichts mehr bewirken. Wenn alle bürgerlichen Parteien das Gleiche täten, hätten sie übrigens die Mehrheit. Ist es für die SVP gut oder schlecht, wenn Fulvio Pelli mit seiner FDP nach links zieht? Ob er das macht, weiss ich nicht. Ich blicke nicht durch. Klar ist, je linker die andern Bürgerlichen stehen, desto mehr wird meine Partei wachsen. Anderseits: Eine noch stärkere Mitte-Links-Mehrheit wäre für die Schweiz fatal. Leider ist diese heute in der Steuer-, Finanz- und Ausgabenpolitik bereits Tatsache. Darum kommen wir mit der Sanierung des Haushaltes, mit Steuersenkungen und damit der Stärkung des Arbeitsplatzes Schweiz schlecht voran. Was nützt eine starke SVP mit viel Wahl-Erfolg, wenn die Mehrheit der Parteien mit der Linken stimmt? Für die FDP ist die SVP ein geschmackliches Problem: Aggressive, unanständige Plakate, Weichsinn-Vorwürfe, Ausländerpolitik. Das behindert die Zusammenarbeit. Wenn einem nichts mehr einfällt, wirft man dem andern den Stil vor und bezeichnet ihn als unanständig. Es beruhigt lediglich einen selbst, wenn man sich die weisse Weste selber überzieht. Die SVP war die Oppositionspartei. Als solche hatte sie ihren Stil. Sie ist nun auf dem Weg zu einer profilierten Regierungspartei. Dieser Weg ist zu gehen, möglichst ohne vom Parteiprogramm abzuweichen. Je mehr die anderen bürgerlichen Parteien ihr entgegenkommen, umso sanfter kann sie werden. Und ein Zeichen dieser neuen Reife ist, dass sich die Zürcher Jungpartei beim kleinsten Gegenwind schon für einen dämlichen Comics entschuldigt. Früher hörte man solches von Ihrer Partei nicht. Oh, wie kleinlich. Wahrscheinlich war der Comic auch nicht so toll. Das sind Bagatellen. Wenn Parteien, mit denen man zusammenarbeiten will, sich dermassen über Kleinigkeiten aufregen, dann kann man sie ja auch zurücknehmen. Da fällt diesen Jungen kein Stein aus der Krone. In der Sache dürfen hingegen keine Konzessionen gemacht werden. Das trifft dann die Bürger. Die Niederlage von Schengen war für Ihre Partei ein Schock. Sie merkte plötzlich, wie leicht sie nach wie vor zu isolieren ist. Hat diese Niederlage das Umdenken gefördert? Das glaube ich nicht. Wenn Abstimmungskämpfe nur noch moralistisch geführt werden mit dem Argument «Wer mit der SVP stimmt, ist unanständig!», dann können sie als Partei allein fast keine Mehrheit gewinnen. Aber Wahlerfolge erzielen sehr wohl. Nur wird sich dies auf die Dauer gegen die Abstimmungssieger - nicht die Wahlsieger - richten. Das zeigt die Geschichte. Doch bei Stilfragen sind Konzessionen am ehesten möglich. Ist das der Grund für Ihre ersten grösseren Erfolge in Bern? Sie haben in einem Solo-Ritt in Ihrem Stab über 20 Prozent der Stellen gestrichen. Nun zieht der Bundesrat nach und untersucht, ob man den Staat um 20 Prozent abbauen kann. Von Erfolg kann man noch lange nicht reden. Im eigenen Departement ist die Reorganisation abgeschlossen. Das stimmt. Bei der Überprüfung der Staatsaufgaben mit dem Sparziel von 20 Prozent und der Verwaltungsreform, wo wir bis zu 40 Millionen im Jahr einsparen wollen, stehen wir erst am Anfang. Alles steht erst auf dem Papier. Ist im Bundesrat die Sparwut ausgebrochen, wie Kollege Moritz Leuenberger das ausdrückt? Die finanzpolitische Lage ist rabenschwarz. Trotz allen Reden über das Sparen steigen die Staatsausgaben munter weiter: Ich gebe Ihnen einmal konkrete Zahlen: In den nächsten vier Jahren nehmen die Ausgaben diese in der ordentlichen Rechnung um 14,5 Prozent. Das sind durchschnittlich 3,4 Prozent im Jahr, was mehr ist als das Wirtschaftswachstum und die Teuerung! Mit anderen Worten, wir leben deutlich über unseren Verhältnissen. Im übrigen sind darin grosse Beträge nicht enthalten, die man über die Vermögensrechnung abbucht Ein Ende ist nicht abzusehen: Die geplanten Ausgaben 2009 sind beinahe doppelt so hoch wie 1990! Die Schulden werden 2006 132,6 Milliarden betrage. Das ist ein Anstieg von über 25 Milliarden im Zeitraum von 2001 bis 2006. Wer hier von Sparwut spricht, hat den Realitätsbezug vollkommen verloren! Hält der Bundesrat nach dieser sozialdemokratischen Attacke den Sparkurs? Oder rutscht eine verdatterte Regierung wieder nach links? Mit tiefen Kosten eine höhere Leistung zu erbringen ist eine anspruchsvolle Führungsaufgabe. Dies ist nichts für Leute, die nach Beliebtheit trachten. Am schwersten ist die Aufgabe an der Spitze. Schwache Führungskräfte lösen jede Aufgabe einfach mit mehr Geld. Und im Bund heisst dies mit Geld, das die Wirtschaft und die Arbeitsplätze schwächt. Führen heisst, im Interesse anderer, Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen! Tut das der oberste Chef nicht, so führt dies im Unternehmen zum Ruin. Wer als Eltern in der Kindererziehung nicht die Kraft hat auch Verzicht zu verlangen, erweist seinen Kindern einen schlechten Dienst. Wie gross schätzen Sie Ihre Chance ein, 2007 wieder gewählt zu werden? 50 Prozent. Machen wir eine realistische Lagebeurteilung: Es gibt starke Kräfte, wie die Grünen, die SP, einige Linksfreisinnige - unterstützt vom Ringier-Konzern - die eine Abwahl vorbereiten. Je besser ich meine Arbeit verrichte, desto stärker wird diese Absicht. Vor allem Politiker, die mich in den Bundesrat wählten, um mich “einzubinden“, sind erstaunt, dass ich im Bundesrat mitarbeite. Schlaumeier hoffen, mich abzuwählen und mich damit für immer als Politiker loszuwerden. Der Staatsschutz wird überall ausgebaut. Unlängst hat auch Ihr Departement eine sehr weitreichende Überwachung durchsetzen wollen. Ist das einfach der Zeitgeist oder haben wir ein echtes Sicherheitsproblem? Etwas Zeitgeist auch. Aber der Terrorismus ist tatsächlich eine weltweite Bedrohung. Dagegen brauchen wir griffigere Mittel, als wir sie heute haben. Doch die Freiheit des Bürgers ist als oberster Grundsatz zu schützen. Es gibt aber Situationen, wo man diesen Grundsatz durchbrechen muss weil es die Staatsräson gebietet. Die Regierung muss diese heiklen Entscheide treffen und dazu stehen. Die Sicherheitsleute und Nachrichtendienste haben stets gute Gründe, warum man diesen und jenen auch noch abhören sollte. Wenn eine Regierung sich gegen eine zu starke Ausweitung des Staatsschutzes entscheidet um die Freiheit des Bürgers zu schützen, läuft sie Gefahr, nachher auch die Verantwortung tragen zu müssen, wenn trotzdem etwas geschieht, das man vielleicht hätte verhindern können. Weil dies nicht so beliebt ist, wird im Zweifelsfall ausgeweitet. Genügt der heutige Staatsschutz nicht? Bei der Bedrohung durch den Terrorismus und seiner möglichen Quellen, wie zum Beispiel den Islamismus, tappt man im Dunkeln. Die Anschläge in London haben gezeigt, wie gefährlich die Situation ist. Ich habe mich während der Ferien in den Koran vertieft. Wenn man sich wörtlich auf den Koran stützt, wie das extreme Islamisten tun, dann können daraus gefährliche Aktionen entstehen. Diesen Extremismus gilt es zu unterbinden. Bei extremer Auslegung des alten Testaments könnte diese Gefahr auch bestehen, aber es gibt zur Zeit keine extremistische Bewegung, die dies - unter Berufung auf das alte Testament - tut. Wie gross ist die islamistische Gefahr in der Schweiz? Das ist schwer abzuschätzen. Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, auch wenn die Schweiz nicht zu den primären Zielen gehört. Die Bekämpfung des Terrorismus liegt ausserhalb des gängigen Abwehrsystems. Unser heutiges Sicherheitssystem will Verbrechen mit angedrohtem Freiheitsentzug verhindern. Bei Selbstmordattentätern greift das gängige System nicht, also muss die Abwehr früher beginnen. Wie gross ist der Druck aus den USA, auch in der Schweiz gegen Islamisten vorzugehen? Würden wir tatsächlich Terroristen in der Schweiz beherbergen und wären wir untätig, dann kämen wir unter Druck. Das ist aber nicht der Fall. Terroristische Tätigkeiten oder deren Finanzierung dulden wir nicht auf unserem Staatsgebiet.

15.09.2005

Kooperativer Föderalismus und geteilte Verantwortung?

Referat von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Nationalen Föderalismuskonferenz, Donnerstag, 15. September 2005, Freiburg 15.09.2005, Freiburg Freiburg, 15.09.2005. Bundesrat Christoph Blocher nahm heute an der Nationalen Föderalismuskonferenz teil, in deren Zentrum der «kooperative Föderalismus» stand. Der Justizminister legte sein Bekenntnis zum Föderalismus ab und bedauerte dessen Degeneration zum kooperativen Föderalismus; dieser bedeute, dass Verantwortung geteilt und nicht mehr getragen würde. Die Schweiz müsse sich deshalb zum Wohle der Bürger, der Wirtschaft, der Arbeitsplätze und des Landes auf den wahren Kern des Föderalismus besinnen. Es gilt das gesprochene Wort Meine Damen und Herren Regierungsräte, Meine Damen und Herren Ständeräte Meine Damen und Herren Nationalräte Vertreterinnen und Vertreter der Kantone Meine Damen und Herren, Der «kooperative Föderalismus» steht im Zentrum dieses Kongresses. Erlauben Sie mir, dass ich als Bundesrat – aber auch als früherer Unternehmer – meine Erfahrungen und Überlegungen einbringe. 1. Bekenntnis zum Föderalismus Vorausschicken möchte ich, dass ich ein überzeugter Föderalist, ja ein Erzföderalist bin. Dies aus geschichtlichen, aus politischen, aber auch aus Gründen der Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Zu den geschichtlichen Gründen: Unser Staat ist im Gegensatz zu fast allen Staaten Europas nicht durch einen Fürsten oder König erobert oder zusammengeschweisst worden. Er ist vielmehr aus dem freiwilligen Zusammenschluss autonomer und sehr unterschiedlicher „Völker“ – wie es in der früheren Bundesverfassung noch hiess – entstanden. Kantone haben sich im Laufe von mehr als 550 Jahren zu einem Bundesstaat, zu einer föderalen Schweiz zusammengeschlossen. Die Schweizerinnen und Schweizer wollten so ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit sichern und für ihr eigenes Wohlergehen sorgen! Sie schufen eine Alternative zu den anderen europäischen Nationalstaaten – die meisten waren bei der Gründung des schweizerischen Bundesstaates noch Monarchien –, die auf einem starken Zentrum, einer gemeinsamen Sprache und einer gemeinsamen Kultur beruhten und beruhen. Anders die Schweiz: In dieser Willensnation Schweiz ist der Föderalismus – schon aus historischen Gründen – der einzige Weg, in Einheit zu leben. Und weil der Föderalismus wesensnotwendig ist für unser Land gilt es, zu ihm Sorge zu tragen. Ich bin aber auch Föderalist aus politischen Gründen. Der Föderalismus gewährt die höchstmögliche direktdemokratische Mitbestimmung im überblickbaren Raum. Er verhindert eine «über dem Kopf der Bürger» regierende Zentralmacht. Auch die Effizienz führt mich zum Föderalismus. Darum habe ich im Unternehmen stets föderalistische – keine zentralistischen – Strukturen bevorzugt. D.h. möglichst autonome Unternehmenseinheiten! Der Föderalismus ist keine abstrakte Theorie, sondern ein vielfach erprobtes Erfolgsrezept! 2. Kooperativer Föderalismus als Zauberwort Nun hat sich der Föderalismus aber zum «kooperativen Föderalismus» entwickelt, oder vielleicht treffender: der Föderalismus ist zum kooperativen Föderalismus degeneriert. d.h. die Verantwortung wird nicht mehr entweder vom Bund oder den Kantonen getragen, sondern geteilt. Welch verlockende Wortschöpfung! Nur: Föderalismus bedeutet Autonomie und Eigenverantwortung der Gliedstaaten. Eine Zeit – es sind stets wirtschaftlich gute Zeiten –, die die Bürden und Lasten der Menschen möglichst abzustreifen sucht, liebt auch die Bürde der Verantwortung nicht. Also was gibt es Schöneres als diese zu teilen? Kooperation, «Coresponsabilité» oder eben kooperativer Föderalismus heissen die Zauberworte! Ich frage stets – das gebietet mir meine Führungserfahrung –, wer ist denn da wofür verantwortlich? Die Antwort weckt bei mir allergrösste Skepsis gegen den kooperativen Föderalismus. Denn ich weiss aus Führungserfahrung: Geteilte Verantwortung ist keine Verantwortung. Wenn es gut geht, sind alle verantwortlich. Wenn es schlecht geht? Niemand. Darum ist das System vor allem bei Funktionsträgern so beliebt. Darunter leiden aber stets die, die auf die Verantwortung der leitenden Leute angewiesen wären. Also im Staate die Bürger und Bürgerinnen. 3. Blick auf unser Land Beginnen wir beim Umfeld. Die Schweiz ist ein wohlhabendes Land, aber sie steckt seit den 1990er Jahren in einer wirtschaftlich unbefriedigenden Situation. Das reale Wachstum pro Kopf betrug zwischen 1990 und 2003 insgesamt 3 %, das sind jährlich 0.23 %, also praktisch Null-Wachstum. Bezüglich des Wohlstands pro Kopf – gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandprodukt – haben uns seit 1990 Irland, Norwegen und Luxemburg überholt. Dafür ist anderes gewachsen: Vor allem die Staatsausgaben. In der Zeit zwischen 1990 und 2004 hat sich in der Schweiz die Staatsquote von 31.5% auf 38.9 % erhöht. Dies ist der höchste Zuwachs aller OECD-Länder. Die meisten OECD-Länder haben in dieser Zeit ihre Staatsquote reduziert, was wir trotz andauernden Jammerns über Sozialabbau noch gar nie geschafft haben. Allein die Verschuldung des Bundes stieg von knapp 40 Mia. 1990 auf knapp 130 Mia. im Jahre 2004. Sie hat sich also verdreifacht – obschon Volk und Stände eine Schuldenbremse mit überwältigendem Mehr beschlossen haben. Trotzdem wächst die Verschuldung weiter. Beschäftigungsschwierigkeiten, ein unsozialer Staat, mehr Armut werden die Folge sein! Wenn wir einen Blick auf die letzten Jahrzehnte werfen, müssen wir sagen: Während in der Schweiz in den früheren Jahrzehnten das Staatswachstum hinter dem Wirtschaftswachstum herhinkte, ist es heute umgekehrt. Das staatliche Wachstum hat das Wirtschaftswachstum bei weitem überholt. Die nahe Zukunft sieht nicht besser aus: Trotz flächendeckendem Gerede über Sparpakete und Sparen wachsen die Ausgaben der öffentlichen Hand weit mehr als die Wirtschaft und die Schulden nehmen im Bund in den nächsten 4 Jahren um 10 Mia. zu. Eine stagnierende Wirtschaft, welche die sinkende Wohlfahrt ankündigt und die Arbeitslosigkeit heraufbeschwört sowie eine steigende Steuer– und Schuldenlast, welche die Wirtschaft erneut schwächt, werden die Folge sein. Nun werden Sie sich fragen: Was haben diese Aussagen über das Staatswachstum und die schweizerischen Wirtschaftsprobleme mit dem kooperativen Föderalismus zu tun? Leider mehr, als man denkt. 4. Kooperativer Föderalismus und überbordender Staat Ich sage es Ihnen offen. Der kooperative Föderalismus ist weder föderalistisch noch besonders kooperativ. Es ist lediglich bequem, befreit im Augenblick von den Lasten der Verantwortung und verwischt diese. Er ist Ursache für zahlreiche Fehlentwicklungen. Überbordender Staat und kooperativer Föderalismus hängen zusammen, sind Ausdruck derselben unheilvollen Mentalität. Darum: der kooperative Föderalismus ist nicht nur nicht effizient, sondern auch teuer – zu teuer. Er entspricht letztlich dem Hang zur «Harmonisierung», zur Gleichmacherei und zum Perfektionismus, ohne Verantwortung übernehmen zu müssen. Der kooperative Föderalismus ist Ausdruck des Mangels an Vertrauen in die kleinere Gemeinschaft. Er vertraut der Tatkraft der Kantone nicht mehr. Während der Staat und insbesondere die Aufgaben des Bundes Schritt um Schritt ausgebaut worden sind, hat man die Kompetenzen der Kantone Schritt um Schritt abgebaut. Meist ohne dies zu merken oder zuzugestehen. Ganz übertragen hat man die Aufgaben nie: Man hat sie halb weggenommen oder besser: Man hat sie abgekauft mit Subventionen. Die Kantone vergassen dabei: Wer zahlt, befiehlt. In harmonisierter Gemeinsamkeit führte dies zum kooperativen Föderalismus und zum unheilvollen Trend des staatlichen Ausbaus und zur Überschuldung. Hier eine Rechtsetzungskompetenz des Bundes, dort eine ausweitende Neuinterpretation eines Grundrechts, hier eine neue Subvention, dort eine dichtere Normierung des Bundes, hier das Scheitern eines Konkordats und die Übernahme der Verantwortung durch den Bund, dort ein Bundesgesetz, welches verfassungsrechtliche Spielräume stärker ausnutzt und so weiter und so fort. Und der auf Selbstverantwortung der Gemeinden, der Kantone und des Bundes gegründete Föderalismus hat sich verformt zu einem verflochtenen und unüberschaubaren Gebilde, das wir schönfärberisch kooperativen Föderalismus nennen. Das System wird aber zunehmend komplizierter und ist geprägt von Unübersichtlichkeit und Doppelspurigkeiten, was die demokratischen Mitspracherechte schwächt. 5. Mitverantwortung als Ausrede Die geteilte Verantwortung ist das Grundübel. Geteilte Verantwortung ist ein Widerspruch in sich selbst und wohin diese fehlgeleitete Idee führt, sehen wir in der Realität des kooperativen Föderalismus tagtäglich. Der Bund klagt, der Bundeshaushalt sei ein blosser Transferhaushalt und es gäbe deshalb keine Möglichkeit zum Sparen. Wie recht er doch hat! Die Kantone klagen über die stets zunehmenden Vorschriften des Bundes, die ihren Spielraum einengen. Wie recht sie doch haben! Unser Land ist gefangen in einem Knäuel von Verflechtungen und Abhängigkeiten. Wir haben einen gordischen Knoten, und der heisst «Coresponsabilité». Zwar versucht der kooperative Föderalismus, es allen Recht zu machen. Alle sind nett zu einander und erwecken den Anschein, als ob sie einander helfen würden. Und sie helfen einander auch, aber auf Kosten des Steuerzahlers, auf Kosten der demokratischen Mitwirkung und auf Kosten der Effizienz. Um die Sache funktioneller zu machen, werden immer mehr Entscheide in paritätischen Organen, an runden Tischen, in Koordinationsorganen, Direktorenkonferenzen, Diskussionsplattformen, und was solcher Dinge mehr sind, gefällt. 6. Erkenntnisse Was ich hier sage, ist so neu nicht. Die politische Landschaft, die Verantwortlichen im Bund, in den Kantonen und in den Gemeinden spüren dies. Sie versuchen vorsichtig zu entflechten, begehen allerdings gleichzeitig neue Sünden. Ein hoffnungsvoller Anfang – wenn auch ein bescheidener – ist der neue Finanzausgleich. Klare Zuweisungen der Führungsverantwortung mit übereinstimmender Finanzverantwortung ist das Ziel. Plötzlich kommt aber auch von ganz anderer Seite Kritik und diese Seite schüttet das Bad mit dem Kinde aus. Man will den Föderalismus schlechthin abschaffen. Man will zentralisieren. Statt 26 Kantone nur noch wenige Grossregionen. Abgesehen davon, dass dieses Denken allein verwaltungstechnisch motiviert ist, verkennt diese Forderung das Grundübel: Nicht der Föderalismus ist das Problem, sondern der kooperative Föderalismus ist es. Nicht auf den ausgetretenen Pfaden des kooperativen Föderalismus gilt es zu gehen, nein, das Gegenteil ist zu tun: Echter Föderalismus mit möglichst viel Kompetenz: Eigenverantwortung im Steuer- und Ausgabenbereich – ist notwendig. Eine Re-Formation des Föderalismus ist angezeigt. 7. Rückbesinnung auf den Föderalismus Der verschüttete Föderalismus, die Kantons- und Gemeindeautonomie sind zu stärken. Das Wesen unseres Föderalismus ist die Vielfältigkeit der Kantone. Föderalismus kommt von «foedus» – Vertrag. Verträge können aber nur selbständige Personen schliessen. Nicht bevormundete. Die Kantone haben sich in freier Selbstbestimmung – eben vertraglich – zu einem grösseren Ganzen zusammengeschlossen. Einen Vertrag schliessen selbständige Staatswesen. Das Übergeordnete beruht stets auf den untergeordneten Teilen. Die Kantone sind die selbständigen Säulen des Bundes: Das ist der Kerngedanke des Subsidiaritätsprinzips. Ein Aufbau von unten nach oben. Der Bund ist durch die Kantone gegeben – nicht umgekehrt. Im föderalistischen Denken steht der Einzelne, die Familie, dann die Gemeinde, dann der Kanton im Vordergrund. Erst am Schluss steht der Bund – dann und nur dann und soweit nötig. Darauf ist mit Nachdruck zu pochen. Vor allem von den Gemeinden und Kantonen. Zentralen wollen zentralisieren. Wir sehen dies deutlich beim Bund, wo die Politiker zusammen mit der Verwaltung immer wieder neue Aktivitäten erfinden, mit denen man den Radius auf Kosten der Kantone ausweiten könnte. Wir sehen dies auch bei der Europäischen Union, die zwar auf Verträgen beruht, wo aber mittlerweile die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den Spitzenpolitikern und Spitzenbeamten der Mitgliederländer – ohne vom betroffenen Bürger gestört zu werden – eine Dynamik und Gleichmacherei entwickelt hat, angesichts derer die Gründerväter der EU sich im Grabe umdrehen würden. Eine Rückbesinnung auf den Föderalismus würde bedeuten, dass Kompetenzen nicht ohne Not auf die höhere Ebene verlagert werden. Die Rückgängigmachung vergangener Sünden wäre dringend! Leider erliegen Politiker und Stimmbürger in heutiger Zeit oft dem Irrtum zu glauben, was grösser und mächtiger sei, sei auch besser und effizienter. Sobald in den Kantonen ein Problem besteht, wird nach dem Bund gerufen. Man will eine einheitliche Lösung. Und die einheitliche Lösung scheint auf den ersten Blick überlegen zu sein. Keine Konkurrenz. Keine unbequemen Vergleichsmöglichkeiten. Kein Zwang zur Verbesserung. Man kann ruhig und selig und vereint vor sich hindösen. Der kooperative Föderalismus schwächt den Hauptvorteil des Föderalismus, nämlich den Wettbewerb der Systeme. Langsam aber sicher wird er lahm gelegt. 8. Die Konkurrenz der Systeme Die Verhinderung des Wettbewerbs ist vermutlich der gravierendste Nachteil des kooperativen Föderalismus und der Zentralisierung. Dies in der Schweiz wie auch auf europäischer Ebene. Wettbewerb wird von den Politikern und der Verwaltung gescheut, wie der Teufel das Weihwasser scheut. Harmonisierung und Ausgleich sind die Zauberworte. Eigenständiges Handeln wird verfemt mit Begriffen wie «Kantönligeist» oder «nationalstaatlicher Egoismus». Damit verabschieden sich die Schweiz und Europa von dem, was sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Sie verabschieden sich vom Wettbewerb der Systeme, von der bereichernden Vielfalt. Der Nobelpreisträger Friedrich von Hayek sagte: «In viel größerem Maß als bisher muss erkannt werden, dass unsere gegenwärtige gesellschaftliche Ordnung nicht in erster Linie das Ergebnis eines menschlichen Entwurfs ist, sondern aus einem wettbewerblichen Prozess hervorging, in dem sich die erfolgreicheren Einrichtungen durchsetzten.» Somit kann man nur im Vergleich zu anderen Systemen erkennen, wenn und wo Fehler gemacht werden. 9. Ungleichheit als Wert und Chance Eine Rückbesinnung auf den Föderalismus würde bedeuten, dass Ungleichheit nicht als schlecht, sondern als Chance anerkannt wird. Das ist die Realität. Das Gegenteil ist kraftlose Träumerei. Nach Jahrzehnten gleichmacherischer Rhetorik ist mittlerweile jede Ungleichheit zu einem Unwert geworden. Dies auch im föderalistischen Bereich. Dabei wird vergessen, dass Ungleichheit eine Vorbedingung und eine Folge von Lebendigkeit und Dynamik ist. Wollen wir Ungleichheit vermeiden, dann müssen wir jegliche Dynamik in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Bildung abdämpfen. Dies ist uns im Wirtschaftlichen ja – leider! – ziemlich gut gelungen. Je mehr Gleichheit wir in unserem föderalistischen System schaffen, desto mehr wird die Vitalität erstickt. 10. Was ist zu tun? Sehr geehrte Damen und Herren, im Zentrum der Nationalen Föderalismuskonferenz 2005 steht das Thema «Der kooperative Föderalismus vor neuen Herausforderungen». Bei der Staatsgründung 1848 war der Föderalismus ein etwas wild wuchernder, aber durchaus kräftiger Baum. In den letzten 157 Jahren hat man ihn immer wieder zurückgestutzt. Im Moment kommt der Baum – oder muss ich mittlerweile von Bonsai sprechen? – vor lauter Zurückstutzen gar nicht mehr richtig zum Blühen. Also ändern wir dies: - Anstatt zu jammern, sollten die Gemeinden, Kantone und Landesgegenden sich ihrer Handlungsspielräume bewusst werden und ihre Probleme eigenverantwortlich anpacken. - Anstatt bei Problemen in einzelnen Aufgabengebieten mit dem Finger (und der hohlen Hand) auf den Bund zu zeigen, ist die Lösung bei den Kantonen zu suchen. - Anstatt den Kantonen und Gemeinden mit immer neuen Bundesbeiträgen zu Hilfe zu eilen, sollte der Bund mit einem Abbau seiner Aufgaben und seiner Steuerlast die finanziellen Spielräume der Kantone und Gemeinden erhöhen. - Anstatt auf die Vorteile einer Bundeslösung hinzuweisen, sind deren unerwünschte Nebenwirkungen zu thematisieren. - Anstatt das Subsidiaritätsprinzip als nicht justiziable Spielerei zu betrachten, sollte dieses Prinzip in der Praxis der Behörden mit Zähnen versehen werden. - Anstatt der Vereinheitlichung und Harmonisierung das Wort zu reden, ist der Wettbewerb der Systeme zu fördern. - Anstatt Zusammenwirken und «Mitverantwortung» zu propagieren, ist die Eigenständigkeit in den Vordergrund zu rücken. - Anstelle des kooperativen Föderalismus gilt es den eigenverantwortlichen Föderalismus anzustreben und tatkräftig zu verwirklichen. Nur so kann verhindert werden, dass ein tragender Pfeiler unseres schweizerischen Selbstverständnisses und unseres Gemeinwesens bis zur Unkenntlichkeit verändert und in seinem Innersten geschwächt wird. Eine Rückbesinnung – und um eine solche handelt es sich – auf den wahren Kern des Föderalismus dient dem Wohle der Bürger, dem Wohl der Wirtschaft, dem Wohl der Arbeitsplätze und dem Wohl des Landes. Also: Tun wir es!